Drucksache 17 / 10 221 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Canan Bayram (GRÜNE) vom 16. Februar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Februar 2012) und Antwort Wohnraum für Flüchtlinge: Wie wird das geschützte Marktsegment umgesetzt? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Wohnungsvermittlungen fanden 2011 im Rahmen des Kooperationsvertrags „Wohnungen für Flüchtlinge (WfF)“ statt und wie viele Wohnungen werden zum aktuellen Stichtag noch entsprechend dieses Kooperationsvertrags genutzt? (Bitte nach Wohnungsbaugesellschaft , Wohnungsgröße und Personenzahl aufschlüsseln .) Zu 1.: Die durchgeführten Wohnungsvermittlungen sind folgender Übersicht zu entnehmen: degewo GeSoBau GEWOBAG-Verbund Größe Mietverträge Personen Mietverträge Personen Mietverträge Personen 1 Zimmer 4 4 0 0 0 0 2 Zimmer 2 4 0 0 0 0 3 Zimmer 2 7 1 3 2 6 4 Zimmer 0 0 4 18 2 10 gesamt 8 15 5 21 4 16 HOWOGE Stadt und Land WBM Größe Mietverträge Personen Mietverträge Personen Mietverträge Personen 1 Zimmer 2 2 2 2 0 0 2 Zimmer 0 0 0 0 1 2 3 Zimmer 1 3 1 3 1 3 4 Zimmer 1 4 0 0 0 0 4 9 3 5 2 5 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 221 Da nach erfolgter Antwort auf die Kleine Anfrage 17/10084, in der eine Anzahl von 24 abgeschlossenen Mietverträgen bis zum 31.12.11 genannt wurde, noch zwei weitere Abschlüsse gemeldet wurden, hat sich die Gesamtzahl auf 26 Abschlüsse erhöht. Nach Kenntnis des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) haben alle abgeschlossenen Mietverträge noch Bestand. 2. Wie viele Mietabschlüsse gab es im Rahmen des Kooperationsvertrags pro Monat? (Bitte für 2010 und 2011 tabellarisch pro Monat aufschlüsseln.) Zu 2.: Im Jahr 2010 bestand der Kooperationsvertrag noch nicht. Im Jahr 2011 wurden Mietverträge monatlich wie folgt abgeschlossen: Monat Anzahl der Mietverträge August 2011 0 September 2011 1 Oktober 2011 6 November 2011 8 Dezember 2011 11 3. Wie erklärt sich der Senat die geringe Zahl der von den Wohnungsbaugesellschaften bisher im Rahmen des Vertrags zur Verfügung gestellten Wohnungen? (z. B. im Dezember nur eine einzige Wohnung, innerhalb von sechs Monaten nur 44 Angebote.) Zu 3.: In dem unter Berücksichtigung der zulässigen Mietobergrenzen bestehenden Wohnungssegment gibt es erfahrungsgemäß nur eine geringe Fluktuation, so dass der Bestand an freien und geeigneten Wohnungen für die Wohnungsgesellschaften weder steuerbar noch zuverlässig prognostizierbar ist. Darüber hinaus steht den Wohnungsbaugesellschaften als Folge der Bestandsverkäufe der letzten Jahre nur eine verringerte Anzahl von Wohnungen in diesem Segment zur Verfügung. Im Hinblick auf die erwartete Neufassung der Aus- führungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 SGB II und §§ 29 und 34 SGB XII (AVWohnen ) kann zudem eine gewisse Zurückhaltung der Vertragspartner festgestellt werden. 4. Wie will der Senat angesichts der geringen Zahl der bisher angebotenen Wohnungen sicherstellen, dass die Wohnungsbauunternehmen ihrer Verpflichtung nachkommen und bis Ende Juni 2012 die vereinbarten 275 Wohnungen bereitstellen? 5. Was geschieht, wenn die vertraglich vereinbarten Zahlen bis 30. Juni 2012 von den Wohnungsbaugesellschaften nicht eingehalten werden? Zu 4. und 5.: Die Quotenverpflichtung bezieht sich stets auf das jeweilige Kalenderjahr, so dass für das zweite Halbjahr 2011 nur die Hälfte des jährlichen Ziels von 275 Wohnungsangeboten anzusetzen ist. Die vertraglichen Regelungen sehen keine Sanktionen bei einer Nichterfüllung der Quoten vor und für diese gäbe es auch keine rechtliche Grundlage. Der Senat schloss die Kooperationsvereinbarung in der Überzeugung ab, dass die Wohnungsbauunternehmen in Anerkennung ihrer sozialen Verantwortung für das Gemeinwesen aus eigener Initiative bemüht sind, die vereinbarten Quoten zu erfüllen. Sollte diese Zielsetzung nicht erreicht werden, wird sich der Senat bemühen, gemeinsam mit den Wohnungsbauunternehmen als Vertragspartner die Ursachen zu ermitteln und mögliche Instrumente und Verfahren zur Verbesserung des angestrebten Erfolgs zu erarbeiten. 