Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 19.01.2016 Vorbemerkung Die Schriftliche Anfrage richtet sich zentral auf bundesgesetzliche Vorgaben, deren Umsetzung und diesbezügliche Finanzdaten. Solche umfassenden Daten, insbesondere Angaben zu Frage 1, liegen nicht der Staatsregierung, sondern dem Bundesversicherungsamt (BVA) vor. Diese Problematik ist auch Folge der Intransparenz über Finanzströme in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), welche die Staatsregierung schon seit Längerem intensiv kritisiert. Hierzu verweise ich u. a. auf den Beschluss der Konferenz der Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit der Länder vom 24. und 25. Juni 2015, worin auf Antrag Bayerns das Bundesministerium für Gesundheit aufgefordert wird, mehr Datentransparenz zu schaffen. Insofern wäre eine umfassende Beantwortung der Anfrage zuständigkeitshalber nur durch die Bundesregierung möglich. Soweit die einzelnen Fragen aber aus öffentlich zugänglichen Quellen und allgemeinen Rechtsnormen beantwortbar sind, wird wie folgt dazu Stellung genommen: 1. Wie hoch sind derzeit die Rücklagen, aufgeschlüsselt nach Krankenkassen bzw. Gesundheitsfonds? Nach einzelnen Krankenkassen aufgeschlüsselte Daten liegen der Staatsregierung nicht vor. Für die einzelnen Krankenkassenarten und den Gesundheitsfonds sind diese der Statistik KV45 zu entnehmen, welche in regelmäßigen Abständen vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) im Rahmen einer Pressemitteilung veröffentlicht wird. Hiernach betrugen die Finanzreserven der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) zum 31.12.2014 rd. € 6,5 Mrd. Die Betriebskrankenkassen (BKK) verfügten über rd. € 2,4 Mrd., die Innungskrankenkassen (IKK) über rd. € 1,4 Mrd., während sich die Finanzreserven der Ersatzkassen (EK) auf rd. € 4,9 Mrd. beliefen. Für die Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK) und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft- Bahn-See (KBS) liegen hierzu keine Daten vor. Für das Jahr Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 30.03.2016 17/9686 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thorsten Glauber FREIE WÄHLER vom 15.12.2015 Erhöhung der Krankenkassenbeiträge trotz Rücklagen in Milliardenhöhe Die zahlenden Mitglieder der Krankenkassen finanzieren mit ihren Beiträgen, die im Gesundheitsfonds zusammenfließen , die gesetzlichen Kassen. Diese verfügen zusammen mit dem Gesundheitsfonds über Rücklagen im zweistelligen Milliardenbereich (im August ca. 25 Mrd. €). Trotzdem wollen sie im kommenden Jahr die Sonderbeiträge in Höhe von 0,9 % ersetzen durch kassenindividuelle Zusatzbeiträge, die Beschäftigte und Rentner alleine zahlen müssen. Und steigende Beitragseinnahmen zum Beispiel wegen der weiterhin guten Beschäftigung und höherer Tarifgehälter kommen nicht bei den Kassen an, sondern bleiben im Fonds hängen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Wie hoch sind derzeit die Rücklagen, aufgeschlüsselt nach Krankenkassen bzw. Gesundheitsfonds? 2. Warum erzielen manche Krankenkassen Überschüsse und andere arbeiten defizitär? 3. Wie kommt es, dass die Rücklagen sehr unterschiedlich verteilt sind? 4. Warum haben die Kassen in einzelnen Jahren immer wieder hohe Reserven gebildet (was gesetzlich nicht erlaubt ist), jedoch nur einen Bruchteil an Prämien ausbezahlt? 5. Warum werden nicht die monatlichen Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds an die Krankenkassen erhöht, um die stark gestiegenen Ausgaben (vor allem durch die deutlichen Kostensteigerungen in den großen Ausgabenblöcken Arzneimittel und Krankenhaus) auszugleichen, anstatt die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen einseitig mehr zu belasten? Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9686 2015 ist die Statistik KV45 nur für die Quartale 1 bis 3 verfügbar . Die einzelnen Krankenkassenarten wiesen demnach im Laufe des Jahres 2015 eine unterschiedliche Entwicklung auf. So erzielten zum 30.09.2015 lediglich die LKK und die KBS Überschüsse von rd. € 26 Mio. bzw. € 54 Mio., während die Ersatz-, die Betriebs- und die Innungskrankenkassen Defizite von rd. € 97 Mio. bzw. € 151 Mio. und € 212 Mio. verbuchten. Die AOKen verzeichneten ein Defizit in Höhe von rd. € 16 Mio.. Diese Angaben beziehen sich jedoch jeweils auf die gesamte Kassenart auf Bundesebene und sind nicht nach einzelnen Krankenkassen oder Bundesländern aufgeschlüsselt. Zum 30.09.2015 verzeichneten die Krankenkassen gemeinsam somit ein Defizit von ca. € 395 Mio., so dass ihre Finanzreserven insgesamt rd. € 15,3 Mrd. betrugen. Diese lagen damit über alle Krankenkassen betrachtet deutlich unter dem gesetzlichen Höchstsoll von 1,5 Monatsausgaben (2014 etwa € 25,7 Mrd.) und damit nur im gesetzlich vorgeschriebenen Bereich. Der Gesundheitsfonds verzeichnete im selben Zeitraum ein Defizit in Höhe von rd. € 4,95 Mrd., so dass seine Liquiditätsreserve zum 30.09.2015 rd. € 7,5 Mrd. betrug. Zum 31.12.2014 lag diese noch bei rd. € 12,5 Mrd. Krankenkassen und Gesundheitsfonds verfügten damit zum 30.09.2015 über Finanzreserven in Höhe von rd. € 22,8 Mrd. 2. Warum erzielen manche Krankenkassen Überschüsse und andere arbeiten defizitär? Diese Entwicklung kann, neben den Unterschieden, die sich aus der Wirtschaftlichkeit der Mittelverwendung durch die einzelnen Krankenkassen ergeben, auf verschiedenste Ursachen zurückgeführt werden und ist Gegenstand der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskussion. Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 01.01.1993 wurde mit Wirkung zum 01.01.1996 die freie Wahl der Krankenkasse eingeführt. Mit dem Ziel, bei Wettbewerbsstart faire Bedingungen zu gewährleisten und insbesondere Risikoselektion zu Lasten kranker Versicherter zu verhindern, wurde bereits 1994 ein finanzieller Ausgleich der traditionell bestehenden Unterschiede in der Versichertenstruktur zwischen den gesetzlichen Krankenkassen , der sogenannte Risikostrukturausgleich (RSA), geschaffen. Der RSA erfolgte zu Beginn anhand der Faktoren Alter, Geschlecht und Erwerbsunfähigkeit. Die Krankheitshäufigkeit der Versicherten, also deren Morbidität, wurde damit jedoch nur indirekt erfasst. Im Jahr 2009 wurde die Finanzierung der GKV mit der Einführung des Gesundheitsfonds und der Weiterentwicklung des RSA hin zu einem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) umfassend neu geregelt. Durch die Berücksichtigung von ausgabenwirksamen (Vor-)Erkrankungen der Versicherten wurde die Zielgenauigkeit des Finanzausgleichs zwar verbessert, gleichwohl sind die Voraussetzungen für einen ausreichend fairen Krankenkassenwettbewerb aus Sicht der Staatsregierung noch immer nicht gegeben. Besonders problematisch hierbei ist die Nichtbeachtung von regionalen Unterschieden. Die pauschalen Zuweisungen des Gesundheitsfonds an die Krankenkassen richten sich u. a. nach bundesdurchschnittlichen Leistungsausgaben . Selbst bei korrekter Berücksichtigung der versichertenbezogenen Ausgleichsfaktoren führt dies notwendigerweise in Hochlohn- und Hochpreisregionen wie Bayern für die dort tätigen Krankenkassen zu nicht vertretbaren Wettbewerbsnachteilen . Diese sollten daher durch eine Regionalkomponente im Morbi-RSA abgebaut werden. Eine weitere Ursache für die ungleichmäßige Finanzsituation der einzelnen Krankenkassen könnte in einer Überdeckung der Zuweisungen für gesunde Versicherte liegen. Ferner berücksichtigt der Morbi-RSA nur einen Teil der Krankheiten und auch hier nur Durchschnittswerte. Auch wenn