Drucksache 17 / 10 129 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Joschka Langenbrinck (SPD) vom 12. Januar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Januar 2012) und Antwort Entwicklung des „Produktiven Lernens“ an Berliner Schulen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Bekräftigt der Senat seine Auffassung, dass die Stärkung des Dualen Lernens im Rahmen der Schulstrukturreform sinnvoll ist und wenn ja, wie begründet der Senat dies, in welchem Rahmen sieht der Senat die Stärkung des Dualen Lernens konkret vor und welche Rolle misst der Senat hierbei dem „Produktiven Lernen“ bei? Zu 1.: Das Duale Lernen, d.h. die sinnvolle Verknüpfung von schulischem Lernen und Lernen am Praxisplatz, ist ein zentrales Element der Integrierten Sekundarschule. Lernen in enger Verbindung mit der Praxis ermöglicht zum einen eine frühe und konsequente Berufs- und Studienorientierung und bietet zum anderen einen anderen, motivierenden Zugang zum Lernen. Die Integrierten Sekundarschulen setzen dabei unterschiedliche Angebote um, wie zum Beispiel erste Kontakte mit Unternehmen im Rahmen von Betriebserkundungen oder die Teilnahme an „Komm auf Tour“, einem Projekt zur Stärkenentdeckung, Berufsorientierung und Lebensplanung für Jugendliche ab dem 7. Jahrgang. Im achten Jahrgang ergänzen zum Beispiel Kurzpraktika zum Kennenlernen von betrieblichen Abläufen diese ersten Kontakte zur Arbeits- und Berufswelt. Für Schülerinnen und Schüler, die voraussichtlich keinen Schulabschluss erreichen werden, können ab dem 9. Jahrgang besondere Organisationsformen des Dualen Lernens angeboten werden, in denen durch einen verstärkten Praxisbezug und ein Lernen außerhalb von Schule an bis zu drei Tagen pro Woche an einem Praxislernort andere, motivierende Zugänge zum Lernen ermöglicht werden. Dazu gehören zum Beispiel Praxislerngruppen, Schülerfirmen, Praxistage oder das Produktive Lernen. Die Integrierten Sekundarschulen, die ab Schuljahr 2012/13 auch Schülerinnen und Schüler im 9. Jahrgang haben, bereiten sich bereits jetzt darauf vor, ab dem kommenden Schuljahr 2012/13 bei Bedarf besondere Organisationsformen des Dualen Lernens zu realisieren. Zur Qualitätssicherung des Dualen Lernens hat die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft Rahmenkonzepte für Praxislerngruppen und für Produktives Lernen erlassen und veröffentlicht zu Beginn der zweiten Hälfte des laufenden Schuljahres die Ausfüh- rungsvorschriften über Duales Lernen und praxisbezogene Angebote an den Schulen der Sekundarstufe I (AV Duales Lernen). 2. Welche Schulen in welchen Bezirken haben im vergangenen Schuljahr 2010/2011 das „Produktive Lernen “ eingeführt? Zu 2.: Im Schuljahr 2010/2011 wurde das Produktive Lernen an folgenden Schulen eingeführt: - Ernst-Schering-Schule (Integrierte Sekundarschule im Bezirk Mitte) - Prignitz-Schule (Schule mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt im Bezirk TempelhofSchöneberg ) Darüber hinaus bietet die Carl-Legien-Schule (Berufsschule im Bezirk Neukölln) das Produktive Lernen im Rahmen eines berufsqualifizierenden Lehrgangs (BQL) an. 3. Welche Schulen in welchen Bezirken haben im aktuellen Schuljahr 2011/2012 das „Produktive Lernen“ eingeführt? Zu 3.: Im Schuljahr 2011/12 