Drucksache 17 / 10 155 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Claudia Hämmerling (GRÜNE) vom 26. Januar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Januar 2012) und Antwort Bleibt Berlin Hauptstadt der Tierversuche? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Tierversuchsvorhaben entsprechend der Definition des § 7 Abs. 1 Tierschutzgesetz (TierSchG) wurden im vergangenen Jahr durchgeführt, wie viele Tiere wurden dabei verbraucht? 2. Wie viele Vorhaben mit Einsatz von Wirbeltieren zu anderen wissenschaftlichen Zwecken, sowie zur Aus-, Fort- und Weiterbildung wurden im vergangenen Jahr durchgeführt und wie viele Tiere wurden dabei verbraucht ? Zu 1. und 2.: 2011 wurden in Berlin 1.145 Tierver- suchsvorhaben nach § 7 Abs. 1 Tierschutzgesetz genehmigt und 395 Vorhaben mit Einsatz von Wirbeltieren zu anderen wissenschaftlichen Zwecken sowie zur Aus-, Fort- und Weiterbildung angezeigt. Da die Versuchstiermeldungen für 2011 noch nicht vorliegen (Stichtag ist der 31. März), kann noch keine Auskunft über die Anzahl der in diesen Versuchen eingesetzten Tiere gegeben werden . 3. Welchen Anteil nimmt die Grundlagenforschung bei den Tierversuchen ein? Zu 3.: Der Anteil der Grundlagenforschung an den Tierversuchen beträgt ca. 57%. 4. Welche Veränderung der Tierversuchszahlen ergibt sich gegenüber dem Vorjahr und in welchem Verhältnis steht die Zahl der Versuchstiere in Berlin zu den bundesweit verbrauchten Versuchstieren? Zu 4.: Wie bereits in den Antworten zu den Fragen Nr. 1 und Nr. 2 ausgeführt, können zu den Versuchstierzahlen für 2011 noch keine Angaben gemacht werden. In den zurückliegenden Jahren lag der Anteil Berlins an den bundesweit gemeldeten Versuchstieren bei etwa 13%. 5. Welchem Trend folgt die Entwicklung der Tierversuchszahlen in den letzten 5 Jahren? Zu 5.: Die Versuchstierzahlen sind in den letzten 5 Jahren kontinuierlich angestiegen (2006: 300.903; 2007: 349.240; 2008: 367.438; 2009: 370.456; 2010: 383.527). 6. Wie viele und welche Tierversuchsvorhaben wur- den im vergangenen Jahr abgelehnt (bitte Gründe angeben ) und wie viele und welche wurden mit Einschränkungen zugelassen? Zu 6.: 2011 wurden 33 Anträge auf Durchführung von Tierversuchen abgelehnt. Die Anträge wurden in den Jahren 2008 bis 2011 gestellt. Für die beantragten Versuche wurde die Unerlässlichkeit nicht ausreichend wissenschaftlich begründet dargelegt. Die Tierversuchsvorhaben kamen aus den Forschungsbereichen Neurowissenschaften , Chirurgie (Knochenchirurgie), Transplantationsmedizin , Tumorforschung, Infektionsbiologie, Immunologie, Herz-Kreislaufforschung und Grundlagenforschung in der Biologie. 86 Versuchsvorhaben wurden mit Einschränkungen genehmigt, z. B. hinsichtlich der Anzahl der Tiere , bezüglich schonender Methoden, früherer Endpunkt des Versuchs oder die Einreichung von Zwischenberichten , bevor weitere Versuche durchgeführt werden dürfen. Betroffen sind Versuche aus allen Forschungsbereichen. 7. Wie bewertet der Senat die Auffassung, dass die Veröffentlichung aller geplanten Tierversuchsvorhaben im Internet in anonymer Form die Entwicklung von Alternativmethoden positiv beeinflussen würde, weil so ein stärkeres öffentliches Interesse für diese Forschungsrichtung entstehen würde? Zu 7.: Im Zusammenhang mit der anstehenden Um- setzung der EU-Tierversuchsrichtlinie 2010/63 durch den Bund ist die Veröffentlichung von Projektzusammenfassungen vorgesehen. Der Senat begrüßt diese Entwicklung zu mehr Transparenz, hält es darüber hinaus für zielfüh- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 155 rend, die Entwicklung von Alternativmethoden positiv zu beeinflussen (vgl. Antwort zu Frage 8). 8. Ist dem Senat bekannt, wie viele und welche For- schungsvorhaben im Bereich der Alternativmethoden in Berlin stattfinden und wie werden diese Vorhaben vom Senat unterstützt? Zu 8.: Dem Senat ist nicht im Detail bekannt, wie vie- le und welche Forschungsvorhaben im Bereich der Alternativmethoden in Berlin durchgeführt werden. Unabhängig davon unterstützt der Senat die Entwicklung von Alternativmethoden durch die Ausschreibung eines Forschungspreises für Alternativmethoden. Der mit 15.000 Euro dotierte Preis konnte 2011 zum ersten Mal erfolgreich vergeben werden. Der Preisträger beschäftigt sich mit der Etablierung und Weiterentwicklung eines humanen Lungengewebe-Infektionsmodells zur Reduktion und zum Ersatz von Tierversuchen in Maus-PneumonieModellen . Für das Jahr 2012 ist die erneute Ausschreibung vor- gesehen. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales hat darüber hinaus mit seinen Symposien in den Jahren 2008 und 2010 das Gespräch zwischen Experten gefördert und die Einrichtung einer Professur für Alternativmethoden angeregt. Die Ausschreibung einer W 3-Professur auf Zeit für Experimentelle Toxikologie und Alternativen zum Tierversuch erfolgte im August 2010 durch die CharitéUniversitätsmedizin Berlin in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung (Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch = ZEBET). Das Berufungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Berlin, den 17. Februar 2012 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Mrz. 2012) 2