Drucksache 17 / 10 245 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Delius (PIRATEN) vom 06. Februar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Februar 2012) und Antwort Verordnung über schulische Qualitätssicherung und Evaluation, insb. §6 SchulQualSiEvalVO Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Inwiefern wurden oder werden Schülervertreter gemäß §83, Abs. 1 SchulG an der Erstellung von Fragebögen zur Evaluation ihrer Lehrkräfte beteiligt? Zu 1.: Die Fragebögen des Selbstevaluationsportals wurden auf Grundlage wissenschaftlicher Modelle zur Unterrichtsqualität und auf Grundlage der Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz (KMK) sowie der Rahmenlehrpläne entwickelt. Schülervertreter/-innen waren an der Erstellung der Fragebögen nicht beteiligt. Die Rückmeldung von Lehrkräften zeigt aber, dass die Auswertung der Ergebnisse einer Befragung in der Regel gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern erfolgt. 2. Inwiefern wurden oder werden Elternvertreter gemäß §88, Abs. 1 SchulG an Maßnahmen zur Evaluation von Lehrkräften beteiligt? Zu 2.: Das Selbstevaluationsportal wurde im Landes- schulbeirat, im Landeselternausschuss sowie in Schulkonferenzen vorgestellt. Die Anregungen von Elternvertreterinnen /Elternvertretern zur Nutzung des Selbstevaluationsportals wurden aufgenommen. Zudem bietet es sich an, dass die Lehrkräfte die Ergebnisse ihrer Befragung mit dem Selbstevaluationsportal auch mit den Elternvertreterinnen /Elternvertretern besprechen. 3. Welche Vorgaben bzw. welche Kriterien liegen dem Begriff "Schüler mit mangelnder geistiger Reife" (§6, Abs. 1 SchulQualSiEvalVO) zugrunde? Zu 3.: Bei dem Tatbestandsmerkmal der geistigen Reife handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff , bei dem es darauf ankommt, ob die Schülerinnen und Schüler einer Klasse kognitiv in der Lage sind, die im Rahmen der Evaluationsmaßnahme gestellten Fragen zu verstehen und zu beantworten. 4. Welche Maßnahmen plant der Senat zur Evaluation von Lehrkräften, die nur Schüler und Schülerinnen unterrichten, die auf Grund mangelnder geistiger Reife nicht in der Lage sind, ein Evaluationsverfahren durchzuführen ? 5. Welche Maßnahmen plant der Senat zur Evalua- tion von Lehrkräften, die heterogene Klassen in inklusiven Schulen unterrichten? Zu 4. und 5.: Mit dem Selbstevaluationsportal geben Schülerinnen und Schüler ihren Lehrkräften eine Rückmeldung zu dem Unterricht. Ziel ist die Qualitätsverbesserung des Unterrichts, indem die Ergebnisse der Befragung in der Klasse besprochen werden, um Konsequenzen für die Unterrichtsgestaltung zu ziehen. Für diesen Reflexionsprozess ist eine gewisse geistige Reife erforderlich. Das Baukastenprinzip des Selbstevaluationsportals ermöglicht es, die Menge der Fragen zu reduzieren und nur einzelne Aspekte der Unterrichtsqualität zu evaluieren. Zudem können vereinfachte Fragen für die Grundschulen ausgewählt werden. Dadurch ist bereits jetzt eine Nutzung des Portals in heterogenen Klassen oder mit Schülerinnen und Schülern, die Sprachprobleme oder einen Förderschwerpunkt im Bereich Lernen haben, möglich. Weitere Maßnahmen plant der Senat zurzeit nicht. 6. Wie bewertet der Senat den Verzicht von halb- offenen und offenen Fragen in Fragebögen zur Evaluation von Lehrkräften? Zu 6.: Das Selbstevaluationsportal verfolgt mit seinem Angebot verschiedene Ziele, u.a. soll durch den jetzigen Aufbau des Portals sichergestellt sein, dass Befragungen von Schülerinnen und Schülern zur Wahrnehmung des Unterrichts schnell und unkompliziert relevante Rückmeldungen an die Lehrkraft liefern. Hierzu bietet das Portal mittlerweile sehr viele inhaltliche Bausteine an, die wesentliche Aspekte des Unterrichts abdecken. Um die Lehrkräfte zu entlasten und eine schnelle Ergebnisauswertung zu ermöglichen, erfolgt die Ergebnisrück- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 245 2 meldung sofort nach Durchführung einer Online-Befragung . Die Lehrkräfte erhalten einen Auswertungsbericht, der die Ergebnisse zusammenfassend in übersichtlichen Grafiken und Tabellen darstellt. Mit offenen Fragen ist diese unkomplizierte Evaluation wissenschaftlich fundierter Unterrichtsmerkmale sowie die zeitnahe übersichtliche Ergebnisrückmeldung nicht möglich. In weiteren Ausbaustufen des Portals könnten aber auch offene Fragestellungen zusätzlich aufgenommen werden. 