Drucksache 17 / 10 259 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 29. Februar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. März 2012) und Antwort Entmietungen durch die Firma Taekker Immobilienverwaltung GmbH in Kreuzberg im Vorfeld der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Über wie viele Wohn- und Gewerbe-Objekte (wie viele Liegenschaften und wie viele Wohnungen) verfügt die Firma Taekker Immobilienverwaltung GmbH in Berlin (bitte differenziert nach Bezirken und für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg getrennt für die Ortsteile Friedrichshain und Kreuzberg beantworten)? Antwort zu 1: Das Automatisierte Liegenschaftsbuch - ALB - wurde nach Beständen im Eigentum der Firma Taekker Immobilienverwaltung GmbH ausgewertet. Bei der Suche nach dem Firmennamen Taekker Immobilienverwaltung GmbH wurde kein Bestand in Berlin gefunden . Bei der Suche nach „Taekker“ wurden jedoch 184 Be- stände in Berlin gefunden. Da die Firmen alle unter der Adresse Paul-Lincke-Ufer 39-40 in 10999 Berlin geführt werden, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um Tochtergesellschaften handelt. Die Firmen heißen: Taekker & Bjerregaard Grundbesitz GmbH Taekker Erste Grundbesitz GmbH Taekker Zweite Grundbesitz GmbH Taekker Dritte Grundbesitz GmbH Taekker Vierte Grundbesitz GmbH Taekker Sechste Grundbesitz GmbH Taekker Siebte Grundbesitz GmbH Taekker Achte Grundbesitz GmbH Taekker Neunte Grundbesitz GmbH Taekker Zehnte Grundbesitz GmbH Taekker Elfte Grundbesitz GmbH Taekker Zwölfte Grundbesitz GmbH Taekker Dreizehnte Grundbesitz GmbH Taekker Vierzehnte Grundbesitz GmbH Taekker Fünfundzwanzigste Grundbesitz GmbH Taekker Sechsundzwanzigste Grundbesitz GmbH Taekker Achtzehnte Grundbesitz GmbH Taekker Zwanzigste Grundbesitz GmbH Taekker Zweiundzwanzigste Grundbesitz GmbH Taekker Vierundzwanzigste Grundbesitz GmbH Taekker Neunundzwanzigste Grundbesitz GmbH Die Anzahl aller Bestände eines Bezirkes sowie die Anzahl des Wohnungs- und Teileigentums eines Bezirkes werden für alle aufgeführten Firmennamen aufgelistet. Die Bestände für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg werden getrennt nach den Altbezirken genannt. Bezirk Bestände insgesamt Bestände Normaleigentum Bestände Wohnungs- und Teileigentum Mitte 7 4 3 Friedrichshain-Kreuzberg, Gemarkung Friedrichshain 32 9 23 Friedrichshain-Kreuzberg, Gemarkung Kreuzberg 101 35 66 Pankow 16 16 0 Charlottenburg-Wilmersdorf 2 2 0 Spandau 0 0 0 Steglitz-Zehlendorf 0 0 0 Tempelhof-Schöneberg 8 8 0 Neukölln 18 2 16 Treptow-Köpenick 0 0 0 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 259 Marzahn-Hellersdorf 0 0 0 Lichtenberg 0 0 0 Reinickendorf 0 0 0 gesamt Berlin 184 76 108 Stand 13. März .2012 Bei den Beständen im Normaleigentum handelt es sich um Liegenschaften, die noch nicht nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) aufgeteilt wurden. Bei den Wohnungs- und Teileigentumsbeständen han- delt es sich um bereits nach dem WEG aufgeteilte Immobilien . Ein Rückschluss auf die Anzahl der Objekte im Sinne der Anfrage lässt sich mit vertretbarem Aufwand aus dem ALB nicht ziehen. Eine Spezifizierung, ob ein Bestand als Gewerbe oder Wohnraum genutzt wird, kann aus dem ALB heraus nicht erfolgen. Frage 2: Wie viele der Mietwohnungen der Firma Taekker Immobilienverwaltung GmbH sind bereits in Eigentumswohnungen umgewandelt