Drucksache 17 / 10 043 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Özcan Mutlu (GRÜNE) vom 09. Dezember 2011 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Dezember 2011) und Antwort Einstellungen von jungen Lehrerinnen und Lehrern in Berlin – Quo Vadis? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist dem Senat bekannt, zu welchen jeweiligen Terminen andere Bundesländer LehrerInnen einstellen , und berücksichtigt der Senat diese Termine bei der eigenen Planung? 2. Wenn ja, zu welchen konkreten Terminen und wie oft werden in anderen Bundesländern Lehrereinstellungen vorgenommen? (bitte tabella-risch auflisten) 3. Wenn nein, hält es der Senat nicht für sinn- voll, hierzu Erkenntnisse vorliegen zu haben, um im Wettbewerb um die Lehrkräfte zu bestehen? Zu 1., 2. und 3.: Dem Senat sind die Einstel- lungstermine der anderen Länder grundsätzlich bekannt , Einzelheiten liegen jedoch aktuell nicht vor. Die Einstellungstermine für Lehrkräfte sind abhängig vom Bedarf sowie natürlich auch vom Ausbildungsende der Absolvent(en)/innen des Vorbereitungsdienstes . Dieser endet in Berlin jeweils am Ende des Schuljahres bzw. Schulhalbjahres. Einstellungen erfolgen vorrangig zum Beginn des Schuljahres und des Schulhalbjahres, da insbesondere zu diesem jeweiligen Zeitpunkt die Lehrkräfte aus Altersgründen ausscheiden und daher der Bedarf entsprechend groß ist. Kontinuierliche unterjährige Einstellungen während des Schuljahres werden bedarfsabhängig durchgeführt . Zur Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit mit anderen Ländern hat der Senat bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen: • Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen • Frühzeitige Durchführung der Auswahlverfahren • Frühzeitige Einstellungsgarantien für künftige Absolventen des landeseigenen Vorbereitungsdienstes in Mangelfächern • Frühzeitige Angebote auf unbefristete Weiterbeschäftigung an befristet beschäftigte Lehrkräfte 4. Wie bewertet der Senat die Forderung von jungen LehrerInnen nach Verbeamtung? Zu 4.: Der Wunsch von jungen Lehrkräften nach Verbeamtung ist dem Senat bekannt. Der Senat hat bereits zum Schuljahr 2004/2005 entschieden, Lehrkräfte nicht mehr zu verbeamten. Diese Entscheidung wurde in der aktuellen Koalitionsvereinbarung aufrechterhalten. Mit seinem Beschluss vom 17.02.2009 zur Verbesserung der Vergütungssituation für Lehrkräfte und der Förderung des Lehrernachwuchses hat der Senat eine deutliche Erhöhung der Vergütung von bis zu 1.200.- Euro brutto monatlich umgesetzt. 5. Wie viele Lehrkräfte übernimmt Berlin aus anderen Bundesländern ins Beamtenverhältnis jährlich und aus welchen Bundesländern kommen diese? 6. Wie ist das Procedere gemäß Frage 5 geregelt und nach welchen Kriterien erfolgen derartige Übernahmen ? 7. Wie bewertet der Senat den Umstand, dass junge Lehrkräfte aus Berlin ein Beamtenverhältnis in anderen Bundesländern annehmen und einige Jahre später dann als Beamte nach Berlin zurückkehren? Zu 5., 6. und 7.: Nach den Regelungen der Kul- tusministerkonferenz (KMK) sind Wechsel von Lehrkräften zwischen den Ländern möglich. Neben dem jährlichen Ländertauschverfahren gibt es seit 2001 auch die Möglichkeit, im Rahmen des Bewerbungs - und Einstellungsverfahrens zu wech-seln. Maßgeblich sind die Beschlüsse der KMK vom Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 043 10.05.2001 und 07.11.2002, die sowohl für Beamte als auch für Angestellte gelten. Nach diesem Beschluss der KMK können Lehrkräfte jederzeit an Bewerbungsverfahren in einem anderen Land teilnehmen. Sie sind verpflichtet, ihrer Bewerbung eine Erklärung über die Freigabe