Drucksache 17 / 10 007 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Özcan Mutlu (GRÜNE) vom 08. November 2011 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. November 2011) und Antwort Stichwort Schultrojaner: Wie will Berlin die Umsetzung des Vertrages der KMK zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen dach § 53 UrhG und den damit verbundenen Einsatz privater Überwachungssoftware umsetzten? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat den KMK-Vertrag zur Ein- räumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG und den damit verbundenen Einsatz privater Überwachungssoftware durch den Verband der Schulbuchverlage (VdS)? Zu 1.: Die Ende 2010 zwischen der Kultusminister- konferenz (KMK) und den Verwertungsgesellschaften abgeschlossene Vereinbarung zum § 53 Urheberrechtsgesetz (UrhG) ist ein rechtsgültiger Vertrag, dem das Land Berlin zugestimmt hat. 2. Wie soll der KMK-Vertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG in Berlin konkret umgesetzt werden und wie wird der Berliner Datenschutzbeauftragte und werden die betroffenen Schulen in die Umsetzung einbezogen? Zu 2.: Eine Konkretisierung des Einsatzes der im § 6 Absatz 4 des Gesamtvertrags zum § 53 UrhG benannten „Software“ wird erst erfolgen, nachdem diese von den Verwertungsgesellschaften zur Verfügung gestellt wurde und nachdem der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit die Unbedenklichkeit des Einsatzes dieser Software bescheinigt hat. Die anschließende Installation der Software erfolgt in Kooperation mit den betroffenen Schulen. 3. Wie will der Senat die dienstrechtlichen und daten- schutzrechtlichen Probleme des Einsatzes einer externen Überwachungssoftware klären, bevor diese zum Einsatz kommt? Zu 3.: Datenschutzrechtliche Fragen werden vor Ein- satz der Software in Kooperation mit dem Berliner Beauf- tragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vollständig geklärt. Die Software löst keine gesonderten dienstrechtlichen Probleme im Vergleich zur sonstigen Rechtslage aus. 4. Welche weiteren Auswirkungen und Folgen hat dieser Vertrag für Berlin und was bedeutet es für den Etat der Bildungsverwaltung? 5. Welche Auswirkungen hat diese Vereinbarung für die Schulentwicklung und die Pädagogik zur Folge? Zu 4. und 5.: Aus der Erfüllung des Gesamtvertrags zum § 53 UrhG sind keine weiteren Folgen, auch keine finanziellen Auswirkungen für das Land Berlin zu erwarten . 6. Welche Dienststelle und wer entscheidet im Land Berlin über den Einsatz von Unterrichtsmaterialien und wie wurde bisher in diesem Zusammenhang mit Urheberrechtsfragen umgegangen? Zu 6.: Die Auswahl der Lehr- und Lernmittel obliegt der jeweiligen Fachkonferenz (§ 80 Absatz 1 3. Schulgesetz ). Alle Lehrkräfte sind verpflichtet, sich im Rahmen ihres pädagogischen Handelns an die Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu halten (§ 67 Absatz 2 SchulG). Auch die Regelungen des Urheberrechtsgesetzes sind für die Lehrkräfte a priori bindend. 7. Wie hoch waren die Mittel, die der Berliner Senat in den vergangenen Fünf Schuljahren für die Vervielfältigung von Unterrichtsmaterialien bezahlt hat, und wie hoch war dabei der Anteil der Mittel, die für Urheberrechte aufgewendet wurden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 007 t. Zu 7.: Sachaufwandsträger der öffentlichen allgemeinbildenden Schulen sind die Bezirke, der Senat kommt nicht direkt für die „Betriebskosten“ der Schulen auf. Eine Abfrage der bezirklichen Schulämter über das Sachkonto „Geschäftsbedarf“ der Schulen ist in der Kürze der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht realisierbar. Die sächliche Verantwortung der zugewiesenen Mittel obliegt ohnehin der Schule (§ 7 Absatz 5 SchulG), so dass selbst aus den Mittelansätzen keine Rückschlüsse auf die Ausgaben für Kopierkosten gezogen werden können. Im Rahmen der Gesamtverträge zu den §§ 52a und 53 UrhG hat die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung für die allgemeinbildenden und beruflichen Schulen in öffentlicher und privater Trägerschaft folgende Zahlung an die Verwertungsgesellschaften geleiste 2007 226.459 € 2008 212.819 € 2009 508.019 €1 2010 398.651 € 2011 399.528 € 8. In wie vielen Berliner Schulen kommen digitale Netzwerke oder Clouds im Unterricht zum Einsatz? (aufgeschlüsselt nach Schultyp und Bezirk) Zu 8.: Statistisch wird nicht erfasst, ob eine Schule über ein schulinternes Intranet verfügt. Daher können hier keine Daten benannt werden. 