Drucksache 17 / 10 382 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Heiko Thomas (GRÜNE) vom 28. März 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. März 2012) und Antwort Aktuelle Situation im ÖGD verbessern! Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie sieht die aktuelle personelle Situation im ÖGD in Berlin aus? (Bitte alle Stellen nach Bezirken aufgegliedert und unterteilt nach Fachbezeichnungen, Anzahl Soll, Anzahl Stellen, Anzahl besetzt angeben. Zu 1.: Aktualisierte Zahlen zum Personalbestand im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) liegen nicht vor. Die jährliche Abfrage erfolgt im II. Quartal. 2. Ist der Senat der Auffassung, dass der ÖGD seine stetig wachsenden Aufgaben im Bereich der Gesundheitsvorsorge und –überwachung mit den vorgesehenen (Soll)- Stellen in Berlin erfüllen kann? Zu 2.: Mit der personellen Ausstattung der vom Senat beschlossenen Zielstruktur für den ÖGD ist es möglich, die nach dem Gesundheitsdienstgesetz (GDG) anstehenden Aufgaben des ÖGD zu erfüllen. Die Auswirkungen zu der veränderten Situation gegenüber der vom Senat beschlossenen Zielstruktur im ÖGD bitte ich den Antworten zu den Fragen 6, 11, 12 und 14 zu entnehmen. 3. Wie ist die aktuelle tarifliche Entlohnung im ÖGD? (Bitte nach Bezirken differenzieren) Zu 3.: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Öffentlichen Gesundheitsdienstes werden nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) bzw. nach dem Berliner Besoldungsgesetz vergütet. Für das ärztliche Klinikpersonal gilt im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern (TV- Ärzte/VKA). Die entstandene Konkurrenzsituation erschwert es, frei werdende Stellen mit geeigneten Fachkräften zu besetzen. Probleme treten dabei insbesondere in den Fachgebieten Öffentliches Gesundheitswesen, Psychiatrie, Zahnheilkunde sowie Kinder- und Jugendheilkunde auf. Ärzte/innen die aus einem Krankenhaus in den ÖGD wechseln, müssen mit Einkommensverlusten rechnen. Eine differenzierte Aufstellung der Stellenvergütung in den Bezirken ist insbesondere aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich. 4. Wie wurde die Möglichkeit, einzelnen Ärztinnen und Ärzten vorzeitig Erfahrungsstufen einzuräumen von den Bezirken wahrgenommen? (Bitte nach Bezirken aufschlüsseln ). Zu 4.: Zur Verbesserung der Einkommenssituation für Ärztinnen und Ärzte im ÖGD wurde durch das Rundschreiben I Nr. 42/2011 vom 29. 03. 2011 der Senatsverwaltung für Inneres und Sport im Rahmen des geltenden Tarifrechtes (§16 TV-L) den Dienststellen die Möglichkeit eröffnet, eigenverantwortlich im Rahmen der Einzelfallprüfung bei Neueinstellungen und bei vorhandenen Ärztinnen/Ärzten bis zu zwei Stufen vorweg zu gewähren bzw. bei Neueinstellungen förderliche Zeiten bei der Stufenzuordnung zu berücksichtigen. Je nach Lage des Einzelfalles ist es dadurch möglich, Entgelte der höchsten Stufe zu zahlen. Die Anwendung der Möglichkeiten erfolgt in den Bezirken unterschiedlich. Die Regelung ist zunächst bis zum 31. Oktober 2012 befristet. 5. Wie bewertet der Senat die Tarifungleichheit zwischen Ärztinnen und Ärzten im ÖGD und anderen Ärztinnen und Ärzten im Dienst des Landes Berlin, die durch die Tarifangleichung an TV- Ärzte Land vom 10. Mai 2011 entstanden ist? Zu 5.: Der TV- Ärzte gilt in seinem originären Geltungsbereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) nur für Universitätskliniken und einige Justizvollzugskrankenhäuser . Es wird darauf abgestellt, dass Aufgaben in der Patientenversorgung wahrgenommen werden . Dies ist eine Anforderung, die in den