Drucksache 17 / 10 038 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Joschka Langenbrinck (SPD) vom 28. November 2011 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Dezember 2011) und Antwort „Teach First“ in Berlin – Zwischenbilanz 2011 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Bekräftigt der Senat seine Auffassung, dass die Einführung der gemeinnützigen Bildungsinitiative „Teach First“ in Berlin ein Erfolg für die teilnehmenden Schulen und ihre Schülerinnen und Schüler ist und dass das Konzept nachhaltige bildungs-, integrations - und sozialpolitische Früchte trägt und wenn ja, wie begründet der Senat das? 2. Ist die Evaluation der Bildungsinitiative „Teach First“ an Berliner Schulen durch einen externen Gutachter bereits abgeschlossen und wenn ja, zu welchem Ergebnis kommt diese und welche Schlüsse zieht der Senat daraus? Zu 1. und 2.: Mit dem Schlussbericht aus dem Februar 2011 wurde der Einsatz der sog. Fellows im Rahmen der Bildungsinitiative Teach First Deutschland durch Herrn Prof. Dr. Rainer Dollase evaluiert. Dabei wurde das Aufgabenprofil der eingesetzten Fellows (Zitat aus dem o.a. Gutachten bei den Interviews von Schulleitungen, Kolleginnen und Mentoren: "Fellows erledigen Zusatzaufgaben, haben Vorbildfunktion für Schüler, sind Hilfe für das Schulleben, sind Ansprechpartner für Schüler, haben Fördererfolg, geben Impulse für das Kollegium, beraten Schüler/-innen, tragen zur Leistungssteigerung bei") sowohl von den einsetzenden Schulleitungen, als auch im Feedback von den Kollegien der Einsatzschulen im höchsten Maß als nützlich und hilfreich betrachtet. Ohne hier eine vollausgebildete Lehrkraft ersetzen zu können bzw. zu wollen, werden die Fellows gerade in der Aufgabenstellung bei pädagogischen Projekten bzw. der Betreuung von Schülerinnen und Schülern sowohl in Bezug auf ihre individuellen Kompetenzen, als auch aufgrund der zusätzlichen Funktion an der Einsatzschule insbesondere von den Schülerinnen und Schülern zu fast 90 Prozent mit Bestnoten beurteilt. 3. Welche Schulen in welchen Bezirken haben sich in den Schuljahren 2009/2010 und 2010/2011 mit wie vielen Fellows an „Teach First“ beteiligt und welche Schulen beteiligen sich im laufenden Schuljahr 2011/2012 daran? (Bitte Auflistung der Schulen nach Bezirken und Anzahl der jeweiligen Fellows in Fortschreibung der entsprechenden Aufstellung) Zu 3.: Ich verweise auf die beigefügte Anlage. 4. Lehnen noch immer einzelne bezirkliche Personalvertretungen die Einführung von „Teach First“ ab und wenn ja, welche sind das und wie begründen sie ihre Ablehnung vor dem Hintergrund positiver Voten von interessierten Schulen in den entsprechenden Bezirken? Zu 4.: Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Berlin lehnt - anders als beispielsweise der Landesverband in Nordrhein-Westfalen - die Bildungsinitiative Teach First Deutschland (TFD) ab. Die Ablehnung begründet sich durch die Finanzierung aus Mitteln der Personalkostenbudgetierung. Weitere Kritik betrifft die unzureichende Beteiligung der Personalräte am Auswahlverfahren der Fellows. 5. Welche unternehmerischen Spender fördern derzeit „Teach First Deutschland“, was wird gegenwärtig mit den Spenden finanziert und teilt der Senat noch immer die Auffassung, dass „Teach First Deutschland“ durch diese finanziellen Spenden unabhängig agiert? Zu 5.: Teach First Deutschland“ wird durch Zuwen- dungen von Förderstiftungen, Unternehmen, Privatpersonen und der öffentlichen Hand (in 2012 erstmals Erhalt projektbezogener Fördermittel aus dem Bundesprogramm des Europäischen Sozialfonds (ESF) „Bildung, Wirtschaft , Arbeit im Quartier (BIWAQ)“) finanziert. