Drucksache 17 / 10 083 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Özcan Mutlu (GRÜNE) vom 05. Januar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Januar 2012) und Antwort Unterrichtsausfall – Quo Vadis? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch war der Unterrichtsausfall im letzten Schuljahr und wie hoch ist der Unterrichtsausfall aktuell? (sortiert nach Bezirk, Schultyp und prozentual sowie Anzahl der ausgefallenen Stunden) Zu 1.: Da die Angaben zur Unterrichtsausfallstatistik immer erst nach Ablauf eines Berichtszeitraumes erhoben und verarbeitet werden, liegen die Angaben für das aktuelle Schuljahr noch nicht vor. Die Auswertungen zum Unterrichtsausfall für das letzte Schuljahr (nach Bezirk und Schulart unterteilt) sind in der Anlage 1 enthalten. 2. Wie verteilt sich der Unterrichtsausfall auf die jeweiligen Jahrgangsstufen und auf die jeweiligen Unterrichtsfächer ? (prozentual und in absoluten Zahlen) 3. Wie stellt sich die Lage für die sogenannten Mangelfächer da (einschließlich Musik)? Zu 2. und 3.: Angaben zum Vertretungsanfall und somit auch zum Unterrichtsausfall werden nicht differenziert nach Unterrichtsfächern und Jahrgangsstufen erhoben. Eine derartig feine Differenzierung würde die Schulen in hohem Maße zusätzlich belasten. Zudem liegen bisher keine Erkenntnisse vor, die einen Zusammenhang zwischen dem Unterrichtsausfall und bestimmten Unterrichtsfächern herstellen lassen. 4. Wie hoch war der Unterrichtsausfall in den Schul- jahren 2008/09, 2009/10 und 2010/11? (sortiert nach Bezirk, Schultyp und prozentual sowie Anzahl der ausgefallenen Stunden) Zu 4.: In der Anlage 1 sind die vorliegenden Aus- wertungen zum Unterrichtsausfall nach Bezirk und Schulart der letzten drei Schuljahre enthalten. 5. Welche Maßnahmen hat der Senat seit der Kritik des Rechnungshofes in den vergangenen zwei Jahren unternommen, den Anfall von Unterrichtsausfall aufgrund organisatorischer Mängel auf ein Minimum zu reduzieren und welche Erfolge konnten mit diesen Maßnahmen erzielt werden? Zu 5.: Im Zusammenhang mit Fragen der Schul- organisation und Schulentwicklung führen die regionalen Schulaufsichten regelmäßige Beratungen mit den Schulleitungen ihrer Region. Im Ergebnis dieser Beratungen wurden (beginnend im Schuljahr 2007/08) mit allen Schulen Zielvereinbarungen zu inhaltlichen und organisatorischen Fragestellungen sowie zur Organisationsentwicklung geschlossen. Anlassbezogen wird dieses Verfahren ständig fortgesetzt. Wurden auf Grund der statistischen Auswertungen bzw. auch durch Hinweise von Eltern und Gremien Probleme bezüglich der Vermeidung von Unterrichtsausfall offenbar, wurde und wird die Erarbeitung eines schriftlichen Konzeptes zum Umgang mit anfallenden Vertretungsbedarfen sowie dessen Kommunikation in den schulischen Gremien Gegenstand dieser Zielvereinbarung. Diese Konzepte sind in den schulischen Gremien regelmäßig zu überarbeiten und zu aktualisieren. Die regionalen Schulaufsichten verweisen in ihren regelmäßigen Dienstbesprechungen mit den Schulleiter (n)/innen ihrer Region im Zusammenhang mit der Auswertung der jährlichen Unterrichtsausfall- und Vertretungsstatistik auf die gültigen Empfehlungen zur Verringerungen zum Unterrichtsausfall sowie die schulrechtlichen Regelungen und Aufgaben der Gesamtkonferenz und stehen den Schulen in diesem Prozess beratend zur Seite. Ressourcen der regionalen und überregionalen Fortbildung werden eingebunden. Darüber