Gesundheitsämtern in der Regel nicht erfüllt ist. Das Land Berlin hat die Regelungen modifiziert für die Ärztinnen/Ärzte des Justizvollzugskrankenhauses Berlin, des Krankenhauses Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 382 des Maßregelvollzuges und der Einrichtungen der Sicherungsverwahrung übernommenen. Eine Erstreckung auf weitere Bereiche kommt nur dann in Betracht, wenn auch bei der TdL Derartiges vereinbart wird. Für die Ärztinnen/Ärzte im ÖGD gilt deshalb, wie in den übrigen Ländern der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, der TV-L. Der Senat hält es für ausreichend, wenn von den hierin vorgesehenen Möglichkeiten bei Personalengpässen Gebrauch gemacht wird (siehe Nr. 3) 6. Welche Maßnahmen plant der Senat, die schwierige Stellensituation zu beheben? Zu 6.:Zur Umsetzung der in den vom Abgeordneten- haus gebilligten Richtlinien der Regierungspolitik enthaltenen Vorgaben zum Personalabbau der Bezirke wurde eine Arbeitsgruppe mit den Bezirken eingerichtet. In dieser Arbeitsgruppe soll eine Vereinbarung über das Berechnungsmodell zur Aufteilung des in dieser Legislaturperiode zu erbringenden Abbaus auf die einzelnen Bezirke erfolgen. Für jeden Bezirk soll ein Abbaupfad mit jahresbezogenen Abbauschritten vereinbart werden. Bei Einhaltung der jährlichen Abbauraten sollen die bisherigen Einstellungsrestriktionen entfallen. Der Senat erwartet , dass die Bezirke bei den sich danach ergebenden Einstellungsmöglichkeiten den Bereich des ÖGD vorrangig berücksichtigen. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales hat im Rahmen des Modernisierungsprogramms „Service Stadt Berlin 2016“ ein Projekt eingereicht zur konkreten Untersetzung der in der Koalitionsvereinbarung festgesetzten Weiterentwicklung des ÖGD. In diesem Zusammenhang soll auch die Stellensituation der einzelnen Bereiche erneut betrachtet werden. 7. Ist die Aussage des Senators Czaja in der Plenar- sitzung vom 8. März 2012 zu den Beschäftigungspositionen (Stellen Kinderschutz) so zu verstehen, dass es zu einer Verschiebung von Stellenanteilen von den Jugendämtern hin zu den Gesundheitsämtern kommen soll? Wenn ja, wie viele Stellenanteile sind vorgesehen? Zu 7.: Ja, es ist eine Verschiebung der Beschäf- tigungspositionen von 90 Prozent zugunsten der Gesundheitsämter vorgesehen, die bedarfsgerecht eingesetzt werden sollen. Damit soll sichergestellt werden, dass sowohl den Aufgaben zum Einladungswesen nach § 6 Berliner Kinderschutzgesetz (KiSchG) weiterhin nachgegangen werden kann, als auch ggf. daraus resultierende Aufgaben in den Jugendämtern abgedeckt werden können. 8. Ist die Maßnahme mit den JugendstadträtInnen sowie mit den GesundheitsstadträtInnen fest vereinbart? Zu 8.: Die Maßnahme basiert auf der in 2011 durch- geführten Erst-Evaluation der Beschäftigungspositionen nach dem Berliner Gesetz zum Schutz und Wohl des Kindes. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass sich der Arbeitsaufwand bei den Jugendämtern nicht im angenommenen Maße, aber bei den Gesundheitsämtern erheb- lich erhöht hat. Da nach den Vorgaben des Haushaltsgesetzes 2012/2013 der anerkannte Personalbedarf an Beschäftigungspositionen lediglich fortgeschrieben wird, musste mit der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung nach Besprechung in der AG Berliner Öffentliche Jugendhilfe (AG BÖJ) abgestimmt werden, wie die vorhandenen Beschäftigungspositionen unter Berücksichtigung des tatsächlichen Arbeitsaufwands zum Einladungswesen künftig verwendet werden. Die Maßnahme soll mit den GesundheitsstadträtInnen sowie mit den JugendstadträtInnen fest vereinbart werden. 