Drucksache 17 / 10 312 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Stefan Gelbhaar (GRÜNE) vom 13. März 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. März 2012) und Antwort Genügend Fahrpersonal bei der S-Bahn? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Die Kleine Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Fragen zukommen zu lassen und hat daher die S-Bahn Berlin GmbH um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend wiedergegeben. Frage 1: Wie viele TriebfahrzeugführerInnen waren bei der S-Bahn Berlin in den Jahren ab 2004 bis heute jeweils beschäftigt (bitte in Vollzeitstellen und in tatsächlichen MitarbeiterInnen angeben)? Antwort zu 1.: Die S-Bahn Berlin GmbH teilt hierzu mit: „Die nachfolgende Tabelle stellt den Bestand der Lokführer der S-Bahn Berlin GmbH von 2004 bis 2012, getrennt nach Vollzeitstellen und Mitarbeitern und ergänzt um die tarifliche Wochenarbeitszeit in Stunden dar: Bestand Lokführer der S-Bahn Berlin GmbH von 2004 - 2012 Stand 31.12. 20041 20051 20061 20071 20081 20091 20102 20112 20122 Vollzeitstellen 994 952 927 833 831 834 893 932 951 Mitarbeiter 1.005 967 938 866 868 872 932 953 972 tarifliche Wochenarbeitszeit [Std] 37 37 35 40 40 40 40 39 39 Angaben für das Jahr 2012: Stand per 29.02.2012 Erläuterungen: 1 Bis 2009 wurden die Rangierleistungen in Teilen durch Werkstatt-MitarbeiterInnen durchgeführt. Hierbei handelte es sich um Werkstatt-MitarbeiterInnen, die neben der handwerklichen Ausbildung im Besitz der Führerscheinberechtigung Klasse 1 waren. Diese MitarbeiterInnen waren keine Streckenlokomotivführer mit der Führerscheinberechtigung Klasse 3. 2 Seit 2010 beschäftigt die S-Bahn Berlin GmbH separate LokrangierführerInnen mit der Führerscheinberechtigung Klasse 1, die ausschließlich Rangierleistungen durchführen. Hierbei handelt es sich nicht mehr um Werkstatt-MitarbeiterInnen. LokrangierführerInnen sind ebenfalls keine Streckenlokomotivführer mit der Führerscheinberechtigung Klasse 3.“ Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 312 Frage 2: Wie viele MitarbeiterInnen der S-Bahn Berlin (z.B. in den Werkstätten) verfügten in den letzten fünf Jahren und heute zusätzlich über eine Berechtigung als Fahrpersonal und konnten somit bei Engpässen eingesetzt werden? Antwort zu 2.: Die S-Bahn Berlin GmbH teilt hierzu mit: „Die Werkstatt-MitarbeiterInnen der S-Bahn Berlin werden seit 2010 ausschließlich für die Instandhaltung der Fahrzeuge ausgebildet. Zusätzlich kann in den Werkstätten auf fünf Abnahmetechniker und weitere zwölf Zugprüfer im Verkehrsnetz zugegriffen werden, die über eine Berechtigung als Fahrpersonal verfügen. Vor dem Hintergrund der arbeitsorganisatorischen Abläufe in der Instandhaltung können WerkstattMitarbeiterInnen , insbesondere bei Berücksichtigung der sehr differenziert vorhandenen Spezialqualifikationen (z.B. UT-, ET-Prüfungen usw.), nicht einfach aus einem Fertigungsumfeld herausgenommen werden können, um kurzfristig Fahr- oder Rangierleistungen zu übernehmen. Deswegen wurde entschieden, ab 2010 die Berechtigungen zu teilen, d.h. handwerkliche Qualifikationen einerseits und die Führerscheinberechtigung andererseits nicht mehr durch ein und denselben/dieselbe multifunktionale(n) MitarbeiterIn abzudecken. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Werkstatt-MitarbeiterInnen lediglich über die Führerscheinberechtigung Klasse 1 verfügten, also nur zum Rangieren auf Werksgelände berechtigt waren und den Fahrbetrieb bei Engpässen auch bis 2009 nicht unmittelbar entlasten konnten.“ Frage 3: Auf welchem Stand soll die Zahl der TriebfahrzeugführerInnen und der MitarbeiterInnen mit Fahrberechtigung gehalten werden? Antwort zu 3.: Die S-Bahn Berlin GmbH teilt hierzu mit: „Zum Jahresende 2012 plant die S-Bahn Berlin mit einem Personalbestand von über 1000 VollzeitPersonalen mit den Führerscheinberechtigungen Klasse 1 und 3.