Drucksache 17 / 10 230 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Buchholz (SPD) vom 21. Februar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Februar 2012) und Antwort Ausbau von Havel und Spree (I): Was bleibt vom überdimensionierten Projekt 17? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie bewertet der Senat insgesamt die seit 1990 erfolgten Planungen und den erreichten Baustand im Zuge des „Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 17“ (Ausbau der Wasserstraßenverbindung HannoverMagdeburg -Berlin), insbesondere hinsichtlich des Ausbaus der Wasserstraßen in Berlin? Antwort zu 1: Das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17 (VDE 17) ist ein Verkehrsprojekt des Bundes. Mit dem Ausbau der Wasserstraßenverbindung Hannover - Magdeburg - Berlin zielen die Planungen des Bundes darauf ab, eine wirtschaftliche und umweltschonende Alternative zum Transport von Gütern auf der Straße zu schaffen und insbesondere die stark belasteten Ost-WestAchsen auf Straße und Schiene zu entlasten. Der Ausbau erfolgt für 110 m-Motorgüterschiffe mit 2.000 t und 185 m-Schubverbände mit 3.500 t Tragfähigkeit bei 2,80 m Ladungstiefgang. Weite Teile des VDE 17 wurden bereits abgeschlossen , u.a. das Wasserstraßenkreuz Magdeburg (2003), womit nunmehr eine elbwasserstandsunabhängige Wasserstraßenverbindung vom Mittellandkanal über den Elbe-Havel-Kanal (EHK), die Untere Havel-Wasserstraße (UHW) und die Spree-Oder-Wasserstraße (SOW) bis zum Westhafen besteht. Im Bereich der Berliner Nordtrasse bis zum Westhafen (mit Westhafenkanal) wurde u.a. der Neubau der Schleuse Charlottenburg (Verkehrsfreigabe 2003) und der Ausbau des Westhafenkanals (Verkehrsfreigabe 2008) realisiert. Bereits heute ist die Strecke so ausgebaut, dass Großmotorgüterschiffe (WaStr-Klasse V) mit 110 m Länge und 2,50 m Abladetiefe verkehren könnten. Dies wird praktisch aber noch durch den baulichen Zustand der Schleuse Zerben verhindert. Brückenseitig sind nach dem Rückbau der Schleusenbrücke Zerben durchgängig mindestens 4,70 m Durchfahrtshöhe auf der Strecke Hamburg - Westhafen gegeben. Derzeit steht für den Bereich zwischen Pichelsdorfer Gmünd (UHW km 4,0) und Schleuse Charlottenburg (bzw. SOW km 4,7) die Fertigstellung aus. VDE 17 ist für den Senat das herausragende regionale Projekt im Bereich der Binnenwasserstraßen. Im weiteren Verlauf der Planungen und Baumaßnahmen wird sich der Senat auch künftig für eine stadt- und umweltverträgliche Gestaltung der Planungen einsetzen. Frage 2: Mit welcher Begründung wurde 2008 das Planfeststellungsverfahren zum Ausbau der Spree durch die Wasserbehörden des Bundes eingestellt, welche Ausbauplanungen waren davon betroffen? Welche Teilvorhaben blieben 2008 weiter im Planfeststellungsverfahren? Antwort zu 2: Die zuständige Planfeststellungs- behörde für die Ausbaumaßnahmen im Zuge des VDE 17 (Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost) hat am 01.04.2008 das zum damaligen Zeitpunkt bereits seit sechs Jahren andauernde Planfeststellungsverfahren für den Ausbau der Spree in Berlin-Charlottenburg und Spandau teilweise eingestellt, weil ein Abschluss des Verfahrens nach mehrmaliger Planänderung nicht absehbar war. Nicht betroffen von der Einstellung waren zu diesem Zeitpunkt der Neubau der Rohrdammbrücke (mit einer avisierten Durchfahrtshöhe von 5,25 m) und der sogenannte Spandauer Knoten (siehe Antwort zu Frage 3). Die Teileinstellung erfolgte nach Aussage der Bundesbehörden vor allem aus formaljuristischen Gründen und hob die geltende Veränderungssperre für Planungen Dritter auf. Über diesen Sachverhalt wurde das Abgeordnetenhaus im Übrigen bereits 2009 informiert (Drucksache 16/2145). Frage 3: Welche Auswirkungen hat die im Juni 2011 erfolgte Einstellung des Planfeststellungsverfahrens bezüglich der Abbaggerung des so genannten Spandauer Horns (Mündung der Spree in die Havel) und bezüglich des Verzichts auf den Ersatzneubau der Rohrdammbrücke ? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 230 Antwort zu 3: Nach dem derzeitigen Kenntnisstand beabsichtigt die zuständige Planfeststellungsbehörde, die Anpassung der Spreemündung im Bereich des Spandauer Horns in ein neues gesondertes Bau- und Genehmigungsverfahren zu integrieren. Angekündigt ist eine, am künftigen Verkehrsbedarf orientierte, komplette Überarbeitung der Bau- und Genehmigungsplanungen . Diese soll den Ausbau der Strecke zwischen der UHW km 4,300 bis 0,000 und der Spree zwischen ihrer Mündung und der Schleuse Charlottenburg (SOW km 0,000 bis 4,673) zusammenfassen. Dabei soll auf Uferabgrabungen so weit wie möglich verzichtet und die Strecke größtenteils nur für einen eingeschränkten Begegnungsverkehr für Bemessungsschiffe der