haben zwei Schulen das Produktive Lernen eingeführt: - Reinhold-Burger-Schule (Integrierte Sekundar- schule im Bezirk Pankow) - Stötzner-Schule (Schule mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt im Bezirk Reinickendorf) 4. Haben die das „Produktive Lernen“ bis zum Schuljahr 2010/2011 anbietenden Schulen ihr Angebot auch im Schuljahr 2011/2012 fortgeführt oder wurde an Schulen das Engagement beendet und wenn ja, aus welchen Gründen und welche Schulen in welchen Bezirken waren das? Zu 4.: Im Rahmen der Zusammenführung von Haupt- und Realschulen zu Integrierten Sekundarschulen, wurden im Bezirk Mitte die Winkelried-Schule (ehemalige Realschule), die Hans-Bredow-Schule (ehemalige Hauptschule) und die Schule am Brunnenplatz (ehemalige Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 129 2 verbundene Haupt- und Realschule) zur Schule am Schillerpark (Integrierte Sekundarschule) zusammengelegt . In diesem Zusammenhang wurde das Bildungsangebot „Produktives Lernen“ am Standort der ehemaligen Schule am Brunnenplatz zum Schuljahr 2011/2012 eingestellt und am Standort der Schule am Schillerpark fortgesetzt. 5. Welche Schulen in welchen Bezirken bieten das „Produktive Lernen“ seit wann an (bitte die entsprechende Gesamtübersicht aktualisieren und ergänzen)? Zu 5.: Im Schuljahr 2011/12 wird das Produktive Lernen in Klassen der auslaufenden Schulart Hauptschule an 14 Standorten von Integrierten Sekundarschulen (ISS) und an 2 Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt Lernen angeboten. Bezirk Schule (2011/12) Prod. Lernen übernommen aus Schule erstes Einrichtungsschuljahr Berolina-Schule 1996/97 Schule am Schillerpark (ISS) Schule am Brunnenplatz 1997/98 Herbert-Hoover-Schule (ISS) Theodor-Plevier-Schule 1997/98 Mitte Ernst-Schering-Schule (ISS) Wilhelm-Busch-Schule 1996/97 Gustave-Eiffel-Schule (ISS) Gustave-Eiffel-Schule 1996/97 Hufeland-Schule (ISS) Hufeland-Schule 2005/06 Pankow Reinhold-Burger-Schule (ISS) 2011/12 MarzahnHellersdorf Jean-Piaget-Schule (ISS) Jean-Piaget-Schule 1996/97 Vincent-van-Gogh-Schule (ISS) Keith-Haring-Schule 2004/05 Lichtenberg Schule am Rathaus (ISS) Schule am Rathaus 1997/98 Neukölln Liebig-Schule (ISS) Liebig-Schule 2009/10 SteglitzZehlendorf Johann-Thienemann-Schule (ISS) Johann-Thienemann-Schule 2007/08 TreptowKöpenick Schule an der Dame (ISS) Amelia-Erhart-Schule 2004/05 Spandau Wolfgang-Borchert-Schule (ISS) Wilhelm-Leuschner-Schule 2006/07 Reinickendorf Stötzner-Schule (sonderpädagogischer Förderschwerpunkt) 2011/12 1. Gemeinschaftsschule Tempelhof-Schöneberg Waldenburg-Schule 1997/98 Tempelhof- Schöneberg Prignitz-Schule (sonderpädagogischer Förderschwerpunkt) 2010/11 6. Wie hat sich die Teilnehmerzahl der Schülerinnen und Schüler am „Produktiven Lernen“ seit Einführung im Hinblick auf das aktuelle Schuljahr 2011/2012 und die vergangenen Schuljahre entwickelt (bitte die entsprechende Tabelle fortschreiben)? Zu 6.: Seit Einführung des Bildungsangebots „Pro- duktives Lernen“ entwickelte sich die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemäß nachstehender Übersicht . Dabei wird davon ausgegangen, dass sich die Fortschreibung der Tabelle auf die Kleine Anfrage Nr. 16/14509 vom 12.07.2010 bezieht. Schuljahr Teilnehmerzahl 