Drucksache 17 / 10 078 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Özcan Mutlu (GRÜNE) vom 03. Januar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Januar 2012) und Antwort Stand und Perspektiven der Schulinspektionen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wann ist mit einem Gesamtbericht zum ersten Durchlauf der Schulinspektionen zu rechnen? Zu 1.: Der zusammenfassende Bericht zum ersten Durchlauf der Schulinspektion wird zurzeit erstellt und im 2. Schulhalbjahr 2011/12 veröffentlicht. 2. Welche Ergebnisse und Erfolge haben die bisherigen Schulinspektionen für die untersuchte Einzelschule, für die Schulentwicklung und für die Bildung in Berlin insgesamt gebracht? 3. Welche Konsequenzen wurden aus den bisherigen Schulinspektionsberichten seitens der untersuchten Einzelschule selbst und seitens der Senatsschulverwaltung für die Berliner Schulen insgesamt gezogen und welche konkreten Maßnahmen sind auf die jeweiligen Schulinspektionen gefolgt? Zu 2. und 3.: Ergebnisse und Erfolge der beobachteten schulischen Qualitätsentwicklung sind in den Einzelberichten für die jeweilige Schule festgehalten. Diese Berichte enthalten sehr schulspezifische Hinweise auf beobachtete Stärken und Entwicklungsbedarf, dementsprechend schulspezifisch ist auch der Umgang der jeweiligen Schule mit diesen Inspektionsergebnissen. Wie damit umgegangen wird, welche Konsequenzen für Qualitätsentwicklungsprozesse gezogen werden, obliegt in erster Linie der einzelnen Schule in Zusammenarbeit mit der jeweils zuständigen Schulaufsicht. Hier werden Zielvereinbarungen zur Steuerung von Qualitätsentwicklungsprozessen getroffen. Welche langfristigen und nachhaltigen Veränderungen dadurch erzielt werden, kann frühestens bei der Folgeinspektion im zweiten Durchlauf für die einzelne Schule festgestellt werden. Im Hinblick auf die schulischen Ergebnisse in ganz Berlin kann festgestellt werden, dass die Befragungen von Eltern, Schülerinnen und Schülern sowie der Lehrkräfte eine hohe Schulzufriedenheit dokumentieren, dass ein konstruktives und lernförderliches Schulklima vorherrscht und dass Instrumente zur Personal und Qualitätsentwicklung , wie z.B. die Schulprogrammarbeit, zunehmend an Bedeutung gewinnen. Gleichzeitig wurde deutlich, dass beim Ausbau von Unterstützungsangeboten der Fokus stark auf die Qualifizierung von Schulleitungen und auf Unterrichtsentwicklung im Sinne individueller, selbständiger und problemorientierter Lernstrategien gelegt werden muss. Insgesamt hat die Schulinspektion dazu beigetragen, die Bedeutung von Transparenz und Rechenschaftslegung für die Entwicklung von Qualitätsprozessen im Bewusstsein der schulischen Öffentlichkeit zu verankern. 4. Welche finanziellen und personellen Mittel wurden dafür bereitgestellt und den Schulen zur Verfügung gestellt bzw. mit welcher konkreten Unterstützung können die von den Schulinspektionen untersuchten Schulen rechnen? Zu 4.: Für Schulen mit erheblichem Entwicklungs- bedarf ist ein verkürzter Inspektionszyklus von zwei Jahren festgelegt. Um diese Schulen gezielt in ihrem Schulentwicklungsprozess zu unterstützen und sie auf die nächste Inspektion erfolgreich vorzubereiten, gibt es in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (SenBildJugWiss) ein besonderes Angebot in Form einer prozessbegleitenden Schulberatung (ProSchul). Auf der Grundlage des Inspektionsberichtes, des Schulprogramms und einer umfassenden StärkenSchwächen -Analyse dieser Schulen bietet ProSchul eine systematische Beratung und Prozessbegleitung für diese Schulen an. Neben Coaching für die Schulleitungen gehört dazu eine Qualifizierung des Kollegiums u. a. in Team- und Organisationsentwicklung, Zeit- und Konfliktmanagement sowie Fortbildungs- und Projektplanung. Diese beratende Begleitung kann sich auf einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren erstrecken. Darüber hinaus haben alle Berliner Schulen die Möglichkeit, gezielte Beratung und Fortbildung für die eigene Schul- und Unterrichtsentwicklung anzufordern. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10078 Hierbei werden sie im Rahmen der regionalen Fortbildung durch qualifizierte Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Schul- und Unterrichtsentwicklung unterstützt. Über zusätzliche eigene finanzielle Mittel verfügen die Schulen in der Regel nicht. 5. Welche konkreten Schwerpunkte setzt der Senat in der Lehrerfort- und Weiterbildung nach den Ergebnissen der Schulinspektionen? 6. Welchen Zeitumfang haben die hierfür vorgesehenen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen? (Sortiert nach Maßnahmen für Schulleitungen und für Lehrkräfte) 7. Welche weiteren Qualifizierungsmaßnahmen sind nach den jüngsten Schulinspektionen von der Schulaufsicht geplant? (Sortiert nach Maßnahmen für Schulleitungen und für Lehrkräfte) Zu 5., 6., und 7.: Im Rahmen der regionalen Fortbildung werden den Schulen durch qualifizierte Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Schul- und Unterrichtsentwicklung Schulberatungs- und Fortbildungsangebote zur Verfügung gestellt. In der strategischen Planung der regionalen Fortbildung sind u. a. die gesamtstädtischen und regionalen Ergebnisse der Schulinspektion maßgeblich bestimmend für die Schwerpunktsetzung bei der Aufstellung der Angebote. Diese Planung stützt sich sowohl auf den Beratungs- und Fortbildungsbedarf, der in den Zielvereinbarungen zwischen Schulaufsicht und Schule nach den Schulinspektionen festgehalten wird als auch auf die Ergebnisse schulinterner Auswertungen der Inspektionsberichte durch die Schulleitungen und die Kollegien. In welchem zeitlichen Umfang sich die Beratungs- und Fortbildungsaufträge der Schulen auf eine vorangegangene Inspektion beziehen, wird in den Regionen nicht erhoben. Das Landesinstitut für Schule und Medien Berlin- Brandenburg ist für die Führungskräftequalifizierung zuständig und bietet für Berliner Schulleiter/-innen (neu ernannte und bereits erfahrene) 91,5 Fortbildungstage jährlich an. Weiterbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte richten sich in erster Linie nach dem Bedarf gemäß benötigter Fachqualifikationen auf Grundlage der von der SenBildJugWiss herausgegebenen Schulstatistik zur „Ausstattung mit Fachlehrkräften“ sowie nach bildungspolitischen Schwerpunkten. Aus den Ergebnissen der Schulinspektion ergeben sich keine direkten Bedarfe für die berufsbegleitende Weiterbildung. 8. Gibt es eine Fortbildungsstrategie für die von den Schulinspektionen untersuchten Schulen und wie viele und welche Schulen haben bisher als Folge der Schulinspektionen einen Fortbildungsplan für ihr Kollegium erstellt? Zu 8.: Der Berliner Senat folgt dem Grundsatz, dass Schulentwicklung und Unterrichtsentwicklung eng miteinander verzahnt werden müssen, um die Qualität der Schulen systematisch zu verbessern. Im Rahmen der schulischen Entwicklungsprozesse werden die Schulen von den Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Schulentwicklungsberatung darin unterstützt, eine Fortbildungsplanung zu erstellen. Dies liegt in der Eigenverantwortung der Schule, die im Rahmen externer und interner Evaluation Ergebnisverantwortung für guten Unterricht trägt. Wie viele und welche Schulen einen Fortbildungsplan als Folge von Schulinspektionen erstellt haben, wird sich genau erst nach der zweiten Runde