Drucksache 17 / 10 210 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 14. Februar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Februar 2012) und Antwort Geschütztes Marktsegment Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Wohnungen sollen die sechs landes- eigenen Wohnungsunternehmen sowie die GAGFAH und die GSW im so genannten „Geschützten Marktsegment“ anbieten (bitte nach Unternehmen und Wohnungen für Einpersonen- und Mehrpersonenhaushalte aufgliedern)? Zu 1.: Die Anzahl der Einpersonenhaushalte (EPHH) und Mehrpersonenhaushalte (MPHH) verteilt sich wie folgt auf die landeseigenen Wohnungsunternehmen und die weiteren Kooperationspartner: EPHH MPHH GEWOBAG 177 40 HOWOGE 189 43 WBM 83 19 Stadt und Land 134 31 degewo 196 45 GESOBAU 135 31 GSW 187 43 GAGFAH 10 5 Alt und Kelber 5 3 gesamt 1.116 260 2. Wie hoch ist die Erfüllung der Jahressollquote 2011 bzw. der Rückstand gegenüber den Zusagen, Wohnungen für das „Geschützte Marktsegment“ anzubieten (bitte nach Unternehmen und Wohnungen für Einpersonen - und Mehrpersonenhaushalte aufgliedern)? Zu 2.: Der Rückstand für die Erfüllung der Jahressollquote 2011 liegt bei 26 %, d. h. insgesamt 356 Wohnungen. Im Segment der Einpersonenhaushalte liegt der Rückstand bei 569 Wohnungen, allerdings wurde die Quote im Segment der Mehrpersonenhaushalte mit 213 Wohnungen übererfüllt. EPHH MPHH GEWOBAG -106 19 HOWOGE -116 13 WBM -46 -6 Stadt und Land -72 6 degewo -97 36 GESOBAU -97 47 GSW -28 102 GAGFAH -8 -4 Alt und Kelber 1 0 Gesamt -569 213 3. In welchen Bezirken liegen die angebotenen Wohnungen (bitte nach Wohnungen für Einpersonen- und Mehrpersonenhaushalte aufgliedern)? Zu 3.: Die angebotenen Wohnungen liegen über- wiegend in den Bezirken Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf , Spandau, Reinickendorf. Eine Aufgliederung nach Ein- bzw. Mehrpersonenhaushalten wird nicht nach Bezirken dokumentiert. 4. In welcher Höhe und mit welchen Begründungen musste die Zentrale Koordinationsstelle im Jahre 2011 Schadensersatzansprüche der beteiligten Wohnungsunternehmen über den Sicherungsfonds abgelten (bitte nach Wohnungsunternehmen aufgliedern)? Zu 4.: In 2011 wurden insgesamt 128.800,56 € Schadensersatzansprüche ausbezahlt. Kündigungsgründe waren überwiegend Mietrückstände. GEWOBAG 6.871,80 € HOWOGE 27.276,12 € WBM 7.351,08 € Stadt und Land 4.833,60 € degewo 74.943,36 € GESOBAU 2.937,24 € GSW 4.587,36 € gesamt 128.800,56 € Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 210 5. Welche Gründe sieht der Senat für die nicht voll- ständige Erfüllung der zugesagten Bereitstellung von Wohnungen und wie bewertet er diesen Zustand? Zu 5.: Die Gründe, die auch von Seiten des Verbandes Berlin Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) und der Wohnungswirtschaft immer wieder vorgetragen werden, beziehen sich auf die Verknappung von preiswertem Wohnraum in Berlin. Vor allem sind die Innenstadtbezirke betroffen. Um jedoch auf die „Soziale Durchmischung“ der Mieterstrukturen in den einzelnen Stadtgebieten zu achten, stellen die Wohnungsunternehmen nicht sämtliche freiwerdende Wohnungen in diesen äußeren Stadtteilen dem Geschützten Marktsegment (GMS) zur Verfügung. Als Gründe werden außerdem genannt: Einhaltung der Mietobergrenzen für Transferleistungsbezieher, das Fehlen einer neuen Rechtsverordnung zu Mietobergrenzen, die zurückgehende Fluktuation innerhalb des preiswerten Wohnraumes sowie Bestandsverkäufe der Wohnungsunternehmen . Zu beachten ist auch, dass