Drucksache 17 / 10 061 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Monika Thamm (CDU) vom 20. Dezember 2011 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Dezember 2011) und Antwort Sanierung des Schwerbelastungskörpers in Schöneberg Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Auf welche Höhe belaufen sich die Gesamt- kosten für die Sanierung des Schwerbelastungskörpers, die Errichtung der Aussichtsplattform und die Umgestaltung des umliegenden Areals im Bezirk TempelhofSchöneberg ? Antwort zu Frage 1: Die Gesamtkosten für das Stadt- umbauprojekt ‚Schwerbelastungskörper’ belaufen sich auf 999.227,97 Euro. Davon entfallen 912.923,40 auf Fördermittel des Programms ‚Stadtumbau West’ und 86.304,57 Euro auf Eigenmittel des Bezirks TempelhofSchöneberg . Frage 2: Welche ursprünglichen Kosten wurden für diese Maßnahmen angesetzt und welche Gründe haben zu den Kostensteigerungen geführt? Antwort zu Frage 2: Auf der Grundlage einer Vor- untersuchung vor der Aufnahme des Gebiets SchönebergSüdkreuz und des Projekts Schwerbelastungskörper in das städtebauliche Förderprogramm Stadtumbau West hatte der Bezirk Tempelhof-Schöneberg die Kosten für die bauliche Sicherung des Schwerbelastungskörpers in Form einer neuen Abdeckung des Betonkörpers ursprünglich auf 8.700 € und für die weiteren Maßnahmen, einschließlich der landschaftsgärtnerischen Gestaltung, auf 150.000 € geschätzt. Die Voruntersuchung sah lediglich die vorläufige bauliche Sicherung der Anlage und ihre eher behelfsmäßige Herrichtung als Informationsort vor. Mit der Festlegung des Stadtumbaugebietes Schöneberg-Südkreuz durch Senatsbeschluss vom 29. November 2005 ergab sich für den Bezirk die Möglichkeit, das Projekt auf einer neuen und erweiterten Planungs- und Finanzierungsgrundlage zu realisieren. Ausgangspunkt hierfür waren die Entwicklungsziele des Stadtumbaus, die die Umwandlung des über Jahrzehnte vernachlässigten Gebietes Schöneberg-Südkreuz in einen attraktiven, nunmehr an einem der bedeutendsten Fernbahnhöfe Berlins gelegenen Stadtraum, vorsehen. Darüber hinaus war im Hinblick auf den vorgesehenen Fördermitteleinsatz die Forderung nach Dauerhaftigkeit bzw. Nachhaltigkeit der Stadtumbauprojekte zu beachten. Unter diesen Bedingungen schied die lediglich provisorische Herrichtung des Schwerbelastungskörpers aus, vielmehr war eine dauerhafte bauliche Lösung gefragt, die dem zu entwickelnden Stadtumbaugebiet nachhaltig zugute kommt. Dementsprechend entwickelte der Bezirk das Projekt konzeptionell weiter. Frage 3: In welcher Höhe wurden diese Maßnahmen aus Mitteln der EU, des Landes Berlin, des Bezirks Tempelhof-Schöneberg oder sonstigen Quellen finanziert ? Antwort zu Frage 3: Die Fördermittel für das Projekt Schwerbelastungskörper betrugen insgesamt 912.923,40 Euro und waren in unterschiedlicher Höhe den Programmjahren 2005 bis 2007 zugeordnet. In den Programmjahren 2005 und 2006 beteiligte sich der Bund im Rahmen der Städtebauförderung zu einem Drittel an den Kosten der Stadtumbauprojekte. Seit dem Programmjahr 2007 werden die Stadtumbauprojekte zu 50% aus EFRE-Mitteln bezuschusst. Den nationalen Kofinanzierungsanteil trägt zu zwei Dritteln das Land, zu einem Drittel der Bund (Städtebauförderung). Insgesamt belaufen sich beim Projekt Schwerbelastungskörper die Mittelanteile auf 333.125,94 Euro (EU), 193.265,82 Euro (Bund) und 386.531,64 Euro (Land). Frage 4: Trifft es zu, dass entgegen der ursprünglichen Planungen das eingezäunte Areal öffentlich nicht frei begehbar ist? Wenn ja, aus welchen Gründen? Wenn nein, welche Teile dieses Areals sind zu welchen Zeiten und ggf. zu welchen Eintrittspreisen für Besucherinnen und Besucher geöffnet und wie viele Menschen haben dieses Areal seit der Öffnung bereits besucht? Antwort zu Frage 4: Der Informationsort ist seit seiner Übergabe im Jahr 2009 dauerhaft im Rahmen festgelegter Öffnungszeiten von April bis Oktober frei zugänglich . Der Eintritt ist kostenlos. In der übrigen Zeit werden Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 061 nur auf Anfrage und bei entsprechender Witterung Gruppenführungen durchgeführt. Die Offenhaltung des Geländes für die Öffentlichkeit wurde von Projektbeginn an mitgedacht, da die Information über dieses Bauwerk das wesentliche Projektanliegen darstellt. Aus diesem Grund wird jeden Sonntag zusätzlich zu den normalen Öffnungszeiten von den Berliner