Drucksache 17 / 10 393 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 02. April 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. April 2012) und Antwort Steuerrechtliche Bewertung von Clubveranstaltungen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. In wie vielen Fällen kam es im Jahr 2011 und ggf. auch 2012 zu steuerrechtlichen Neubewertungen von Veranstaltungen in Berliner Clubs (statt als „Konzerte“ mit ermäßigtem Steuersatz i. H. v. 7 % „Tanzveranstaltungen “ mit Mehrwertsteuersatz i. H. v. 19 %) und daraus folgenden Zahlungsaufforderungen? 2. In welcher Bandbreite bewegten sich die daraus re- sultierenden Zahlungsaufforderungen der Höhe nach? Zu 1. und 2.: Da es bisher nur bei einer geringen Zahl von Berliner Clubs zu unterschiedlichen Auffassungen über die Höhe des für die Leistungen der Clubs anzuwendenden Steuersatzes gekommen ist, könnten aus den Antworten auf die Fragen 1 und 2 Rückschlüsse auf die Besteuerung in Einzelfällen gezogen werden. Dem Senat ist es deshalb wegen des Steuergeheimnisses (§ 30 Abgabenordnung ) verwehrt, die Fragen 1 und 2 zu beantworten . 3. Sind dem Senat Fälle bekannt, dass durch die Steu- ernachforderungen schwerwiegendere Liquiditätsprobleme oder sogar Insolvenzgefahren entstanden sind? Wenn ja, welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen, um hier zu unterstützen? Zu 3.: Dem Senat sind keine Fälle bekannt, in denen durch Steuernachforderungen schwerwiegende Liquiditätsprobleme oder Insolvenzgefahren entstanden sind. 4. Nach welchen Kriterien wird die Differenzierung zwischen Tanzveranstaltungen und Konzerten vollzogen? Gibt es hierzu eine einheitliche Verfahrensweise der Finanzämter ? Zu 4.: Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a des Um- satzsteuergesetzes unterliegen dem ermäßigten Steuersatz „die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler“. Mit Urteil vom 18. August 2005 V R 50/04 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Leistungen von Disc-Jockeys unter bestimmten Voraussetzungen als Konzerte eingestuft werden können. Konzerte sind danach Aufführungen von Musikstücken, bei denen Instrumente und/oder die menschliche Stimme eingesetzt werden . Hingegen sei das bloße Abspielen eines Tonträgers kein Konzert. Bei Musik, die durch Verfremden und Mischen bestehender Musik entsteht, können Plattenteller, Mischpulte und CD-Player "Instrumente" sein, wenn sie (wie konventionelle Musikinstrumente) zum Vortrag eines Musikstücks und nicht nur zum Abspielen eines Tonträgers genutzt werden. Weitere Voraussetzung für die Annahme einer steuer- begünstigten Konzertveranstaltung ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass das Konzert den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmacht. Die Auftritte der Disc-Jockeys und die Live-Acts müssten der Veranstaltung das Gepräge geben, so dass die musikalischen Darbietungen im Vordergrund stünden und die sonstigen Begleitumstände (z.B. das Tanzen) zurückträten . Das Urteil ist im Bundessteuerblatt veröffentlicht und wird von den Finanzämtern angewendet. Unter Berücksichtigung der Grundsätze des Bundesfi- nanzhofs ist auch bei der umsatzsteuerlichen Einstufung der Leistungen der Clubs stets im Einzelfall zu prüfen, welche Leistung innerhalb des von den Clubs angebotenen Leistungsbündels der Leistung das Gepräge gibt. Werden die Eintrittsgelder in erster Linie für die Teil- nahme am regulären Clubbetrieb bzw. an Party- und Tanzveranstaltungen gezahlt, scheidet die Einordnung der Leistung eines Clubs als Konzertveranstaltung und damit die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes aus. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10393 5. Was kann der Senat tun bzw. hat der Senat getan, um durch Gewinnung einheitlicher und verbindlicher Bewertungsmaßstäbe Rechtssicherheit und die für jeden wirtschaftlichen Betrieb erforderliche Erwartungsverlässlichkeit zu erreichen? Zu 5.: Der Senat beabsichtigt, vor einer endgültigen Entscheidung über die Besteuerung der Leistungen Berliner Clubs die Entscheidung des Finanzgerichts BerlinBrandenburg in einem dort zur Steuersatzproblematik anhängigen Klageverfahren abzuwarten. Im Hinblick auf das anhängige Verfahren wird in Streitfällen bei anderen Clubs Aussetzung der Vollziehung und Ruhen der Verfahren – bei Zustimmung der Steuerpflichtigen – bis zur Entscheidung über das Klageverfahren gewährt Berlin, den 12. April 2012 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mai 2012) 2