Drucksache 17 / 10 126 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Stefanie Remlinger (GRÜNE) vom 20. Januar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Januar 2012) und Antwort Gendersensible Bildung und Berufsorientierung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Maßnahmen werden in der Fläche aufgelegt, um in der Kita gendersensibel mit dem im Bildungsprogramm genannten naturwissenschaftlichen, mathematischen und technischen Lernfeld umzugehen, und welche Projekte gibt es in diesem Bereich? Zu 1.: Das Berliner Bildungsprogramm fördert die Gleichstellung von Mädchen und Jungen, indem im Bildungsverständnis explizit zu den Geschlechterrollen Bezug genommen wird. Vielfältige Maßnahmen unterstützen die Erzieherinnen und Erzieher, sich gemeinsam mit Mädchen und Jungen auf die Faszinationen von Naturwissenschaft, Mathematik und Technik einzulassen und gemeinsam mit den Kindern zu lernen. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um mehr Chancengerechtigkeit für Mädchen und Jungen zu erreichen. Das Sozialpädagogische Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg bietet mehrtägige Fortbildungen zu diesen Themen an, auch gemeinsam mit Partnern, wie z.B. mit dem Freilandlabor Britz. Seit mehreren Jahren kooperiert der Senat mit der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ und fördert diese. Inzwischen beteiligen sich 773 Berliner Kitas, 80 Kitas wurden bisher selbst als „Haus der kleinen Forscher“ ausgezeichnet. Allen Kitas stehen die Arbeitsund Lernmaterialien zur Verfügung. An gemeinsamen Fachtagungen nahmen über 500 pädagogische Fachkräfte teil. Allen Berliner Kitas steht darüber hinaus das Energielogbuch „Energie verstehen, entdecken und sparen!“ zur Verfügung. Es entstand im Rahmen des Projekts „Energie im Kita-Alltag“, das vom Senat initiiert und von der Firma TOTAL Deutschland GmbH finanziert wurde. Am Projekt beteiligen sich bisher 4 Kitas, die von SPILETT new technologies betreut werden, alle Kitas können sich auf deren Internetplattform beteiligen. In allen Fortbildungen und Projekten werden Themen und Methoden verwendet, mit denen Mädchen wie Jungen gleichermaßen angesprochen werden. Das Unabhängige Institut für Umweltfragen (UfU) e.V. bietet in den Kitas das Projekt „Sonnenkinder“, ein umwelt- pädagogisches Klimaschutzprojekt an. Die gemeinnützige Leuchtpol GmbH, eine bundesweit tätige Projektgesellschaft im Bildungsbereich, bietet Fortbildungen zum Thema Energie und Umwelt in Kitas an, an denen bisher 140 Erzieherinnen und Erzieher teilnahmen. Eine einjährige berufsbegleitende Qualifizierung für Erzieherinnen und Erzieher und Lehrerkräfte zum „Fachprofil Naturwissenschaft und Medien“ bietet der Träger WeTeK Berlin gGmbH (Werkstatt neue Technologien und Kultur) an, die durch das Projekt Bits21 durchgeführt wird. Die Qualifizierung trägt zur Befähigung der pädagogischen Fachkräfte bei, im pädagogischen Alltag mit den Kindern Projekte durchzuführen und dabei selbst Berührungsängste und Unsicherheiten abzubauen, Begeisterung für naturwissenschaftliche Phänomene zu wecken, die Verbindung zwischen Naturwissenschaften und Medien zu verdeutlichen, vielseitige Gestaltungswege im Bereich naturwissenschaftlicher und medienpädagogischer Bildungsarbeit aufzuzeigen und somit zur Professionalisierung der Teilnehmenden beizutragen . Zur Unterstützung des Übergangs von der Kita in die Grundschule und der Zusammenarbeit der Pädagoginnen und Pädagogen des vorschulischen und schulischen Bereichs sind im Programm „fliegen lernen“ der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung in Kooperation mit der Firma Boeing an verschiedenen Grundschulen naturwissenschaftliche Lernwerkstätten entstanden. In diesen können Kinder aus Kitas und Grundschulen viele Anregungen finden, eigene Fragen zu entwickeln, unterschiedliche Lösungswege ausprobieren und ihr Wissen praktisch erweitern (http://www.kinder-erforschennaturwissenschaften .de/). 