9. Ab wann soll diese Maßnahme umgesetzt werden? Zu 9.: Unverzüglich. 10. Ist die vollständige Streichung von Stellenanteilen in den Jugendämtern geplant? Zu 10.: Nein. 11. Welche personellen und fachlichen Auswirkungen hat die Trinkwasseruntersuchungspflicht (Legionellen) auf den ÖGD in Berlin? (Bitte nach einzelnen Bezirken aufgegliedert.) Zu 11.: Die Trinkwasserverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. November 2011 wird gegenwärtig vom Bundesministerium für Gesundheit überarbeitet. Weil deshalb der konkrete Umfang von fachlichen Änderungen - auch hinsichtlich der Trinkwasseruntersuchungspflicht auf Legionellen – derzeit nicht feststeht, sind ggf. mögliche personelle Auswirkungen auf den ÖGD in Berlin zurzeit rein spekulativ und nicht quantifizierbar. Ob die „Zweite Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung“ noch vor der Sommerpause verabschiedet werden kann, stand bei Beantwortung dieser Kleinen Anfrage noch nicht fest. 12. Wie ist die Überprüfung des Heilmittelwerbe- verbots durch den ÖGD laut § 16 Gesundheitsdienstgesetz - GDG organisiert? Zu 12.: Die Überwachung der Werbung auf dem Ge- biete des Heilwesens nach dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) sowie der weiteren in § 16 des Gesundheitsdienst Gesetzes (GDG) aufgeführten Aufgaben obliegt im Land Berlin dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo). Diese Zuständigkeit und die Abgrenzung zu bezirklichen Aufgaben wird im Einzelnen durch das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG), Anlage Zuständigkeitskatalog Ordnungsaufgaben (ZustKat Ord), bestimmt. Werbung im Sinne des HWG setzt voraus, dass mit Absicht der Absatzförderung gehandelt wird. Insofern bewertet die Behörde anhand der Umstände des Einzelfalles, ob unzulässige Werbung im Sinne des HWG vorliegt. 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 382 13. Welche Überprüfungen haben in diesem Bereich stattgefunden und gab es Verfahren gegen Verstoße gegen das Heilmittelwerbeverbot? Wenn ja, mit welchem Ergebnis ? Zu 13.: Überprüfungen nach dem HWG erfolgen nach pflichtgemäßem Ermessen anlassbezogen und vorrangig im Rahmen der Überwachung des Verkehrs mit Arzneimitteln , da dies der Hauptanwendungsbereich des HWG ist. Bei Bekanntwerden heilmittelwerberechtlich relevanter Tatbestände werden vom LAGeSo die für den jewieligen Einzelfall geeigneten Maßnahmen getroffen. Insbesondere werden alle ordnungsrechtlichen Schritte eingeleitet, um rechtswidriges Verhalten zu unterbinden. Dazu gehört auch die Durchführung von Ordnungswidrigkeitenverfahren . 14. Im Koalitionsvertrag sind eine Umsetzung des Mustergesundheitsamtes und die Berücksichtigung von zusätzlichen Aufgaben versprochen worden. Welche Maßnahmen plant der Senat, um diesem Ziel zu entsprechen ? Und welche zusätzlichen Aufgaben meint der Senat? Zu 14.: Im Rahmen des geplanten Projektes „Ver- gleichbare Strukturen in den Gesundheitsämtern – Entwicklung gesamtstädtischer Qualitätsindikatoren und – Voraussetzungen im Öffentlichen Gesundheitsdienst“ soll die Umsetzung des Mustergesundheitsamtes unter Berücksichtigung der zusätzlichen Aufgaben des ÖGD gemäß Koalitionsvereinbarung erneut betrachtet werden. Die im ÖGD in den vergangenen Jahren durch gesetzliche Veränderungen hinzugekommenen Aufgaben sollen im Verlauf des Projektes in enger Zusammenarbeit mit bezirklichen Expertinnen und Experten eruiert werden. Berlin, den 01. Juni 2012 In Vertretung Emine Demirbüken-Wegner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Juni 2012) 3