worden, bei wie vielen Wohnungen besteht darüber hinaus eine Abgeschlossenheitsbescheinigung (bitte differenziert nach Bezirken und für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg getrennt für die Ortsteile Friedrichshain und Kreuzberg beantworten)? Antwort zu 2: Dem Senat liegen über die Nennung der Bestände mit Wohnungs- und Teileigentum in der Antwort zur ersten Frage keine weiteren Erkenntnisse zur Anzahl der umgewandelten Wohnungen durch die Firma Taekker Immobilienverwaltung GmbH vor. Eine entsprechende statistische Erfassung und Auswertung erfolgt durch den Senat nicht. Frage 3: Wie viele Umwandlungen von Miet- in Ei- gentumswohnungen hat es im Zeitraum von 2001 bis 2011 gegeben (bitte differenziert nach Jahren, Bezirken und für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg getrennt für die Ortsteile Friedrichshain und Kreuzberg beantworten)? Antwort zu 3: In der nachfolgenden Tabelle werden die Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen anhand der Anzahl der Grundbuchschließungen umgewandelter Wohnungen für die Jahre 2001 bis 2010 nach Bezirken dargestellt: Bezirk Jahr 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Summe 2001 bis 2010 Mitte 957 1.099 910 580 546 306 499 225 793 336 6.251 FriedrichshainKreuzberg 1.226 1.136 1.368 1.386 866 772 609 894 689 699 9.645 Pankow 1.784 1.919 1.698 1.199 1.459 1.177 723 1.126 1.063 758 12.906 CharlottenburgWilmersdorf 1.878 1.192 937 664 342 504 445 591 1.469 943 8.965 Spandau 676 200 166 539 408 205 50 156 75 95 2.570 Steglitz-Zehlendorf 1.982 998 345 734 962 313 287 506 894 476 7.497 Tempelhof-Schöneberg 2.128 1.686 487 567 471 299 436 417 1.192 347 8.030 Neukölln 550 419 290 368 56 68 231 102 254 118 2.456 Treptow-Köpenick 982 1.116 204 240 337 598 366 295 216 227 4.581 Marzahn-Hellersdorf 4.348 2.006 29 33 13 123 20 5 4 4 6.585 Lichtenberg 392 791 196 334 20 61 224 208 138 389 2.753 Reinickendorf 1.423 1.509 391 74 102 115 84 108 129 143 4.078 Berlin 18.326 14.071 7.021 6.718 5.582 4.541 3.974 4.633 6.916 4.535 76.317 Quelle: Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Berlin, SenStadtUm - III E -, Grundstücksmarktberichte Die Untergliederung der Anzahl der Wohnungen nach Ortsteilen im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg enthält die nachfolgende Tabelle: Ortsteile des Bezirks FriedrichshainKreuzberg Jahr 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Summe 2001 bis 2010 Kreuzberg 501 323 328 439 296 295 150 288 310 444 3.374 Friedrichshain 725 813 1.040 947 570 477 459 606 379 255 6.271 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 259 3 Frage 4: Haben der Senat bzw. das Bezirksamt Friedrichshain -Kreuzberg Kenntnis über die konkrete Form der Entmietungspraktiken der Firma Taekker Immobilienverwaltung GmbH? Wenn ja, wie sehen diese Praktiken aus? Antwort zu 4: Dem Senat liegen keine speziellen Er- kenntnisse über die Aktivitäten der Firma Taekker Immobilienverwaltung GmbH vor. Eine Einschätzung der Kenntnisse des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg ist dem Senat nicht möglich. Frage 5: Wie beurteilt der Senat die folgenden bekannt gewordenen konkreten Fälle von Entmietungen: Den Mieterinnen und Mietern wird zunächst ein Kaufangebot gemacht, das sie in den ganz überwiegenden Fällen finanziell überfordert. Danach ergeht ein Abfindungsangebot in der Größenordnung von 7000 bis 8000 Euro. Bleibt auch dieses ohne Erfolg, wird mit künftigen modernisierungsbedingten Mietsteigerungen bei Verkauf an neue Eigentümer argumentiert. Die Instandhaltung der Objekte bewegt sich - wenn überhaupt - auf Minimalniveau , Reparaturen finden nur in dringenden (Schadens-) Fällen statt. In zahlreichen Fällen bleibt den Betroffenen als einzige Konsequenz der Auszug? Antwort zu 5: Das soziale Mietrecht in Deutschland regelt die Rechte und Pflichten der Mietvertragsparteien. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sind wesentliche Elemente des Mieterschutzes verankert. Nach § 535 Absatz 1 BGB hat die/der Vermieter/in die Mietsache dem Mieterhaushalt in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesen Zustand zu erhalten. Die Voraussetzungen zur Mietminderungen bei Mängeln regelt § 536 BGB. § 577 BGB bestimmt das Vorkaufsrecht des Mieterhaushaltes, wenn die Mietwohnung nach Anmietung in eine Eigentumswohnung umgewandelt und verkauft werden soll. Verkauft die/der Eigentümer /in die Wohnung an einen Dritten, so hat die/der Mieter/in das Recht, durch Ausübung seines Vorkaufsrechtes , einen Kaufvertrag mit dem gleichen Inhalt wie den von den Verkäufern mit dem Dritten abgeschlossenen Kaufvertrag abzuschließen. Insoweit Vermieterinnen und Vermieter ihren Ver- pflichtungen nicht nachkommen, können und sollten Mieterinnen und Mieter ihre aus dem sozialen Mietrecht bestehenden Rechte einfordern. Ist eine gütige Einigung zwischen den Mietvertragsparteien nicht möglich, sind berechtigte zivilrechtliche Ansprüche über die ordentlichen Gerichte durchsetzbar. Die bezirkliche Wohnungsaufsicht verfolgt bekannte Verstöße gegen das Wohnungsaufsichtsgesetz. Sie kann zum Beispiel notwendige Instandsetzungsmaßnahmen von Wohnungen anordnen. Frage 6: Welche Beratungsmöglichkeiten und Unterstützungsmaßnahmen bestehen zum Schutz der von derartigen oder ähnlichen Praktiken der Entmietung betroffenen (bzw. bedrohten) Mieterinnen und Mietern? Antwort zu 6: Im speziellen zivilrechtlichen Einzelfall hilft nur der professionelle Rat einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwaltes. Verschiedene Berliner Mieterorganisationen bieten ihren Mitgliedern eine entsprechende Rechtsberatung an. Mehrere Bezirksämter von Berlin haben daneben für Nichtmitglieder eine kostenlose Mieterberatung eingerichtet. Bei Verstößen gegen das Wohnungsaufsichtsgesetz können sich Mieterinnen und Mieter an die bezirkliche Wohnungsaufsicht wenden. Frage 7: Wie schätzt der Senat die möglichen Folgen für die Wohnungssuche einkommensschwacher Haushalte und für die soziale Entwicklung in den betroffenen Stadtteilen ein, insbesondere mit Blick auf die Auswirkungen von Sanierungen mit anschließender Vermietung zu deutlich höheren Mieten, und welche Maßnahmen will der Senat treffen, um diese Folgen abzumildern bzw. zu vermeiden ? Antwort zu 7: Dass freie Wohnungen in sanierten Wohngebäuden zu höheren Mietpreisen vermietet werden , ist nicht neu. Einkommensstärkere Wohnungssuchende haben gegenüber einkommensschwächeren Haushalten regelmäßig eine höhere Chance die sanierte Wohnung anmieten zu können. Durch die Wahrnehmung von bestehenden Be- legungsbindungen bei geförderten Wohnhäusern wird speziell für einkommensschwächere Haushalte Wohnraum vorbehalten. Das Land Berlin hat Ende des Jahres 2010 eine Miet- rechtsinitiative in den