Drucksache 17 / 10 378 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Bangert (GRÜNE) vom 27. März 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. März 2012) und Antwort Übernahme von befristetet eingestelltem Personal in den Jobcentern durch das Land Berlin? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Die Kleine Anfrage betrifft auch Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Kenntnis beantworten kann. Er hat für die Beantwortung Informationen bei der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit eingeholt. 1. Wie hoch ist der aktuelle Anteil von befristetem Personal in den 12 Berliner Jobcentern zum Stichtag 01.März 2012? (bitte die Angaben für jedes Jobcenter einzeln aufführen) Zu 1.: Der Anteil des befristet beschäftigten Personals in den Berliner Jobcentern(JC) zum Stichtag 01.03.2012 ist der nachstehenden Tabelle zu entnehmen: Jobcenter befristete Kräfte (Bundesagentur für Arbeit + Kommune) relativ Lichtenberg 18,5% Mitte 16,7% Marzahn-Hellersdorf 19,2% Neukölln 20,0% Pankow 17,7% Reinickendorf 19,7% Spandau 20,6% Steglitz-Zehlendorf 19,6% Treptow-Köpenick 18,6% Tempelhof-Schöneberg 16,0% Charlottenburg-Wilmersdorf 21,7% Friedrichshain-Kreuzberg 18,7% 2. Wie viele Arbeitsverhältnisse von befristet eingestellten Personen laufen in den kommenden 12 Monaten in den jeweiligen Jobcentern aus, weil sie nur noch unbefristet verlängert werden können? Zu 2.: Wie viele der befristeten Arbeitsverhältnisse in den kommenden 12 Monaten auslaufen, ist derzeit noch nicht absehbar. Die Bundesagentur für Arbeit ist bemüht, höhere Stellenetatisierungen für die Berliner Grundsicherungsträger zu erhalten, um zusätzliche Entfristungen zu ermöglichen. 3. Teilt der Senat die Auffassung, dass die Berliner Jobcenter damit gut eingearbeitetes und in der Regel sehr leistungsfähiges und leistungsbereites Personal verlieren? Wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht der Senat daraus? Wenn nein, warum nicht? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10378 Zu 3.: Der Gesetzgeber hat mit dem Teilzeit- und Befristungsgesetz einen engen Rahmen für die zeitliche Befristung von Beschäftigungsverhältnissen ohne Sachgrund gesetzt. Ein stabiler Personalkörper ist die Voraussetzung für eine kontinuierliche und qualitativ gute Kundenbetreuung in der Grundsicherung für Arbeitssuchende . Beide Träger sind daher sehr daran interessiert, möglichst viele der befristet beschäftigten und gut eingearbeiteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in eine Dauerbeschäftigung zu überführen. 4. Wie viele Stellen in den Kapiteln 3960 „Jobcenter“ der Bezirkshaushaltspläne sind in den jeweiligen Bezirken aktuell (Stichtag 1.März 2012) unbesetzt (bitte für jeden Bezirk einzeln ausweisen)? Zu 4.: Die im Haushaltsplan 2011 sowie im Haushaltsplanentwurf 2012 der Bezirke im Kapitel 3960 veranschlagten Stellen sowie der Personalbestand in Vollzeitäquivalenten (VZÄ) nach der Erhebung der Personalstatistikstelle im Dezember 2011 sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen: Bezirk Stellen 2011 Stellen 2012 Dezember 2011 VZÄ Mitte 257,75 251,75 182,1 Friedrichshain-Kreuzberg 171,75 158,75 144,5 Pankow 149,75 134,75 123,7 Charlottenburg-Wilmersdorf 110,65 110,65 89,2 Spandau 89,40 89,40 69,3 Steglitz-Zehlendorf 67,00 73,00 67,8 Tempelhof-Schöneberg 163,50 109,00 101,0 Neukölln 293,25 291,25 182,6 Treptow-Köpenick 122,75 104,00 85,0 Marzahn-Hellersdorf 197,50 180,00 167,6 Lichtenberg 163,62 143,87 142,4 Reinickendorf 85,65 84,65 56,8 Berlin gesamt 1.872,57 1.718,33 1.412,1 5. Trifft es zu, dass die Problematik des von der Agentur für Arbeit wegen der Befristungsregelungen und ausgelasteten Stellenplänen nicht weiter zu beschäftigenden Personals auch in anderen Großstädten existiert und dass z.B. in Bremen, Köln oder München die Kommunen dieses Personal dauerhaft auf unbesetzte kommunale Stellen in den Jobcentern übernehmen? Zu 5.: Im Rahmen der Personalgestellung für die Jobcenter durch die Träger Bundesagentur und Kommune gibt es neben den Stellen für Plankräfte und Amtshilfe auch (mit stark abnehmender Tendenz) befristete Beschäftigungsmöglichkeiten, die