2. Welche Maßnahmen werden in der Fläche aufgelegt, um in der Grundschule und in weiterführenden Schulen gendersensiblen Unterricht in den MINT Fächern durchzuführen und welche Projekte gibt es dazu in den Schulen? (Bitte nach Projekten, Maßnahmen für Grundschulen und für weiterführende Schulen darstellen.) Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 126 Zu 2.: Zur Unterstützung eines gendersensiblen Unter- richts in den MINT Fächern (Mathematik Informatik, Naturwissenschaften und Technik) an Grundschulen und weiterführenden Schulen werden in Berlin unter anderem folgende Projekte angeboten: ƒ Die beiden SINUS-Programme – für Grundschulen bzw. für weiterführende Schulen – sind bundesweite Qualitätsentwicklungsprogramme zur Weiterentwicklung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts in Deutschland, an denen in Berlin weit über 100 Schulen teilnehmen und deren Impulse auf alle Schulen der Stadt ausstrahlen. SINUS hat sich mit allen aktuellen Problemen des MINT-Unterrichts auseinandergesetzt und bietet vielfältige und konkrete Hilfen an. Die SINUSAnsätze und Ideen sind seit über 10 Jahren in jeder Hinsicht die zentrale Grundlage der Fortentwicklung insb. des deutschen Mathematikunterrichts (in Bezug auf Themen und Inhalte, Rahmenlehrpläne, Prüfungsarbeiten, Fachdidaktik etc.). Die Module wurden im Laufe des Programms mehrfach weiter entwickelt und im Detail aktuellen Entwicklungen angepasst. Modul 7 (von 10) befasst sich in beiden Programmen mit der Förderung von Mädchen (und Jungen). Hier wird vor allem die Benachteiligung der Mädchen in Mathematik und Naturwissenschaften thematisiert und analysiert. Unterrichtskonzepte zur Förderung von Mädchen und jungen Frauen wurden entwickelt und umgesetzt. ƒ Mit dem Wettbewerb „Känguru der Mathematik“ ist das Ziel verbunden, die mathematische Bildung an den Schulen zu unterstützen, die Freude an der Beschäftigung mit Mathematik zu wecken und zu festigen und durch das Angebot an interessanten Aufgaben das selbstständige Arbeiten und die Arbeit im Unterricht zu fördern. In Berlin beteiligen sich mehr als die Hälfte der Schulen an diesem Wettbewerb. ƒ Weiterhin zu nennen ist das IHK-Projekt „tecnopedia“, ein Internetportal, das die naturwissenschaftlichtechnische Bildung an Schulen unterstützt und es Unternehmen ermöglicht, frühzeitig in Kontakt mit dem Fachkräftenachwuchs im MINT-Bereich zu kommen (www.tecnopedia.de). ƒ Die Ziele des Grundschul-Projekts „TuWaS!