durch den Kooperationsver- trag zwischen dem Land Berlin und der Wohnungswirt- schaft im Bereich „Wohnungen für Flüchtlinge“ und die hiermit verbundene Verpflichtung, jährlich 275 Angebote bereitzustellen, ebenso das Segment des preiswerten Wohnraums in Anspruch genommen wird. Durch Anpassungen und Geschäftsprozessoptimie- rungen von Verfahrensabläufen bei der Wohnungsvermittlung konnten jedoch die Erfüllungsquoten der Vertragspartner in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert werden (siehe Aufstellung zu 6.) 6. Wie viele Wohnungen müssten im „Geschützten Marktsegment“ nach Erkenntnis des Senats angeboten werden, um die Wohnraumversorgung für alle bedürftigen Berechtigten sicherzustellen (bitte nach Wohnungen für Einpersonen- und Mehrpersonenhaushalte und Stadtbezirken aufgliedern)? Zu 6.: Die Entwicklung des Bedarfs im Geschützen Marktsegment war im Zeitraum Januar 2011 – Februar 2012 wie nachfolgend dargestellt. Die Anzahl der aktuell gemeldeten Vermittlungsberechtigten bezieht sich jeweils stichtagsbezogen auf den 1. jeden Monats: Monate gemeldete Haushalte Gesamt: A- Berechtigte : BBe - rechtigte: davon Ein- PHH: ABerechtigte : BBerechtigte davon MehrPHH : ABerechtigte : BBerechtigte Jan. 2011 1119 822 73 % 297 27 % 658 59 % 436 66 % 222 34 % 461 41 % 383 83 % 78 17 % Febr. 2011 1060 781 74 % 289 26 % 663 63 % 445 67 % 218 33 % 397 37 % 337 85 % 60 15 % März 2011 1199 890 74 % 309 26 % 736 61 % 498 68 % 238 32 % 463 39 % 395 85 % 68 15 % Apr. 2011 1251 920 74 % 331 26 % 786 63 % 525 67 % 261 33 % 465 37 % 394 85 % 71 15 % Mai 2011 1248 922 74 % 326 26 % 784 63 % 528 67 % 269 33 % 462 37 % 396 86 % 66 14 % Jun. 2011 1239 910 73 % 329 27 % 798 64 % 526 66 % 272 34 % 441 36 % 381 86 % 407 14 % Jul. 2011 1275 940 74 % 335 26 % 801 63 % 533 67 % 268 33 % 474 37 % 407 86 % 67 14 % Aug. 2011 1325 992 75 % 333 25 % 812 61 % 552 68 % 260 32 % 513 39 % 438 85 % 75 15 % Sept. 2011 1315 983 75 % 332 25 % 836 64 % 567 68 % 269 32 % 479 36 % 416 87 % 63 13 % Okt. 2011 1335 952 71 % 383 29 % 876 66 % 561 64 % 315 36 % 459 34 % 391 85 % 68 15 % Nov. 2011 1324 951 72 % 373 28 % 852 64 % 540 63 % 312 37 % 472 36 % 411 87 % 61 13 % Dez. 2011 1227 891 73 % 326 27 % 781 64 % 503 64 % 278 36 % 446 36 % 387 87 % 59 13 % Jan. 2012 1328 932 70 % 396 30 % 783 59 % 507 65 % 276 35 % 545 41 % 425 78 % 120 22 % Febr. 2012 1369 935 68 % 434 32 % 822 60 % 510 62 % 312 38 % 547 40 % 425 78 % 122 22 % Ergänzende Information: A-Berechtigte lt. Vertrag über das geschützte Markt- segment sind Personen, die akut von Obdachlosigkeit bedroht sind (z. B. von Räumung Bedrohte, Haftentlassene , Bewohnerinnen von Frauenhäusern), also Personen, bei denen es Obdachlosigkeit zu vermeiden gilt. B-Berechtigte sind Personen, die bereits nach den ein- schlägigen Vorschriften des Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) in Einrichtungen untergebracht sind. Eine Aufschlüsselung nach Stadtbezirken wird statistisch nicht erfasst. Diese Statistik berücksichtigt monatliche Abgänge und Zugänge von GMS- 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 210 Berechtigten. Es ist erkennbar, dass die Gesamtanzahl der Vermittlungsberechtigten über das Jahr hinweg gesehen relativ konstant bleibt und bei max. 1.350 Haushalten liegt. Dies entspricht in etwa auch der derzeit mit den Vertragspartnern vereinbarten Gesamtsollquote. 