1996/97 keine Angabe 1997/98 140 1998/99 183 1999/00 204 2000/01 231 2001/02 275 2002/03 344 2003/04 333 2004/05 370 2005/06 489 2006/07 475 2007/08 485 2008/09 536 2009/10 537 2010/11 571 2011/12 526 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 129 3 7. Wie schlüsselt sich die Teilnehmerzahl der Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2010/2011 und 2011/2012 in den einzelnen Bezirken auf? Zu 7.: Differenziert nach Bezirken sind die Teil- nehmerzahlen in den Schuljahren 2010/11 und 2011/12 der folgenden Übersicht zu entnehmen. Bezirk 2010/11 2011/12 Mitte 121 129 Pankow 78 86 Spandau 26 25 Steglitz-Zehlendorf 39 42 Tempelhof-Schöneberg 41 44 Neukölln 59 40 Treptow-Köpenick 77 58 Marzahn-Hellersdorf 41 42 Lichtenberg 89 46 Reinickendorf - 14 8. Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die das Angebot des „Produktiven Lernens“ angenommen hatten und die Schule verließen, erreichten in den Schuljahren 2007/2008 bis 2010/2011 welche Abschlüsse (bitte die entsprechende Tabelle fortschreiben)? Zu 8.: Seit Einführung des „Produktiven Lernens“ als Regelangebot an Berliner Hauptschulen erreichten durchschnittlich 72,4 % aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Schulabschluss. In der nachstehenden Tabelle werden Art und Anzahl der Schulabschlüsse im Rahmen des Bildungsangebots „Produktives Lernen“ seit 1997/98 dargestellt. Schulabschlüsse (Produktives Lernen) Schuljahr ohne Hauptschulabschluss erw. Hauptschul- abschluss Realschulabschluss /Mittlerer Schulabschluss 1996/97 angebotsbezogen nicht erfasst 1997/98 17 13 12 - 1998/99 51 42 54 2 1999/00 53 55 36 2 2000/01 82 43 45 12 2001/02 44 53 71 14 2002/03 93 69 51 17 2003/04 54 59 71 17 2004/05 81 81 65 24 2005/06 90 86 91 30 2006/07 89 101 95 26 2007/08 96 81 110 31 2008/09 121 116 106 20 2009/10 119 95 108 33 2010/11 139 75 119 30 9. Wie viele Teilnehmer am „Produktiven Lernen“ haben seit seiner Einführung an Berliner Schulen eine Vermittlung in Ausbildung oder Beruf geschafft (bitte nach Schuljahren auflisten) und wie bewertet der Senat die Vermittlungsquoten? Zu 9.: Beim Übergang in eine duale Ausbildung werden seitens der Berufsschulen nur die Schulabschlüsse der Auszubildenden erfasst. Angaben über ein besonderes Bildungsangebot, in dem ein Schulabschluss erworben wurde, werden in diesem Zusammenhang nicht erhoben. Im Rahmen ihrer Projektentwicklungsberichte befragt das Institut für Produktives Lernen in Europa ehemalige Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Produktiven Lernen über ihren Verbleib seit Schulabgang. Die Ergebnisse der Verbleibstudien der Schulabgängerinnen und -abgänger nach den Schuljahren 2007/2008 bis 2009/2010 liegen vor und sind in nachstehender Übersicht dargestellt. Quelle: Institut für Produktives Lernen in Europa Es kann als Erfolg gewertet werden, dass in den Jahren 2008 bis 2010 zwischen 36 % und 44,1 % aller Jugendlichen, die am Bildungsangebot „Produktives Lernen “ teilnahmen und die Schule nach der 10. Klassenstufe verließen, eine duale Ausbildung aufnehmen konnten. Rechnet man die Schulabgängerinnen und -abgänger aus den Klassenstufen 9 des Produktiven Lernens hinzu, die in eine ungeförderte Ausbildung übergehen konnten, wird das positive Ergebnis noch