seitens ihrer Dienststelle beizufügen. Die Länder haben sich hierbei verpflichtet, Freigabeerklärungen so großzügig wie möglich unter Beachtung dienstlicher Interessen zu erteilen, die Familienzusammenführung steht für die Kultusministerkonferenz im Mittelpunkt der Bemühungen. Im Ländertauschverfahren wechseln jährlich Lehrkräfte anderer Länder nach Berlin, in der gleichen Anzahl wechseln auch Berliner Lehrkräfte in die jeweiligen Länder. Dieses Verfahren ist grundsätzlich bedarfsunabhängig und dient der Familienzusammenführung . Der Wechsel von Lehrkräften anderer Länder im Rahmen des Bewerbungs- und Einstellungsverfahrens wird nicht gesondert erfasst, daher sind entsprechende ausführliche Auswertungen nicht möglich. Hinzu kommt noch der Wechsel von Brandenburger Lehrkräften im Rahmen des Gastschülerabkommens vom 29.08.2005, zuletzt geändert am 16.05.2008. In allen Verfahren insgesamt sind in diesem Jahr ca. 200 Lehrkräfte nach Berlin versetzt worden. 8. Wie könnten neue zeitgemäße Arbeitszeitmo- delle aussehen, um diese auch als Instrument zur Minderung/Verhinderung der Abwanderung von Lehrkräften einzusetzen? Zu 8.: Neue Modelle zum Thema Arbeitszeit der Lehrkräfte sind derzeit nicht geplant. 9. Wie steht der Senat zur Einstellung von soge- nannten Seiten- bzw. QuereinsteigerInnen insgesamt und für welche Schultypen käme das für Berlin in Frage? 10. Wie sehen die Möglichkeiten des Seiten- bzw. Quereinstiegs für die Lehramtsqualifikation und für die Qualifikation zum Studienrat im Einzelnen aus und welche Träger qualifizieren hier? Zu 9. und 10.: Die Einstellung von Quereinstei- gerinnen und Quereinsteigern ist grundsätzlich in allen Schularten möglich. Die Möglichkeit dieser Einstellungen wird vom Senat positiv bewertet. In den vergangenen Jahren wurden Quereinstei- ger/innen zumeist für die beruflichen Fachrichtungen Kraftfahrzeugtechnik, Elektrotechnik, Informationstechnik , Druck- und Medientechnik, Veranstaltungstechnik sowie für die allgemein bildenden Fächer Mathematik, Physik, Chemie und Latein eingestellt. Die Einstellungen erfolgten neben den beruflichen Schulen an Gymnasien sowie an Sekundarschulen . Grundsätzlich haben Absolventinnen und Absol- venten mit erstem und zweitem Staatsexamen nach Lehrerbildungsrecht einen Vorrang bei der Einstellung in den Berliner Schuldienst. Ein Quereinstieg ist immer dann möglich, wenn keine ausreichende Zahl von Bewerberinnen und Bewerbern mit abgeschlossener Lehramtsausbildung vorliegt. Nach der Einstellung ist ein berufsbegleitender Vorbereitungsdienst erforderlich, für den die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sein müssen . Gemäß § 9 Abs. 5 Lehrerbildungsgesetz (LBiG) kommen Quereinsteiger/innen für den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst in Frage, die über einen einschlägigen Diplom-, Magister- oder Masterabschluss verfügen und deren Hochschulprüfung nicht länger als fünf Jahre zurückliegt. Bei einem älteren Abschluss ist ersatzweise auch ein Nachweis über eine mindestens dreijährige einschlägige berufliche Tätigkeit zwischen dem Abschluss der Hochschulprüfung und der Bewerbung ausreichend. Die Hochschulprüfungen der Quereinsteiger/innen werden auf Antrag der Ersten Staatsprüfung für ein Lehramt gleichgesetzt, sofern sich ein zweites Fach mit angemessenem Studienumfang feststellen lässt. 11. Welche Erfahrungen hat der Senat bisher mit Seiten- bzw. QuereinsteigerInnen in den Berufsschulen und der Sekundarstufe I (in Mangelfächern) gesammelt? Zu 11.: Die beruflichen Erfahrungen und die teil- weise für den Unterricht erforderlichen speziellen Kenntnisse von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern werden von den Schulen in den meisten Fällen begrüßt und sehr positiv bewertet. Für die Schulen ist die Einstellung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern eine gute Möglichkeit, in den Mangelfächern fachlich hoch qualifiziertes Personal einzustellen. 