“ (Technik und Wissenschaft an Schulen!) der Freien Universität (FU) Berlin sind die Stärkung des Unterrichts im Fach Naturwissenschaften (Jahrgangsstufe 5/6) sowie des naturwissenschaftlichen Teils des Sachunterrichts (Jahrgangsstufe 1 – 4). An dem Projekt nehmen zurzeit etwa 100 Berliner Grundschulen teil. Das Projekt – mit finanzieller Unterstützung von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft – schafft themenbezogene Experimentierkisten an, jeweils für den Unterricht einer Lerneinheit von ca. 8 Wochen. Die Schulen melden ihren Bedarf an den Kisten an. Die FU bietet eintägige Lehrkräftefortbildungen an, die verpflichtende Voraussetzung für die Ausleihe der Kisten sind. Die FU liefert die Kisten an die Schulen, holt sie danach wieder ab und pflegt und wartet sie für kommende Ausleihen. Der Genderaspekt manifestiert sich bei diesem Projekt insbesondere in den Fortbildungen der (zumeist) Lehrerinnen, die dazu beitragen, dass den Schülerinnen hochkompetente weibliche Rollenvorbilder im MINTBereich zur Seite stehen. ƒ Das Schülerlabor „LiseLab“ der Lise-MeitnerSchule bietet Kurse für Grundschullehrkräfte zu Themen des Rahmenlehrplans Naturwissenschaften (Jahrgangsstufe 5/6) an. Diese tragen – ähnlich wie die Fortbildungen im TuWaS!-Projekt – insbedondere chemische und physikalische Inhalte und Methoden in komprimierter und kompakter Form in die zumeist weibliche Lehrerschaft. ƒ Der „FORSCHERGARTEN“ ist eine Initiative von Physikern, Biologen und anderen Naturwissenschaftlern , die in Kitas und Grundschulen durch Experimentierkurse die Wissbegierde und Entdeckungsfreude von Kindern und ihr Interesse für Naturphänomene fördern möchten. Kurse finden z. B. im gläsernen Labor (Campus Buch) statt. ƒ Im Netzwerk „GenaU“ haben sich Schülerlabore an Forschungseinrichtungen und Hochschulen in Berlin und Brandenburg zusammengeschlossen. Für jede Altersstufe und jedes MINT-Fach finden sich hier Experimentierkurse für Schulklassen. Sie werden ergänzt durch weiterführende Arbeitsgemeinschaften und Lehrerfortbildungen. An mehreren Standorten über Berlin verteilt befinden sich 13 Schülerlabore, die Angebote z. B. zu NaWi-Themen wie „Das Leben im Wassertropfen“ oder „Schwimmen, Schweben, Sinken“ machen. ƒ Das „eXplorarium“ ist eine Werkstatt für moder- nes eLearning in der Schule. Die Beteiligung in diesem Projekt eröffnet Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern neue Wege des IT-gestützten Lernens. Unterrichtsvorschläge , die eigenaktiv-konstruktives Lernen mit zeitgemäßer Mediendidaktik verbinden, werden für alle Jahrgangsstufen entwickelt und in der Schulpraxis mit Lehrkräften und Kindern erprobt. In eXplorarium-Kursen stellen Schülerinnen und Schüler ihre Fragen an die Welt und beziehen bei ihrer Beantwortung die vielfältigen Möglichkeiten des eLearning auf der Lernplattform „Moodle“, die für das eXplorarium angepasst wurde, mit ein. Lehrkräfte lernen den Umgang mit dem eXplorariumAnsatz im Schulalltag und erhalten dafür umfassende Fortbildung und Begleitung. eXplorarium ist ein Angebot für ausgewählte Schulen - insbesondere in sozial belasteten Gebieten. Aktuell sind 10 Ganztagsschulen beteiligt, der Bereich der MINT-Fächer ist mit besonders vielen Projekten vertreten. ƒ Eine Förderung von MINT-Kompetenzen. erfolgt darüber hinaus auch im Bereich der unterrichtsergänzenden Angebote der Ganztagsgrundschulen mit dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt „Sechs- bis zehnjährige Kinder“ durch die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“. Dieses Projekt hat sich aus den langjährigen Erfahrungen im Bereich der Kitas entwickelt. Zurzeit befindet es sich in Berlin und Brandenburg mit insgesamt 52 Einrichtungen in der Pilotphase. 3. Wie stark wird bei der Entwicklung des dualen Lernens auf den Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit wert gelegt? 