generell ein besserer Ausgleich der Morbidität durch den Morbi-RSA im Vergleich zum RSA (alt) beschrieben wird, können Krankenkassen je nach Versichertenstruktur demnach unzureichende Zuweisungen erhalten. Mit der Einführung des Gesundheitsfonds hat sich ferner die Finanzierung der Krankengeldausgaben verändert. Die Ansprüche der Mitglieder auf Krankengeld ergeben sich aus deren tatsächlichem Erwerbseinkommen. Im Morbi-RSA wurden in der Vergangenheit aber nur Durchschnittsverdienste ausgeglichen. Die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds decken die Ausgaben insbesondere bei den Krankenkassen nicht, bei denen die zugrunde liegenden beitragspflichtigen Entgelte über dem bundesweiten Durchschnitt liegen und dies zudem von einer längeren Bezugsdauer des Krankengeldes begleitet wird. Eine weitere Schwierigkeit des Morbi-RSA ergibt sich bei den sogenannten Auslandsversicherten, da ihre Zahl zwischen den einzelnen Krankenkassen stark schwankt und hier hohe Überdeckungen auftreten. Die Regeln für die Erstattungen erfolgen in bilateralen Abkommen zwischen den Staaten. Hinter dieser Überdeckung verbirgt sich aber eine sehr inhomogene Situation auf der Ebene der einzelnen Krankenkassen. Im Jahr 2014 reagierte der Gesetzgeber im Rahmen des GKV-Finanzstruktur- und Qualitätsweiterentwicklungsgesetzes (GKV-FQWG). So wurden bei der Berechnung der Zuweisungen für Krankengeld und Auslandsversicherte Ist- Kosten-Elemente als Übergangslösung eingeführt, um die Zielgenauigkeit dieser Zuweisungen kurzfristig zu erhöhen. Zudem erhielt das BVA die Aufgabe, Gutachten zur Weiterentwicklung des Standardisierungsverfahrens bei Krankengeld und Auslandsversicherten in Auftrag zu geben, um zu einer passgenaueren Zuweisungssystematik zu gelangen. Unterhalb der Ebene des Zuweisungssystems bestehen selbstverständlich weitere Faktoren, die bei einer einzelnen Krankenkasse deren Finanzlage beeinflussen und Teil der jeweiligen Geschäftspolitik sein können. 3. Wie kommt es, dass die Rücklagen sehr unterschiedlich verteilt sind? 4. Warum haben die Kassen in einzelnen Jahren immer wieder hohe Reserven gebildet (was gesetzlich nicht erlaubt ist), jedoch nur einen Bruchteil an Prämien ausbezahlt? Zunächst sei darauf hingewiesen, dass ein Teil der Finanzrücklagen der Krankenkassen bereits aus Zeiten vor Einführung des Morbi-RSA zum 01.01.2009 stammt und die Krankenkassen also nicht unter gleichen Bedingungen in die neue Finanzarchitektur gestartet sind. Konnten die Krankenkassen bis 2008 im Rahmen ihrer Beitragssatzautonomie die Beitragssätze und somit indirekt auch die Höhe ihrer finanziellen Reserven selbst bestimmen, wurde mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) ab 01.01.2009 bundesweit ein allgemeiner paritätischer Beitragssatz , dessen Höhe vom Bundesgesetzgeber festgelegt wird, eingeführt. Dieser betrug von 2011 bis 2014 15,5 %, wovon 0,9 % (sog. Sonderbeitrag) von den Mitgliedern allein Drucksache 17/9686 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 zu tragen waren. Krankenkassen, die mit den hieraus resultierenden Zuweisungen nicht auskamen, konnten einen einkommensabhängigen oder pauschalen Zusatzbeitrag erheben . Verfügten Krankenkassen über mehr Mittel als benötigt , so konnten sie Prämien an ihre Mitglieder zahlen. Mit Einführung des GKV-FQWG zum 01.01.2015 beträgt der bundesweite allgemeine paritätische Beitragssatz nur noch 14,6 % der beitragspflichtigen Einnahmen und wird hälftig von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen. Der Sonderbeitrag von 0,9 % wurde abgeschafft. Stattdessen kann jede Krankenkasse je nach Finanzbedarf ggf. einen kassenbezogenen, einkommensabhängigen Zusatzbeitrag festlegen (tatsächlicher, kassenindividueller Zusatzbeitragssatz ), der auch die bisherigen Regelungen über Zusatzbeiträge und Prämienzahlungen ablöst. Dieser wird von den Mitgliedern alleine getragen. Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz wird jährlich bis zum 01.11. vom BMG per Verordnung für das Folgejahr festgelegt . Er ist eine rein statistische Größe und entspricht in etwa dem Prozentsatz, mit welchem auf die gesamte GKV betrachtet eine etwaige Finanzierungslücke geschlossen würde. Er bildet also nicht den Durchschnitt aller kassenindividuellen Zusatzbeiträge ab. Im Jahre 2015 betrug er 0,9 %, im Jahr 2016 beträgt er 1,1 %. Vor Erläuterung der Ursachen für die Verteilung der Finanzreserven sei Folgendes vorangestellt: Die Krankenkassen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung . Sie erfüllen im Rahmen des Gesetzes und des sonstigen für sie maßgebenden Rechts ihre Aufgaben in eigener Verantwortung. Zu diesen eigenen Aufgaben gehören auch das Aufstellen, Feststellen und Durchführen des Haushaltsplans . Bei der Finanzplanung und Bewirtschaftung der Mittel kommt den Krankenkassen bzw. ihren Organen (Vorstand und Verwaltungsrat) ein erheblicher Bewertungsspielraum zu (sogenannte Einschätzungsprärogative). Die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder haben nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Handlungsweise einer Krankenkasse hinzunehmen, soweit diese rechtlich auch nur vertretbar ist. Aufgrund der bereits unter Frage 2 dargelegten Verteilungsproblematik des (Morbi-)RSA haben sich insbesondere während der Zeit des Einheitsbeitragssatzes von 15,5 % bei den einzelnen Krankenkassen verschiedene, nur teilweise breit bemerkte Entwicklungen ergeben. Nicht alle Krankenkassen kamen mit den ihnen zugewiesenen Mitteln aus. Um jedoch die Erhebung eines verwaltungsintensiven Zusatzbeitrags, welche ggf. zu einem erheblichen Mitgliederverlust führen konnte, zu vermeiden, haben manche Krankenkassen ihre Finanzreserven abgebaut. Bei anderen Krankenkassen, die vom Einheitsbeitragssatz profitierten, wurden zum Teil hohe Finanzreserven gebildet. Im Rahmen der nachhaltigen Finanzierung und Liquiditätssicherung und der sparsamen Verwendung der Mittel haben sich einige Krankenkassen entschieden, keine Prämien an ihre Mitglieder auszuschütten. Hierbei sieht das Gesetz für die Rücklage und die Betriebsmittel der jeweiligen Krankenkasse grundsätzlich ein Höchstsoll von 1,5 durchschnittlichen Monatsausgaben vor. Aufgrund der Systematik des GKV-FQWG treten die unterschiedlichen Finanzentwicklungen der einzelnen Krankenkassen über den kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz nun deutlicher zutage. Während einige Krankenkassen ohne dafür verfügbare finanzielle Reserven und ggf. mit ungünstiger Versichertenstruktur überdurchschnittliche Zusatzbeitragssätze erheben müssen, können andere ihre angesparten Mittel zur Stützung eines ggf. unterdurchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nutzen. Weitere Differenzen ergeben sich insbesondere durch die unter Frage 2 dargestellten Kritikpunkte am Zuweisungssystem und insbesondere durch die fehlende Regionalkomponente im Morbi-RSA. Der Bundesgesetzgeber hat mit der neuen Finanzarchitektur des GKV-FQWG den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen bewusst gestärkt. Die Verwendung von Finanzreserven seitens einiger Krankenkassen trägt jetzt dazu bei, den Anstieg der tatsächlichen Zusatzbeiträge zu begrenzen. Die mit dem Gesetz einhergehende Stärkung der Beitragsautonomie der Krankenkassen führte in 2015 für viele Beitragszahler zu Entlastungen im Vergleich zu den Vorjahren. So betrug der tatsächliche, kassenindividuelle Zusatzbeitragssatz (als Summe der durchschnittlich erhobenen Zusatzbeitragssätze der einzelnen Krankenkassen) im Jahre 2015 