Drucksache 17/ 10 282 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach (LINKE) vom 06. März 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. März 2012) und Antwort Gebärdensprachdolmetscherdienste für gehörlose Menschen in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Gebärdendolmetscher/innen (GSD) mit Abschluss eines anerkannten und einschlägigen Studiums zum/zur GSD oder einer erfolgreichen Staatlichen Prüfung zum/zur GSD sind in Berlin tätig? Wie viele sind davon hauptberuflich und wie viele nebenberuflich tätig? Zu 1.: Die Gebärdensprachdolmetscher/innen sind im Allgemeinen in Verbänden organisiert. Der Berufsverband der Gebärdensprachdolmetscher/innen Berlin/Brandenburg (BGBB)e. V. hat 33 ordentliche Mitglieder, davon sind 28 Mitglieder hauptamtlich und fünf Mitglieder nebenberuflich tätig. Die ordentlichen Mitglieder sind staatlich geprüfte Gebärdensprachdolmetscher/innen bzw. Diplom/Bachelor of Arts – Gebärdensprachdolmetscher- /innen. 2. Wie viele anerkannt gehörlose/taube Menschen gibt es in Berlin (bitte Auflistung nach Altersstufen)? Zu 2.: Nach dem aktuellen Bericht des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg über schwerbehinderte Menschen in Berlin waren zum Stichtag 31. Dezember 2009 insgesamt 2142 Menschen mit Taubheit bzw. Taubheit kombiniert mit Störungen der Sprachentwicklung und entsprechenden Störungen der geistigen Entwicklung erfasst. Die Anzahl nach ausgewählten Altersgruppen ergibt sich aus der nachfolgenden tabellarischen Übersicht: Altersgruppe Menschen mit Taubheit bzw. Taubheit kombiniert mit Störungen der Sprachentwicklung unter 4 30 4 – 6 33 6 – 15 159 15 – 18 50 18 – 25 201 25 – 35 335 35 – 45 255 45 – 55 294 55 – 60 121 60 – 62 52 62 – 65 32 65 – 70 145 70 – 75 149 75 und mehr 286 3. Wie viele gehörlose/taube Menschen sind auf Ge- bärdensprachdolmetscher/innen angewiesen und nutzen deren Dienste - in Regelschulen (Schüler/innen und Eltern) - in sonderpädagogischen Förderschulen (Schüler- /innen und Eltern) - in Berufsschulen - in Universitäten, Hoch- oder Fach(hoch)schulen - im Arbeitsleben? Zu 3.: In den sonderpädagogischen Förderzentren nutzen keine Schülerinnen oder Schüler die Dienste von Gebärdensprachdolmetscher/innen. In der Regelschule werden keine gehörlosen Schülerinnen und Schüler mit dieser schweren Beeinträchtigung unterrichtet. Eine Erhebung der Inanspruchnahme von Gebärden- sprachdolmetschern/innen in der öffentlichen Verwaltung für das Jahr 2009 ergab, dass in den Senatsverwaltungen einschließlich der nachgeordneten Einrichtungen sowie in den Bezirksämtern insgesamt in 97 Fällen die notwendigen Kosten für einen/eine Gebärdensprachdolmetscher /in bei Gesprächen der gehörlosen Eltern über schu- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 282 lische Angelegenheiten ihres nicht gehörlosen Kindes, beispielsweise bei Elternabenden, Lehrer/in-Elterngespräche o. Ä., auf der Grundlage der Schulkomunikationsverordnung vom 11. März 2008 übernommen wurden . Es werden 47 gehörlose und 6 schwerhörige Schü- ler/innen an öffentlichen Berliner Beruflichen Schulen in Fachklassen des dualen Ausbildungssystems, in berufsqualifizierenden Lehrgängen der Berufsvorbereitung und der mehrjährigen Berufsfachschule unterrichtet. Dabei wirken Sonderpädagogen/innen der Ernst-Adolf-EschkeSchule nicht als reine Gebärdendolmetscher/innen, sondern bringen Förder- und Diagnostikkompetenz neben den Gebärdendolmetschfunktionen in die Unterstützung im Unterricht und in besonderen Förderstunden ein. Im Jahre 2011 haben 23 gehörlose Studierende eine Unterstützung durch Gebärdensprachdolmetscher/innen und/ oder