Drucksache 17 / 10 137 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Canan Bayram (GRÜNE) vom 12. Januar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Januar 2012) und Antwort Einbürgerung fördern! Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Personen haben in Berlin in den Jahren 2001 bis 2011 einen Antrag auf Einbürgerung gestellt? Zu 1.: In den Jahren 2001 bis 2011 haben in Berlin insgesamt 77.858 Personen einen Einbürgerungsantrag gestellt. 2. Welcher bisherigen Staatsangehörigkeit und welcher Altersgruppen gehörten diese Antragssteller an? Zu 2.: Da hierzu statistische Daten nicht erhoben werden, können keine Angaben gemacht werden. 3. Wie viele Einbürgerungsanträge wurden in den Jahren 2001 bis 2011 abgelehnt und welche Gründe lagen für die Ablehnung vor? (Bitte nach Staatsangehörigkeit und Alter getrennt auflisten.) Zu 3.: In dem betreffenden Zeitraum sind in Berlin von den zuständigen Einbürgerungsbehörden insgesamt 8.941 Anträge auf Einbürgerung abgelehnt worden. Die Gründe für die Ablehnung sowie die Staatsangehörigkeit und das Alter der Antragstellenden werden statistisch nicht erfasst. 4. In wie vielen Fällen wurde die Einbürgerung aufgrund fehlender Sprachkenntnisse abgewiesen? (Bitte die letzten fünf Jahre nach Herkunft und Alter getrennt auflisten.) Zu 4.: Da hierzu statistische Daten nicht erhoben werden, können keine Angaben gemacht werden. 5. Wie steht der Senat zu der Umsetzung des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart auf Sprachkenntnisse wegen Krankheit zu verzichten? Zu 5.: Dem Senat ist nicht bekannt, auf welches Urteil sich die Frage bezieht, da weder das Datum noch das Geschäftszeichen angegeben ist. Es wird aber darauf hingewiesen, dass sich Aus- nahmen von den Sprachanforderungen wegen Krankheit bereits unmittelbar aus dem Gesetz ergeben (vgl. § 10 Abs. 6 StAG). In den Vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesministeriums des Innern zum Staatsangehörigkeitsgesetz , die auch die Verwaltungspraxis in Berlin bestimmen, ist dazu ausgeführt: „Von den Voraussetzungen der ausreichenden Kennt- nisse der deutschen Sprache nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) […] wird zwingend abgesehen, wenn der/die Einbürgerungsbewerber/in wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aufgrund des Alters nicht in der Lage ist, diese Voraussetzungen zu erfüllen. In diesen Fällen ist auch kein Nachweis geringerer Kenntnisse zu verlangen. Nicht jede Krankheit oder Behinderung führt zum Ausschluss der genannten Voraussetzungen , sondern nur diejenigen, die den/die Einbürgerungsbewerber /in an der Erlangung der Kenntnisse hindern , insbesondere die Unfähigkeit, sich mündlich oder schriftlich zu artikulieren sowie angeborene oder erworbene Formen geistiger Behinderung oder altersbedingte Beeinträchtigungen. Die Ausschlussgründe sind vom/von der Einbürgerungsbewerber/in durch ein ärztliches Attest nachzuweisen, wenn sie nicht offenkundig sind.“ Einbürgerungsbewerber/innen werden von den bezirk- lichen Einbürgerungsbehörden im Rahmen der Beratung bei der Antragstellung auf diese Vorschrift regelmäßig hingewiesen, wenn entsprechende Anhaltspunkte vorliegen . Bevor ein Antrag z. B. wegen fehlender Sprachkenntnisse abgelehnt wird, erhalten sie Gelegenheit, Ausnahmegründe geltend zu machen. Auch die Beratungs- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 137 stelle beim Beauftragten des Senats für Integration und Migration informiert auskunftssuchende Migranten/innen über mögliche Ausnahmen. 6. Wie lange dauert das Verfahren der Ein- bürgerung vom Zeitpunkt der Antragstellung bis zum Erhalt der deutschen Staatsangehörigkeit? Besteht ein verbindlicher Zeitrahmen? Zu 6.: Ein rechtlich verbindlicher Zeitrahmen für die Bearbeitungsdauer eines Einbürgerungsantrages ist nicht festgelegt worden. Dies wäre auch nicht sachgerecht, weil die Bearbeitungszeit maßgeblich auch von den Voraussetzungen des Einzelfalls abhängen kann. In einer von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport mit den Bezirken abgeschlossenen Zielvereinbarung wurde aber verabredet, dass die Bezirksämter Einbürgerungsanträge grundsätzlich innerhalb von 6 Monaten bearbeiten und - soweit ihre Zuständigkeit gegeben ist - entscheiden sollen. (Ausnahmen gelten hierbei für Verfahrenshindernisse oder Verzögerungen, die vom/von der Antragsteller/in zu verantworten sind oder durch andere am Verfahren zu beteiligende Behörden eintreten.) Diese Zeitvorgabe wurde von den Bezirken, von Ausnahmen abgesehen, in der Regel eingehalten. Ist eine Ermessensentscheidung zu treffen, für die die Zuständigkeit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport gegeben ist, sollen die Bezirke den Vorgang innerhalb der genannten Frist der