Drucksache 17 / 10 379 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Turgut Altug (GRÜNE) vom 26. März 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. März 2012) und Antwort Smiley-System „eine never ending story?“ Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. „Der Verbraucher soll zeitnah über die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen informiert werden. Dazu wird auf einfache und nachvollziehbare Weise über den aktuellen Hygienezustand eines Betriebs hingewiesen .“, heißt es in der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU. Wann können die Berlinerinnen und Berliner mit der Umsetzung dieses Vorhabens durch den Senat rechnen? Zu 1.: Die Umsetzung ist bereits mit der Fortführung des Berliner Transparenzmodells, das zum 01.07.2011 im Vorgriff auf die Einführung des bundeseinheitlichen Transparenzmodells auf Beschluss der BezirksstadträteSitzung vom 23.05.2011 eingeführt wurde, erfolgt. Durch die damalige Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz (SenGUV) wurden die technischen Voraussetzungen geschaffen, indem eine entsprechende Programmierung in der Fachanwendung veranlasst wurde; des Weiteren wurde eine Datenbank programmiert und auf der Internetseite der SenGUV eingestellt. Die Öffentlichkeit wurde über und zum Berliner Transparenzmodell durch SenGUV informiert. Die Informationen können im Internet abgerufen werden unter dem Link http://www.berlin.de/sen/verbraucherschutz/lebensmit tel-ernaehrung/kontrollergebnisse/index.de.html Hier wurden durch die Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämter in Berlin (Vet.-Leb.-Amt) bis-lang die Angaben zu insgesamt 822 Berliner Betrieben veröffentlicht (Stand 02.04.2012). 2. Welche Initiativen hat der Senat in der Verbraucherschutzministerkonferenz ergriffen, um schnell zu einer bundeseinheitlichen Regelung zu kommen? Für welches Kennzeichnungssystem (z.B. Smiley-Pikto-gramme, Hygiene-Ampel, Kochlöffel) wird sich der Senat dort einsetzen? Zu 2.: Der Senat hat sich beim bundeseinheitlichen Modell zur Transparentmachung der Kontrollergebnisse von Lebensmittelunternehmen dafür eingesetzt, dass folgende Aspekte maßgeblich berücksichtigt werden: • Bundeseinheitliche, rechtlich verankerte Beur- teilungsgrundlage • Kostenneutralität/geringer Aufwand für die Be- hörden • Verständlichkeit für den/die Verbraucher/-in • Aktualität und Sachlichkeit der Information • Anreiz zur Verbesserung für den/die Lebensmittelunternehmer/-in Im Weiteren hat sich der Senat insbesondere dafür eingesetzt, dass 1. als Bezugssystem eine Konzentration auf die Hauptmerkmale II und IV der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Rahmen-Überwachung (AVVRÜb ) erfolgt, 2. die Ausgestaltung des Kontrollbarometers eine einfache Darstellung erfolgt, 3. Nachkontrollen auf Wunsch des Lebensmittelbetriebes im Rahmen der üblichen Verwaltungspraxis erfolgen (Nachkontrollen bei gravierenden Mängeln) und darüber hinaus Nachkontrollen auf Begehren des Lebensmittelbetriebes ab 40 Punkten innerhalb von 3 Monaten ab Abstellung des Mangels, wobei bei der Nachkontrolle ausschließlich die Abstellung der Mängel aus der vorangegangenen Regelkontrolle überprüft wird, erfolgen sollen. Und dass das Ergebnis der Nachkontrolle Berücksichtigung in der Abbildung der vorherigen Kontrollen findet, Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10379 4. die Ergebnisse von Nachkontrollen im Aushang berücksichtigt werden sollen, wenn erwähnt wird, dass die Bewertung durch eine Nachkontrolle verändert wurde, 5. im Internet die vorherigen Kontrollen abgebildet werden können und im Aushang in der Betriebsstätte jeweils nur die letzte zeitnahe Kontrolle abgebildet werden sollte, 6. das Aushängen des Barometers o. ä. durch die Behörde als Realakt anzusehen ist, 7. Übergangslösungen gefunden werden, 8. die Aushändigung des Aushangs mit einer Gebühr zu versehen ist. 3. 