Klasse Vb ausgelegt werden. Die geplante Anpassung der Spreemündung im Bereich des Spandauer Horns bleibt somit weiterhin Teil der Planungen, um künftig die direkte Einfahrt größerer Wasserfahrzeuge von der Spree zur Schleuse Spandau zu ermöglichen. Aus verkehrlicher Perspektive ist dies sinnvoll , da heute Fahrzeuge mit mehr als 67 m Länge auf der Fahrt vom Westhafen Berlin in Richtung Stettin erst auf die Kladower Seenkette zurücksetzen müssen, um hier zu wenden. Somit durchfahren sie zweimal die Spandauer Havel, um letztendlich zur Schleuse Spandau (und damit zur Havel-Oder Wasserstraße (HOW); insbesondere nach Fertigstellung des Schiffshebewerks Niederfinow wichtige Relation Berlin - Stettin) zu gelangen. Für die Rohrdammbrücke wird im Rahmen der Verfahrenseinstellung lediglich darauf verwiesen, dass sich die Brücke in einem bautechnisch guten Zustand befindet. Ein Ersatzneubau aus bautechnischen Gründen wird damit auf absehbare Zeit nicht angestrebt, ein Ersatzneubau mit Anhebung der Brücke im Zuge des VDE 17 wird somit nicht mehr weiter verfolgt. Frage 4: Wie ist der aktuelle Stand des durch die Bundesbehörden weiterhin vorgesehenen Ausbaus von Havel und Spree und wann rechnet der Senat mit neuen Anträgen auf Planfeststellung? Sieht der Senat dabei die 2011 verkündete komplette Überarbeitung der Bau- und Genehmigungsplanungen als erfüllt an, nach denen auch auf Uferabgrabungen soweit wie möglich verzichtet und die Strecke größtenteils nur für einen eingeschränkten Begegnungsverkehr ausgelegt werden soll? Antwort zu 4: Der derzeitige Kenntnisstand zur an- gestrebten Überarbeitung der Bau- und Genehmigungsplanungen ist in Antwort 3 dargestellt. Weitere Informationen bzgl. Inhalt oder Zeitplanung liegen nicht vor. Allerdings hat die zuständige Bundesbehörde bereits 2009 gegenüber den Berliner Verwaltungen bekräftigt, dass eine natur- und stadtverträglichere Lösung für die Modernisierung der Wasserstraßen angestrebt wird. Der Beschluss des Abgeordnetenhauses „Stadt- und umweltverträglicher Ausbau von Spree und Havel“ (Drucksache 16/2845) gibt hierfür die Zielsetzungen aus Berliner Sicht wider. Frage 5: Inwieweit ist der Senat bzw. sind die zuständigen Berliner Verwaltungen in die neuen Planungen eingebunden? Frage 6: Inwieweit und durch Vertretung in welchen Gremien und Arbeitsgruppen kann sich der Senat entsprechend dem Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses vom Juli 2008 (Drucksache 16/1444) trotz der Planungshoheit des Bundes für eine stadt- und umweltverträgliche Gestaltung der Planungen und Baumaßnahmen und gegen eine unnötige Verbreiterung und Vertiefung von Havel und Spree einsetzen? Antwort zu 5 und 6: Aufgrund des Sachzusammen- hangs werden die Fragen 5 und 6 gemeinsam beantwortet. Bereits im September 2009 hat die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) eine Abstimmungs - und Koordinierungsrunde konstituiert, um die betroffenen Senats- und Bezirksverwaltungen bei der Neuplanung angemessen zu beteiligen. Konkret wurden die betroffenen Verwaltungen bei der Gesamtabwägung der Varianten hinsichtlich der Maßnahmen zur Verkehrssicherung, wirtschaftlicher Aspekte, der Ziele der Wasserwirtschaft, der Stadtentwicklung und der ökologischen Ansprüche einbezogen. Derzeit ruhen diese Aktivitäten. Der Senat geht davon aus, dass der Bund seine Planungen für eine bedarfsgerechte, stadt- und umweltverträgliche Gestaltung auch weiter in diesem Kreis abstimmen wird, um bereits in einem frühen Planungsstadium Berliner Interessen (gesamtstädtisch, wie auch bezirklich) zu erfassen und in die Abwägung zu integrieren. Frage 7: Für welche der vom Projekt 17 potenziell be- troffenen Havelbrücken im Bezirk Spandau sind nach aktuellem Planungs- und Kenntnisstand Umbauten bzw. Neubauten vorgesehen (bitte für jede Brücke einzeln angeben einschließlich Maßnahmen-, Zeit- und Kostenplanung )? Antwort zu 7: Der Neubau der Freybrücke soll im Frühjahr 2012 beginnen und wird voraussichtlich 2015 abgeschlossen sein. Frage 8: Wurden die Vorbereitungen für den Neubau bzw. die Anhebungen der Spandauer Straßenbrücken vom neuen, oben angesprochenen Planfeststellungsverfahren entkoppelt und wenn ja warum? Antwort zu 8: Siehe dazu Antworten zu den Fragen 3 und 4. Frage 9: Welche Brücken in anderen Berliner Be- zirken sind von den Planungen betroffen und wo sind entsprechende Maßnahmen bereits abgeschlossen 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 230 3 Antwort zu 9: Im Zusammenhang mit dem VDE Nr. 17 wurden bereits die Mörschbrücke in CharlottenburgWilmersdorf und die Ludwig-Hoffmann-Brücke in Berlin – Mitte durch Neubauten ersetzt. Berlin, den 23. März 2012 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Mrz. 2012)