Drucksache 17 / 10 381 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Heiko Thomas (GRÜNE) vom 27. März 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. März 2012) und Antwort Erhaltung des MVZ Helios sichern Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen bzw. plant der Senat zur Sicherung des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) Helios in Buch? Zu 1.: Die Entscheidung, ob dem MVZ Helios in Buch wegen des Verdachtes auf Falschabrechnung die Zulassung zu entziehen ist oder nicht, liegt allein bei dem Zulassungsausschuss für Ärzte, der mit Vertreterinnen und Vertretern der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) paritätisch besetzt ist. Der Senat kann auf die Entscheidung des Zulassungsausschusses inhaltlich keinen Einfluss ausüben. Ihm bzw. der für die Aufsicht zuständigen Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales des Landes Berlin obliegt gemäß § 97 Absatz 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch nur die Aufsicht über die Geschäftsführung und damit nicht über die Spruchpraxis des Zulassungsausschusses. Die Entscheidungen des Zulassungsausschusses sind aber rechtsmittelfähig. Das heißt, die Beteiligten des Verfahrens - das MVZ Helios, die Krankenkassen und die KV Berlin - können gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses später ggf. Rechtsmittel einlegen. 2. Wie bewertet der Senat die Neuregelungen des GKV-Strukturreformgesetzes und welche Chancen sieht der Senat hierin für die Sicherung des MVZ-Helios in Buch? Zu 2.: Das seit dem 01.01.2012 geltende Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz ) wird Flexibilisierungen bei der Bedarfsplanung bringen, wobei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar ist, wie sich diese neuen Möglichkeiten konkret auswirken werden. Die neuen Rechtsvorschriften sind noch nicht vollständig umgesetzt. Die bisherige bzw. geltende Bedarfsplanungs -Richtlinie ist starr und veraltet und insofern nicht mehr zeitgemäß. Nach dem GKV-Versorgungs- strukturgesetz ist der Gemeinsame Bundesausschuss dazu verpflichtet, bis Ende dieses Jahres eine neue Bedarfsplanungs -Richtlinie zu entwickeln. Der Senat geht davon aus, dass bereits auf dieser Grundlage eine sachgerechtere Bedarfsplanung in Berlin erfolgen kann. Darüber hinaus wird es - anders als nach der bisherigen Rechtslage - die Möglichkeit geben, zum Zwecke der bedarfsgerechten Versorgung aufgrund regionaler Besonderheiten wie Demographie und Morbidität von den Vorgaben dieser neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie abzuweichen. Auch diese Neuerung bietet Chancen für eine flexiblere und sachgerechtere Bedarfsplanung in Berlin und nach Ansicht des Senates damit ggf. auch Chancen für die Versorgungsplanung in Berlin-Buch. 3. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat über das Vorgehen der KV Berlin gegenüber dem MVZ-Helios Buch vor? 4. Wie bewertet der Senat das Vorgehen der KV Berlin gegenüber dem MVZ Helios Buch? Zu 3. und 4.: Soweit dem Senat bekannt, hat die KV Berlin wegen des Verdachtes auf Falschabrechnung Strafanzeige und beim Zulassungsausschuss für Ärzte Anträge auf Entziehung von Zulassungen gestellt. Dem Senat obliegt es nicht, dieses Vorgehen der KV Berlin zu bewerten . Der Senat bzw. die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales hat lediglich die Rechtsaufsicht über die KV Berlin und ein Verstoß gegen geltendes Recht ist darin nicht zu sehen. Im Übrigen entscheidet, soweit Strafanzeige gestellt wurde, über das strafrechtliche Vorgehen oder die Einstellung des Verfahrens mit oder ohne Geldauflage und deren Höhe allein die Staatsanwaltschaft und bei Anklage das Strafgericht. 5. Welche Erkenntnisse hat der Senat über den Vorwurf des Abrechnungsbetruges gegenüber dem MVZHelios ? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 381 Zu 5.: Bei der Staatsanwaltschaft Berlin werden acht Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs des Abrechnungsbetruges gegen Mitarbeiter/innen des MVZ Helios geführt. Es besteht jeweils der Verdacht, dass die abgerechneten Leistungen nicht persönlich durch die in den Rechnungen ausgewiesenen Personen, sondern durch [vertragsärztlich] nicht zugelassenes oder nicht ausreichend qualifiziertes ärztliches Personal erbracht wurden . Die Ermittlungen dauern noch an. 6. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Vor- würfe gegenüber anderen MVZen in Berlin? Zu 6.: Bei der Staatsanwaltschaft Berlin geführte Ermittlungsverfahren betreffen insgesamt 19 Medizinische Versorgungszentren, darunter das DRK, Vivantes, MVZ Torstraße und MVZ Orthos. Mit Ausnahme des DRKVerfahrens und des gegen Mitarbeiter/innen des MVZ Torstraße geführten Verfahrens, in denen jeweils Anklage wegen Betruges bzw. Untreue erhoben wurde, befinden sich sämtliche weitere Verfahren in laufenden Ermittlungen . Im ambulanten Bereich werden Zulassungen grund- sätzlich nicht für Einrichtungen, sondern für den einzelnen Arzt oder die einzelne Ärztin erteilt und die Leistung muss – anders als im stationären Bereich – auch von diesem Arzt oder dieser Ärztin selbst erbracht werden, um abgerechnet werden zu dürfen. Es scheint, als ob Krankenhäuser häufig keine ausreichende strukturelle und organisatorische Trennung zwischen dem stationärem Bereich und den MVZen vornehmen und daher die für den ambulanten Bereich zwingenden Vorgaben der persönlichen Leistungserbringung durch den zugelassenen Arzt oder die zugelassene Ärztin bzw. durch die Assistenzärzte /innen nur nach individueller Genehmigung durch den Zulassungsausschuss und unter Aufsicht des zugelassenen Arztes oder der zugelassenen Ärztin, nicht eingehalten würden. MVZen sind unabhängig von ihrer Trägerschaft im ambulanten Bereich tätig und müssen daher die für diesen Bereich geltenden Regelungen einhalten. 7. Wie bewertet der Senat das Vorgehen der KV- Berlin gegenüber den MVZen in Berlin? Zu 7.: Siehe Antworten zu 3. und 4. 8. Sind dem Senat weitere Betrugsfälle oder Er- mittlungen gegenüber MVZen im Bundesgebiet bekannt? 9. Und wenn ja, welche und wenn nein, sieht der Senat ein Berliner Spezifikum im Vorgehen gegenüber den MVZen? Zu 8. und 9.: Von der Staatsanwaltschaft Berlin wurden insgesamt acht weitere eingeleitete Ermittlungsverfahren , die das MVZ Helios betreffen, an örtlich zuständige , auswärtige Staatsanwaltschaften, namentlich die Staatsanwaltschaften Breisach, Erfurt, Krefeld, Leipziger Land, Müllheim, Schwelm, Wuppertal 1 und Wuppertal 2 abgegeben. Ob daneben noch weitere Verfahren im Bundesgebiet gegen Medizinische Versorgungszentren geführt werden, ist nicht bekannt. Ein Berliner Spezifikum im Vorgehen gegenüber den MVZen wird von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales nicht gesehen. Berlin, den 27. April 2012 Mario Czaja Senator für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10 Mai 2012) 2