Bundesrat eingebracht, die unter anderem das Ziel verfolgt, den Tatbestand der Mietpreisüberhöhung in § 5 Wirtschaftsstrafgesetz zur Anwendung zu bringen, wenn nur in Teilen der Gemeinde ein geringes Angebot an vergleichbarem Wohnraum zur Erzielung des Mietpreises ausgenutzt wird. Der derzeit gegebene Bezug auf die Gemeinde (Berlin) verhindert, dass bei einem geringen Angebot in nachgefragten Gebieten Berlins Mietpreisüberhöhungen bei Neuabschluss eines Mietvertrages verfolgt werden können. Frage 8: Teilt der Senat die Auffassung, dass die Um- wandlung von Miet- in Eigentumswohnungen den örtlichen Mietpreis nach oben treibt, und wenn ja, welche Möglichkeiten sieht er, diesen Prozess zu stoppen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 259 Antwort zu 8: Die in der Antwort zu Frage 3 dar- gestellten Zahlen zur Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen spiegeln im Zeitverlauf nicht die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmieten des Berliner Mietspiegels wieder. Spürbarere Effekte auf die Mietenentwicklung vor Ort sind nicht isoliert durch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, sondern vielmehr aus stattfindenden Modernisierungen vor oder nach dem Verkauf der Wohnungen zu erwarten. Das Land Berlin hat Ende des Jahres 2010 eine Miet- rechtsinitiative in den Bundesrat eingebracht, mit der unter anderem die Mieterhöhung bei Modernisierung von 11 % auf 9 % der aufgewandten Kosten gesenkt werden soll. Frage 9: Teilt der Senat die Auffassung, dass der sich auf diese Weise vollziehenden bzw. abzeichnenden Veränderung der sozialen Zusammensetzung der Bevölkerung durch die Festlegung als Milieuschutzgebiet nach §172 BauGB begegnet werden kann? Antwort zu 9: Die Festlegung der Milieuschutzgebiete durch die Bezirke setzt voraus, dass besondere städtebauliche Gründe vorliegen, die den Erhalt der sozialen Zusammensetzung der Wohnbevölkerung rechtfertigen (§172 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Sofern die Festlegung von Milieuschutzverordnungen gegeben ist, können nur die Modernisierungsmaßnahmen versagt werden, die über die Herstellung eines zeitgemäßen Ausstattungsstandards einer durchschnittlichen Wohnung hinausgehen. Frage 10: Sieht der Senat angesichts der teilräumlich zunehmenden Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und der damit einhergehenden beschleunigten Mietsteigerung die Notwendigkeit des Erlasses einer Rechtsverordnung nach §172 BauGB, die die Umwandlung in Eigentumswohnungen genehmigungspflichtig macht und besonders betroffenen Bezirken die Möglichkeit eröffnet, diese zu untersagen? Wenn ja, wann wird er eine entsprechende Rechtsverordnung vorlegen? Antwort zu 10: Für Gebiete mit einer hohen Fluk- tuation, hohem Mietniveau und einer durchschnittlichen bis guten Wohnungsausstattung würde eine pauschale Umwandlungsverordnung nach §172 Abs. 1 Satz 4 Baugesetzbuch (BauGB) nicht die gewünschten Effekte erzielen . Darüber hinaus zieht der Erlass einer Umwandlungs- verordnung weitere Aufgaben nach sich. Vor einem Erlass einer Umwandlungsverordnung sind zunächst die personellen und finanziellen Konsequenzen für die Bezirke , denen die Durchführung der Umwandlungsver- ordnung dann obliegt, zu prüfen. Berlin, den 20. März 2012 In Vertretung G o t h e ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mrz. 2012) 4 Bezirk Jahr Jahr