Senatsverwaltung für Inneres und Sport vorlegen. Die Bearbeitungszeit bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport soll nach der Zielvereinbarung 6 Wochen grundsätzlich nicht übersteigen. Im Rahmen der durchgeführten Zielkontrollen wurde dieses Zeitvorgabe in den vergangenen Jahren stets erreicht. In die Verfahrensdauer nicht eingerechnet werden kann allerdings der Zeitraum, den ein mögliches Verfahren zur Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit in Anspruch nimmt. Die Verantwortung für die Bearbeitungsdauer im Entlassungsverfahren, die sich über einen längeren Zeitraum hinziehen kann, liegt ausschließlich bei den jeweiligen ausländischen Staaten. Weitere statistische Daten liegen in diesem Zusammenhang nicht vor. 7. Welche Bemühungen hat der Senat bisher unter- nommen, die Einbürgerung zu fördern? Zu 7.: Berlin hat in der Vergangenheit wiederholt für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit geworben (z. B. im Jahr 1996) und startete 2006 eine neue Einbürgerungskampagne , die seither mit unterschiedlichen Schwerpunkten fortgesetzt wird. Bestandteile der Kampagne waren und sind vor allem Plakate und Broschüren, außerdem Anzeigenschaltungen in (türkischen) Medien und Informationsveranstaltungen in Schulen und anderen Einrichtungen. Zentrales Motto der Kampagne, das auch auf den Plakaten zur Kampagne zu sehen ist, lautet: „Der deutsche Pass hat viele Gesichter“. Die Begleitbroschüre zur Kampagne orientiert sich am europäischen Pass und trägt den Titel „PASSt MIR!“. Schwerpunkt darin sind Stellungnahmen junger Menschen unterschiedlicher Herkunft , die erläutern, warum es für sie wichtig war, sich einbürgern zu lassen. Eine weitere Broschüre informiert über das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht. Die Kampagne von 2006 richtete sich vor allem an junge Migrantinnen und Migranten, weil diese nach damaliger Rechtslage unter erleichterten Voraussetzungen eingebürgert werden konnten. Da die Kriterien für die Einbürgerung insbesondere für den o.g. Personenkreis durch die Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes im Jahre 2007 verändert wurden, wurde die Einbürgerungskampagne nach Vorbereitungsgesprächen mit Migrantenorganisationen modifiziert, um auf weit verbreitete Zweifel einzugehen, ob die Einbürgerung lange hier lebender Einwanderer auch wirklich von staatlicher Seite gewollt ist. Wieder unterstützten zahlreiche Berlinerinnen und Berliner unterschiedlicher Herkunft die Kampagne mit ihren persönlichen Statements, weshalb es für sie auch trotz z.T. bestehender Bedenken wichtig sei, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen. 2008/2009 startete die nächste Etappe dieser Ein- bürgerungskampagne. Um möglichst gezielt potenzielle Einbürgerungsbewerber/innen anzusprechen, wandte sie sich insbesondere an Schulen, Bildungseinrichtungen und andere Multiplikatoren. Der Integrationsbeauftragte des Senats hat dazu eine umfangreiche Handreichung erarbeiten lassen, die detailliert darstellt, wie das Thema Einbürgerung im Unterricht aufbereitet werden kann, wo es einen Platz im Lehrplan finden kann und welche Argumente dabei verwandt werden können. In den Jahren 2010/2011 waren die Berliner Volks- hochschulen Kooperationspartner dieser Einbürgerungskampagne , die in ihrem Arbeitsbereich das Thema Staatsangehörigkeit und Werben für Einbürgerung verstärkt aufgriffen hat, z. B. auch innerhalb der Integrationskurse . Zudem wird bei den Volkshochschulen auch der für die Einbürgerung erforderliche Sprachtest abgelegt. Volkshochschulen sind daher ein geeigneter Ort, für Einbürgerung zu werben. Neben vielen Veranstaltungen war ein zentraler Be- standteil eine Ausstellung, die in allen Berliner Volkshochschulen zu sehen war. Mit auf die Situation in den einzelnen Berliner Bezirken abgestimmten Modulen warb sie für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. Die Ausstellung ist jetzt bis auf Weiteres in den Diensträumen des Integrationsbeauftragten zu sehen. Zusätzlich richteten die Berliner Volkshochschulen eine eigene Webseite mit Infos zur Kampagne ein: www.vhs.berlin.de/einbuergerung Informationen zur Einbürgerungskampagne des Senats von Berlin sind im Internet abrufbar unter: http://www.berlin.de/lb/intmig/einbuergerungskampagne.html 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 137 8. Was plant der Senat in welchem Zeitraum im Sinne einer aktiven Einbürgerungspolitik? Zu 8.: Auch in diesem Jahr soll die Berliner Ein- bürgerungskampagne fortgesetzt werden. Bedingt durch die derzeit geltende vorläufige Haushaltswirtschaft wird die Kampagne voraussichtlich im Sommer 2012, nach der Verabschiedung des Haushalts, starten. Berlin, den 17. Februar 2012 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Mai 2012) 3