unterstrichen. Dies ist umso bemerkenswerter, da diese Schülerinnen und Schüler in der Regel eine negative Prognose am Ende des 8. Jahrgangs hinsichtlich eines Schulabschlusses hatten. Jahrgang Ausbildung Berufstätigkeit 10 37,5 % 6,3 % 2007/08 9 18,8 % 8,3 % 10 44,1 % 8,1 % 2008/09 9 14 % 4 % 10 36 % 7 % 2009/10 9 12,7 % 10,9 % Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 129 4 10. Haben sich bereits weitere Schulen zur Einführung des „Produktive Lernens“ im Schuljahr 2012/2013 angemeldet und wenn ja, um welche Schulen in welchen Bezirken handelt es sich? Zu 10.: Interessensbekundungen zur Einführung des „Produktiven Lernens“ liegen aus verschiedenen Schulen vor und entsprechende Planungen werden unter Einbeziehung der regionalen Schulaufsicht mit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft sowie dem Institut für Produktives Lernen in Europa abgestimmt . Als Schulen, die beabsichtigen im Schuljahr 2012/2013 das „Produktive Lernen“ einzuführen, sind bekannt: - Heinrich-Mann-Schule (Neukölln) - Otto-Hahn-Schule (Neukölln) - Hedwig-Dohm-Schule (Mitte) - Bettina-von-Arnim-Schule (Reinickendorf) - Schule an der Haveldüne (Spandau) - Hektor-Peterson-Schule (Friedrichshain-Kreuzberg) 11. Wurden die Mittel im Rahmen der Regel- finanzierung in den Schuljahren 2009/2010, 2010/2011 und 2011/2012 voll ausgeschöpft oder sieht der Senat Spielraum, nicht abgerufene Mittel einer Mittelerhöhung im Rahmen der Regelfinanzierung für das Schuljahr 2012/2013 zuzuführen? Zu 11.: Die in den Haushaltsjahren 2009/2010 und 2010/2011 für die bedarfsorientierte Erweiterung des Lernangebotes „Produktives Lernen“ zur Verfügung stehenden Mittel wurden ausgeschöpft. 12. Welche Haushalts- bzw. Finanzplanung sieht der Senat konkret für das „Produktive Lernen“ für die Jahre 2012, 2013 und 2014 vor? Zu 12.: Im Doppelhaushalt 2012/13 sind für das Duale Lernen Ansätze in Höhe von insgesamt 1,6 Mio. Euro (2012) und 1,8 Mio. Euro (2013) berücksichtigt. In diesem Rahmen werden für das Produktive Lernen nachfrageorientiert und bedarfsgerecht finanzielle Mittel bereitgestellt. Mit dem Institut für Produktives Lernen in Europa wird zurzeit der Bedarf kalkuliert. Die bisherige Planung für das Jahr 2014 sieht für das Duale Lernen einen Ansatz von 1,8 Mio. Euro vor. 13. Wie gewährleistet der Senat die Qualität und Kontinuität der Fortbildung für die am „Produktiven Lernen“ und an anderen Formen des Dualen Lernens beteiligten Lehrkräfte? Zu 13.: Im Rahmen der Einrichtung neuer Standorte bildet das Institut für Produktives Lernen in Europa Lehrkräfte fort und begleitet Lehrkräfte an etablierten Standorten im Sinne der Qualitätssicherung. Darüber hinaus beraten Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Wirtschaft, Arbeit, Technik/Duales Lernen im Rahmen der regionalen Fortbildung Schulen bei der Entwicklung und Umsetzung von Konzepten des Dualen Lernens. Die Technische Universität Berlin bietet zudem eine berufsbegleitende Weiterbildung für Lehrkräfte zur Umsetzung praxisorientierter Angebote im Rahmen des Dualen Lernens an. Berlin, den 20. Februar 2012 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Feb. 2012) erstes Einrichtungsschuljahr Mitte Teilnehmerzahl Schulabschlüsse (Produktives Lernen) Schuljahr