Schulinspektionen belegen lassen. Orientiert am Bedarf der Schulen und als Ergebnis der jährlichen Inspektionsberichte werden im Bereich der Schulentwicklungsberatung und der Fortbildung der Lehrkräfte die Angebote zur Einführung und Umsetzung des individuellen Lernens in heterogenen Lerngruppen regional kontinuierlich ausgebaut und systematisch gesamtstädtisch verstärkt. Die Unterstützungsangebote beziehen sich auf alle Schularten. Die durchgängige Sprachbildung ist ein weiterer gesamtstädtischer Schwerpunkt, der sich auf gezielte Inhalte individueller Förderung bezieht. Auch dieser Schwerpunkt leitet sich aus den Inspektionsberichten ab. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Qualifizierung der schulischen Führungskräfte, insbesondere der Schulleiterinnen und Schulleiter. Das Qualifizierungskonzept besteht aus 3 Phasen, die aufeinander aufbauen: a) Qualifizierung zur Vorbereitung auf die Managementanforderungen der Schulleiterfunktion, b) Qualifizierung zur Professionalisierung für neu ernannte Schulleiter/innen und deren Stellvertreter/innen, damit sie Handlungssicherheit bekommen und einen bestmöglichen Start in das neue Amt finden, c) Prozessbegleitung und Coaching länger im Amt befindlicher Schulleiter/innen zur weiteren Professionalisierung der schulischen Führungskräfte. 9. Wie viele Inspektor/-innen sind im Schuljahr 2011/12 in Berlin aktuell im Einsatz und wie hat sich die Zahl der Inspektor/-innen bisher entwickelt Zu 9.: Im Schuljahr 2011/2012 sind aktuell 38 Inspektorinnen und Inspektoren im Einsatz. Zu Beginn des Schuljahres wurden davon sechs neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingearbeitet. Im zweiten Halbjahr werden im Umfang von zwei Stellen Inspektorinnen und Inspektoren ihre Tätigkeit aufnehmen bzw. abgeben. 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10078 10. Wie hoch ist die Zahl der Inspektoren, die im gesamten bisherigen Zeitraum mit abgeschlossener Qualifizierung tätig waren? Zu 10.: Seit November 2005 waren insgesamt 101 Lehrkräfte, Schulleitungsmitglieder bzw. Personen aus der Schulaufsicht sowie Seminarleitungen in der Schulinspektion tätig. Für die Mitarbeit in der Schulinspektion werden regelmäßig Interessenbekundungsverfahren durchgeführt. Die ausgewählten Bewerberinnen und Bewerber werden zunächst in den Nachrückerpool aufgenommen und in sechs zweieinhalbtägigen Qualifizierungsmodulen auf die zukünftige Inspektionstätigkeit vorbereitet. Hinzu kommt eine sehr große Zahl von ehrenamtlichen Inspektorinnen und Inspektoren aus der Elternschaft und der Wirtschaft. Auch diese Personen werden in Bewerberverfahren ausgewählt und durchlaufen eine kurze Basisqualifizierung. 11. Wie bewertet der Senat die hohe Fluktuation und welche Gründe hält der Senat für ausschlaggebend, dass es in diesem Zeitraum zu einer solchen erheblichen Fluktuation gekommen ist? Zu 11.: In der Konzeption der Schulinspektion war von Anfang an festgeschrieben, dass Lehrkräfte und Schulleitungsmitglieder in der Regel für drei Jahre mit jeweils einer halben Stelle in die Inspektion abgeordnet werden. Diese Abordnungsstrategie folgt zwei Grundüberlegungen: erstens soll die tägliche Schulwirklichkeit innerhalb der Inspektionsmitarbeiterinnen und –mitarbeiter präsent bleiben und Einfluss auf die Entwicklung der Inspektionsinstrumente und Verfahren haben und zweitens soll die Inspektionserfahrung und der tiefe Einblick in schulische Qualitätsentwicklung direkt in die eigene schulische Arbeit der abgeordneten Schulinspektorinnen und – inspektoren einfließen können. Selbstverständlich wird auf besondere Belastungssituationen einzelner Schulleitungsmitglieder flexibel