Drucksache 17 / 10 307 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Buchholz (SPD) vom 13. März 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. März 2012) und Antwort Spielhallen-Flut zerstört Kieze und Menschen IV: Kriminalität durch Spielhallen, Wettbüros und illegales Glücksspiel konsequent zurückdrängen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Straftaten wurden im Jahr 2011 im Ver- gleich zum Vorjahr jeweils in Spielhallen, deren Umfeld bzw. im Zusammenhang mit ihnen begangen (bitte Aufschlüsseln nach Vorfallsarten wie z.B. Eigentums- und Betäubungsmitteldelikte, Raub, Sachbeschädigungen, Körperverletzungen, Betrug, Glückspiel)? 2. Wie entwickelten sich die Zahlen analog zu Frage 1 für Wettbüros? Zu 1. und 2.: Die Eingabe der für die Recherche im Sinne der Anfrage erforderlichen Katalogbegriffe in das Polizeiliche Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS) ist nicht zwingend vorgeschrieben. Es ist daher von einer unbestimmten Anzahl von Verfahren auszugehen, bei denen diese Katalogbegriffe nicht eingegeben wurden und die somit im Rahmen der Recherche auch nicht erfasst werden konnten. Die für die Jahre 2010 und 2011 erfassten Straftaten in Spielstätten und Wettbüros, in deren Umfeld und im Zusammenhang mit diesen entnehmen Sie der nachfolgenden Tabelle: 2010 2011 Sp ie ls tä tt en da vo n W et t- bü ro s Sp ie ls tä tt en da vo n W et t- bü ro s Eigentumsdelikte 529 48 516 47 Glücksspiel * 195 180 304 143 Sachbeschädigungen 146 10 111 5 Raub 134 18 150 8 Körperverletzungen 121 16 100 11 Betrug 68 2 54 4 Betäubungsmittel-Delikte 42 3 43 11 Sonstiges 171 25 157 59 gesamt 1406 302 1435 288 * Der Wert der Spielstätten ist mit dem Vorjahr nicht vergleichbar. In 2010 wurde nicht eindeutig erfasst, ob es sich um Spielhallen oder erlaubnisfreie Gaststätten mit Spielgeräten handelt. Seit 2011 ist die Auswertung spezifischer , sodass man mehr Gaststätten als Spielstätten identifizieren konnte. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 307 Im staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister werden weder Tatorte noch Tatörtlichkeiten erfasst. Erheben lassen sich allein Zahlen zu solchen Straftaten, die bereits auf Grund ihrer tatbestandlichen Beschreibung einen entsprechenden Zusammenhang aufweisen. Dabei handelt es sich um Verfahren wegen unerlaubter Veranstaltung eines Glückspiels (§ 284 Strafgesetzbuch/ StGB), wegen der Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel (§ 285 StGB) und wegen der unerlaubten Veranstaltung einer Lotterie oder einer Ausspielung (§ 287 StGB). Die Staatsanwaltschaft Berlin hat für die Jahre 2010 und 2011 folgende Verfahrenszahlen erfasst: Delikt Anzahl Verfahren 2010 Anzahl Verfahren 2011 § 284 StGB 268 210 § 285 StGB 286 33 § 287 StGB 4 1 Summe 558 244 3. Wie oft wurden im Jahr 2011 Manipulationen an den Steuer-Bons von Geld-Gewinnspielgeräten sowie deren Software oder Hardware festgestellt und welche Konsequenzen hatte dies für die Steuerhinterzieher? Zu 3.: Im Jahr 2011 wurden in ca. 20 Fällen Manipulationen an Auslesebelegen durch Steuerpflichtige festgestellt. Diese Manipulationen wurden nicht ausschließlich in Spielhallenbetrieben, sondern auch bei Automatenaufstellern an sonstigen Orten festgestellt. Der Anfangsverdacht der Fälschung von technischen Aufzeichnungen hat ausnahmslos zur Einleitung von Strafverfahren durch das zuständige Finanzamt für Körperschaften IV geführt. Manipulationen an der Software oder der Hardware von Geldgewinnspielgeräten wurden in 2011 nicht festgestellt . Derartige Manipulationen lassen sich nur mit vertieften technischen Kenntnissen aufdecken, da es mittlerweile einen umfangreichen Markt im Bereich der Programmierung von Manipulationssoftware und der dazugehörigen Hardware gibt. Da noch kein Strafverfahren abgeschlossen wurde, liegen rechtskräftige Urteile bislang nicht vor. Die möglichen Sanktionen reichen von der Einstellung des Verfahrens nach Erfüllung von Geldauflagen gemäß § 153 a Strafprozessordnung bis zur Verhängung von Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren bei gewerbsmäßigem Fälschen (§§ 268 Abs. 5, 269 Abs. 3 i.V.m. § 267 Abs. 3 Strafgesetzbuch). 