4. Welches genderpolitische Konzept liegt der Berufsorientierung in der Oberstufe zu Grunde? Haben externe Partner der Schulen, wie zum Beispiel die Agentur für Arbeit, ebenfalls ein gendersensibles päda- 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 126 gogisches Konzept in der praktischen Arbeit in den Schulen? Zu 3. und 4.: Gemäß SchulG § 4 (2) trägt jede Schule Verantwortung dafür, dass das Prinzip des Gender Mainstreaming in der Schulgestaltung berücksichtigt wird. Im Rahmenplan des Faches „Wirtschaft-Arbeit- Technik“ (Leitfach für das Duale Lernen an Integrierten Sekundarschule) wird der Genderaspekt an verschieden Stellen aufgegriffen. Unter anderem heißt es dort: „Die geschlechterspezifische Arbeitsteilung ist auch in unserer Gesellschaft noch Realität. Einige Berufe gelten nach wie vor als klassische Frauen- oder Männerberufe. Schüler sollen verschiede Formen der Arbeitsteilung in Haushalt und Beruf kritisch hinterfragen und überwinden“. (s. Rahmenlehrplan für die Sekundarstufe I, Jahrgangsstufe 7-10, Integrierte Sekundarstufe, Wirtschaft -Arbeit-Technik, Seite 12) Darüber hinaus sind für alle schulspezifischen Konzepte im Rahmen des Programms „Berliner vertiefte Berufsorientierung (BVBO)“, an dem 92 Integrierte Sekundarschulen und Gymnasien teilnehmen, gendersensible Aspekte verpflichtend. Das Programm BVBO wird durch die Agentur für Arbeit in Berlin Mitte, federführend für die Agenturen in Berlin und der Senatverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen finanziert. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft ist zuständig für die fachliche Begleitung der Maßnahme, insbesondere im Hinblick auf die Kooperation von Schule, Berufsberatung, Trägerverbund und Jugendhilfe und die schulische Entwicklung von tragfähigen Konzepten des Dualen Lernens im Sinne der Berliner Schulstrukturreform. Im Rahmen von BVBO belegten z.B. die Mädchen der Wolfgang-Borchert-Oberschule in Spandau im RoboCup den bundesweit 4. Platz und durften an der Weltmeisterschaft in Singapur teilnehmen. In allen Maßnahmen im Rahmen des Landespro- gramms werden Berliner Jugendliche zu einer gendersensiblen Betrachtung von Berufen, hauptsächlich durch praktische Erfahrung herangeführt. 5. Welche Maßnahmen werden in der Fläche oder durch Projekte ergriffen, um jenseits des Girls´ Day die Anzahl von Mädchen in den mathematischen, naturwissenschaftlichen und technischen Berufen zu erhöhen? Zu 5.: Folgende Programme sind bei der speziellen Förderung von Mädchen im MINT-Bereich von besonderer Bedeutung: ƒ Girls’Day Akademie: Ein spezielles Angebot zur Mädchenförderung ist das bei LIFE e.V. angesiedelte Modellprojekt Girls´Day Akademie. Das Projekt wurde auf Veranlalassung des Aktionsbündnis Girls´Day nach dem in Baden-Württemberg entwickelten Konzept von der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen mit einer Laufzeit von zwei Jahren initiiert. Finanziert wird die Akademie von der Agentur für Arbeit Berlin Süd und den Senatsverwaltungen für Bildung, Jugend und Wissenschaft und Integration und Frauen. ƒ Roberta – Mädchen erobern Roboter, ist ein Projekt des Fraunhofer Instituts. Das Roberta-RegioZentrum Berlin bietet vielfältige Kurse an, um Mädchen für die Informatik zu gewinnen. Berlinweit nehmen ca. 50 Schulen an diesem Projekt teil. Die Wolfgang-BorchertSchule (6. Integrierte Sekundarschule Spandau) ist in diesem Zusammenhang die erste Schule in Berlin, die ein LEGO Education Innovation Studio (LEIS) einrichtet. Das LEIS soll grundlegende Fähigkeiten in den Schlüsselbereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) entwickeln und ein Zentrum für Innovation und Kreativität schaffen. ƒ Das Zentrum für Mikrosystemtechnik Berlin (Zemi) bietet ein speziell auf die Bedürfnisse von Schülerinnen abgestimmtes Veranstaltungsprogramm an, um Hemmnisse und Hürden abzubauen und sie für technisch-naturwissenschaftliche Ausbildungsberufe und Studiengänge zu gewinnen. ƒ Der „Club Lise“ ist ein Programm der Humboldt- Universität zu Berlin zur Förderung der naturwissenschaftlichen Interessen von Schülerinnen, das der Unterrepräsentanz von Frauen in den Natur- und Ingenieurwissenschaften entgegenwirken soll. ƒ Der Verein LIFE e.V. hat sich die Verbesserung der Chancengleichheit von Schülerinnen und Schülern im naturwissenschaftlich-technischen Bereich zum Ziel gesetzt. Er bietet u. a. Fortbildungsreihen für Naturwissenschaften für Grundschullehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erziehern an. LIFE e.V. steht im Bildungsnetz Berlin für die Verbesserung der Chancengleichheit von Schülerinnen und Schülern im naturwissenschaftlich -technischen Bereich. Im ökotechnischen Bildungszentrum in Berlin-Mitte werden u. a. Weiterbildungsreihen für Lehrkräfte in Kitas und Grundschulen angeboten. Im Rahmen des Kurses "tasteMINT" für MINT-interessierte Mädchen der Sekundarstufe II können Mädchen kurz vor oder nach dem Abitur ihre Eignung für ein Studium im Bereich der MINT-Fächer testen und bekommen ausführliche Rückmeldungen über die gezeigten Kompetenzen. ƒ Die Schülerinnen-Uni ist eine Vortragsreihe der Fakultät für Informatik und Elektrotechnik an der TU Berlin. Insbesondere Schülerinnen sollen für technik- und informatiknahe Themen begeistert werden. ƒ Die Femtec (Hochschulkarrierezentrum für Frauen Berlin GmbH) führt jährlich einen bundesweiten Schülerinnen-Workshop durch mit dem Ziel, mehr junge Frauen in technische Berufe zu bringen. 6. Wie viele Unternehmen welcher Branchen haben sich seit 2003 jeweils am Girls´ Day beteiligt? Zu 6.: In Berlin wird seit 2006 eine Veranstal- terstatistik geführt, aus der hervorgeht, dass bei den Unternehmen die Gesamtzahl der Veranstaltungen seit 2006 gestiegen ist, die Gesamtzahl der dort angebotenen Plätze im Jahr 2011 gegenüber 2010 jedoch rückläufig war. Da einige Unternehmen mehrere Veranstaltungen angeboten haben, kann von rund 100 Unternehmen 3 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 126 4 ausgegangen werden, die sich jedes Jahr am Girls’ Day beteiligen. Eine Erfassung der Unternehmen nach Branchen erfolgt nicht. Organisationstyp Gesamtzahl Veranstaltungen 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Agentur für Arbeit 5 3 8 7 7 7 Behörde 25 51 72 72 77 69 Bildungseinrichtung 37 42 49 57 63 62 Forschungseinrichtung 14 41 32 20 27 23 Gewerkschaft 1 2 1 2 1 0 Hochschule 6 9 91 96 112 118 Kammer 3 0 3 0 1 0 Medien 7 13 10 8 11 10 Politik 14 24 27 28 22 23 Unternehmen 73 116 129 126 119 116 Verband/Verein 27 19 29 27 36 31 Gesamt 212 320 451 443 476 459 Organisationstyp Gesamtzahl Plätze 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Agentur für Arbeit 100 450 590 830 980 1280 Behörde 685 1037 1121 990 1177 1091 Bildungseinrichtung 1832 871 940 2038 1089 976 Forschungseinrichtung 270 442 514 558 464 545 Gewerkschaft 30 45 35 45 20 0 Hochschule 180 1573 2404 1608 3125 2344 Kammer 28 0 37 0 12 0 Medien 109 244 199 216 210 156 Politik 248 396 368 274 331 397 Unternehmen 2507 2013 1759 1863 1931 1977 Verband/Verein 665 