nicht 0,9 %, sondern 0,83 %. Die nun zum 01.01.2016 wirksame Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes um 0,2 % auf 1,1 % ist moderat und muss wie bereits in 2015 nicht dem tatsächlichen Durchschnittsbeitragssatz entsprechen. Im Übrigen steht es den Mitgliedern der GKV frei, eine günstigere Krankenkasse zu wählen. Hierzu besteht bei Beitragssteigerung ein eigenes Sonderkündigungsrecht. Weiterhin erheben viele wählbare Krankenkassen einen individuellen Zusatzbeitragssatz deutlich unterhalb des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes. 5. Warum werden nicht die monatlichen Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds an die Krankenkassen erhöht, um die stark gestiegenen Ausgaben (vor allem durch die deutlichen Kostensteigerungen in den großen Ausgabenblöcken Arzneimittel und Krankenhaus ) auszugleichen, anstatt die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen einseitig mehr zu belasten ? Der Gesundheitsfonds hat liquide Mittel vorzuhalten (Liquiditätsreserve ), um unterjährige Einnahmeschwankungen auszugleichen. Die Höhe der Liquiditätsreserve muss nach Ablauf eines Geschäftsjahres mindestens 25 % einer durchschnittlichen Monatsausgabe des Gesundheitsfonds betragen . Nach Berechnungen des GKV-Schätzerkreises werden die Ausgaben des Gesundheitsfonds im laufenden Kalenderjahr 2015 rd. € 198,266 Mrd. betragen. Die Mindestliquiditätsreserve in Höhe von 25 % einer Durchschnittsmonatsausgabe beträgt in 2015 ausgehend von dieser Schätzung rd. € 4,131 Mrd. Ein gesetzliches Höchstsoll existiert dagegen nicht. Laut GKV-Schätzerkreis wird die Liquiditätsreserve zum 31.12.2015 voraussichtlich rd. € 10,167 Mrd. betragen . Eine Ausschüttung der Liquiditätsreserve an die Krankenkassen zu nicht gesetzlich vorgegebenen Zwecken ist grundsätzlich gesetzlich nicht vorgesehen. Im Interesse der Versicherten ist eine verlässliche und solide Finanzierung des Gesundheitswesens und auch eine angemessene Liquiditätsreserve zum Ausgleich unterjähriger Schwankungen unerlässlich. Die Höhe der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds ist erfreulich und zur nachhaltigen Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben auch sinnvoll. Eine teilweise Ausschüttung der Reservemittel an die Krankenkassen zur Beitragssenkung hätte dagegen absehbar keinen nachhaltigen Effekt. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9686 Gleichwohl gibt es mehrere Beispiele, in denen auf die Liquiditätsreserve zum Zwecke der gezielten Finanzierung bestimmter Sachverhalte zurückgegriffen wurde. So wurde die Abschaffung der Praxisgebühr zunächst aus der Liquiditätsreserve kompensiert (2013 und 2014 jeweils rd. € 1,8 Mrd.). Ebenso wurde die vorübergehende Absenkung des Bundeszuschusses zur Konsolidierung des Bundeshaushalts durch Entnahmen aus der Liquiditätsreserve kompensiert (2014 und 2015 insgesamt € 6 Mrd.). Zur Förderung innovativer Versorgungsformen und für die Versorgungsforschung wird im Rahmen des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes (GKV-VSG) ein Innovationsfonds mit einem Finanzvolumen von jeweils € 300 Mio. jährlich in den Jahren 2016 bis 2019 geschaffen. Die jährlichen Fördermittel werden dabei unter Berücksichtigung des Finanzierungsanteils der landwirtschaftlichen Krankenkasse jeweils zur Hälfte aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds und den am Risikostrukturausgleich teilnehmenden Krankenkassen zur Verfügung gestellt. Zudem wird im Rahmen des Krankenhausstrukturgesetzes – KHSG – zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen ein Strukturfonds eingerichtet. Dazu werden einmalig Mittel in Höhe von € 500 Mio. aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt, wenn die Länder den gleichen Beitrag leisten.