regelmäßig nur im Rahmen eines auf höchstens 2 Jahre befristeten Arbeitsvertrages beim jeweiligen Träger besetzt werden können. Sofern mangels vakanter Stellen im Personalhaushalt der Bundesagentur für die Jobcenter eine Übernahme der befristeten Kräfte nicht möglich war bzw. ist, sind auch im Bezirk der Regionaldirektionen NiedersachsenBremen , Nordrhein-Westfahlen und Bayern in Einzelfällen ehemalige Mitarbeiter/innen der Bundesagentur von den Kommunen befristet oder dauerhaft, im Rahmen der Beschäftigungsmöglichkeiten des kommunalen Trägers, die dieser für die JC zur Verfügung stellt, übernommen worden. Diese Vorgehensweise ist nicht auf die Jobcenter in den Großstädten wie Bremen, Köln oder München beschränkt, sondern im gesamten Bundesgebiet zu beobachten. 6. Trifft es zu, dass das Personal der Jobcenter – unabhängig von der zugehörigen Trägerseite und unabhängig ob befristet oder nicht befristet – vom Land Berlin nur mit 15,2 Prozent finanziert werden muss und dem Land Berlin daher durch die Übernahme von auslaufenden Beschäftigungsverhältnissen der Agentur für Arbeit keine zusätzlichen finanziellen Belastungen und kein Kostenrisiko entstehen? Zu 6.: Der Anteil des Bundes an den Gesamtverwaltungskosten der gemeinsamen Einrichtungen beträgt nach § 46 Abs. 3 SGB II 84,8 vom Hundert. Die Differenz von 15,2 vom Hundert ist der kommunale Finanzierungsanteil für die kommunalen Aufgaben. Die Gesamtverwaltungskosten umfassen die personellen, sächlichen sowie sonstigen Aufwendungen der gemeinsamen Einrichtung zur Durchführung der Aufgaben nach § 6 SGB II. Das heißt, das Land Berlin trägt auch 15,2 % aller Personalkosten, unabhängig, bei welchem Träger das Arbeitsverhältnis besteht. 7. Trifft es zu, dass selbst bei einer Übernahme von ehemals befristetet durch die Agentur für Arbeit eingestellten Arbeitskräften in den Landesdienst diese nur dann aus den Jobcentern in die Bezirks- oder Landesverwaltung wechseln können, wenn die zuständigen Bezirksverwaltungen einem solchen Wechsel zustimmen? Wenn ja, warum ist dies so geregelt? Zu 7.: Die Beschäftigten werden von den jeweiligen Trägern der Gemeinsamen Einrichtung zugewiesen. Die Zuweisung kann jedoch auf Verlangen der Beschäftigten aus wichtigem Grund jederzeit beendet werden. Die Übernahme einer bisher bei der Bundesagentur für Arbeit 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10378 beschäftigten Arbeitskraft wäre mit einem Dienstherrenbzw . Arbeitgeberwechsel verbunden, das heißt es wäre eine Außeneinstellung für den jeweiligen Bezirk. Es versteht sich von selbst, dass dies nicht ohne Zustimmung des Bezirks möglich sein kann, zumal auch bei Beendigung der Zuweisung weiterhin ein Beschäftigungsanspruch gegen den Bezirk besteht. 8. Warum sieht der Senat die Übernahme des genannten Personals nicht als große Chance dem sich auch für die Bezirksverwaltungen deutlich abzeichnenden Fachkräftemangel zu begegnen und so auch in Zukunft z.B. eine effizientes und effektives Transferkostencontrolling zu sichern? Zu 8.: Der Senat hat seit Gründung der Arbeitsgemeinschaften im Jahr 2005 deutlich gemacht, dass es im Interesse des Landes Berlin liegt, den Jobcentern möglichst viele vorhandene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einschließlich Überhangkräfte zur Verfügung zu stellen. So liegt der Anteil der im Land Berlin Beschäftigten zurzeit immer noch bei mehr als 20 vom Hundert des Gesamtpersonalbestandes, wobei der jeweilige Anteil zwischen den Bezirken variiert. Es muss jedoch ausgeschlossen werden, dass bei einem Rückgang der Zahl der Arbeitssuchenden für das Land Berlin ein finanzielles Risiko für das überzählige Personal entsteht. Grundsätzlich muss daher von jedem Träger erwartet werden, dass er das für die Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderliche Personal zur Verfügung stellt. Der kommunale Träger Berlin stellt – wie dargestellt - rd. 20 vom Hundert des Personals der Jobcenter, obwohl der Gesetzgeber offenkundig davon ausgeht, dass nur rd. 15 vom Hundert der Aufgaben Kommunalaufgaben sind. Berlin, den 23. April 2012 Dilek Kolat Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mai 2012) 3