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 038 Mit diesen Zuwendungen werden ausschließlich die operativen Kosten von Teach First Deutschland getragen. Dies betrifft vor allem Personal- und Sachkosten, die der gemeinnützigen Organisation durch die Anwerbung, die Auswahl, die Qualifizierung der Fellows für den Arbeitseinsatz an deutschen Schulen in sozialen Brennpunkten , die fortlaufende pädagogische Begleitung der Fellows während des Arbeitseinsatzes, die Weiterqualifizierung für den Übergang in eine anspruchsvolle Berufstätigkeit im Anschluss an den Fellow-Einsatz und schließlich durch die integrierte Alumniarbeit entstehen. Letztere soll die Fellows dabei unterstützen, sich auch aus ihren zukünftigen beruflichen Positionen heraus weiterhin für größere Bildungsgerechtigkeit in Deutschland einsetzen. Formal sind die in Berlin tätigen Fellows bei Teach First Deutschland angestellt und werden von der Organisation bezahlt. Das Land Berlin erstattet dem Vertragspartner diese Aufwendungen. Teach First Deutschland erzielt daraus keinen Gewinn. Ausschließlich die Gehälter und die direkt aus der Verwaltung des Personals entstehenden Kosten im Umfang von weniger als fünf Prozent der Erstattung werden durch das Land Berlin getragen. Folgende Unternehmen engagieren sich zurzeit als Hauptförderer, d.h. in erheblichem finanziellem Umfang (>100.000 EUR p.a.) und/oder über Sachspenden /Dienstleistungen für die Arbeit der Organisation: ™ Deutsche Lufthansa AG ™ Deutsche Post DHL ™ Franz Haniel & Cie. GmbH ™ Lanxess AG ™ Siemens AG ™ Manfred Lautenschläger-Stiftung ™ Robert Bosch Stiftung ™ Vodafone Stiftung Deutschland Alle Unterstützer der Bildungsinitiative werden auf der Internetseite der Organisation einzeln benannt (www.teachtfirst.de/investoren). Alle bisherigen Erfahrungen mit dem Vertragspartner bestätigen die unabhängige Umsetzung der gemeinsamen Zielsetzung von besseren Lernbedingungen für benachteiligte Schülerinnen und Schüler. 6. Wie wird der Senat die Koalitionsvereinbarung zwischen Berliner SPD und Berliner CDU zur Fortführung des Programms umsetzen, falls Personalräte weiterhin den Einsatz von „Teach First“-Fellows an Schulen ablehnen? Zu 6.: Aufgrund der Rechtslage ist die Zustimmung der jeweils örtlich zuständigen Beschäftigtenvertretungen vor Einsatz der Fellows an der Berliner Schule notwendig . Der Senat bemüht sich um diese Zustimmung, indem er die unter 1. und 2. skizzierten positiven Praxiserfahrungen in Gesprächen mit der GEW bzw. den zuständigen Personalvertretungen vermittelt. 7. Inwieweit wird das Lehrpersonal durch die Fellows entlastet? Zu 7.: Fellows sollen benachteiligte Schülerinnen und Schüler fördern. Dazu sind die Fellows auch im Unterricht eingesetzt (z.B. im Rahmen von Teamteaching und/oder Teilungsgruppenunterricht u.dgl.). Auf diesem Wege unterstützen die Fellows die Lehrkräfte bei ihrer regulären Arbeit durch Übernahme von Teilaufgabenbereichen . Darüber hinaus machen die Fellows außerunterrichtliche Angebote zur zusätzlichen Förderung von Schülerinnen und Schülern (z.B. Arbeitsgemeinschaften, Förderangebote u.dgl.) und fördern die Schüler individuell, was zu einer weiteren Entlastung der Lehrer beiträgt. 8. Bekräftigt der Senat seine Auffassung, dass die Fellows keine Konkurrenz zu Lehrkräften und Referendaren darstellt und wenn ja, wie begründet der Senat seine Meinung? Zu 8.: Die Einsatzprofile der Fellows sehen sowohl generell, als auch beim individuellen Einsatz an den Schulen keine originäre Tätigkeit als eigenverantwortliche Lehrkraft vor. Es ist auch keinesfalls beabsichtigt, hier Ausbildungsinhalte für eine Tätigkeit als Lehrkraft formal zu vermitteln. Sowohl von den Inhalten, als auch in Bezug auf den tatsächlichen zeitlichen Einsatz an der Berliner Schule ist die Tätigkeit auf schulische zusätzliche Projekte fokussiert . Gerade in diesem Einsatzprofil werden die Fellows von den nutzenden Schulen mit Bestnoten beurteilt. Eine Konkurrenz zu Lehrkräften mit voller Lehrbefähigung war und ist zu keiner Zeit beabsichtigt und pädagogisch und organisatorisch in keiner Weise sinnvoll. 