9. Sind die zugesagten Datenschutzbeauftragten für die „Schülerdatei“ mittlerweile benannt und arbeitsfähig und wenn ja, wie viele dieser sind an Berliner Schulen bereits im Einsatz? (aufgeschlüsselt Schulen und Bezirk) Zu 9.: Es ist vorgesehen, in einem Umfang von ins- gesamt 13 Stellen Datenschutzbeauftragte und IT-Sicherheitsbeauftragte zu benennen und regional zu verankern. Gesamtstädtisch wird ihre Arbeit in einem Team koordiniert , sie arbeiten eng mit den Datenschutzbeauftragten und IT-Fachleuten der Schulen zusammen. Es konnten in einem ersten Auswahlverfahren vier Datenschutzbeauftragte ausgewählt werden, die für insgesamt acht Regionen bzw. vier Doppelregionen (Mitte /Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg/ Neukölln, Charlottenburg-Wilmersdorf/Steglitz-Zehlendorf , Spandau/Reinickendorf) und den dortigen insgesamt 439 Schulen übergeordnet zuständig sein werden. Hinzu kommen bisher fünf IT-Sicherheitsbeauftragte mit Verantwortung für insgesamt neun Regionen (Mitte/Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg/ 1 Im November 2008 wurde bereits ein Gesamtvertrag zum § 53 UrhG geschlossen, der rückwirkend zum 1.1.2008 in Kraft trat. Im Jahr 2008 wurden noch die Zahlungen auf der Basis des Gesamtvertrags von 1996 erbracht. Die in diesen Vertrag ab 2008 vereinbarten Zahlungen wurden erst 2009 geleistet, und zwar als Differenz in Höhe von 143.668 € zwischen dem bereits gezahlten und nun neu vereinbarten Betrag zum Gesamtvertrag § 53 UrhG sowie des neuen Pauschalbetrags über 344.536 € und der Pauschale für den Gesamtvertrag zum § 52a UrhG über 19.893 €. Diese Nachzahlung für 2008 erklärt die einmalige ungewöhnliche Höhe des Betrags. Neukölln, Treptow-Köpenick/Marzahn-Hellersdorf, Pankow /Lichtenberg, zentral verwaltete Schulen (sog. Region 13)) die für die dortigen 600 Schulen zuständig sind. Ein weiteres Auswahlverfahren ist aktuell in der Umsetzung . Die Datenschutzbeauftragten und IT-Sicherheitsbeauftragten befinden sich derzeit in intensiven Schulungen . Der Berliner Beauftragte für Informationssicherheit und Datenschutz sowie zertifizierte Fachexperten für IT-Sicherheit sind an den Schulungen und Ausbildungsinhalten beteiligt. Parallel haben die bereits ausgewählten Personen ihre Arbeit in Teilprojekten von eGovernment@School wie z.B. Sicherheits-Audits von Schulstandorten aufgenommen , wobei sie hier als Teil ihrer Ausbildung zunächst unterstützend tätig werden. 10. Sieht der Senat die Zielsetzung von eGovernement@school durch den besagten KMK-Vertrag gefährdet? Zu 10.: Das Projekt eGovernment@School führt die Handlungsfelder des Einsatzes moderner Informationstechnologien im Berliner Schulsystem zusammen und schafft hierbei auch - an notwendigen Stellen – organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen für ein zeitgemäßes Verwaltungshandeln. Aktuelle Anforderungen, die sich aus dem stetig zunehmenden Einsatz digitaler Medien im Schulsystem ergeben, werden im Handlungsfeld „eContent“ (Bereitstellung und Nutzung digitaler Inhalte) aufgegriffen. Das Projekt eGovernment@School wird durch den Gesamtvertrag der KMK zu § 53 UrhG nicht beeinträchtigt. 11. Konterkariert der Einsatz von externer Über- wachungssoftware des VdS aus der Sicht des Senates die Unterrichtsentwicklung? Zu 11. Grundlegendes Ziel der Berliner Schule ist die „... Heranbildung von Persönlichkeiten ..., welche fähig sind, ... das staatliche und gesellschaftliche Leben auf der Grundlage der Demokratie, des Friedens, der Freiheit, der Menschenwürde, der Gleichstellung der Geschlechter und im Einklang mit Natur und Umwelt zu gestalten.“ (§ 1 SchulG). Unabdingbare Voraussetzung für diese Zielerreichung ist, dass alle am Bildungs- und Erziehungsprozess beteiligten Personen, insbesondere die Lehrkräfte, sich an die demokratischen Spielregeln halten und rechtsstaatliche Grundsätze, auch die des Urheberrechts, konsequent beachten. Insofern wird ein möglicher Einsatz von Software die Unterrichtsentwicklung nicht beeinträchtigen . Berlin, den 09. Dezember 2011 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Dez. 2011) 2