Drucksache 17 / 10 372 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 23. März 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. März 2012) und Antwort Wie steht es um die Berliner Präventionsarbeit gegen Gewalt an Kindern und Jugendlichen und die Beratungsarbeit in diesem Bereich? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie haben sich die Fallzahlen (Beratung, Fachberatung, Fortbildungen, Informationsveranstaltungen , Prävention) in den berlinweit arbeitenden Spezialberatungsstellen (Wildwasser, Kind im Zentrum, Strohhalm, Kinderschutzbund, Kinderschutzzentrum , Neuhland) in den letzten 5 Jahren entwickelt (Bitte pro Träger detailliert auflisten.)? Zu 1.: Die Entwicklung der Fallzahlen der berlinweit arbeitenden Spezialberatungsstellen in den letzten fünf Jahren ist der Anlage 1 zu entnehmen. 2. Wie hat sich die Finanzausstattung dieser Träger (bitte auch für Papatya und Hilfe für Jungs), insbesondere die Zuwendungen des Landes Berlin in den letzten 5 Jahren entwickelt? Zu 2.: Die Entwicklung der Finanzausstattung der auf-geführten Träger in den letzten 5 Jahren ist der Anlage 2 zu entnehmen. 3. Wie hat sich die Debatte um Kinderschutz und sexuellen Missbrauch der letzten Jahre auf die Arbeit der Beratungsstellen ausgewirkt? 5. Wie werden die Spezialberatungsstellen als insofern erfahrene Fachkräfte bei der Umsetzung der Beratungsansprüche einbezogen? Zu 3. und 5.: Die öffentliche Debatte um Kinderschutz und sexuellen Missbrauch hat in den letzten Jahren zu einer verstärkten Nachfrage nach Informations- und Fortbildungsveranstaltungen sowie zu einem Anstieg einzelfallbezogener Beratung und Fachberatung geführt. In Fällen vermuteten sexuellen Missbrauchs werden die Spezialberatungsstellen verstärkt als „insoweit erfahrene Fachkräfte“ zur Risikoeinschätzung bei gewichtigen Anhaltspunkten für Kindeswohlgefährdung gemäß § 8a, Abs. 2 SGB VIII hinzugezogen. Zur Erweite-rung der Fachberatung im Kinderschutz für Fachkräfte, Einrichtungen und Dienste wurden den Trägern Kind im Zentrum – Evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk gemeinnützige AG, Kinderschutz-Zentrum Berlin e.V. und Deutscher Kinderschutzbund - Landesverband Berlin e.V. daher seit 2010 erhöhte Fördermittel gewährt. Das Bundeskinderschutzgesetz setzt auf eine Stärkung der Zusammenarbeit zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gefahren für ihr Wohl und bezieht weitere Akteure außerhalb der Kinder- und Jugendhilfe ein, die sich aktiv in Netzwerkstrukturen zusammenzuschließen haben. Der in das SGB VIII eingefügte § 8b „Fachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen“ enthält in Abs. 1 einen Anspruch von kinder- und jugendnahen Berufsgruppen außerhalb des SGB VIII auf Beratung durch eine erfahrene Fachkraft im Falle einer Gefährdungseinschätzung. Dieser Anspruch richtet sich an den örtlichen Träger der Jugendhilfe. Die Aufgabe der Fachberatung im Kinderschutz kann auch einem freien Träger übertragen werden; insoweit sind Spezialberatungsstellen unverzichtbare Kooperationspartner und bei der Umsetzung des Beratungsanspruchs durch die Jugendämter einzubeziehen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10372 4. Wie plant der Senat nunmehr die Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes mit erheblich größeren Beratungsansprüchen für weitere Personengruppen als bisher? 