Drucksache 17 / 10 270 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Claudia Hämmerling (GRÜNE) vom 01. März 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. März 2012) und Antwort Hat Rot-Schwarz kein Herz für verletzte Wildtiere? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie bewertet der Senat, dass in der Tierklinik Düppel rund um die Uhr Hilfe für schwerverletzte Tiere angeboten wird? Antwort zu 1: Der Senat begrüßt das Angebot der Tierklinik Düppel. Dies kann jedoch nur in dem Umfang erhalten werden, wie eine Kostendeckung sichergestellt ist. Frage 2: Ist dem Senat bekannt, dass in der Tierklinik Düppel neben einer Vielzahl herrenloser kranker Haustiere auch zahlreiche verletzte Wildtiere, die fast ausschließlich besonders und streng geschützt sind, wie z. B. Greifvögel und Eulen, medizinisch versorgt und gesund gepflegt werden?“ Antwort zu 2: Dem Senat ist bekannt, dass die Tierklinik Düppel seit vielen Jahren Anlaufstelle für verletzte Wild– und Haustiere ist. Die Tierklinik kann dieses Angebot jedoch nicht weiter aufrechterhalten, bis die Kostenfrage geklärt ist. Frage 3: Ist dem Senat bekannt, dass im letzten Jahr 1237 kranke und verletzte Wildtiere behandelt wurden und dass eine Vielzahl dieser Tiere aufgrund menschlicher Einwirkung wie z.B. Kollisionen mit Fahrzeugen, Verfangen in Angelschnüren verletzt wurde? Antwort zu 3: Die Zahlen für das Jahr 2011 sind dem Senat nicht bekannt. Im Jahr 2010 wurde ca. 1500 Wildtiere behandelt. Frage 4: Teilt der Senat die Auffassung, dass dies angesichts des grundgesetzlich und in der Berliner Verfassung verankerten Tierschutzes eine öffentliche Aufgabe ist? Antwort zu 4: Artikel 20 a des Grundgesetzes und Artikel 31 der Berliner Verfassung stellen Tiere unter einen besonderen gesellschaftlichen Schutz. Dieser verfassungsrechtlichen Zielsetzung misst das Land Berlin eine große Bedeutung bei. Aus dieser Zielsetzung leitet sich jedoch keine unmittelbare Rechts- und Handlungspflicht des Landes Berlin bezüglich der Behandlung verletzter oder kranker wild lebender Tiere ab. Der Senat wirkt vielmehr in Übereinstimmung mit Artikel 31 der Berliner Verfassung insbesondere auf die entschlossene und nachdrückliche Durchsetzung tierschutzrechtlicher Vorgaben hin, die aufgrund der entsprechend wahrgenommenen Gesetzgebungskompetenz im Bundesrecht verankert sind. Der Umgang mit kranken oder verletzten Wildtieren ist fachrechtlich nicht im Tierschutzrecht normiert. Im Jagdrecht ist die Verantwortung für die Verhinderung von vermeidbaren Schmerzen oder Leiden des Wildes geregelt. Im Naturschutzrecht gilt der Grundsatz, dass wilde Tiere ungestört zu lassen sind und nicht aufgenommen werden. Die Möglichkeit, hilflose, kranke oder verletzte Wildtiere aufzunehmen und gesund zu pflegen, ist als Ausnahme von diesem Verbot zugelassen. Grundsätzlich gilt jedoch, das derjenige, der ein krankes oder verletztes Wildtier aufnimmt, die Verantwortung für das Tier übernimmt. Frage 5: Wie bewertet der Senat, dass durch die Tierklinik ausschließlich für die von der Polizei abgegebenen Tiere eine Abrechnung der Behandlungskosten erstellt werden kann, die Kosten aber durch die Polizei nicht beglichen werden? Antwort zu 5: Die Freie Universität Berlin hat den Sachverhalt bestätigt. Eine Abrechnung der Behandlungskosten ist gegenüber der Polizei möglich. Die Rechnung werde jedoch in der Regel nicht voll beglichen. Eine Kostentragung aus Mitteln für Forschung und Lehre ist nicht vertretbar. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10270 Frage 6: Wie bewertet der Senat die Auffassung, dass die medizinische Versorgung von zumeist durch menschliche Einflüsse verletzten Tieren keine originäre Aufgabe für Forschung und Lehre darstellt? Antwort zu 6: Der Senat teilt diese Auffassung. Frage 7 Ist dem Senat bekannt, dass durch die Tierklinik ausschließlich für die von der Polizei abgegebenen Tiere eine Abrechnung der Behandlungskosten möglich ist und dass deshalb beispielsweise die Feuerwehr keine verletzten Tiere in Düppel abgeben kann? Antwort zu 7: Die Freie Universität Berlin hat den Sachverhalt bestätigt. Wenn es sich jedoch bei einem Tier um eine akut lebensbedrohliche Erkrankung handelt, wird dieses notversorgt und zu den entsprechenden Stellen (Tierheim) weitergeleitet. Frage 8: Welche Maßnahmen plant der Senat, um die Weiterführung dieser tiermedizinischen Behandlung zu ermöglichen, da die Tierklinik Düppel aus finanziellen Gründen die medizinische Versorgung herrenloser kranker und verletzter Tiere nicht länger sicherstellen kann? Antwort zu 8: Der Senat plant keine Maßnahmen zur Übernahme der tiermedizinischen Behandlung verletzter oder kranker wild lebender Tiere in seinen Verantwortungsbereich . Er sieht dafür auch keine gesetzliche Grundlage. Frage 9: Falls der Senat nicht plant, diese Aufgabe finanziell zu unterstützen, wohin soll die Tierklinik Düppel künftig BürgerInnen mit verletzten Tieren schicken, wenn sie abgewiesen werden müssen? Antwort zu 9: Die Verantwortung über ein krankes oder verletztes Wildtier übernimmt derjenige, der das Tier ausnahmsweise der Natur entnimmt. Dezentrale tierärztliche Versorgungskapazitäten sind in Berlin vorhanden. Eine zentrale Auffangstation ist auch aufgrund der unter Antwort vier genannten Rechtsgründe weder geplant noch sinnvoll. Frage 10: Wenn der Senat die Finanzierung der medizinischen Versorgung nicht sicherstellt, plant er dann künftig herrenlose und verletzte Wildtiere: a) töten zu lassen – wenn ja durch wen und auf welcher Rechtsgrundlage und wie will der Senat das finanzieren? b) die verletzten Tiere in den Behörden z.B. bei den Amtsveterinären aufzunehmen und zu versorgen – wenn ja, wo und wie soll dort eine gleichwertige medizinische Versorgung sichergestellt werden? Antwort zu 10: a) Der Senat plant nicht, zukünftig herrenlose und verletzte Wildtiere töten zu lassen. b) Das Tierschutzrecht regelt zwar grundsätzlich den Schutz aller Tiere, jedoch insbesondere den Schutz von Tieren, die sich in der Obhut des Menschen befinden. Freilebende Wildtiere unterliegen dem Tierschutzrecht nur insoweit, dass an ihnen niemand tierschutzwidrige Handlungen vornehmen darf. Die Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämter überwachen die Einhaltung des Tierschutzrechts durch Tierhalter, –betreuer und – nutzer und setzen dieses ggf. ordnungsbehördlich durch. Der Senat plant deshalb nicht, verletzte Tier von den Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämtern aufnehmen und versorgen zu lassen. Frage 11: Wie bewertet der Senat; dass in anderen großen deutschen Städten wie München und Hannover die Kostenübernahme für herrenlose verletzte Tiere und Wildtiere selbstverständlich ist? Antwort zu 11: Der Senat bewertet das Vorgehen in anderen Städten nicht. Im Übrigen wäre es ggf. Aufgabe des Gesetzgebers, eine Rechtsgrundlage für entsprechendes Verwaltungshandeln zu schaffen und entsprechende Haushaltsmittel bereitzustellen. Berlin, den 05. April 2012 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ............................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. April 2012) 2