9. Hat der Senat die im Rahmen der Auswertung der Erprobung der gestuften lehramtsbezogenen Studiengänge vorgesehene Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes bereits umgesetzt und wenn ja, wurde dabei die Anrechnung der zweijährigen FellowTätigkeit auf einschlägige Studiengänge berücksichtigt und wenn nein, sieht der Senat dies vor? Zu 9.: Die Erprobung der gestuften lehramtsbezoge- nen Studiengänge endet am 30.09.2012. Eine Neufassung des Lehrerbildungsgesetzes ist vorgesehen. In diesem Zusammenhang werden dann die schon bestehenden Anrechnungsregelungen im Hinblick auf erbrachte Studienleistungen bzw. geleistete unterrichtliche Tätigkeiten ebenso wie neue Anregungen geprüft und über die Aufnahme in Gesetzes- oder Verordnungstexte entschieden. 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 038 3 10. Stimmt der Senat der Auffassung zu, dass eine Finanzierung der Fellows aus Mitteln der Personalkostenbudgetierung (PKB) eine Mittel- bzw. Langfristigkeit der Projektpartizipation erschwert und wenn ja, zieht der Senat eine anderweitige Finanzierungsgrundlage – z.B. nach Vorbild NordrheinWestfalens – in Betracht und wenn nein, wie begründet der Senat das? 11. Hält der Senat den Einsatz von mehr Fel- lows an Berliner Schulen für wünschenswert und wenn ja, welche Rahmenbedingungen müssen nach Auffassung des Senats geschaffen werden, um den Einsatz von mehr Fellows an Berliner Schulen zu ermöglichen? Zu 10. und 11.: Die Personalkostenbudgetierung sieht - sofern die Sicherstellung von Vertretungsunterricht gewährleistet ist - auch die Nutzung der entsprechenden Mittel für schulische pädagogische Projekte vor. Diese Nutzung nimmt in der tatsächlichen Mittelauslastung inzwischen einen hohen Stellenwert ein, gerade auch bei den Schulen, die aufgrund ihres sozialen Einzugsgebietes vom Einsatz der Fellows partizipieren können . Insofern ist die Nutzung von Mitteln der Personalkostenbudgetierung auch weiterhin durchaus eine denkbare Finanzierungsquelle, zumal die Schulen über diese Mittel im Rahmen der bestehenden rechtlichen und organisatorischen Grundlagen auch selbständig verfügen können . Um die Akzeptanz für diese Bildungsinitiative nicht nur von der individuellen Verfügbarkeit dieser Mittel bei einzelnen Schulen abhängig zu machen, wird aktuell die zentrale Bereitstellung von Mitteln geprüft. Berlin, den 28. Dezember 2011 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Januar 2012) Einsatzschulen Klasse 2009  Bezirk  Einsatzschule  Jahrgang 09/11  Jahrgang 10/12  Jahrgang  11/13  Charlottenburg  Loschmidt Oberschule  2                                                                                                                                    Lichtenberg  Fritz‐Reuter‐Schule  1 1  Lichtenberg  Mildred‐Harnack‐Schule  2 Lichtenberg  George‐Orwell‐Schule  1 Lichtenberg  7. Integrierte Sekundarschule (Keith‐Haring‐Schule)  1 Mitte  Ernst‐Reuter‐Oberschule  1 Mitte  8. Integrierte Sekundarschule (Schule am Schillerpark)  3 1  Mitte  Heinrich‐von‐Stephan‐Schule  1  1 Mitte  Ernst Schering‐Schule  1 Mitte  6. Integrierte Sekundarschule (Herbert‐Hoover‐Oberschule) 1 Mitte  Hermann‐Herzog‐Grundschule   1  Neukölln  Otto‐Hahn‐Schule  2 Neukölln  Carl‐Legien‐Schule  2 Neukölln  Röntgen‐Schule (Integrierte Sekundarschule)  1 Neukölln  Kepler‐Schule  1 1  Neukölln  Alfred‐Nobel‐Schule    1  1  Neukölln  Albrecht‐Dürer‐Schule    1 Pankow  Kurt‐Schwitters‐Schule  2 1  Pankow  Hufeland‐Schule  2 1  Pankow  Heinz‐Brandt‐Schule  1 1  Spandau  6. Integrierte Sekundarschule (Wilhelm‐Leuschner‐Oberschule + Wolfgang‐Borchert‐Oberschule)  1 1  Spandau  8. ISS Spandau (Schule an der Haveldüne)  2 1  Spandau  Schule am Stadtrand  1 Spandau  7. Integrierte Sekundarschule Siemensstadt  1 Reinickendorf  Thomas‐Mann‐Oberschule    1 Reinickendorf  Max‐Beckmann‐Oberschule    1 Reinickendorf  Ernst‐Litfaß‐Schule (OSZ Druck‐ und Medientechnik) 1    Fellows insgesamt 29  6  11    ka17-10038 ka17-10038 Anl