6. Werden für die Umsetzung der Beratungsansprüche aus dem Bundeskinderschutzgesetz finanzielle Mittel bereitgestellt? Zu 4. und 6.: Neue Aufgaben und Anforderungen des Bundeskinderschutzgesetzes, insbesondere aus dem Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG Artikel 1) beziehen sich vor allem auf die Steuerungs- und Koordinierungsverantwortung für Netzwerke als auch auf neu hinzutretende Beratungsansprüche von Berufsgeheimnisträgern außerhalb der Jugendhilfe (z.B. Schule, Ärzte, Sport). Die Verteilung der Mittel, die Förderungsinhalte sowie das Abrechnungsverfahren werden über eine Verwaltungsvereinbarung geregelt. Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern sind noch nicht abgeschlossen. Hiervon wird auch der Umfang der auf Berlin entfallenden Mittel abhängig sein. Konkretisierungen werden erst mit der Verwaltungsvereinbarung als auch mit den Ergebnissen der eingerichteten Bund–Länder–Arbeitsgruppe zur Erstellung von Handlungsempfehlungen für die Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes möglich. 7. Wie viele Schulklassen werden von den berlinweiten Präventionsprogrammen gegen sexuellen Missbrauch erreicht? Zu 7.: Zu der Anzahl von Schulklassen, die über die berlinweiten Präventionsprogramme gegen sexuellen Missbrauch erreicht werden, liegen keine Angaben vor. Grundsätzlich obliegt die Teilnahme an diesen Angeboten der Eigenverantwortung der Schulen. Die Beantwortung dieser Frage setzt eine umfangreiche Abfrage der Berliner Schulen voraus. Dies ist im Rahmen der zur Bearbeitung zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 8. Welchen Stellenwert haben die Ergebnisse des Runden Tisches Sexueller Missbrauch für den Berliner Senat? 9. Wie und wann wird das Land Berlin die Ergebnisse und Forderungen des Runden Tisches Sexueller Missbrauch umsetzen? Zu 8. und 9.: Berlin steht zu den Vereinbarungen des Runden Tisches; im Rahmen dieser Verpflichtung wird auch Berlin den Betroffenen die notwendigen Hilfeleistungen wie therapeutische Versorgung, aber auch Beratung und Vorsorge zukommen lassen. Im Einvernehmen mit der Mehrheit der Länder sieht Berlin die staatliche Verantwortung für die Entschädigung bzw. Wiedergutmachung für Opfer sexueller Gewalt nur für den institutionellen Bereich, weil eine staatliche Wiedergutmachungsleistung nur aus einer rechtlichen Verantwortung erwachsen kann. Der Senat steht einer Ausstattung des Fonds zur Wiedergutmachung erlittenen Unrechts in Fällen von sexuellem Kindesmissbrauch grundsätzlich positiv gegenüber. Für verbindliche Festlegungen sind konzeptionelle Grundlagen von Seiten des Bundes erforderlich, die die Rahmenbedingungen einer Umsetzung der Forderungen in Bund-Länder-Verantwortung spezifizieren. Darüber hinaus ist bereits in Federführung der Landeskommission Berlin gegen Gewalt unter Berücksichtigung der zentralen Ergebnisse und Forderungen des Runden Tisches Sexueller Missbrauch ein Konzept für ein “Netzwerk gegen sexuelle Gewalt“ erarbeitet worden. Das Konzept beinhaltet den Aufbau einer Netzwerkstruktur und soll im Rahmen einer Projektorganisation umgesetzt werden. Die Beschlussfassung des Konzeptes ist auf der Tagesordnung der Landeskommission Berlin gegen Gewalt. Berlin, den 25. April 2012 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Mai 2012) 2 Anlage 1 zur Antwort auf die kleine Anfrage 17/10372 Beratung Fachberatung1 Fortbildungen1 Informations- veranstaltungen Prävention 1 2007 3287 57 2008 3073 in Info-Veranst. enthalten 60 2009 3750 18 64 2010 3921 32 57 2011 4005 31 96 Beratung Fachberatung Fortbildungen Informations-veranstaltungen Prävention 1 2007 655 276 11 52 2008 671 397 74 146 2009 772 429 87 125 2010 885 498 82 127 2011 940 387 85 143 Beratung Fachberatung1 Fortbildungen1 Informations- veranstaltungen Prävention 1,2 2007 1670 460 2008 1630 470 2009 1700 150 2010 1780 150 2011 218 283 48 13 34 Schule15 Kita 1 Reine Präventionsveranstaltungen (primäre Prävention, Konzeptentwicklung) finden auf Anfrage im Kita- und Schulbereich etc. ca. 20 - 30 im Jahr statt. Sekundäre und tertiäre Prävention spielt in allen fallbezogenen Beratungsprozessen eine wichtige Rolle. Fortbildungen, Elternabende und Informationsveranstaltungen (z.B. für Sportvereine) sind Prävention. 