7. Welche wissenschaftlichen Projektträger stehen den Schulaufsichtsbehörden zur Bereitstellung einer technischen Infrastruktur, zur Durchführung und automatisierten Auswertung der Ergebnisse der Evaluationsmaßnahmen zur Verfügung? Zu 7.: Seit dem Schuljahr 2008/09 stellt das Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg im Auftrag der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft sowie des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg auf dem Selbstevaluationsportal (www.sep.isq-bb.de) Instrumente zur Selbstevaluation von Schule und Unterricht zur Verfügung . 8. Welche "wertvollen Hinweise für die Verbes- serung der Unterrichtsarbeit" konnten bei der Erprobung von bisherigen freiwilligen Evaluationsmaßnahmen erlangt werden? Zu 8.: In den Schulen erfolgen vielfältige freiwillige Evaluationsmaßnahmen. Die Zusammenführung der Hinweise zur Verbesserung der Unterrichtsarbeit würde den Umfang einer Kleinen Anfrage überschreiten. Eine qualitative Studie zur Rezeption der Rück- meldung zum Selbstevaluationsportal ergab folgende Ergebnisse im Hinblick auf die Nutzung des Selbstevaluationsportals zur Verbesserung des Unterrichts: Die gemeinsame Auswertung der Ergebnisse des Selbstevaluationsportals intensiviert den Schüler-Lehrer-Dialog und sensibilisiert die Schüler/-innen für den Unterricht. Einige Lehrkräfte haben geäußert, dass sie das Selbstevaluationsportal regelmäßig nutzen werden, um mögliche Veränderungen im Unterrichtsgeschehen zu überprüfen . In vielen Fällen erhalten Lehrkräfte eine Bestätigung ihrer Lehrtätigkeit. Außerdem erhalten sie Anregungen für ihre Unterrichtsgestaltung, z. B. die Einführung neuer methodischer Elemente in ihrem Unterricht . Zudem werden die Ergebnisse zur Feststellung des Fortbildungsbedarfs genutzt. 9. Wie bewertet der Senat die Umsetzung der "Hinweise für die Verbesserung der Unterrichtsarbeit", die bei der Erprobung von bisherigen freiwilligen Evaluationsmaßnahmen erlangt wurden und zukünftig erlangt werden? Zu 9.: Der Senat geht davon aus, dass die regelmäßige Selbstevaluation der Lehrkräfte und die damit verbundenen systematischen Rückmeldungen zu einer Qualitätsverbesserung des Unterrichts führen. Welche Konsequenzen Lehrkräfte aus den Hinweisen des Selbstevaluationsportals für die Verbesserung ihrer Unterrichtsarbeit ziehen, soll in diesem Schuljahr anhand einer Befragung erhoben werden. 10. Wie bewertet der Senat den Einsatz von Ermäßigungsstunden für Lehrkräfte zur Umsetzung von Fortbildungen, Supervisionsangeboten, Hospitationen und zu weiteren Maßnahmen, die sich nachhaltig auf die Qualität der Schule auswirken? Zu 10.: Das Konzept der Berliner Fortbildung sieht vor, dass Lehrkräfte Ermäßigungsstunden für die Tätigkeit als Multiplikatoren/Multiplikatorinnen erhalten. Die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren werden im Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) qualifiziert. Neben den Ergebnissen der Qualifizierung bringen sie Erfahrungen aus ihrer alltäglichen Unterrichtspraxis mit. Die Abordnung von Lehrkräften hat sich bewährt, da die Verknüpfung von Theorie und Praxis die Fortbildung bereichert. 11. Wie gedenkt der Senat, die an den Schulen herrschenden Bedingungen in Bezug zu den in der Evaluation erhaltenen Ergebnissen zu setzen, um im Sinne der Qualitätssicherung die Bedingungen an den Schulen so zu verbessern, dass ein qualitativ hochwertiger Unterricht möglich wird? Zu 11.: Die Ergebnisse der internen und externen Evaluation zeigen, dass die Einflussgrößen auf die Unterrichts- und Schulqualität polyvalent sind. Die Inspektionsergebnisse zeigen schulische Stärken und Entwicklungsbedarfe auf; mit geeigneten Qualifizierungsmaßnahmen der regionalen Fortbildung und durch Angebote des LISUM wird auf diese Entwicklungsbedarfe reagiert. Berlin, den 16. März 2012 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Mrz. 2012)