Drucksache 17 / 10 120 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 17. Januar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Januar 2012) und Antwort Mietausgleich im Sozialen Wohnungsbau in der Praxis Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele vom Wegfall der Anschlussförderung betroffene Mieterinnen und Mieter im Sozialen Wohnungsbau haben im Jahr 2011 - Mietausgleich - Umzugskostenhilfe in Anspruch genommen? Wie hoch ist die Inanspruchnahme im Vergleich zu den Vorjahren? Antwort zu 1: Die Investitionsbank Berlin (IBB) weist die in der nachfolgenden Tabelle dargestellten, vom Wegfall der Anschlussförderung betroffenen Wohnungen sowie die Anzahl der Bewilligungen von Mietausgleich und Umzugskostenhilfe aus. Die Inanspruchnahme von Mietausgleich und Um- zugskostenhilfe im Verhältnis zu den vom Wegfall der Anschlussförderung betroffenen Sozialwohnungen nahm tendenziell in den letzten Jahren ab. Bewilligungen Mietausgleich Bewilligungen Umzugskostenhilfe Jahr vom Wegfall Anschlussförderung betroffene Sozial- wohnungen absolut Anteil zu den vom Wegfall Anschlussförderung betroffenen Wohnungen in Prozent absolut Anteil zu den vom Wegfall Anschlussförderung betroffenen Wohnungen in Prozent 2003 2.714 222 8,2% 97 3,6% 2004 1.794 133 7,4% 89 5,0% 2005 1.914 204 10,7% 112 5,9% 2006 1.847 143 7,7% 75 4,1% 2007 3.609 355 9,8% 136 3,8% 2008 1.445 137 9,5% 90 6,2% 2009 2.417 88 3,6% 57 2,4% 2010 3.575 153 4,3% 51 1,4% 2011 4.255 152 3,6% 61 1,4% Summe 23.570 1.587 6,7% 768 3,3% Frage 2: Wie viele Mieterinnen und Mieter konnten durch die Gewährung von Mietausgleich im ersten Jahr in ihrer Wohnung verbleiben und haben keine Umzugskostenhilfe beantragt? Frage 3: Von wie vielen Betroffenen, die Mietaus- gleich erhalten hatten, ist die Umzugskostenhilfe - nach der Reduzierung des Mietausgleichs um 20% nach einem Jahr - nach der Reduzierung um jeweils weitere 20% des Ursprungsbetrags nach jedem weiteren Jahr beantragt worden? Antworten zu 2 und 3: Seit dem Jahr 2003 bis zum 31. Dezember 2011 wurden 309 Haushalten beide finanzielle Unterstützungen - Mietausgleich und Umzugskostenhilfe - bewilligt. Das ist ein Anteil von 19,5 Prozent von allen Mietausgleich beziehenden Haushalten. 80,5 Prozent der Bezieherinnen und Bezieher von Mietausgleich haben bisher keine Umzugskostenhilfe beantragt. Eine Aufbereitung der bei der IBB geführten Sta- tistiken zu Mietausgleich und Umzugskostenhilfe ist nur nach Kalenderjahren möglich. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 120 t nicht erm ar. . Von den 309 Haushalten, die beide finanziellen Unterstützungen erhielten, erfolgte in 129 Fällen die Bewilligung von Mietausgleich und Umzugskostenhilfe im selben Kalenderjahr und in 85 Fällen wurde die Umzugskostenhilfe im folgenden Kalenderjahr nach der Bewilligung des Mietausgleichs gewährt. In 53 Fällen erfolgte die Bewilligung der Umzugskostenhilfe im übernächsten Kalenderjahr und in 42 Fällen noch später. Frage 4: Wie viele betroffene Mieterinnen und Mieter, die den Schritt des Umzugs gehen mussten, haben eine Ersatzwohnung bei einem der sechs städtischen Wohnungsunternehmen gefunden? Antwort zu 4: Regelmäßig suchen Mieterinnen und Mieter, die eine größere Mieterhöhung nach