Drucksache 17 / 10 080 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Heiko Thomas (GRÜNE) vom 04. Januar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Januar 2012) und Antwort Umgang mit dem Tabakrahmenübereinkommen im Berliner Senat Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Vollzugsmechanismen zur Überwachung der Umsetzung des Artikels 5.3 des Gesetzes zum Tabakrahmenübereinkommen hat der Senat eingesetzt? 2. Welches Beschwerdeverfahren, wie z.B. durch ein System von Ombudsleuten, hat der Senat eingerichtet, um die Einhaltung der Leitlinien des Artikels 5.3 zu gewährleisten? Wenn nicht, warum? Zu 1. und 2.: Die Internationale Tabakrahmenkonvention wurde in Deutschland durch das Gesetz zum Tabakrahmenübereinkommen vom 19. November 2004 in nationales Recht umgesetzt. Die Leitlinien für die Umsetzung des Tabakrahmenübereinkommens haben Empfehlungscharakter und sind rechtlich nicht bindend. Sie dienen den Vertragsstaaten lediglich als Orientierungshilfe. Die Umsetzung der nationalen Gesetze zum Tabakrahmenübereinkommen und deren Überwachung liegen grundlegend in der Regierungskompetenz der Vertragsstaaten, also für Deutschland bei der Bundesregierung . Nach Artikel 5 des Gesetzes zum Tabakrahmen- übereinkommen wurden in Deutschland nationale Strategien und Programme zur Eindämmung des Tabakkonsums erarbeitet. Im Rahmen des Nationalen Aktionsprogramms zur Tabakprävention sind Verantwortlichkeiten festgelegt worden, so auch die Einbeziehung der Bundesländer. Insbesondere durch das Berliner Nichtraucherschutzgesetz und die Tabakpräventionsmaßnahmen im Rahmen des Landesprogramms „Berlin qualmfrei“ konnte Berlin die Umsetzung des Gesetzes zum Tabakrahmenübereinkommen mit unterstützen. 3. Wie stellt der Senat sicher, dass die Senats- und Bezirksverwaltungen über das Gesetz zum Tabakrahmenübereinkommen und die entsprechenden Leitlinien informiert sind? Zu 3.: Die zuständigen Kontaktstellen für EU- Angelegenheiten in der Berliner Verwaltung informieren über aktuelle Gesetzgebungen sowie Vorhaben der EU und der Vertragsstaaten. EU-Gesetze, Leitlinien und rechtliche Grundlagen sind auf der offizielle Internetseite unter: http://eur-lex.europa.eu/de/index.htm und Bundesgesetze unter: www.bundesgesetzblatt.de bzw. www.bundesanzeiger.de allgemein zugänglich. 4. Welche Modelle und Ressourcen werden zur Überwachung der Tabakindustrie, die in Berlin angesiedelt ist, vom Senat eingesetzt? 5. Welche Maßnahmen im Sinne der Empfehlung 2 zu Artikel 5.3 hat der Senat ergriffen, um die Interaktionen mit der Tabakindustrie zu beschränken und die Transparenz derjenigen Interaktionen, die stattfinden, zu gewährleisten? Zu 4. und 5.: Keine, da dies nicht die Aufgabe des Senats ist. 6. Wie bewertet und welche Konsequenzen zieht der Senat daraus, dass der Bezirksbürgermeister von Neukölln durch die Mitgliedschaft von Philip Morris im Verein „Wirtschaft und Arbeit in Neukölln e.V.“ beim Umgang mit der Tabakindustrie den Eindruck einer Partnerschaft erweckt? 7. Wie hat das Land Berlin gewährleistet, dass die Interaktionen des Bezirksbürgermeisters mit der Tabakindustrie, wie in Empfehlung 2.2 gefordert, öffentlich bekannt gemacht wurden bzw. werden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10080 Zu 6. und 7.: Die Funktion eines/einer Bezirksbürgermeisters/in ist autark. Der Senat bewertet nicht die Tätigkeit eines/einer Bezirksbürgermeisters/in. 8. Welchen Verhaltenskodex hat der Senat für Beamte formuliert, der die Standards für den Umgang mit der Tabakindustrie vorgibt? Zu 8.: Ein besonderer Verhaltenskodex nur bezogen auf die Tabakindustrie existiert nicht. Der Senat lehnt generell unter Beachtung ethischer Prinzipien interessengeleitete Maßnahmen und Projekte mit ethisch fragwürdiger Zielstellung bzw. zweifelhafter Finanzierungsquellen ab. Wichtige Vorschriften und Orientierungshilfen in diesem Zusammenhang sind u. a.: die Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung vom 1. März 2007, die Verwaltungsvorschriften zum Umgang mit Sponsoring im Geschäftsbereich der damaligen Senatsverwaltung für Justiz vom 7. Januar 2009 sowie das Gesetz zur Einrichtung und Führung eines Registers über korruptionsauffällige Unternehmen in Berlin vom 19. April 2006. 9. Ist der Senat der Meinung, dass nichtstaatliche Organisationen, die nicht mit der Tabakindustrie in Verbindung stehen, eine entscheidende Rolle bei der Überwachung der Aktivitäten der Tabakindustrie spielen sollen? Wenn ja, warum? Zu 9.: Nein. 10. Warum beantwortet der Regierende Bürgermeister nicht den „offenen Brief“ der Volksinitiative Frische Luft für Berlin, die sich bei ihm über Verstöße gegen die Richtlinien des Gesetzes zum Tabakrahmenübereinkommen beschwert? Zu 10.: Die Senatskanzlei beantwortet – wie allgemein üblich – „Offene Briefe“ grundsätzlich nicht. Dem Vertreter der Initiative, Herrn Johannes Spatz, wurde von Seiten der Bürgerberatung des Regierenden Bürgermeisters der Eingang des „offenen Briefes“ am 12. Dezember 2011 jedoch schriftlich bestätigt. 11. Wie bewertet der Senat den Inhalt des „offenen Briefes“ der Volksinitiative Frische Luft für Berlin über die Verstöße gegen die Richtlinien des Gesetzes zum Tabakrahmenübereinkommen? Zu 11.: Die Teilnahme eines/einer Bezirksbürgermeisters /in an einem Empfang eines Unternehmens, im vorliegenden Falle Philip Morris, kann nicht automatisch als Verstoß gegen Leitlinien gelten. Berlin, den 31. Januar 2012 In Vertretung Emine D e m i r b ü k e n - W e g n e r Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Februar 2012) 2