7. Wie garantieren Senat und Bezirksämter, dass die zur Verfügung gestellten Wohnungen tatsächlich an die im Kooperationsvertrag genannten Berechtigten vergeben werden Zu 7.: Eine Anrechnung auf die Erfüllungsquote der Kooperationspartner im GMS erfolgt nur, wenn der Zentralen Koordinierungsstelle (ZeKo) im Landesamt für Gesundheit und Soziales bei der Dokumentation der Vermietung die entsprechende GMS-Berechtigung des Wohnungsbewerbers/der Wohnungsbewerberin schriftlich vorliegt. Diese wird auch immer dem zuständigen Wohnungsunternehmen zugeleitet. Im Kooperationsvertrag wurde für diese Vermietungsphase eine VierWochenfrist vereinbart, in der das Angebot ausschließlich dem Personenkreis des GMS vorbehalten ist. Somit kann kein Konkurrenzverfahren mit internen, eventuell sozial besser gestellten Wohnungsbewerbern/innen entstehen. Ein entwickeltes alternatives Vermittlungsverfahren ermöglicht den wohnungssuchenden Marktsegmentberechtigten eine persönliche Direktbewerbung in einer der Geschäftsstellen der Kooperationspartner. Hier weist der/die Wohnungssuchende sich mittels eines ausgestellten Wohnungsbewerbungsschreibens der bezirklichen Fachstelle als marktsegmentberechtigt aus. Dieses Verfahren führte zu erhöhten Vermittlungs- zahlen, da bei Angebotsunterbreitung Wünsche und Vorstellungen von Mieter- und auch Vermieterseite eingehender berücksichtigt werden können. Perspektivisch führt dieses Vermittlungsverfahren durchaus auch zu einem zufriedenstellenden dauerhaften Mietverlauf für beide Seiten. 8. Werden im Rahmen des Geschützten Markt- segments auch Wohnungen von den Wohnungsunternehmen angeboten, die den einschlägigen sozialhilferechtlichen Bestimmungen im Land Berlin (AV Wohnen und entsprechende Rechtsprechung) nicht entsprechen? Zu 8.: Es werden auch Wohnungen angeboten, die die Mietobergrenzen der AV-Wohnen überschreiten. Eine Ablehnung und Rückgabe der ZeKo erfolgt bei den unterbreiteten Angeboten grundsätzlich nicht, da hier durch die Zentrale Koordinierungsstelle mit dem jeweiligen Unternehmen Vereinbarungen getroffen werden, geeignete Nachmieter/innen im Rahmen des GMS in Zusammenwirken mit den bezirklichen Fachstellen zu ermitteln. Eine Anrechnung auf die Erfüllungsquoten des jeweiligen Unternehmens kann im Anschluss jedoch ausschließlich bei erfolgreichen Vermietungen erfolgen. Bei Nichtvermietungen erfolgt eine Dokumentation als Kontingentausfall (ohne Anrechnung). 9. Inwieweit wird vom Senat bzw. von der zuständigen Zentralen Koordinierungsstelle die im Kooperationsvertrag vorgesehene Option, weitere Wohnungsunternehmen und private Wohnungsanbieter in den Kooperationsvertrag aufzunehmen, verfolgt? Zu 9.: Die Wohnungsakquise mit Freien Wohnungs- anbietern erfolgt laufend. Im Jahr 2011 konnte mit weiteren 23 Wohnungsanbietern/innen Kontakt aufgenommen werden, der überwiegend auch zu Angeboten führte. Für das gesamte Jahr konnten dadurch 35 weitere Angebote akquiriert werden. Eine einzelne Wohnungsmeldung bzw. Vermietung führt jedoch nicht sofort zu einer Vereinbarung mit vertraglichen Verpflichtungen. Es handelt sich oftmals um kleine Hausverwaltungen, die keine Quotenvorgabe an zu benennenden Wohnungsangeboten vereinbaren können und wollen. Ansprüche aus dem Sicherungsfonds können bei eintretenden Schadensersatzansprüchen in diesen Fällen nicht geltend gemacht werden. 