Wegfall der Anschlussförderung im Sozialen Wohnungsbau erhalten haben, selbstständig eine neue Wohnung. Inwieweit hierbei freistehende Wohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaften durch die so betroffenen Mieterinnen und Mieter genutzt wurden, is ittelb Frage 5: Wie viele Haushalte mit Bezug von Sozial- transferleistungen leben in Wohnungen, für die keine Anschlussförderung mehr besteht? Antwort zu 5: Dem Senat liegen darüber keine Erkenntnisse vor Frage 6: Wie viele der ca. 28 000 Wohnungen mit Wegfall der Anschlussförderung sind von der Belegungsbindung aktuell freigestellt? Frage 7: Wie wirkt sich die Freistellung von der Be- legungsbindung auf die soziale Zusammensetzung der Mieterschaft in den Häusern des Sozialen Wohnungsbaus aus? Frage 8: Plant der Senat, die öffentlichen Belegungs- bindungen wieder wahrzunehmen? Wenn ja, wann? Wenn nein, aus welchen Gründen nicht? Antworten zu 6 bis 8: Mit Bekanntmachung vom 18. November 2011 (veröffentlicht im Amtsblatt für Berlin vom 2. Dezember 2012, Seite 2891) sind die Sozialwohnungen , die keine Anschlussförderung erhalten, weiterhin bis zum 31. Dezember 2013 von den Belegungsbindungen freigestellt. Die Freistellung von den Belegungsbindungen erfasst auch die Sozialwohnungen, deren 15-jährige Grundförderung erst in den nächsten Jahren endet. Allerdings sind Sozialwohnungen, die dem Personenkreis „schwerbehindert/Rollstuhlfahrer/innen“ vorbehalten sind, weiterhin zweckbestimmt zu vermieten. Unter Berücksichtigung dieser Spezialregelung sind alle vom Wegfall der Anschlussförderung betroffenen Wohnungen freigestellt. Rechtzeitig vor dem Auslaufen der bestehenden Frei- stellungsregelung zum 31. Dezember 2013 wird der Senat die weitere Verlängerung prüfen. Dem Senat liegen keine Erkenntnisse über die Zusammensetzung der Mieterschaft vor. Frage 9: Wie viele vom Wegfall der Anschluss- förderung betroffene Mieterinnen und Mieter haben eine eigentümerunabhängige Mieterberatung zur Beantragung von Mietausgleich und zur Unterstützung bei der Wohnungssuche und des Umzugs erhalten? Frage 10: Wie bewertet der Senat die eigentümer- unabhängige Beratung für betroffene Mieterinnen und Mieter? Gedenkt er, diese Hilfestellung weiterhin zu finanzieren? Antworten zu 9 und 10: Im September 2010 wurde die Arbeitsgemeinschaft für Sozialplanung und angewandte Stadtforschung e.V. – kurz AG SPAS – beauftragt, die Mieterinnen und Mieter in den bekannten Wohnobjekten mit erheblichen Mieterhöhungen gezielt zu beraten und, soweit notwendig, beim Finden einer neuen Wohnung zu unterstützen. Die AG SPAS betreut derzeit 15 Wohnobjekte mit insgesamt 1.005 Wohnungen. Zwei Drittel der Wohnobjekte liegen im Ortsteil Kreuzberg. Alle Mieterhaushalte in den betreuten Wohnungen wurden schriftlich über das zusätzliche Beratungsangebot informiert. Bis Ende des Jahres 2011 haben 124 Mieterhaushalte das Beratungsangebot angenommen, das sind 12,3 % der informierten Haushalte. Die überwiegende Zahl der beratenen Haushalte suchte eine Unterstützung beim Finden einer neuen Wohnung. Die AG SPAS hat 104 Haushalte mit Auszugswunsch beraten. 