5. Wie stuft die Staatsregierung die Problematik von Unterkunftswechseln ein? 6. a) Setzt sich die Staatsregierung dafür ein, Unterkunftswechsel auf ein Minimum zu begrenzen? b) Wenn ja, wie? 7. Wie gedenkt die Statsregierung sicherzustellen, dass Teilnehmer an Integrationsprogrammen wie dem so genannten SPIF-Programm (Studienvorbereitendes Programm zur Integration von Flüchtlingen) aus Würzburg NICHT vor Beendiung des Programms in eine andere Unterkunft verlegt werden? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 18.01.2016 Vorbemerkung: Bei der Beantwortung der Anfrage wird davon ausgegangen , dass die Anfrage auf Asylbewerber abzielt. Flüchtlinge sind dagegen Personen, deren Status als Flüchtling von einer nationalen Regierung anerkannt wurde, für die das Verfahren insoweit mit einem positiven Bescheid abgeschlossen ist. Ausgewertet wurden die Daten aller Personen, die am/ ab dem 01.01.2015 im Status „10 – Asylbewerber“ in der bayerischen Asyl-Datenbank iMVS (integriertes Migrantenverwaltungssystem ) erfasst waren und zum Teil noch sind (Stand 03.12.2015). Dieser Status entspricht dem Verfahrensstand eines noch laufenden Asylantrags. Ferner wurde bei diesen Personen jeweils der Zeitraum ausgewertet, in dem sie sich im genannten Status befanden. Unterkunftswechsel oder Regierungsbezirkswechsel, die zu einem Zeitpunkt stattfanden, in dem die Person nicht mehr den Status „10 – Asylbewerber“ hatte, wurden nicht gezählt. 1. a) Nach welchen Kriterien werden Flüchtlinge, die in Bayern ankommen, auf Erstaufnahmeeinrichtungen verteilt? Durch das bundesweite Verteilungssystem „EASY“ (Erstverteilung der Asylbegehrenden) wird die für die Aufnahme des Asylbegehrenden zuständige Erstaufnahmeeinrichtung bestimmt: Zuständig für die Aufnahme des Asylbegehrenden ist diejenige Aufnahmeeinrichtung, bei der sich der Asylbewerber gemeldet hat, sofern diese über einen freien Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 30.03.2016 17/9679 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Georg Rosenthal SPD vom 04.11.2015 Unterkunftszuteilung und Unterkunftswechsel von Flüchtlingen Aktuell werden Flüchtlinge regelmäßig aus ihren Notunterkünften abgeholt und mit einem Bus in andere Städte, oft auch in andere Regierungsbezirke, verlegt. Dabei ist weder ein System noch Entscheidungskriterien erkennbar. Nicht selten löst eine Notunterkunft die andere ab. Dieser Zustand führt zu unnötigen Spannungen und Frustration sowohl bei den betroffenen Flüchtlingen als auch bei den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und ist für eine schnelle Integration kontraproduktiv. Daher frage ich die Staatsregierung: 1. a) Nach welchen Kriterien werden Flüchtlinge, die in Bayern ankommen, auf Erstaufnahmeeinrichtungen verteilt? b) Bei wie vielen Flüchtlingen, die einer bayerischen Erstaufnahmeeinrichtung zugeteilt und dort untergebracht worden sind, kommt es vor, dass während des laufenden Asylverfahrens ein Wechsel der Einrichtung angeordnet wird (absolut und prozentual)? c) Bei wie vielen Flüchtlingen kommt es vor, dass sie die Einrichtung während des laufenden Asylverfahrens mehr als einmal wechseln müssen (absolut und prozentual ; wenn möglich bitte aufschlüsseln: zwei, drei, vier sowie fünf und mehr Einrichtungswechsel)? 2. a) Wie häufig muss ein Flüchtling während des laufenden Asylverfahrens im Schnitt die Einrichtung wechseln? b) Wie häufig kommen Umverteilungen von einem Regierungsbezirk in einen anderen vor (absolut und prozentual )? c) Sollten zu 1 b bis 2 b keine Zahlen vorliegen, wie schätzt die Staatsregierung die Größenordnung der Häufigkeit solcher Einrichtungswechsel ein (bezogen auf alle vier genannten Fragestellungen)? 3. Mit welchem zeitlichen Vorlauf gehen angeordnete Unterkunftswechsel vonstatten, d. h. wie viel Zeit vergeht zwischen Ankündigung bzw. Anordnung und tatsächlichem Unterkunftswechsel? 4. Welche Kriterien spielen bei der Anordnung eines Unterkunftswechsels eine Rolle bzw. welche Kriterien machen die Anordnung eines Unterkunftswechsels nach Ansicht der Staatsregierung zwingend erforderlich ? Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9679 Unterbringungsplatz im Rahmen der Quote nach dem Königsteiner Schlüssel verfügt und die Außenstelle des Bundesamtes , die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, Asylanträge aus dem Herkunftsland des Asylbegehrenden bearbeitet. Liegt eine der beiden Voraussetzungen nicht vor, wird der Asylbegehrende durch EASY der nächstgelegenen Aufnahmeeinrichtung, welche die Zuständigkeitskriterien erfüllt , zugewiesen. b) Bei wie vielen Flüchtlingen, die einer bayerischen Erstaufnahmeeinrichtung zugeteilt und dort untergebracht worden sind, kommt es vor, dass während des laufenden Asylverfahrens ein Wechsel der Einrichtung angeordnet wird (absolut und prozentual)? c) Bei wie vielen Flüchtlingen kommt es vor, dass sie die Einrichtung während des laufenden Asylverfahrens mehr als einmal wechseln müssen (absolut und prozentual; wenn möglich bitte aufschlüsseln : zwei, drei, vier sowie fünf und mehr Einrichtungswechsel)? Es wurde der in der Vorbemerkung genannte Personenkreis ausgewertet. Insgesamt handelt es sich dabei um 62.637 Personen (Stand 03.12.2015). Bei den meisten Asylbegehrenden, sofern sie nicht während ihres Aufenthalts in der Erstaufnahmeeinrichtung (AE) wieder in ihr Herkunftsland zurückreisen, anderweitig Deutschland verlassen, gar untertauchen oder das Asylverfahren in der AE abgeschlossen wird, wird ein Wechsel in eine Gemeinschaftsunterkunft (GU) oder Unterbringung durch eine Kreisverwaltungsbehörde (KVB) angeordnet. Bis 24.10.2015 hat das Asylverfahrensgesetz (neu: Asylgesetz ) die zulässige Aufenthaltsdauer in Aufnahmeeinrichtungen auf drei Monate beschränkt. Da die Verfahren vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in der Regel länger als drei Monate dauern, wird das Asylverfahren zumeist erst in der Anschlussunterbringung abgeschlossen . Die Auswirkungen der Änderungen durch das Asylgesetz, das seit 24.10.2015 einen Aufenthalt der Asylbewerber bis zu sechs Monaten – bei Personen mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit sogar bis zum Abschluss des Asylverfahrens – erlaubt, können derzeit noch nicht berücksichtigt werden. Tabellarisch ergibt sich dabei folgendes Bild: Anzahl Unterkunfts - wechsel Anzahl Asylbewerber prozentualer Anteil Bemerkung 0 23.695 37,83 % Personen befinden sich in einer AE und werden erst der Anschlussunterbringung zugewiesen. 1 30.662 48,95 % Personen befinden sich in der GU/ KVB-Unterbringung, die ihnen direkt nach der AE zugewiesen wurde. 2 6.879 10,98 % Personen, die zuvor durch eine KVB untergebracht wurden und nach Freiwerden von Plätzen in einer GU dieser zugewiesen wurden, um die KVBs zu entlasten. 3 1.170 1,87 % 4 189 0,30 % 5 30 0,05 % 6 11 0,02 % 7 1 0,0016 % 2. a) Wie häufig muss ein Flüchtling während des laufenden Asylverfahrens im Schnitt die Einrichtung wechseln? Aus obiger Tabelle ergibt sich eine durchschnittliche Anzahl von ca. 1,16 Unterkunftswechseln je Person. Für die Berechnung des Durchschnitts wurde davon ausgegangen, dass wie üblich die derzeit noch in einer AE befindlichen Personen der Anschlussunterbringung zugewiesen werden. Diese Personen wurden nicht mit 0, sondern mit 1 gezählt. Die gesetzlich ermöglichte längere Verweildauer in Aufnahmeeinrichtungen konnte noch nicht berücksichtigt werden. b) Wie häufig kommen Umverteilungen von einem Regierungsbezirk in einen anderen vor (absolut und prozentual)? Zur Beantwortung dieser Fragen wurde die zu Frage 1 c ausgewertete Personenzahl von 62.637 herangezogen. Tabellarisch stellt sich das damit wie folgt dar: Anzahl zugewiesene Regierungs - bezirke Anzahl Asylbewerber prozentualer Anteil Bemerkung 1 61.759 98,5983 % Personen wurden nach dem Durchlaufen der Erstaufnahme einem Regierungsbezirk zugewiesen , in dem sie für die gesamte Dauer des Asylverfahrens untergebracht waren bzw. noch sind. 2 854 1,3634 % Personen haben einmal den Regierungsbezirk nach der ursprünglichen Zuweisung gewechselt. 