“ Frage 4: Stimmt es, dass die neu ausgebildeten TriebfahrzeugführerInnen nur für die Baureihe 481 ausgebildet werden? Wenn ja, warum? Antwort zu 4.: Die S-Bahn Berlin GmbH teilt hierzu mit: „Um den Bedarf an Triebfahrzeugführer kurzfristig zu erfüllen, wurde die Erstausbildung auf eine Baureihe 481 begrenzt. Daraus ergibt sich eine kürzere Ausbildungszeit. Die Reduzierung auf eine Baureihe zeigte in der Vergangenheit ebenfalls eine höhere Erfolgsquote bei den Anwärtern. Ergänzungslehrgänge für die Baureihen 485 sind im Oktober und November 2012 mit insgesamt 24 Teilnehmern geplant. In 2013 folgen weitere Baureihenergänzungen für einen flexiblen Einsatz unserer Triebfahrzeugführer.“ Frage 5: Wie hoch war der Krankenstand bei den TriebfahrzeugführerInnen in den letzten 12 Monaten (bitte nach Monaten getrennt auflisten)? Antwort zu 5.: Die S-Bahn Berlin GmbH teilt hierzu mit: „Die nachfolgende Tabelle stellt den Krankenstand der Triebfahrzeugführer der S-Bahn Berlin GmbH für den Zeitraum März 2011 bis Februar 2012 dar: Krankenstände Lokführer der S-Bahn Berlin GmbH von 03/11 - 02/12 03/11 04/11 05/11 06/11 07/11 08/11 09/11 10/11 11/11 12/11 01/12 02/12 8,2% 5,7% 6,8% 6,4% 6,7% 6,1% 7,2% 6,3% 8,0% 6,5% 6,7% 7,2% Zusätzlich zum allgemeinen Krankenstand schränkt eine schwankende Zahl an untauglichen und Langzeit erkrankten MitarbeiterInnen die Verfügbarkeit im Fahrbetrieb ein.“ Frage 6: Was sind nach Ansicht des Senats und der S- Bahn die Hauptursachen für Krankmeldungen von Fahrpersonal bei der S-Bahn? Antwort zu 6.: Die S-Bahn Berlin GmbH teilt hierzu mit: „Ursächlich für eine Krankmeldung ist die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit.“ Dem Senat liegen keine anderen Erkenntnisse vor. Frage 7: Welche Maßnahmen will die S-Bahn ergreifen, um die Belastung der TriebfahrzeugführerInnen zu verringern (z.B. stetigere Planung von Schichten)? Antwort zu 7.: Die S-Bahn Berlin GmbH teilt hierzu mit: „Die Planung von Schichten wurde nach der Erstellung einer Belastungsstudie verbessert. So konnte eine hohe Anzahl der besonders frühen Frühschichten zeitlich in günstigere Zeiten verlagert werden. Nachtschichten wurden ebenfalls möglichst mit dem Dienstbeginn gegen 21:00 Uhr erstellt. Weisungen zum zusätzlichen gültigen Regelwerk stellten ebenfalls in ihrer hohen Anzahl eine besondere Belastung in 2010 dar. Die Anzahl der Weisungen konnte im Jahr 2011 gegenüber dem Vorjahr von 24 auf 8 Weisungen reduziert werden. 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 312 Darüber hinaus hat die S-Bahn Berlin GmbH die Pausenräume der Triebfahrzeugführer aufgewertet. Es wurden vollständige Sanierungen in den Pausen- und Melderäumen Gesundbrunnen, Schöneweide und Friedrichstraße durchgeführt. Dies beinhaltet eine Renovierung, Lärmreduzierung und die Neumöblierung sowie die Anschaffung von neuen elektrischen Handtrocknern in den Meldestellen Ostkreuz, Südkreuz, Schöneweide, Friedrichstraße, Gesundbrunnen und Erkner sowie die Installation von Flachbildschirmen in Schöneweide und in Südkreuz. Ab dem 01. April 2012 wird ein neues Gebäude in Erkner mit Pausen- und Melderaum unseren Triebfahrzeugführern zur Verfügung gestellt. Auf Grundlage der Ergebnisse der Belastungsstudie wurde das Unternehmensbekleidungssortiment erweitert. Hinzu kamen Thermo-Unterwäsche, Wintermütze und Winterpullover. Diese Artikel können die Triebfahrzeugführer über ihr zur Verfügung gestelltes Budget erwerben. Wintermützen wurden Anfang 2011 an unsere Tf kostenlos verteilt. Die vorhandene Bestuhlung der Fahrzeuge wurde ebenfalls in dieser Belastungsstudie benannt. So werden derzeit ergonomische Führerstandstühle durch die Triebfahrzeugführer erprobt. Bei positiver Bewertung werden die Fahrzeuge zeitnah mit diesen Stühlen bestückt.