63 Haushalte haben eine Ersatzwohnung bezogen. Der überwiegende Anteil dieser Haushalte konnte bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften sowie dem nicht mehr landeseigenen Immobilienunternehmen GSW versorgt werden. Jede Beratung und Unterstützung der vom Wegfall der Anschlussförderung betroffenen Haushalte durch die AG SPAS hilft, die Mieterprobleme zu lösen oder zu mindern. Der Vertrag mit der AG SPAS läuft bis zum 14. September 2012. Die aus dem Vertrag entstandenen Zahlungsverpflichtungen werden durch den Senat erfüllt. Rechtzeitig vor Vertragsende wird der Senat prüfen, ob und in welcher Form eine zusätzliche Beratung für die betroffenen Mieterinnen und Mieter weiterhin notwendig ist. Frage 11: Welche Auswirkungen auf den Haushalt hat die neue Mietausgleichsvorschrift (MietA-VV 2011)? Antwort zu 11: Die Auswirkungen auf den Haushalt und die Finanzplanung sind abhängig vom Mieterhöhungsverhalten der Eigentümerinnen und Eigentümer . Es wird jedoch eingeschätzt, dass sich durch die auf zehn Jahre vorgenommene Verlängerung des Zeitraumes , innerhalb dessen nach dem Ende der Grund- 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 120 3 förderung Mietausgleich gewährt wird, die jährliche Fallzahl der Bewilligungen in den Haushaltsjahren 2012 und 2013 auf etwa 300 erhöhen wird. Die erforderlichen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen sind im Entwurf des Haushaltsplans 2012/2013 bei Kapitel 1295, Titel 68143 berücksichtigt. Frage 12: Ist dem Senat bekannt, ob und in welchen Fällen Vermieter über das marktübliche Niveau hinaus Mieteinnahmen erzielen, wodurch der Höchstbetrag des Mietausgleichs mit dem Mittelwert des Mietspiegels und damit der angenommenen ortsüblichen Vergleichsmiete nicht ausreicht? Antwort zu 12: Die IBB bewilligte seit dem Inkraft- treten der ersten Mietausgleichsvorschriften im Jahr 2003 bis Ende September 2011 einen Mietausgleich unter Berücksichtigung von Mieterhöhungen bis zum Mittelwert der ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnungen mit einer Wohnfläche von 60 bis unter 90 m² (Höchstbetrag). Seit dem Inkrafttreten der Mietausgleichvorschriften 2011 zum 1. Oktober 2011 wird als Höchstbetrag für die berücksichtigungsfähige Miete der Mittelwert der ortsüblichen Vergleichsmiete für die jeweilige Wohnung verwandt . Bei der Berechnung des Mietausgleichs kommen nunmehr regelmäßig unterschiedliche Höchstbeträge in einem Wohnobjekt zur Anwendung. Bei den 1.587 Bewilligungen von Mietausgleich seit dem Jahr 2003 bis zum 31. Dezember 2011 erfolgte in 542 Fällen eine Kappung der berücksichtigungsfähigen Mieterhöhung, da der jeweils maßgebliche Höchstbetrag (anzuwendender Mittelwert aus dem Berliner Mietspiegel ) überschritten wurde. Im Jahresbericht über die Umsetzung und Folgen der Einstellung der Anschlussförderung im öffentlich geförderten Wohnungsbau (Jahresbericht 2010) - siehe Drs. 16/4223 – wird über die Höhe der verlangten Durchschnittsmieten berichtet. Im Jahresbericht 2011, der voraussichtlich bis Juni 2012 dem Abgeordnetenhaus von Berlin übersendet wird, werden die Auswertungen der aktuellen Befragung der Eigentümerinnen und Eigentümer sowie der Verfügungsberechtigten über die Mieten und Mieterhöhungen dargestellt. Berlin, den 02. Februar 2012 In Vertretung G o t h e ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Feb. 2012)