10. Welche Anstrengungen werden der Senat und die Zentrale Koordinierungsstelle unternehmen, um die Erfüllungsquote , insbesondere bei den Wohnungen für Einpersonenhaushalte , zu erhöhen? Zu 10.: Die Zentrale Koordinierungsstelle ist im laufenden Gespräch mit der Wohnungswirtschaft. Durch den jährlich stattfindenden Austausch mit den einzelnen Geschäftsstellen der Vertragspartner konnten Kontakte und Vertrauensverhältnisse hergestellt werden, die es auch in Einzelfällen ermöglichen, auf besondere Problemlagen einzugehen. Lt. Bedarfsmeldung der bezirklichen Fachstellen hat sich der Bedarf zwischen Einpersonenhaushalten und Mehrpersonenhaushalten von einer früheren Gewichtung (80 % und 20 % als vertraglich vereinbarte Vorgabe) auf eine aktuelle Gewichtung von ca. 60 - 65 % im Einzimmerbereich und 35 - 40 % im Mehrzimmerbereich verschoben. Diese Verlagerung macht jedoch eine Anpassung einer vertraglichen Neuverpflichtung nicht zwingend notwendig. Im Kooperationsvertrag wurden der Zentralen Koordinierungsstelle Ermessensspielräume eingeräumt, die eine Übererfüllung bei den vereinbarten Quotenvorgaben entsprechend des aktuell bestehenden Bedarfs auf die Gesamtsollquotenvorgaben ermöglicht. Somit ist eine Anhebung der Anzahl der Wohnungen für Einpersonenhaushalte nicht im Fokus der Zentralen Koordinierungsstelle und des Senats. 11. Beabsichtigt der Senat, die Erfüllung der Jahressollquote im Geschützten Marktsegment in die Zielvereinbarungen eingehen zu lassen, die der Senat mit den einzelnen landeseigenen Wohnungsunternehmen abschließen will? 12. Wenn ja, in welcher Form? Beabsichtigt der Senat, Konsequenzen zu vereinbaren, wenn die Jahressollquote nicht erfüllt wird, und wenn ja, welche? 3 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 210 4 Zu 11. und 12.: Zielvereinbarungen werden zwischen dem Aufsichtsrat jeder städtischen Wohnungsbaugesellschaft und der jeweiligen Geschäftsführung (bei GmbH) bzw. dem Vorstand (bei AG) abgeschlossen. Vom Senat werden Zielbilder für jede städtische Wohnungsbaugesellschaft vorgegeben. Die Zielbilder konzentrieren sich auf wenige Themen. Beispiele für Themen der Zielbilder 2012, die die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt vorgeschlagen hat, sind sozialverträgliche Mietengestaltung, wohnungswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Kennzahlen und Investitionen in Sanierung unsanierter Bestände inklusive der energetischen Sanierung. Die Bereitstellung von Wohnungen im "Geschützten Marktsegment" steht bisher nicht im Fokus der Zielbilder. Grundlage für das „Geschützte Marktsegment“ ist dem gegenüber ein Kooperationsvertrag zwischen dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), den Bezirken, den sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften , der GSW, Gagfah und einem freien Wohnungsträger, in dem sich die Gesellschaften verpflichten , bestimmte Quoten an Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Der Senat wird prüfen, inwieweit die Verpflichtungen aus dem Kooperationsvertrag in die Zielbilder Eingang finden können. Über die vergangenen Jahre gesehen haben die städtischen Wohnungsbaugesellschaften ihre Quoten nie ganz erfüllen können. Das liegt besonders an dem großen Bedarf an Einzimmerwohnungen für das "Geschützte Marktsegment", der in den Beständen der städtischen Wohnungsbaugesellschaften nur sehr begrenzt, vor allem in den Innenstadtbezirken, zur Vermietung angeboten werden kann. Dieser Engpass wird besonders kritisch, da die Nach- frage gerade für kleinere Wohnungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt kontinuierlich gestiegen ist. Berlin, den 22. März 2012 In Vertretung Michael B ü g e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Mrz. 2012) Monate