Schriftdolmetscher/innen und Studienassistenz als Integrationshilfen erhalten. Für den Bereich Arbeitsleben liegen dem Senat keine Daten vor. 4. Wie viele Gebärdensprachdolmetscher/innen sind für Dolmetscherdienste im Bereich der Medizin, wie Begleitung bei Arztbesuchen und Therapien, Aufklärungsgespräche vor Operationen etc. speziell geschult und gibt es hier Weiterbildungsangebote? Zu 4.: 26 der 33 ordentlichen Mitglieder des BGBB e. V. bieten Dolmetscherleistungen im Bereich der Medizin an. Die Gebärdensprachdolmetscher/innen mit Diplombzw . Bachelorabschluss sind auch qualifiziert für den Einsatzbereich Gesundheitswesen. 5. Wie viele gehörlose/taube Menschen verfügen über ein Persönliches Budget nach SGB IX und bei wie vielen sind hier Gebärdensprachdolmetscherleistungen berücksichtigt worden und in welcher Höhe? Können GSDLeistungen Teil eines Persönlichen Budgets sein? Zu 5.: Dem Senat ist nicht bekannt, wie viele gehör- lose/taube Menschen Leistungen in Form eines Persönlichen Budgets nach § 17 SGB IX erhalten und bei wie vielen Gebärdensprachdolmetscherleistungen berücksichtigt worden sind. Die Regelungen des § 17 SGB IX in Verbindung mit der Budgetverordnung schließen nicht aus, dass auch Teilhabeleistungen, die Leistungen für die Inanspruchnahme eines/einer Gebärdensprachdolmetschers /in beinhalten, in Form eines Persönlichen Budgets erbracht werden. Denkbar wäre dies zum Beispiel im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 55 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX; Hilfen zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt) oder für eine notwendige Arbeitsassistenz (§ 102 Abs. 4 SGB IX). 6. Welche Sachgebiete werden von den anerkannten Gebärdensprachdolmetscher/innen angeboten und welche Leistungen müssen davon von den Leistungsnehmern privat bezahlt werden? Zu 6.: Die ordentlichen Mitglieder des Berufs- verbandes der Gebärdensprachdolmetscher/innen Berlin- /Brandenburg e. V. bieten Leistungen in den Bereichen Ämter/Behörden, Arbeitsleben, Betriebsversammlungen, Aus-, Fort- und Weiterbildung, Computer/Technik, SchulUniversitäts -, Fachhochschulbesuche, Kultur, Medizin, Politik, Rechtsangelegenheiten, Religion, Sport und Tagungen /Konferenzen an. Die notwendigen Kosten für den/die Gebärdendol- metscher/in werden in den Bereichen Kindergärten, Schulen, Universitäten, Fachhochschulen, im Rahmen von Ausbildungen Umschulungen und beruflichen Fortbildungen , im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz, im Verwaltungs-, Sozial- und Sozialleistungsverfahren, im juristische Bereich, sofern diese im Auftrag der Staatsanwaltschaft oder von der Polizei beauftragt wurden, grundsätzlich übernommen. In den anderen Bereichen, wie Kirche und Religion, Kultur, Sport, private Fortbildungen, Tagungen, Konferenzen oder Rechtsangelegenheiten (z. B. Gespräche bei dem/der Notar/in) etc. sind die Kosten für Dolmetschereinsätze grundsätzlich privat zu finanzieren oder werden ggf. von der Kirche oder vom Veranstalter übernommen. 7. Wie viel kostet zurzeit eine Stunde Dolmetscherzeit für private Personen? Zu 7.: Die Höhe des Stundensatzes für private Dolmetscherleistungen ist nicht bekannt. 8. Wie viele gehörlose/taube Menschen erhalten in Berlin zurzeit ein Gehörlosengeld und wie hoch ist es? Zu 8.: Am 31. Oktober 2011 (aktuellste Angabe) be- zogen 2240 Personen Gehörlosengeld nach dem Berliner Landespflegegeldgesetz (LPflGG) in Höhe von 123,- Euro. 36 Personen erhielten 61,50 Euro, weil sie in einer stationären Einrichtung lebten. Berlin, den 28. März 2012 In Vertretung Michael B ü g e Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 3. April 2012) 2