3 24 0,0383 % Personen haben zweimal den Regierungsbezirk nach der ursprünglichen Zuweisung gewechselt. c) Sollten zu 1 b bis 2 b keine Zahlen vorliegen: Wie schätzt die Staatsregierung die Größenordnung der Häufigkeit solcher Einrichtungswechsel ein (bezogen auf alle vier genannten Fragestellungen)? Siehe Antwort auf die Fragen 1 b bis 2 b. 3. Mit welchem zeitlichen Vorlauf gehen angeordnete Unterkunftswechsel vonstatten, d. h. wie viel Zeit vergeht zwischen Ankündigung bzw. Anordnung und tatsächlichem Unterkunftswechsel? Es handelt sich grundsätzlich um Einzelfallentscheidungen der Regierungen. Auf eine angemessene Frist wird geachtet . Für die Umverteilung der Asylbegehrenden mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit von der Anschlussunterbringung zurück in der Ankunfts- und Rückführungseinrichtungen hat sich die Staatsregierung zusammen mit den für die Unterbringung zuständigen Regierungen auf eine Frist von einer Woche verständigt. Einer landesinternen Umverteilung nach § 50 Asylgesetz (AsylG) hat der Asylbewerber unverzüglich Folge zu leisten. 4. Welche Kriterien spielen bei der Anordnung eines Unterkunftswechsels eine Rolle bzw. welche Kriterien machen die Anordnung eines Unterkunftswechsels nach Ansicht der Staatsregierung zwingend erforderlich? Die bundesgesetzliche Vorgabe zur Aufenthaltsdauer in Erstaufnahmeeinrichtungen nach § 47 AsylG – bis 24.10.2014 § 47 Asylverfahrensgesetz – macht einen Wechsel von der Drucksache 17/9679 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Erstaufnahme in die Anschlussunterbringung nach bisher 3 Monaten und nunmehr 6 Monaten zwingend erforderlich. Ausgenommen sind Asylbegehrende aus sicheren Herkunftsländern . Diese sind verpflichtet bis zum Abschluss des Asylverfahrens in den Ankunfts- und Rückführungseinrichtungen zu bleiben. Daneben finden sich sowohl im Bundes- (§ 50 AsylG) als auch im Landesrecht (§§ 7 ff. Asyldurchführungsverordnung ) Vorgaben, wann ein Unterkunftswechsel angezeigt ist. Dies ist insbesondere aus Gründen des öffentlichen Interesses oder auf Antrag des Asylbewerbers bei Vorliegen familiärer oder sonstiger humanitärer Gründe der Fall. 5. Wie stuft die Staatsregierung die Problematik von Unterkunftswechseln ein? Wie der Antwort auf Frage 1 c zu entnehmen ist, mussten nur knapp 2 % der ausgewerteten Personen die Unterkunft mehr als zweimal wechseln. Insofern kann nicht von einer Problematik von Unterkunftswechseln gesprochen werden. 6. a) Setzt sich die Staatsregierung dafür ein, Unterkunftswechsel auf ein Minimum zu begrenzen? b) Wenn ja, wie? Der geringe Anteil an mehrmaligen Unterkunftswechseln zeigt, dass sich die Staatsregierung erfolgreich dafür einsetzt , Unterkunftswechsel auf ein Minimum zu begrenzen. Ein Wechsel wird nur in den erforderlichen Fällen vollzogen. 7. Wie gedenkt die Staatsregierung sicherzustellen, dass Teilnehmer an Integrationsprogrammen wie dem sogenannten SPIF-Programm (Studienvorbereitendes Programm zur Integration von Flüchtlingen ) aus Würzburg NICHT vor Beendigung des Programms in eine andere Unterkunft verlegt werden? Das in Kooperation der Universität Würzburg mit der christlichen Hochschulgemeinde entwickelte studienvorbereitende Programm zur Integration von Flüchtlingen ist für Flüchtlinge mit Hochschulreife gedacht, die keine Deutschkenntnisse haben. Die teilnehmenden Asylbewerber sollen innerhalb von neun Monaten ein Sprachniveau erreichen , das ihnen ein späteres Studium an der Universität Würzburg ermöglicht. Entgegen den Empfehlungen der Regierung von Unterfranken bietet die Universität das SPIF-Programm auch Asylbewerbern an, die sich noch in der Erstaufnahme befinden. Trotz Änderung der bundesgesetzlichen Regelungen erlaubt § 47 AsylG keine über 6 Monate hinausgehende Unterbringung von Asylbewerbern in Erstaufnahmeeinrichtungen, sofern sie nicht aus einem sicheren Herkunftsland stammen. Diese bundesgesetzliche Regelung steht einer Nichtverlegung in eine andere Unterkunft vor Beendigung des Integrationsprogramms entgegen. Ausnahmen sieht der Gesetzgeber insoweit nicht vor.