269 348 292 388 360 Gesamt 6.654 7.340 8.315 8.714 9.727 9.126 In 2011 sind die Gesamtzahlen leicht rückläufig, da die beiden größten Anbieter, der Ausbildungsverband Fachinformatik und die Freie Universität, ihr Veranstaltungsangebot um insgesamt 800 Plätze verringert haben. In Berlin mit seiner großen und vielfältigen Universitätsund Forschungslandschaft kommen die meisten Veranstaltungen und Plätze am Girls' Day aus diesem Bereich. Die Angebote der Bildungs- und Forschungseinrichtungen und Hochschulen müssen aggregiert gesehen werden, da die Zuordnungen in den Jahren zum Teil unterschiedlich erfolgten. Für den Girls' Day am 26.04.2012 werden deutlich mehr Anbieter und Plätze benötigt, weil das Interesse der Mädchen kontinuierlich stärker gewachsen ist als das Angebot. Berlin erreicht mit einer Beteiligungsquote der Schülerinnen ab Klasse 5 von 12 % im Vergleich der Bundesländer einen Spitzenwert. 7. Wie hoch ist der Anteil an weiblichen Azubis in der dualen Ausbildung in den naturwissenschaftlichen, technischen und IT-Berufen? (Darstellung seit 2003 jährlich?) Zu 7.: Statistische Angaben zur Bearbeitung der Fra- gen 7 liegen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft nicht vor. Die Erhebung und Auswertung entsprechender Daten überschreiten die im Rahmen einer Kleine Anfrage zur Verfügung stehenden Möglichkeiten . 8. Wie hoch ist die Anzahl weiblicher Auszubil- dender, die nach der Ausbildung von Betrieben im naturwissenschaftlichen, technischen und IT-Bereich übernommen werden? Zu 8.: Eine Statistik über die Anzahl der Übernahmen von Auszubildenden in den Betrieben wird aus Datenschutzgründen nicht geführt. 9. Welche Maßnahmen werden in der Fläche oder durch Projekte ergriffen, um die Anzahl von Jungen in klassischen "Frauenberufen" (insbesondere Service- und Pflegebereich, etc.) zu erhöhen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 126 Zu 9.: Das Gleichstellungspolitische Rahmenpro- gramm enthält die Zielsetzung der Erweiterung des Berufswahlspektrums von Mädchen aber auch von Jungen. 2009 wurde LIFE e.V. beauftragt, ein ExpertenGremium „Jungen“ einzuberufen, um für Berlin ein Netzwerk an Kooperationspartnerinnen und -partnern zu schaffen und mit einer gemeinsam abgestimmten Zielsetzung und Vorgehensweise auch den Jungen ein für sie adäquates Angebot machen zu können. 2011 wurde von LIFE e.V. in Abstimmung mit dem Gremium dazu eine Handlungsempfehlung herausgegeben, die folgende drei Zielsetzungen enthält: - Erweiterung des Berufswahlspektrums und der Studienwahl, - Flexibilisierung der männlichen Rollenbilder und - Stärkung der Sozialkompetenz. Schwerpunktmäßig sollen in Berlin Workshops zur Lebensplanung und der Erweiterung der männlichen Rollenbilder angeboten werden, um den Jungen jenseits traditioneller Männlichkeitsmuster neue Optionen und Verwirklichungschancen zu eröffnen. Darüber hinaus besteht am Boys’ Day die Möglichkeit, durch ein Schnupperpraktikum insbesondere Berufe im Erziehungs- , Pflege- und Dienstleistungsbereich kennen zu lernen. Auf der Homepage zum Boys' Day www.boys-day.de befindet sich dazu eine Liste, der für die Jungen in Frage kommenden Berufe und Studiengänge. Diese enthält alle Branchen, in denen der Männeranteil unter 40% beträgt. Das Angebot der Berufe, in den Männer derzeit noch unterrepräsentiert sind, ist deutlich kleiner als das der Mädchen, so dass auch aus diesem Grund die konzeptionelle Erweiterung um Workshops am Boys’ Day sinnvoll ist, um die Nachfrage der Jungen am Aktionstag stillen zu können. 