Drucksache 17 / 10 124 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Claudia Hämmerling (GRÜNE) vom 19. Januar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Januar 2012) und Antwort Fahrrad-Unfallschwerpunkt Greifswalder Straße/Danziger Straße Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Verkehrsunfälle wurden im ver- gangenen Jahr am Unfallschwerpunkt Greifswalder Straße/Danziger Straße registriert? Antwort zu 1.: In den Monaten Januar bis November 2011 wurden an der Kreuzung Greifswalder Straße/Danziger Straße 55 Verkehrsunfälle polizeilich registriert. Valide Daten für den Monat Dezember liegen noch nicht vor. Frage 2: Wie viele RadfahrerInnen wurden dabei schwer und wie viele leicht verletzt? Antwort zu 2.: Bei acht polizeilich registrierten Ver- kehrsunfällen mit Radfahrerbeteiligung wurden sechs Radfahrer/-innen leicht verletzt. Verkehrsunfälle mit schweren Verletzungsfolgen wurden polizeilich nicht registriert. Frage 3: Wie hoch ist der Anteil des Radverkehrs und wie hoch ist der Anteil des Kfz-Verkehrs im Prenzlauer Berg? Antwort zu 3.: Im Alt-Bezirk „Prenzlauer Berg" be- trug in 2008 der Anteil des Radverkehrs an der Verkehrsmittelwahl der dort wohnenden Bevölkerung 21%, der des Autoverkehrs 18%. Dies ist allerdings nicht identisch mit dem Verkehrsgeschehen auf den Straßen, da dieses insbesondere auf den Hauptverkehrsstraßen zu großen Teilen von Verkehr bestimmt wird, dessen Quelle und/oder Ziel nicht innerhalb des Gebiets liegt und der deutlich mehr vom Autoverkehr bestimmt ist. Zahlen zur Belastung einzelner Straßenzüge sowohl durch Auto- als auch durch Radverkehr liegen nur punktuell vor, repräsentative Aussagen sind nicht möglich. Frage 4: Treffen Informationen zu, dass es in der Danziger Straße keine Radverkehrsanlagen gibt, dafür aber im Kreuzungsbereich vier Spuren für den KfzVerkehr zur Verfügung stehen? Frage 6: Wann ist die Errichtung von Radverkehrs- anlagen in der Danziger Straße geplant - falls nicht, warum nicht? Antwort zu 4. und 6.: Ja, es gibt dort zurzeit noch keine Radverkehrsanlagen. Es sind aber bereits welche in Fortführung der westlich der Prenzlauer Allee markierten Radverkehrsanlagen geplant. Der Knotenpunkt Greifswalder Straße/Danziger Straße ist dabei besonders kompliziert, da hier neben dem Kraftfahrzeugverkehr auch verstärkt die Belange der Straßenbahnbeschleunigung und der Fußgängerverkehr zu beachten sind. An diesem Knotenpunkt soll der Radverkehr zwischen dem rechtsabbiegenden und geradeaus fahrenden Kraftfahrzeugverkehr geführt werden. Nach derzeitigem Arbeitsstand ist mit der Markierung der Radverkehrsanlagen 2013 zu rechnen. Frage 5: Welche Schlussfolgerungen zieht der Senat aus dem Grundsatzurteil zur Benutzungspflicht von Radwegen in dem sinngemäß festgestellt wurde, dass der Verkehrsfluss des Autoverkehrs nicht zu Lasten der Sicherheit des Radverkehrs bzw. anderer Verkehrsarten gehen darf, hinsichtlich einer neuen, fairen Aufteilung des Verkehrsraumes für die unterschiedlichen Verkehrsarten? Antwort zu 5.: Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Urteil -3 C 42/09- vom 18.11.2010 festgestellt, dass § 45 Abs. 9 Satz 2 der Straßenverkehrsordnung - StVO - bei der Entscheidung über die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht anzuwenden ist. Danach darf die Benutzungspflicht nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigt. Als besondere örtliche Verhältnisse führt das Gericht beispielsweise die Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 124 Streckenführung, die Verkehrsbelastung und daraus resultierende Unfallzahlen an. Das Urteil befasst sich hingegen nicht in grundsätzlicher Weise mit der Gestaltung und „fairen“ Aufteilung des Verkehrsraums. Hinsichtlich der Anlage von Radwegen reflektiert das Gericht lediglich auf die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwVStVO ), wonach die Anlage von Radwegen im Allgemeinen dort in Betracht komme, wo es die Verkehrssicherheit , die Verkehrsbelastung und der Verkehrsablauf erfordern. Diese Maßstäbe kommen auch in Berlin zur Anwendung. Der Senat ist bestrebt, bei Neuplanungen und im Rahmen der finanziellen Machbarkeit auch in bestehenden Straßen Neuaufteilungen des Verkehrsraums vorzunehmen und dabei in Hauptverkehrsstraßen auch Radverkehrsanlagen zu schaffen. In vielen Fällen erfolgen entsprechende Neugestaltungen aus Mitteln des Radverkehrsprogramms , im Rahmen der ÖPNV-Beschleunigung oder durch Maßnahmen der Unfallkommission. Neben den Belangen des Radverkehrs sind dabei aber auch die Belange anderer Verkehrsteilnehmer/innen zu berücksichtigen . Frage 7: Treffen Informationen zu, dass Verletzungs- risiken und Bremswege bei Tempo 30 deutlich geringer ausfallen als bei Tempo 50 und wenn ja, in welchem Umfang unterscheiden sich die Bremswege und wie stellt sich das Verletzungsrisiko jeweils bei Tempo 30 und Tempo 50 dar? Antwort zu 7.: Ja. Mehrere Forschungsarbeiten zeigen, dass sich bei Tempo 30 deutlich weniger Unfälle ereignen als bei Tempo 50. Der Grund dafür sind die kürzeren Anhaltewege bei Tempo 30 im Vergleich zu Tempo 50. Bei 50 km/h beträgt der Anhalteweg ca. 27 Meter, bei 30 km/h ca. 13 Meter. Weitere Untersuchungen belegen, dass nach der Einführung von Tempo 30 die Anzahl der bei Unfällen getöteten und schwerverletzten Personen um ca. 60 % bis 70 % zurückgeht. Der Grund dafür ist die Verringerung der Aufprallwucht bei Unfällen mit geringeren Geschwindigkeiten . Frage 8: Wie bewertet der Senat den Vorschlag, bis zur Herstellung von Radverkehrsanlagen in diesem Bereich Tempo 30 anzuordnen? Antwort zu 8.: Die Anordnung von Tempo 30 würde die Unfallsituation für die Radfahrer und Radfahrerinnen am Knoten Greifswalder Straße/Danziger Straße nicht verbessern. Hauptunfallursache ist die Nichtbeachtung der geradeaus fahrenden Radfahrer und Radfahrerinnen durch rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge beim Lichtsignalwechsel auf „Grün“. Da die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit bei „Grün“ startender und dann abbiegender Fahrzeuge ohnehin unter 30 km/h liegt, könnten diese Unfälle also auch nicht durch ein Tempolimit verhindert werden. Berlin, den 20. Februar 2012 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Feb. 2012) 2