Drucksache 17 / 10 033 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Marion Seelig (LINKE) vom 05. Dezember 2011 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Dezember 2011) und Antwort Flüchtige Rechtsextreme Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Liegen dem Senat Erkenntnisse über wegen so- genannten Untertauchens nicht vollstreckbare Haftbefehle in Berlin gegen Rechtsextreme seit 1990 (inkl. Personen aus dem Ausland, die zuletzt ihren Aufenthalt in Deutschland hatten) vor und wenn ja, wie viele Personen betrifft das (bitte aufschlüsseln nach Jahren, Tatkomplexen, Verurteilungen , letzter bekannter Aufenthaltsort)? Zu 1.: Solche Erkenntnisse liegen derzeit nicht vor. Haftbefehle ergehen jeweils verfahrensbezogen. Im Verfahrensregister der Staatsanwaltschaft werden durch Rechtsextreme begangene Taten jedoch nicht explizit ausgewiesen. Da alle in Betracht kommenden Delikte - insbesondere auch Straftaten nach §§ 86, 86 a des Strafgesetzbuches (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) - auch von Personen begangen werden, die keine Rechtsextremen sind, ist es nicht möglich, die sich auf rechtsextreme Beschuldigte beziehenden Verfahren zu filtern. Eine Anfrage von SpiegelOnline vom 22.11.2011 an alle Bundesländer zur Vollstreckung von Haftbefehlen gegen Personen, die mutmaßlich der Politisch motivierten Kriminalität - rechts - zuzuordnen sind, wurde in Absprache mit den Bundesländern vom Bundeskriminalamt am 24.11.2011 wie folgt beantwortet: „Die von Ihnen gestellten Fragen wurden im Rahmen der aktuellen Diskussion zur Optimierung der Bekämpfung des Rechtsextremismus und -terrorismus bereits aufgegriffen. Da die Innenministerkonferenz die Einrichtung des Gemeinsamen Abwehrzentrums - Rechts - beschlossen hat, wird dort umgehend mit der weiteren Prüfung auch zurückliegender Straftaten, insbesondere im Bereich der Tötungs- und Gewaltdelikte, begonnen. Hierbei werden sich die beteiligten Behörden auch mit Fragen der Vollstreckung offener Haftbefehle von Personen befassen, die der Politisch motivierten Kriminalität - rechts - zuzuordnen sind. Entsprechende Überprüfungen sind bereits angelaufen.“ Diese Stellungnahme hat weiterhin Gültigkeit. Das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR) hat in der 51. Kalenderwoche 2011 seine Arbeit aufgenommen. 2. Liegen dem Senat Erkenntnisse über wegen so- genannten Untertauchens nicht vollstreckbare Haftbefehle in der Bundesrepublik gegen Rechtsextreme seit 1990 (inkl. Personen aus dem Ausland, die zuletzt ihren Aufenthalt in Deutschland hatten) vor und wenn ja, wie viele Personen betrifft das (bitte aufschlüsseln nach Jahren, Tatkomplexen, Verurteilungen, letzter bekannter Aufenthaltsort , zuständige Staatsanwaltschaft)? Wenn nein, aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen ist eine Auskunftserteilung auf Landesebene nicht möglich? Zu 2.: Solche Erkenntnisse liegen nicht vor. Dies hängt zunächst mit den unter 1. geschilderten Gründen zusammen. Zudem betreffen die im Verfahrensregister der Staatsanwaltschaft gespeicherten Daten lediglich in Berlin anhängige Verfahren. Auch von der Berliner Polizei können Anfragen zur Kriminalitätsstatistik anderer Bundesländer bzw. zur gesamten Bundesrepublik - dazu gehören auch im weiteren Sinne Erkenntnisse zu Haftbefehlen - aufgrund fehlender Zuständigkeit nicht beantwortet werden. 3. Welche Maßnahmen haben Berliner Behörden bis heute zur Ergreifung flüchtiger Rechtsextremer ergriffen (Bitte um Einzelaufstellung)? Zu 3.: Wie unter 1. dargestellt, sind keine Verfahren gegen flüchtige Rechtsextreme spezifizierbar, so dass eine konkrete Beantwortung nicht möglich ist. Grundsätzlich werden bei allen offenen Haftbefehlen, deren Vollstreckung der Staatsanwaltschaft Berlin obliegt, die gemäß §§ 131 ff. der Strafprozessordnung genannten Maß- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 033 nahmen bei Vorliegen der dort aufgeführten Voraussetzungen veranlasst. Seitens der Polizei werden zwecks Vollstreckung von Haftbefehlen die Betroffenen von Polizeibeamten an den bekannten Wohn- bzw. Aufenthaltsorten aufgesucht. Nach mehrmaligem Nichtantreffen der Betroffenen werden weitere Fahndungsmaßnahmen - u. a. abhängig von der Schwere der Straftat und ggf. unter Beteiligung der Staatsanwaltschaft - eingeleitet. Beschreibungen von Maßnahmen verbieten sich u. a. aus polizeitaktischen Gründen. 4. Trifft es zu, dass das Berliner LKA auf die Medien- anfrage des „Spiegel“ nach nicht vollstreckbaren Haftbefehlen vom 22.11.2011 keine Sachauskunft gegeben hat (s. „SpiegelOnline“ vom 24.11.2011) und wenn ja, warum hat das Berliner LKA keine Auskunft gegeben? Zu 4.: Die von SpiegelOnline gestellte Anfrage zu nicht vollstreckbaren Haftbefehlen wurde an alle Landeskriminalämter mit der Bitte um Beantwortung übermittelt. Aus Praktikabilitätsgründen wurde die Anfrage in Absprache mit allen Landeskriminalämtern zentral vom Bundeskriminalamt bearbeitet. Berlin, den 21. Dezember 2011 In Vertretung Sabine Toepfer-Kataw Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Jan. 2012) 2