2011 wurde in der Bundesrepublik Deutschland erstmals am Girls' Day gleichzeitig für eine Beteiligung am Boys’ Day geworben. Berlin war laut Aktionslandkarte zum Boys' Day mit einem ein Angebot von 203 Veranstaltungen und insgesamt 1.507 Plätzen dabei. 47 % der Angebote kamen von Kindertageseinrichtungen, 11 % aus der Altenpflege und 7 % aus der Jugendarbeit. Für die Zukunft besteht die Notwendigkeit, neue Kooperationspartnerinnen und -partner in den einzelnen Bereichen zu gewinnen, da davon auszugehen ist, dass das Interesse der Jungen, ein Angebot am Boys' Day wahrzunehmen, also auch Berufe im Erziehungs- und Pflegebereich kennen zu lernen, steigen wird. Das Bundesprogramm „MEHR Männer in Kitas“ wird modellhaft von 16 Trägern in 13 Bundesländern umgesetzt . Es ist Teil einer Gesamtstrategie, die auf die Entwicklung moderner Rollenbilder für Männer und Frauen wirken soll. Mit dem Programm wird das Ziel verfolgt, das Interesse junger Männer für den Beruf des Erziehers zu wecken und bei der Entscheidung zu unterstützen, den Erzieherberuf zu wählen. In Berlin ist die Koordinierungsstelle für Männer in Kitas an der Katholischen Fachhochschule für Sozialwesen angesiedelt mit den Aufgabenschwerpunkten: Information, Beratung, Vernetzung und Förderung des Dialogs zwischen Politik, Kita-Trägern, Ausbildung und Forschung. Darüber hinaus ist der Evangelische Kirchenkreisverband für Kindertageseinrichtungen Berlin MitteNord mit einem Projekt in dem Bundesprogramm vertreten. Durch eine intensive Zusammenarbeit mit den Sekundarschulen und Gymnasien sollen hier Projekte initiiert werden, die vor allem Jungen in der Berufsfindungsphase ansprechen. Im Rahmen eines "Sozialen Praktikums", angebunden an den Boys' Day bzw. einem Freiwilligenprojekt in der 8.-10. Klasse, sollen Jungen für den Beruf des Erziehers interessiert werden. Die Freiwilligen werden von Mentoren der Ev. Hochschule Berlin und der Ev. Fachschule „Oberlin-Seminar“ begleitet . In Zusammenarbeit mit den Fach- und Hochschulen werden zudem Fort- und Weiterbildungsangebote für Erzieher entwickelt, die sich auch mit Fragen der geschlechterheterogenen und geschlechtersensiblen Pädagogik befassen. Darüber hinaus ist am 28.3. 2011 die Berliner Landesinitiative „Für ein gutes Leben im Alter in Berlin“ gestartet und setzt die Initiative der Bundesregierung vom Mai 2011 ("Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege bis 2014") als Berliner Qualifizierungs- und Qualitätsoffensive für die Fachkräftesicherung in der Altenpflege um. Hintergrund ist der prognostizierte Fachkräftemangel und die zu erwartenden demografischen Auswirkungen in der Pflege. Wesentliche Herausforderung für das Land Berlin wird die Aus- und Weiterbildung - hier auch die Gewinnung von mehr männlichen Fachkräften - sowie die Erhöhung der Attraktivitäts- u. Qualitätsaspekte in den Pflegeausbildungen und für die bereits Beschäftigten in den Pflegebranchen sein. 10. Welche Maßnahmen werden nach Kenntnis des Senats durch die Unternehmen (mit und ohne Landesbeteiligung ) ergriffen, um den Anteil weiblicher Auszubildender in diesen "Männerdomänen" zu erhöhen? Zu 10.: Privatrechtliche Unternehmen mit Beteiligung des Landes, insbesondere Mehrheitsbeteiligungen, sind gehalten, die Regelungen des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) entsprechend anzuwenden. Für Unternehmen in der Rechtsform öffentlich-rechtlicher