2011 hieß es „die Senatsverwaltung für Verbraucherschutz bestätigte, dass von einer entsprechenden Änderung des Gaststättengesetzes abgesehen werde. Die Verfassungsjuristen hätten Bedenken angemeldet“. Welche Bedenken sind das? Wie viele Beschwerden über oder Widersprüche gegen die Veröffentlichung der Hygienekontrollergebnisse im Rahmen des bestehenden „Transparenzsystems“ auf www.berlin.de wurden bislang eingelegt? Zu 3.: Im Hinblick auf die Föderalismusreform (Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006, BGBl I. I S. 2034) war den Ländern u. a. ermöglicht worden, das Gaststättenrecht in eigener Kompetenz zu regeln. Hiervon wollte auch das Land Berlin Gebrauch machen. Bei der Erarbeitung der Gesetzesvorlage kam auch die Frage auf, dort eine Regelung über ein Smiley-System nach dänischem Vorbild einzuführen. Die rechtliche Prüfung ergab dann jedoch verfassungsrechtliche Bedenken wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz des Landes, da die vorgesehene Regelung dem Recht der Lebensmittel nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 20 Grundgesetz, und nicht dem Recht der Wirtschaft (Artikel 74 Abs. 1 Nr. 11 Grundgesetz) unterfallen würde. Das Recht der Lebensmittel gehört zu der konkurrierenden Gesetzgebung, von der der Bundesgesetzgeber zulässigerweise insbesondere mit dem Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch und dem Verbraucherinformationsgesetz Gebrauch machte. Des Weiteren wurden hinsichtlich der Einführung einer Smiley-Regelung materiell-rechtliche Bedenken gesehen, die in einem nicht auszuschließenden grundrechtlichen Eingriffscharakter des Smiley begründet sind. Nach Kenntnis des Senats gingen bei den am Berliner Transparenzmodell teilnehmenden Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämtern (Widerspruchsbehörden) bislang je ca. 37 Beschwerden und Widersprüche bzw. Einsprüche gegen die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse im Rahmen des Berliner Transparenzmodells ein. 4. Wie viele Beschwerden über oder Widersprüche gegen die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse im Rahmen des Pankower Modells wurden bislang eingelegt? Zu 4.: Seit der Einführung des Pankower Smiley- Systems gab es zwei Anträge auf einst-weiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Berlin. Einer ca. April/Mai 2009 und einer ca. Mai 2010. Beide Anträge wurden jedoch zurückgezogen und betrafen die Version der Negativliste. Seit der Umstellung des Systems auf das „neue“ Pankower Smiley-System gab es keinerlei Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz. Widersprüche gibt es keine, da durch die Pankower Behörde die Veröffentlichung als Realakt gehandhabt wird. Eine gesonderte Statistik wird nicht geführt. Nach grober Schätzung äußern sich ca. 70 bis 80 % der Betriebe gar nicht und ca. 5 % möchten keine Auskunftserteilung. 5. Wie bewertet der Senat diese Zahlen vor dem Hintergrund einer möglichen berlinweiten Einführung des Pankower Modells? Zu 5.: Der Senat sieht die unter den Nrn. 3 und 4 erhobenen Angaben zu Zahlen über Beschwerden und/oder Widersprüche nicht als Bewertungsgrundlage für eine berlinweite Einführung des Pankower Modells an. 6. Plant der Senat das bestehende „Trans- parenzsystem“ auf www.berlin.de durch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit bekannter zu machen? Zu 6.: Der Senat sieht die Internetseite als ausreichend für eine Öffentlichkeitsarbeit an. Eine weitere verstärkte Öffentlichkeitsarbeit wird im Hinblick darauf, dass Berlin grundsätzlich ein bundeseinheitliches Transparenzmodell befürwortet und unterstützt und das Berliner Transparenzmodell „Vorläufer“ für das bundeseinheitliche Modell eingeführt wurde, dem sich mit Einführung auch angeschlossen wird, nicht als erforderlich angesehen. Berlin, den 25. April 2012 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Mai 2012) 2