Drucksache 17 / 10 214 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 16. Februar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Februar 2012) und Antwort Rechtswidrige Organisationsstruktur im Bezirksamt Neukölln von Berlin – Einheitsgemeinde Berlin oder doch Bezirksfürstentümer? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Trifft es zu, dass im Bezirksamt Neukölln von Berlin die organisatorische Zuständigkeit für Schulstationen als Jugendsozialarbeit (§ 13 Abs. 1 SGB VIII) der Jugendamtsverwaltung (Abteilung Jugend und Gesundheit) entzogen und dem Schulamt (Abteilung Bildung, Schule, Kultur und Sport) zugeordnet wurde, wenn ja, warum? Zu 1.: Das Bezirksamt Neukölln hat im Zusam- menhang mit der Verteilung der Geschäftsbereiche der Bezirksamtsmitglieder die Schulstationen dem Schulamt zugeordnet. Zur Begründung dieser Organisationsentscheidung hat das Bezirksamt Neukölln Folgendes ausgeführt: „Durch die Anbindung an die für Schulen zuständige Abteilung des Bezirksamts wird eine engere inhaltliche Verzahnung und bessere Abstimmung mit schulorganisatorischen und schulentwicklungsbezogenen Belangen erreicht und die Grundintention der Schulstationen stärker vorangebracht, Schuldistanz, Schulverweigerung und Fehlquoten entgegenzuwirken. Des Weiteren orientiert sich die schulbezogene Sozialarbeit an den Leitlinien der Schulstationen in Neukölln und am jeweiligen Schulprogramm. Dieser enge und dringend gebotene Abstimmungsprozess mit der jeweiligen Schule wird durch die beschlossene Zuordnung weiter unterstützt, um gemeinsam zum Wohle der Schülerinnen und Schüler verstärkt Hilfestellungen und Zuwendungen in individuellen Konfliktlagen anzubieten. Die Aufgabenstellungen der Schulstationen bewegen sich grundsätzlich im Rahmen des schulischen Kontextes.“ 2. Wie verträgt sich die Entscheidung dieses Kollegialorgans (Bezirksamt) mit der rechtlich zwingenden einheitlichen Zuständigkeit des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe für alle Leistungen und andere Aufgaben nach §§ 2, 3, 69 Abs. 3, 85 Abs. 1 SGB VIII und § 33 AG KJHG in einer Behörde, dem Jugendamt? Zu 2.: Bisher handelte es sich bei den hier in Rede stehenden Leistungen offenbar unstrittig um Leistungen nach dem Berliner Gesetz zur Ausführung des Kinderund Jugendhilfegesetzes (§ 14 AG KJHG – Schulbezogene Jugend- und Jugendsozialarbeit). Nach § 14 AG KJHG i.V.m. den §§ 69 und 85 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VIII bzw. Nr. 15 Allgemeiner Zuständigkeitskatalog (ZustKat AZG zu § 4 Abs. 1 Satz 1 AZG) ist für diese Leistungen als Kinder- und Jugendhilfe (nur) das jeweilige Jugendamt zuständig. Allerdings ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass außerhalb des AG KJHG - inhaltlich vergleichbare - Leistungen auf Grundlage des Berliner Schulgesetzes (vgl. § 5 SchulG) erbracht werden könnten und diese damit den Zuständigkeiten und Vorgaben des Schulrechts (vgl. insb. § 5 SchulG) einschließlich der Abgrenzung von inneren und äußeren Schulangelegenheiten unterfallen. 3. Welche Maßnahmen wird der Senat einleiten, um dem Organisationsrecht der Jugendhilfe, das aus gutem Grund besteht, auch in dem so genannten Berliner „Fürstentum“ Geltung zu verschaffen? Zu 3.: Die für Inneres und die für Bildung und Jugend zuständigen Senatsverwaltungen werden zur weiteren Klärung des Sachverhalts und dessen rechtlicher Bewertung an den Bezirk Neukölln herantreten. Ob Aufsichtsmaßnahmen zu ergreifen sind, hängt vom Ergebnis dieser Prüfung ab. Berlin, den 08. März 2012 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. April 2012)