4. Wie oft wurden im Jahr 2011 durch Mitarbeiter von Ordnungs- und Gewerbeämtern, Polizei bzw. LKA Überschreitungen der maximal erlaubten Anzahl von Geld-Gewinnspielgeräten festgestellt und geahndet? Zu 4.: 2011 wurde in 137 Fällen die Überschreitung der zugelassenen Höchstzahl an Geldspielgeräten durch die Polizei Berlin festgestellt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der bezirklichen Ordnungsämter haben im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeiten im Jahr 2011 insgesamt 227 Überschreitungen der maximal erlaubten Anzahl von Geld-Gewinnspielgeräten festgestellt. 5. Wie viele Fälle eines illegalen „Vorheizens“ von Spielautomaten sind dem Senat im Jahr 2011 bekannt geworden, bei denen der Automat vorab mit Guthaben aufgeladen wird, um die Mindestspieldauer der Spielverordnung (§ 13 Abs. 1) zu umgehen? Zu 5.: Bei Kontrollen des zuständigen Fach- kommissariats im Landeskriminalamt wurden nur vereinzelt Beobachtungen zum so genannten „Vorheizen“ in Spielhallen gemacht. Die zitierte Verbotsnorm ist nicht bußgeldbewehrt. 6. Wie oft wurden im Jahr 2011 Fälle illegalen Glücksspiels mit und ohne Spielautomaten (Poker, Roulette , etc.) festgestellt? Zu 6.: 2011 wurden 366 Strafverfahren wegen il- legalen Glücksspiels eingeleitet. 7. Wie viele Berliner Spielstätten wurden im Jahr 2011 zusätzlich zur kontinuierlich erfolgenden Überwachung durch eine konzertierte und ressortübergreifend durchgeführte Aktion kontrolliert? Zu 7.: Bei der konzertierten Aktion im Mai 2011 wurden 115 Spielhallen, 28 Wettbüros, 28 Gaststätten und ein Einzelhandelsbetrieb kontrolliert. Dies sind die endgültigen Zahlen nach Auswertung der Fachdienststelle des Landeskriminalamtes. Sie unterscheiden sich marginal von den im Juni 2011 durch Pressemeldung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport veröffentlichten Zahlen. 8. Wie viele Ordnungswidrigkeiten und Straftaten wurden im Rahmen der groß angelegten Überprüfungen der Spielstätten festgestellt und um wie viele Verstöße gegen welche Rechtsnormen handelt es sich dabei? Wie wurden die Verstöße geahndet? Zu 8.: Es wurden 18 Straftaten, davon 16 x illegales Glücksspiel und zwei Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz festgestellt. Die 216 Ordnungswidrigkeiten (aktualisierte Zahl nach Auswertung, siehe Frage 7) verteilen sich wie folgt: 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 307 Zuwiderhandlung Vorschrift Anzahl fehlende/unvollständige Namensanbringung am Geldspielgerät GewO (Gewerbeordnung) 37 zu wenig Aufsichtspersonal GewO 29 Aufsicht kann nicht den Betrieb vollständig einsehen GewO 20 unerlaubte Verkleinerung der konzessionierten Räume GewO 19 fehlender Hinweis „Kein Zutritt unter 18 Jahren“ GewO 3 Nichtbeachtung Abstandsregeln/fehlende Sichtblenden SpielV (Spielverordnung) 22 Aufstellen von zu vielen Geldspielgeräten SpielV 9 fehlender Glücksspiel-Warnhinweis am Spielgerät SpielV 7 fehlendes Zulassungszeichen der Physikalischen Technischen Bundesanstalt (PTB) SpielV 6 unterlassene Entfernung defekter Spielgeräte SpielV 5 „Vorheizen“ von Spielgeräten SpielV 1 abgelaufene PTB-Zulassung SpielV 1 fehlender Gewinnplan SpielV 1 Überschreitung der Sperrzeit GastG (Gaststättengesetz) 2 veralteter/fehlender Aushang JuSchG JuSchG (Jugendschutzgesetz) 5 Aufenthalt von Kindern/Jugendlichen in Spielhallen JuSchG 1 Rauchen in Spielhallen/fehlender Hinweis auf Rauchverbot NRSG (Nichtraucherschutzgesetz ) 48 Daten über die Ahndung der Verstöße liegen dem Senat nicht vor. 9. Zu welchem Ergebnis führten die angesprochenen Kontrollaktionen aus Sicht der Finanzämter? In welcher Höhe können ggf. nachträgliche Steuereinnahmen auf die Aktionen zurückgeführt werden? Zu 9.: Als direktes Ergebnis der in 2011 durch- geführten Kontrollaktionen sind die Einleitung von fünf Strafverfahren wegen Manipulationen sowie nachträgliche Steuerfestsetzungen für nicht angemeldete Geräte anzusehen. Die Höhe der steuerlichen Mehrergebnisse steht bisher noch nicht fest, da die Strafverfahren noch nicht abgeschlossen sind. 10. Teilt der Senat meine Meinung, dass ressortüber- greifende Kontrollaktionen ein geeignetes Mittel zum Zurückdrängen insbesondere von illegalem Glücksspiel sind, und werden solche Maßnahmen auch zukünftig durchgeführt? Zu 10.: Ja. Berlin, den 30. April 2012 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Juni 2012) 3