Drucksache 17 / 10 046 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Buchholz (SPD) vom 13. Dezember 2011 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Dezember 2011) und Antwort Streit ums Wasser: Immer wieder Schiedsverfahren bei den teilprivatisierten Berliner Wasserbetrieben – und wer zahlt am Ende? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Regelungen gelten seit der Teilpriva- tisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) im Jahr 1999 für den Fall von Streitigkeiten zwischen dem Land Berlin und den privaten Anteilseignern RWE und Veolia, sofern eine gütliche Einigung nicht möglich ist? Zu 1.: § 44.2 des zwischen den Vertragspartnern ge- schlossenen Konsortialvertrages (KonsV) sieht in diesem Fall die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges vor. 2. In welchem rechtlich verbindlichen Dokument sind diese Regelungen zur Beilegung von Streitigkeiten verankert ? Ist dieses Dokument mit allen ergänzenden Schriftstücken veröffentlicht und wenn ja wo? Zu 2.: Für ein Schiedsverfahren gilt die in der Anlage 44.2 zum KonsV getroffene Schiedsvereinbarung. Diese ist auf der Homepage der Senatsverwaltung für Finanzen bei den Veröffentlichungen zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe unter „weitere Vertragsbestandteile “ zu finden. Darüber hinaus werden alle zu veröffentlichenden Unterlagen der Teilprivatisierung (einschließlich dieser Schiedsvereinbarung) in Kürze zusätzlich in einem Sonderheft des Amtsblattes von Berlin veröffentlicht werden. 3. Wie oft kam es seit der Teilprivatisierung der BWB zu einer Streitigkeit zwischen den Anteilseignern, bei denen ein Schiedsverfahren eingeleitet wurde und wie viele der Verfahren wurden abgeschlossen? Zu 3.: Es gibt nur ein Schiedsverfahren und dieses ist zurzeit noch nicht abgeschlossen. 4. Welche Themen (Streitgegenstände) lagen den bisherigen Schiedsverfahren zugrunde, wie lauteten die Schiedssprüche und ihre jeweilige Begründung? (Hinweis : nach dem erfolgreichen Volksentscheid unterliegen die zurückliegenden Schiedsvereinbarungen nicht weiter der Geheimhaltung.) Zu 4.: Der Zusammenschluss der privaten Investoren, die RWE-Veolia Berlinwasser Beteiligungs AG (RVB), verlangt als Klägerin vom Land Berlin die Zustimmung zu einer Berechnung des durch das Land Berlin zu zahlenden Ausgleichsbetrages für angebliche wirtschaftliche Nachteile der privaten Investoren aufgrund der vom Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin festgestellten Teilnichtigkeit des ursprünglichen Teilprivatisierungsgesetzes . Die Anspruchsgrundlage ist § 23.7 des Konsortialvertrages. Die Klägerin behauptet hier einen Ausgleichsanspruch in Höhe von bis zu 340 Mio. €. 5. Sind gegenwärtig Schiedsverfahren anhängig und wenn ja, über welchen Streitgegenstand hat das Schiedsgericht voraussichtlich zu befinden? Zu 5.:Siehe die Antwort zu Frage 4. 6. Wie setzt sich das Schiedsgericht zusammen und welche Schiedsrichter hat das Land in den jeweiligen Verfahren benannt? Nach welchen Kriterien fand die Auswahl statt? Welche Schiedsrichter benannten die Privatunternehmen, und wer war der jeweilige Obmann? Zu 6.: Das Schiedsgericht setzt sich wie folgt zu- sammen: Prof. Dr. Dr. Klaus J. Hopt, von der Klägerin benannt; Prof. Dr. Wilhelm Haarmann, vom Land Berlin benannt; Dr. h. c. Volker Röhricht (Obmann). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 046 Herr Prof. Dr. Haarmann ist ein ausgewiesener und sehr erfahrener Jurist mit hohem wirtschaftlichem Sachverstand und hatte in seiner bisherigen beruflichen Vita keine Verbindungen zur Klägerin des Schiedsverfahrens. Aus diesem Grund wurde er vom Land Berlin als Schiedsrichter ausgewählt. 7. Durch welche Rechtsanwälte bzw. Kanzleien hat sich das Land Berlin in bisherigen bzw. laufenden Schiedsverfahren jeweils vertreten lassen? Nach welchen Kriterien wurden die Kanzleien ausgewählt? Zu 7.: Das Land Berlin wird im genannten Schieds- verfahren von der überregional tätigen Rechtsanwaltsgesellschaft Luther vertreten. Die Kanzlei wurde ausgewählt , weil deren heutige Partnerin das hochkomplexe Thema der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe von Beginn an mit begleitet hatte. Sie war bereits 1999 beim Abschluss des Konsortialvertrages für die damals mandatierte BDO Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für das Land Berlin tätig und verbindet diese praktische Erfahrung in der Sache mit rechtlichem und wirtschaftlichem Sachverstand in höchstem Maße, wie dies für ein derart wichtiges und bedeutendes Verfahren Voraussetzung ist. 8. In welcher Höhe sind dem Land Berlin Kosten für die anwaltliche Vertretung und sonstigen externen Sachverstand (Gutachter u.ä.) entstanden? 9. Wie hoch war der Streitwert der einzelnen Schieds- verfahren? Welche Kosten sind dem Land Berlin jeweils insgesamt entstanden? In welchem Verhältnis stehen die Kosten zu etwaigen aufgrund der Schiedsverfahren durchgesetzten Ansprüchen des Landes Berlin? Zu 8. und 9.: Der Streitwert des Verfahrens wurde auf 60 Mio. € festgesetzt. Da das Schiedsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, können die Gesamtkosten des Landes Berlin noch nicht beziffert werden. 10. Welche Kosten sind den privaten Anteilseignern entstanden bzw. wie hoch sind die finanziellen Vorteile ausgefallen, die den privaten Anteilseignern aus der Schiedsvereinbarung insgesamt zugestanden wurden? Zu 10.: Die Höhe der dortigen Anwaltskosten ist dem Senat nicht bekannt. Berlin, den 28. Dezember 2011 Sybille v o n O b e r n i t z .................................................... Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Jan. 2012) 2