Anstalten gilt das LGG unmittelbar. Insofern haben die Unternehmen u.a. den Zugang zu Ausbildungsplätzen diskriminierungsfrei zu gestalten und Frauen in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind, besonders zu berücksichtigen . Mit dem Ziel einer Erhöhung des Anteils an Frauen in technischen u.a. Berufen beteiligen sich Unternehmen des Landes etwa am bundesweiten „Girls’ Day“. Der Senat fördert im Rahmen der „Verwaltungsvorschriften über die Gewährung von Zuschüssen zur Förderung der Berufsausbildung in Berlin“ u.a. auch Unternehmen, die Ausbildungsplätze für Frauen in mit weiblichen Auszubildenden gering besetzten Ausbildungsberufen schaffen. Als gering besetzte Ausbildungsberufe in diesem Sinn gelten Berufe, bei denen die Zahl der Ausbildungsverhältnisse mit weiblichen Jugendlichen in dem jeweiligen Ausbildungsberuf in Berlin zum Stichtag des 31. Dezember des Jahres vor Beginn der Ausbildung weniger als 20 v.H. beträgt oder die absolute Zahl der 5 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 126 6 weiblichen Auszubildenden in diesem Beruf in Berlin nicht mehr als 10 Personen beträgt. Der Zuschuss beträgt 75 v. H. der monatlichen Ausbildungsvergütung , wie sie sich zum Zeitpunkt des Beginns des Ausbildungsverhältnisses durch den Betrieb als im Ausbildungsvertrag vereinbarte ortsübliche tarifliche Regelung ergibt, jedoch höchstens 7.500 €. Im Jahr 2011 konnten nach diesem Programm ins- gesamt 169 Ausbildungsplätze für junge Frauen in frauenatypischen Berufen gefördert werden. Die gesamte Fördersumme betrug rund 631 T €. 11. Welche gendersensiblen Projekte und Maßnahmen in der Fläche sind in der außerbetrieblichen Ausbildung und an den Oberstufenzentren bekannt? (Bitte nach Träger und OSZ auflisten.) Zu 11.: Die Umsetzung des Leitsatzes von § 4 (2) Schulgesetzes für Berlin, wonach das Prinzip des Gender Mainstreaming in der Schulgestaltung zu berücksichtigen sind, bindet auch alle beruflichen Schulen. Darüber hinaus mussten seit 2004 alle Projekte, an denen OSZ/Berufliche Schulen als Projektpartner beteiligt waren und die aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert wurden, den Gendergedanken bereits in der Konzeption vertieft berücksichtigen. Oberstufenzentren (OSZ) mit Bildungsangeboten in Berufsfeldern, die große Ungleichgewichte der Geschlechter aufweisen, haben häufig im Schulprogramm systematisch Maßnahmen festgelegt. Als Beispiel kann das Vorgehen des OSZ Gesundheit II gelten. Um das Berufsbild der Medizinischen Fachangestellten aus einer traditionellen Zuordnung zu den typischen helfenden Frauenberufen in ein modernes Dienstleistungsberufsbild nach den Prinzipien des Gender Mainstreaming umzuwandeln, wird in Zusammenarbeit mit den allgemeinbildenden Schulen, den Oberstufenzentren und den Arbeitgeberinnen und den Agenturen für Arbeit das Profil des männlichen Medizinischen Fachangestellten geschärft. Sozial- und Kommunikationskompetenz , Flexibilität, naturwissenschaftliches Interesse und gute Grundkenntnisse sowie das Interesse an moderner Formationstechnologie werden hierzu herausgestellt . In der Unterrichtspraxis spielt die Kompetenzentwicklung in diesen Bereichen dementsprechend eine große Rolle. Bei dem jährlich stattfindenden Tag der offenen Tür und in der Schullaufbahnberatung wird versucht, gezielt männliche Jugendliche anzusprechen. Berlin, den 23. Februar 2012 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Mrz. 2012) Gesamtzahl Plätze