hinaus wurde die Organisationsberatung vor Ort eingesetzt, um standort- und problembezogen Unterstützungsmaßnahmen zu gewährleisten. Seit dem Schuljahr 2009/10 wendet sich der für die personelle Ausstattung der Schulen zuständige Abteilungsleiter mit schulbezogenen Schreiben an die Schulen, die trotz hohem Vertretungsanfall einen unterdurchschnittlichen Unterrichtsausfall zu verzeichnen haben, um Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 083 ihnen für die geleistete Arbeit zu danken und ihr Engagement zu würdigen. Schulen, die trotz unterdurchschnittlichem Vertretungsanfall einen hohen Unterrichtsausfall zu verzeichnen haben, werden gegenüber der zuständigen Schulaufsicht benannt, um den beschriebenen Prozess der Beratung und Unterstützung zu forcieren. 6. Wie viele LehrerInnen sind aktuell als „dauerkrank“ eingestuft und stehen den Schulen als Langzeiterkrankte nicht für die Unterrichtsversorgung zur Verfügung? (sortiert nach Dauer der Krankheit, Schultyp und Unterrichtsfach ) Zu 6.: Am 31.12.2011 waren 1551 Lehrer/innen als langzeitkrank gemeldet. Diese Zahl teilt sich wie folgt auf die einzelnen Schul- formen auf: 841 Lehrkräfte waren zum 31.12.2011 bis zu 12 Monate, 710 Lehrkräfte über 12 Monate langzeiterkrankt. Eine Aussage zu den Unterrichtsfächern ist auf Grund der vorliegenden Datenlage nicht möglich. 7. Wie viele langzeiterkrankte LehrerInnen haben überhaupt Interesse an einem Einsatz im außerunterrichtlichen Bereichen gezeigt und wie viele haben derartiges beantragt? Zu 7.: Bis zum 31.12.2011 sind 66 Dienstkräfte in das Projekt der beruflichen Neuorientierung für Lehrkräfte aufgenommen worden. Voraussetzung für die Aufnahme in das Projekt sind einerseits die amtsärztlich festgestellte dauernde Dienstunfähigkeit als Lehrkraft bei gleichzeitiger gesundheitlicher Eignung für Tätigkeiten außerhalb des Schuldienstes und andererseits die freiwillige Bereitschaft für einen solchen Einsatz. Eine wesentliche höhere Anzahl Personen hat sich in diesem Zeitraum im Rahmen des Projektes beraten lassen, also ebenfalls Interesse an einem außerunterrichtlichen Einsatz gezeigt, erfüllte aber dann die Voraussetzungen nicht oder hat nach Beratung wieder Abstand von einer Betreuung und eventuellen Vermittlung genommen. 8. Wie viele langzeiterkrankte LehrerInnen haben bis- her von der Möglichkeit des Einsatzes in anderen Be- reichen des öffentlichen Dienstes Gebrauch gemacht und konnten anderweitig eingesetzt werden? Zu 8.: Von den aufgenommenen 66 Personen konnten bisher 31 in eine neue Tätigkeit vermittelt werden. Dies geschah in 26 Fällen im Rahmen einer Abordnung und in 5 Fällen durch Versetzung auf eine andere Stelle. In 4 Fällen wurde im Laufe der Betreuung eine Zurruhesetzung auf eigenen Wunsch der Betroffenen eingeleitet, in 20 Fällen konnte eine Tätigkeit nicht vermittelt werden, da sich im Laufe der Betreuung herausstellte, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen sich stärker als zunächst eingeschätzt auswirkten. Für diesen Personenkreis wurde ebenfalls das Zurruhesetzungsverfahren eingeleitet . 9. Wie gedenkt der Senat für diese Maßnahme zu- künftig zu werben? Zu 9.: Weitere Möglichkeiten, Lehrkräften, die den Herausforderungen des regulären Unterrichtens nicht mehr gewachsen sind, eine andere Tätigkeit im pädagogischen oder schulorganisatorischen Bereich anzubieten , werden aktuell geprüft. 