6. Wie lange dauert es i.d.R. bis eine Wohnung aus dem Kontingent bezogen werden kann (Zeit zwischen Vorsprache und Bezug der Wohnung)? Zu 6.: Die Zeitspanne bis zum Einzug hängt von ver- schiedenen Faktoren ab. Durchschnittswerte können auf Grund der bisherigen Erfahrungen noch nicht gebildet werden. Ein wichtiges Kriterium ist, ob die Wohnung zum Zeitpunkt des Angebots durch die Wohnungsbaugesellschaft noch vermietet ist. Ist die Wohnung nicht vermietet, kommt es im Regelfall innerhalb von etwa vier Wochen zum Abschluss eines Mietvertrags und die Wohnung kann zügig bezogen werden. Die bisher kürzeste Zeitspanne betrug zwei Wochen. Ist die Wohnung jedoch noch vermietet, treten in der Regel Verzögerungen ein, die mit dem Auszug der Vormieter /innen im Zusammenhang stehen. Der bisher längste Zeitraum war eine Dauer von drei Monaten bis zum Bezug der Wohnung. 7. Wie erklärt sich der Senat die hohe Diskrepanz zwischen angebotenen Wohnungen (2011 insgesamt 44) und erfolgten Mietabschlüssen (bis Ende 2011 insgesamt 24)? Zu 7.: Die Wohnungsvermittlung nimmt – wie in der Antwort zu 6. ausgeführt wird - häufig einen gewissen Zeitraum in Anspruch, der sich auch über den Jahreswechsel erstrecken kann. Die noch im Jahr 2011 zur Verfügung gestellten und noch nicht vermieteten Wohnungen werden auch noch in diesem Jahr vermittelt. Allerdings ist es in sieben Einzelfällen auch vorgekommen, dass hinsichtlich der Wohnungsgröße und den sozialen und die Ausstattung betreffenden Anforderungen der Bewerberlage keine Übereinstimmung erzielt werden konnte. 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 221 8. Wie erklärt sich der Senat die vergleichsweise geringe Zahl an bisher gestellten Anträgen für eine Wohnung aus dem Kontingent? Zu 8.: Anträge von Bewerberinnen und Bewerbern mit bestandskräftig abgeschlossenem Asylverfahren werden in die Vermittlung nicht aufgenommen, weil der Kooperationsvertrag sich nur auf die Asylbegehrende bezieht , die durch die Zentrale Leistungsstelle im LAGeSo (ZLA) versorgt werden. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass sich Personen auch mit Unterstützung von Bekannten , Verwandten, Freunden oder „Communities“ erfolgreich um eine Wohnung bemühen. 9. Wie oft und aus welchen Gründen haben Wohnungsbaugesellschaften die vom LAGeSo vorgeschlagenen Interessenten und Interessentinnen abgelehnt ? Zu 9.: In bisher zwei Fällen ist es zu einer Ablehnung des Interessenten/ der Interessentin von Seiten der Wohnungsbaugesellschaft gekommen. Als Grund wurde unangemessenes Auftreten der Bewerber/innen angegeben . 10. Wie oft ist es vorgekommen, dass Personen, die sich für eine Wohnung aus dem Kontingent beworben haben, diese nach Wohnungsbesichtigung nicht beziehen wollten? Was geschieht in einem solchen Fall - mit der Wohnung (bleibt sie im Pool der angebotenen Wohnungen?) - mit der Antragstellenden (werden sie weiter an die Wohnungsbaugesellschaften vermittelt?)