1 In den freistehenden Feldern wurden die Daten nicht systematisch erhoben. 2 Präventionsprogramm umfasst Vorbereitung, Workshop, Elternabend und Nachbereitung 1 In den freistehenden Feldern wurden die Daten nicht systematisch erhoben. Strohhalm e.V. Jahr Fallzahlen Fallzahlen der berlinweit arbeitenden Spezialberatungsstellen (im Bereich Gewalt an Kindern und Jugendlichen) Kind im Zentrum - EJF gemeinnützige AG Jahr Fallzahlen Fallzahlen Wildwasser Arbeitsgemeinschaft gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen e.V. Jahr Seite 1 von 2 Anlage 1 zur Antwort auf die kleine Anfrage 17/10372 Beratung Fachberatung Fortbildungen Informations- veranstaltungen1 Prävention 1 2007 383 165 8 55 2 Starke-Eltern-Kurse 2008 352 218 12 47 2009 409 173 12 36 2 Starke-Eltern-Kurse 2010 490 230 27 32 2 Starke-Eltern-Kurse 2011 431 235 25 28 Beratung1 Fachberatung1 Fortbildungen2 Informations- veranstaltungen Prävention 3 2007 1456 210 25 47 54 2008 1315 227 24 40 35 2009 1354 300 38 27 54 2010 1237 373 36 41 62 2011 1272 387 45 39 43 Beratung Fachberatung1 Fortbildungen2 Informations- veranstaltungen3 Prävention 4 2007 4177 in Beratung enthalten 57 1360 2008 3870 in Beratung enthalten 50 1262 2009 3829 in Beratung enthalten 78 1552 2010 4340 in Beratung enthalten 67 1156 2011 4202 in Beratung enthalten 59 1425 1 Sind nicht gesondert erfasst. 2 Sind im Rahmen der Zuwendungsaufgabe nicht möglich durchzuführen. Die Informationsveranstaltungen haben jedoch fortbildenden und präventiven Charakter. 3 Anzahl der durchgeführten Veranstaltungen 4 Anzahl der erreichten Besucher in den Informationsveranstaltungen (Schulen etc.). 1 Die Zahlen können nicht auseinanderdividiert werden (es handelt sich dabei um themenbezogene Veranstaltungen, die Präventionsarbeit u.a. ausmachen). 1 Die Angaben beziehen sich auf die Zahl der beratenen Familien bzw. Fachkräfte, nicht auf die Zahl der Sitzungen, die im Rahmen der Beratung stattgefunden haben. 2 Die Angaben geben nur die Zahl der Fortbildungen an, nicht die Dauer. Der überwiegende Teil der Fortbildungen war mehrtägig. 3 Die Zahl der Elternabende und die Anzahl der Sitzungen der Eltern-Kind-Gruppe ist addiert. Jahr Fallzahlen Neuhland e.V. Jahr Deutcher Kinderschutzbund Landesverband Berlin e.V. Jahr Fallzahlen Fallzahlen Kinderschutz-Zentrum Berlin e.V. Seite 2 von 2 Anlage 2 zur Antwort auf die kleine Anfrage 17/10372 Finanzierungsausstattung der berlinweit arbeitenden Spezialberatungsstellen (im Bereich Gewalt an Kindern und Jugendlichen) Beratungsstelle Finanzierungsausstattung 2007 2008 2009 2010 2011 Wildwasser 451.990,00 € 451.990,00 € 451.990,00 € 451.990,00 € 451.990,00 € Kind im Zentrum 482.660,00 € 482.660,00 € 482.660,00 € 506.660,00 € 497.660,00 € Strohhalm 121.780,00 € 121.780,00 € 121.780,00 € 121.780,00 € 121.780,00 € Kinderschutzbund 122.770,00 € 122.770,00 € 122.770,00 € 146.770,00 € 137.770,00 € Kinderschutz-Zentrum 531.750,00 € 531.750,00 € 531.750,00 € 555.750,00 € 555.750,00 € Neuhland 513.340,00 € 513.340,00 € 513.340,00 € 513.340,00 € 513.340,00 € Papatya 342.720,00 € 342.720,00 € 342.720,00 € 342.720,00 € 342.720,00 € Hilfe für Jungs Subway 172.000,00 € Subway 157.000,00 €Berl. Jungs 30.000,00 € Subway 157.000,00 € Berl. Jungs 30.000,00 € Subway165.360,00 € Berl. Jungs 30.000,00 € Subway 165.360,00 € Berl. Jungs 30.000,00 € ka17-10372 ka17-10372-Anl1 ka17-10372-Anl2 Tabelle1