reagiert, d.h. einzelne Personen können zeitweise mit einer viertel Stelle bzw. in Vollzeit eingesetzt werden. Ein weiterer positiver Effekt liegt in der hier stattfindenden Führungskräftequalifizierung durch in der Inspektion erfahrene Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sowie durch die über den Abordnungszeitraum wachsende Inspektionserfahrung selbst. Mehr als 60 ehemalige Inspektorinnen und Inspektoren haben im Anschluss an ihre Inspektorentätigkeit ein höherwertiges Amt angetreten und sind in schulischen Leitungsfunktionen, der Lehrerbildung, der Schulaufsicht oder in Forschungseinrichtungen tätig. Damit wirkt sich die Mitarbeit in der Schulinspektion nachhaltig positiv auf ein gemeinsames Verständnis über Qualitätsentwicklungsprozesse in der Bildungslandschaft Berlins aus. 12. Wie viele der aktuell im Dienst befindlichen Inspektor/-innen arbeiten in Vollzeit, wie viele in Teilzeit? 13. Wie viele Vollzeitäquivalente (VZÄ) werden aktuell durch die Inspektion genutzt (bitte sortieren nach unmittelbar tätigen Inspektor/-innen und sonstigem Personal in der Inspektion)? 14. Wie viele Stellen stehen der Inspektion als unbefristete Stellen zur Verfügung, wie sind diese Stellen eingruppiert und in welchem Haushaltstitel werden sie im Haushaltsjahr 2011 geführt? Zu 12., 13. und 14.: Seit 2005 steht der Inspektion ein Volumen von 27 Stellen zur Verfügung, weiterhin 3,75 Stellen für Verwaltungsmitarbeiter/innen. Zurzeit arbeiten neun Teamleiter/innen (eine Leitungsstelle A16, acht Schulaufsichtsbeamte A15 aus Kapitel 1030) zwei Schulleitungsmitglieder und drei Lehrkräfte mit voller Stelle sowie eine Schulleiterin mit einer Zweidrittel-Stelle in der Inspektion. 23 Lehrkräfte bzw. Schulleitungsmitglieder arbeiten mit einer halben Stelle, ein Schulleiter mit einer Viertel-Abordnung. Die Teamleitungsstellen sind unbefristet, alle anderen Inspektorinnen und Inspektoren sind befristet abgeordnet. 15. Wie viele Stellen sind nach Auffassung des Senats erforderlich, um alle öffentlichen Schulen im Land Berlin innerhalb von fünf Jahren noch einmal zu untersuchen (einschließlich der Zahl der Schulen, die wegen erheblicher Mängel vorfristig erneut inspiziert werden müssen)? Zu 15.: Die Personalausstattung war ursprünglich so ausgerichtet, dass neun Teamleiterinnen und Teamleitern zwei Teams mit jeweils neun Schulleitungsmitgliedern und neun Lehrkräften zugeordnet werden. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass neben der unmittelbaren Inspektionstätigkeit eine Fülle weiterer Aufgaben zu bewältigen ist: Die laufende Überprüfung und Anpassung der Evaluationsinstrumente und – verfahren, die gesamte Datenauswertung und das Verfassen von Jahrsberichten gehören ebenso zum Arbeitspaket wie die Konzipierung und Umsetzung von Entwicklungs- und Qualifizierungsprogrammen und die permanente Personalauswahl. Ein Referat dieser Größenordnung benötigt neben einer Leitungsstelle eine Stellvertretung. Diese Tätigkeit wird bisher kommissarisch von einer Teamleiterin wahrgenommen. Um trotz der - gewollten - Fluktuation auch weiterhin Stabilität und Qualitätssicherung in der Arbeit der Schulinspektion zu gewährleisten, ist eine Aufstockung des festen Mitarbeiterstamms um drei weitere Teamleiterstellen und eine wissenschaftliche Mitarbeiterin/einen wissenschaftlichen Mitarbeiter im Entwurf des Haushaltsplans 2012/13 bei Kapitel 1030, Titel 42201 berücksichtigt worden. Im gleichen Umfang wurden die Abordnungen bei Kapitel 1019, Titel 42801 reduziert. 3 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10078 4 Berlin, den 31. Januar 2012 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Februar 2012)