Unterwelten e.V. eine öffentliche Führung in eigener Regie angeboten, für die der Verein einen Beitrag von 6,- €, ermäßigt 4,- € erhebt. Aus der Erfahrung mit erheblichen Vandalismusschäden vor der Umgestaltung wurde von einer völlig freien Zugänglichkeit abgesehen. Diese treten aber nach wie vor auf. Einige Schmierereien sind ganz offen-sichtlich rechtsorientiert, da sie sich gezielt auf entsprechende Textpassagen der außen-stehenden Eingangstafel zur historischen Einordnung des Relikts beziehen . Deshalb ist die vollständige Öffnung des Geländes weiterhin als problematisch anzusehen. Im Jahr 2011 war der Informationsort an vier Tagen in der Woche (insgesamt 18 Stunden) geöffnet, davon zwei Tage bis 18 Uhr und am Sonntag. Hinzu kommen Sonderöffnungszeiten im Rahmen von Veranstaltungen (Tag des offenen Denkmals, Seminare, Schulprojekte, Führungen). Darüber hinaus ist der Ort in das Veranstaltungsprogramm der Museen Tempelhof-Schöneberg eingebunden. Das Jugend-Museum führt insbesondere für Schulen Projekttage zum historischen Lernen vor Ort durch. In den Jahren 2009 bis 2011 haben rund 10.000 Menschen den Informationsort besucht. Die Besucherzahlen entwickeln sich mit positiver Tendenz. In einem gesonderten Pavillon steht eine Besucherbetreuung zur Verfügung, die nicht nur zusätzliche Informationen geben kann, sondern auch als Ansprechpartnerin für Gespräche über diesen - durchaus umstrittenen - Ort als baulichem Erbe der NS-Zeit fungiert. Die Auswertung der Besucherzahlen zeigt, dass der Informationsort neben dem lokalen Interesse eine Resonanz im Besucherprogramm der Tourismusbranche gefunden hat. Frage 5: Auf welche Höhe belaufen sich die Unter- haltungskosten für dieses Areal im Jahr und aus welchen Mitteln werden diese finanziert? Antwort zu Frage 5: Der Betrieb des Informations- ortes wird in einem Kooperationsverbund zwischen dem Bezirk und dem Verein Berliner Unterwelten durchgeführt . Aus dem Bezirkshaushalt werden ca. 3.300 € Unterhaltungskosten finanziert. Die weiteren Kosten, wie z.B. Müllentsorgung oder Pflege der Grünfläche übernimmt der Verein. Frage 6: Wird dieses Bauwerk weiterhin zu wissen- schaftlichen Zwecken genutzt und inwieweit werden welche geologischen Daten erfasst? Antwort zu Frage 6: Die wissenschaftliche Nutzung des Grundstückes endete mit den letzten Versuchen um 1984. Die wissenschaftliche Nutzung des Belastungskörpers selbst war mit Abschluss der Messungen im Juni 1944 oder spätestens mit deren Auswertung 1948 abgeschlossen . Bei den Messungen von August 1941 bis Juni 1944 wurden das Sinken (Setzung), der Druck (Pressung) und zusätzlich die Temperaturen in Boden, Beton und Luft gemessen. Als geologische Untersuchung sind die Bohrungen zur Erkundung der Bodenprofile (Schichtenfolge des Baugrundes) vor dem Bau des Belastungskörpers zu nennen. Der Schwerbelastungskörper als technisches Bauwerk ist auch heute noch von Interesse für Ingenieure und Ingenieurinnen und Architekten und Architektinnen, die Seminare und Führungen buchen. Zu den Interessenten gehörten in der Vergangenheit u.a. die Technische Universität Cottbus, das Deutsche Institut für Bautechnik, der Verein Berliner Ingenieure und die Architektenkammer. Frage 7: Trifft es zu, dass dieses Bauwerk insgesamt sinkt und/oder sich in seinem Neigungswinkel verändert? Wenn ja, in welchem Ausmaß treten diese Veränderungen pro Jahr auf? Antwort zu Frage 7: Nur theoretisch kann man davon ausgehen, dass der Schwerbelastungskörper noch sinkt. Bei den Setzungsmessungen von August 1941 bis Juni 1944 ist ein Einsinken von im Mittel 186 Millimetern gemessen worden. Der höhere Teil der Setzungen fand im Jahr 1941 statt, in dem der Bau abgeschlossen war. Bei der letzten Messung, einer einzelnen Messung 1948, wurden zusätzliche 9 Millimeter festgehalten. Das erläutert bereits, dass die Setzung stark beginnt und sich dann immer mehr vermindert, bis sie fast nicht messbar wird. Für das Bauwesen sind Setzungen unterhalb von 5 Millimetern nicht von Bedeutung. Seinen Neigungswinkel hat der Betonzylinder während der Bauphase 1941 verändert, dieses ungleichmäßige Setzen (Kippen) wurde durch ungleichmäßiges Betonieren ausgelöst und durch geändertes Betonieren auch ausgeglichen. Der Schwerbelastungskörper ging dadurch nur etwa 5 Millimeter in Schieflage. Berlin, den 02. Januar 2012 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Jan. 2012) 2