? Zu 10.: Die Anzahl dieser Fälle wird statistisch nicht erfasst. Aus der Praxis des LAGeSo ist jedoch bekannt, dass derartige Situationen aufgetreten sind. Mögliche Gründe bestehen darin, dass Wohnungen auch vor einer vereinbarten Besichtigung abgelehnt werden , wenn sie die gewünschten Kriterien nicht erfüllen wie etwa bevorzugter Wohnbezirk, Lage, Ausstattung und ähnliche Faktoren. Nach Erkenntnissen des LAGeSo wird nicht selten vor der eigentlichen Wohnungsbesichtigung bereits das Haus und das Wohnumfeld erkundet mit dem Ergebnis, dass der beabsichtigte Besichtigungstermin nicht mehr wahrgenommen wird. Kommt es zu einer vereinbarten und begleiteten Be- sichtigung, kann es aufgrund der vorgenannten Faktoren (Lage, Ausstattung usw.) zu einer Ablehnung bzw. einem Verzicht kommen. Bis zum Ablauf der in der Vereinbarung geregelten Frist von vier Wochen für die Wohnungsvermittlung verbleibt die Wohnung im Pool und kann weiterhin vermittelt werden. Es werden grundsätzlich mehrere Angebote unterbreitet . Werden mehrere Angebote ohne schlüssigen Grund abgelehnt, erfolgt eine Versorgung mit Angeboten nicht mehr prioritär. 11. Trifft es zu, dass sich für die Wohnungen im Rahmen des Kontingents nur Menschen bewerben können , die schon seit mindestens sechs Monaten in Berlin leben? Wenn ja, warum? Zu 11.: Diese Einschränkung trifft nicht zu. 12. Wie bewertet der Berliner Senat den Erfolg des Kooperationsvertrags „Wohnungen für Flüchtlinge“ und welches weitere Vorgehen ist angesichts seiner Beurteilung geplant (hinsichtlich der Anzahl, Lage und Art der verfügbaren Wohnungen, des berechtigten Personenkreises )? Zu 12.: Bereits jetzt den Erfolg des Kooperationsver- trages abschließend beurteilen zu wollen erschiene auf Grund der bisherigen kurzen Laufzeit verfrüht. Denn erfahrungsgemäß benötigen derartige Vereinbarungen eine gewisse Zeit der Werbens und Aufklärens, bis sie weitgehend akzeptiert und etabliert sind. Der Senat erachtet es daher als geboten, den Verlauf der weiteren Monate, zumindest bis Mitte 2012 zu beobachten und auszuwerten, um die Vereinbarung sachgerecht bilanzieren zu können. 13. Welche unterstützenden Angebote offeriert der Senat Flüchtlingen, die unabhängig von der durch den Kooperationsvertrag vereinbarten Maßnahmen eine Wohnung bei einer Wohnungsbaugesellschaft anmieten möchten? Zu 13.: Neben der Wohnungsvermittlung im Rahmen des Kooperationsvertrages besteht die vom Sozialdienst des LAGeSo permanent angebotene allgemeine Mieterberatung fort. Hierbei werden Interessierte insbesondere informiert, auf welchem Wege Mietangebote zugänglich sind. Außerdem besteht das Angebot, bei Rückfragen der Wohnungsgesellschaft, mit der eine wohnungssuchende Person in Verhandlungen steht, auf den Sozialdienst zu verweisen. In begründeten Einzelfällen erfolgt auch eine Begleitung zum Bewerbungstermin. 14. Nachfrage zur Kleinen Anfrage 17/10084, Antwort 6 (Tabelle im Anhang): Was bedeuten die Spalten 4 und 7 „Mit Anrechnung“ bzw. „Ohne Anrechnung “? Zu 14.: Die Bezeichnung „Mit Anrechnung“ gilt für Wohnungen, die von Wohnungsbaugesellschaften angeboten werden, jedoch innerhalb der vereinbarten vier Wochen nicht verbindlich an Interessierte vergeben werden konnten. Da die Gründe für die gescheiterte Vermittlung aber nicht vom Vertragspartner zu verantworten sind, werden diese auf das vereinbarte Kontingent „an- 3 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 221 gerechnet“; somit gilt die vertragliche Verpflichtung der betroffenen Wohnungsgesellschaft als erfüllt, auch wenn die Wohnung nicht vermittelt werden konnte. Die Bezeichnung „Ohne Anrechnung“ gilt dagegen für Wohnungen, die zunächst von der Wohnungsbaugesellschaft angeboten werden, dieses Angebot aber - in der Regel ohne Angabe von Gründen - später wieder zurückgezogen wird. Diese Wohnung wird nicht auf die vertraglich vereinbarte Quote angerechnet. Berlin, den 09. März 2012 In Vertretung Michael B ü g e Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. März 2012) 4