12. Wie viele Lehrkräfte, die einen ausländischen Lehrerberuf studiert haben, konnten in den vergangenen 5 Schuljahren in Berlin für den Schuldienst gewonnen werden und welche Maßnahmen der Eignungsanerkennung und/oder der Nachqualifizierung mussten sie jeweils durchlaufen? Zu 12.: Bei der Beantwortung dieser Frage muss man unterscheiden zwischen der Einstellung von muttersprachlichen Lehrkräften und der Einstellung an regulären Schulen. Für den muttersprachlichen Unterricht an Staatli- chen-Europa-Schulen, der Nelson-Mandela-Schule (Staatliche Internationale-Schule-Berlin) und der 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 043 3 zweisprachigen deutsch-türkischen Alphabetisierung an einigen Berliner Grundschulen werden jährlich muttersprachliche Lehrkräfte (native speaker) eingestellt . Sofern hier keine Lehrkräfte mit abgeschlossener Lehrerausbildung nach deutschem Recht vorhanden sind, können auch Lehrkräfte mit einer abgeschlossenen Lehramtsausbildung nach Recht des Herkunftslandes eingestellt werden, wenn diese die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrschen. Hier ist keine Nachqualifizierung erforderlich. Sofern sich eine Lehrkraft mit einer abgeschlos- senen Lehramtsausbildung nach Recht des Herkunftslandes für den Einsatz an einer regulären Schule bewerben möchte, ist eine Prüfung der Gleichstellung mit einem deutschen Lehramt erforderlich . Lehrkräfte ohne sofortige Gleichstellung mit einem Berliner Lehramt absolvieren zum Ausgleich festgestellter Ausbildungsunterschiede einen Anpassungslehrgang . Die Anzahl der betroffenen Lehrkräfte wird nicht standardisiert erfasst. Eine Auswertung wäre nur manuell aus allen Personalakten möglich, daher wurde davon abgesehen. 13. Nach welchen transparenten Kriterien erfolgt die Anerkennung von im Ausland erworbenen Lehrbefähigungen und welche Stellen sind bei der Senatsschulverwaltung mit dieser Aufgabe betraut? Zu 13.: Die Anerkennungsentscheidung erfolgt gemäß der Richtlinie 2005/36/EG und deren Umsetzung in Landesrecht (EG-Richtlinienumsetzungsgesetz für Lehrkräfte vom 17.9.2008). Die Zuständigkeit hierfür liegt in der Abteilung VI der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft. 14. Gibt es für abgelehnte Anerkennungsanträge ein Widerspruchsverfahren oder -stelle und wenn ja, wie ist dieses Procedere geregelt? Zu 14.: Es werden rechtsmittelfähige Bescheide erteilt. 15. Wie bewertet der Senat Beschwerden von AntragstellerInnen auf Anerkennung ihrer ausländischen Lehrbefähigung, die im Kern kritisieren, dass ihnen von der zuständigen Stelle Hürden aufgestellt werden und sie eher abgewehrt werden, als unterstützt ? 16. Wie gedenkt der Senat hier Abhilfe zu schaffen? Zu 15. und 16.: Diese Aussagen sind nicht zutref- fend. Von der zuständigen Abteilung werden keine „Hürden“ aufgestellt, es werden lediglich die rechtlichen Regelungen angewandt. Hierbei werden die Antragsteller/innen auch ausführlich beraten und unterstützt. Alle Antragsteller/innen haben grundsätzlich die Möglichkeit, sich sowohl mit abgeschlossener Lehrerausbildung nach Recht des Herkunftslandes für den Berliner Schuldienst zu bewerben, als auch mit einem Berliner Lehramt gleichgestellt zu werden. Letzteres kann mit Auflagen verbunden werden. Berlin, den 28. Dezember 2012 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18.01.2012)