10. Wie viele Schulen haben sich im vergangenen Schuljahr an der Personalkostenbudgetierung (PKB) beteiligt und wie sind es im laufenden Schuljahr? Zu 10.: Im vergangenen Schuljahr betrug der Prozent- satz der an der Personalkostenbudgetierung (PKB) teilnehmenden Schulen 99,01 %. Im laufenden Schuljahr nehmen 99,29 % aller Schulen an der PKB teil. 11. Wie gedenkt der Senat das anhaltende Problem des Unterrichtsausfalls nachhaltig zu lösen und welche kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Maßnahmen sind geplant? Zu 11.: Geplante Maßnahmen betreffen u.a. die weitere Gewinnung von Gesundheitskoordinatorinnen und Gesundheitskoordinatoren und deren Qualifizierung für die Tätigkeit in den regionalen Außenstellen der Schulaufsicht sowie die Vorbereitung einer Mitarbeiter /innenbefragung des pädagogischen Personals der Berliner Schulen als Instrument einer zielorientierten und nachhaltigen gesundheitsfördernden Maßnahme. 12. Mit welchen weiteren Maßnahmen will der Senat die Abwanderung Berliner Lehrkräfte in andere Bundesländer aufhalten und welche konkreten Schritte sind geplant , um in Berlin ausgebildete LehrerInnen in der Stadt zu halten? Zu 12.: Berlin ist als Hauptstadt grundsätzlich attraktiv für junge Lehrkräfte. Schulform Anzahl langzeiterkrankter Lehrkräfte (Lk) Berufliche und zentral verwaltete Schulen 181 Grundschulen 633 Gymnasien, Zweiter Bildungsweg 238 Sonderschulen 105 Integrierte Sekundarschulen 394 Gesamt 1551 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 083 3 Mit der Verbesserung der Vergütungssituation für die angestellten Berliner Lehrkräfte mit abgeschlossener 2. Staatsprüfung durch übertarifliche Eingruppierung in die Erfahrungsstufe 5 hat das Land Berlin seine Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Ländern deutlich verbessert. Diese Regelung gilt sowohl für neu eingestellte Lehrkräfte als auch für alle seit 2004 eingestellten Lehrkräfte, soweit diese die entsprechende Stufe noch nicht erreicht haben. Auch die Vertretungslehrkräfte und Zugänge aus anderen Bundesländern profitieren von dieser Regelung. Sowohl die Verbesserung der Vergütungssituation als auch frühere Termine für Einstellungsverfahren sowie frühzeitige Einstellungsgarantien in Mangelfächern und Zusagen für die Entfristung von bereits befristet beschäftigten Lehrkräften dienen der Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Ländern. Der Senat ist bestrebt, die Konkurrenzfähigkeit Berlins weiter zu erhöhen und die evtl. Abwanderung in andere Länder möglichst zu verhindern. Allerdings sind nicht alle Lehrkräfte, die den Vorbereitungsdienst in Berlin absolvieren, an einem weiteren Verbleib in Berlin interessiert. Einige kommen nur für die Ausbildung nach Berlin und wandern anschließend nicht nur wegen der Einstellungsbedingungen wieder ab. Dies hat häufig auch persönliche Gründe. 13. Welche konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, des Arbeitsumfelds und der Arbeitszeiten sowie der Belastungen der LehrerInnen plant der Senat, um den Einsatz in der Berliner Schule attraktiv zu machen? Zu 13.: Die Arbeitsbedingungen, das Arbeitsumfeld und die Arbeitszeiten sowie die Belastungen der Berliner Lehrkräfte sind mit denen in den anderen Bundesländern durchaus vergleichbar. Bis auf die laut Koalitionsvereinbarung angestrebten Verbesserungen stehen konkrete Änderungen dieser Bedingungen aktuell nicht an. Berlin, den 13. März 2012 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mrz. 2012) ka17-10083 K1710083-Anl