“ Frage 8: Welchen künftigen zusätzlichen Bedarf an TriebfahrzeugführerInnen ergibt sich nach Ansicht des Senats aus welchen Gründen? Antwort zu 8.: Die Aufgabe der Ermittlung des Bedarfs an TriebfahrzeugführerInnen liegt im Zuständigkeitsbereich des Verkehrsunternehmens. Der Senat geht davon aus, dass mit der Verlängerung der S-Bahn zum Flughafen Berlin Brandenburg und der Wiederaufnahme derzeit nicht erbrachter, aber vertraglich vereinbarter Verkehrsleistungen ein zusätzlicher Bedarf an TriebfahrzeugführerInnen entsteht, dessen Umfang aber nur seitens der S-Bahn Berlin GmbH quantifiziert werden kann. Nach Angaben der S-Bahn Berlin GmbH vom 08. Februar 2012 werden zusätzlich rund elf TriebfahrzeugführerInnen benötigt, um entsprechend der Bestellung der Länder Berlin und Brandenburg die Linienlaufwege der Linien S45 und S9 vom heutigen SBahnhof Flughafen Berlin-Schönefeld über den neuen Haltepunkt Waßmannsdorf zum neuen Flughafen Bahnhof Berlin Brandenburg zu verlängern. Frage 9: Bahn-Chef Grube hat die Einstellung von 100 neuen TriebfahrzeugführerInnen zugesagt. Ist diese Zusage gegenüber dem Land Berlin schriftlich gegeben worden bzw. wurde diese Zusage auch durch den Senat noch einmal schriftlich angefordert? Antwort zu 9: Die S-Bahn Berlin GmbH hat dem Senat mehrfach in den regelmäßig stattfindenden Qualitätsgesprächen zugesichert, die bestehenden Ausbildungskapazitäten derzeit vollständig auszunutzen und ca. 100 Triebfahrzeugführer-AnwärterInnen pro Jahr auszubilden. Dabei wird seitens der S-Bahn Berlin GmbH auch detailliert über die derzeit laufenden einzelnen Ausbildungskurse und deren Teilnehmerzahlen informiert . Die öffentlich getätigte Aussage vom Vorstands- vorsitzenden der Deutschen Bahn AG bezieht sich daher auf dem Senat bereits vorliegende Informationen. Der Senat sieht daher keinen Anlass, sich diese Aussage noch einmal schriftlich bestätigen zu lassen. Der Senat hat sich jedoch auch schriftlich an den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG gewandt und seine Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass die Personalplanung der S-Bahn Berlin GmbH auf den Zielzustand des Verkehrsvertrages abzustimmen sei. Frage 10: Wie viele Einstellungen wurden auf Grundlage dieser Zusage bereits vollzogen? Antwort zu 10.: Die S-Bahn Berlin GmbH teilt hierzu mit: „Die S-Bahn Berlin führt im Jahr 2012 insgesamt 7 Ausbildungslehrgänge zum Erwerb der Führerscheinberechtigung Klasse 3 mit rund 100 Triebfahrzeugführer -AnwärterInnen durch. Unterstellt ist, dass 80% der AnwärterInnen den Ausbildungslehrgang erfolgreich beenden. Allen erfolgreich ausgelernten neuen TriebfahrzeugführernInnen bietet die S-Bahn Berlin eine unbefristete feste Einstellung an. Zudem führt die S-Bahn Berlin im Jahr 2012 mehrere Ausbildungslehrgänge mit dem Ausbildungsziel Lokrangierführer durch. Ziel ist es, dass Rangierleistungen zukünftig nicht mehr durch TriebfahrzeugführerInnen mit der Führerscheinberechtigung Klasse 3, sondern durch LokrangierführerInnen durchgeführt werden.“ Frage 11: Wann soll das neue Abfertigungssystem – das die Notwendigkeit des Aussteigens des Fahrpersonals zur Abfertigung beenden wird – eingeführt werden? Bis wann und in welchen Etappen ist die entsprechende Umrüstung der S-Bahn-Strecken geplant? Antwort zu 11.: Die S-Bahn Berlin GmbH teilt hierzu mit: „Das Abfertigungsverfahren ZAT-FM (Zugabfertigung durch den Triebfahrzeugführer über Fahrzeugmonitor), das in ähnlicher Form bereits bei der Hamburger S-Bahn eingesetzt wird, befindet sich derzeit im Typzulassungsprozess durch das Eisenbahnbundesamt (EBA). Erst nach Abschluss dieses Zulassungsprozesses, der im Laufe des 3. Quartals 2012 erwartet wird, und der betrieblichen Mitbestimmung, die sich daran anschließt, kann dieses Verfahren bei der S-Bahn Berlin GmbH eingeführt werden. Derzeit ist geplant, das neue Abfertigungsverfahren ab dem Frühjahr 2013 einzuführen . Die Einführung wird voraussichtlich Ende 2014 abgeschlossen sein. Das Verfahren ZAT-FM wird zukünftig im Wesentlichen an Stationen eingesetzt werden, wo heute die Zugabfertigung noch durch eine örtliche Aufsicht durchgeführt wird. Dann werden Aufsichten 21 sog. „Stammaufsichtsarbeitsplätze“ als Rückfallebene für die 3 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 312 4 Kundeninformation und die Zugabfertigung besetzen. Zusätzlich sind weiterhin mobile Aufsichten und Servicemitarbeiter überall im System der S-Bahn Berlin GmbH unterwegs und auch kurzfristig dort einsetzbar, wo sie z.B. wegen Schienenersatzverkehr oder im Großstörungsfall besonders benötigt werden.“ Berlin, den 12. April 2012 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. April 2012)