Drucksache 17 / 10 394 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 02. April 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. April 2012) und Antwort „Clubsterben“ in Berlin – nur ein Mythos? Wohin steuert Berlins „Clubpolitik“? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Bedeutung hat die Berliner Clubszene aus Sicht des Senats für die Stadt Berlin – auch jenseits der immer wieder betonten Funktion als „wichtiger Imageund Tourismus- und damit auch Wirtschaftsfaktor“ und einem „der lebendigsten Bestandteile der Kreativwirtschaft “ (Antwort zur Kleinen Anfrage auf Drs. 16/15633)? Zu 1.: Ich verweise hierzu auf die Antwort zur Kleinen Anfrage Drs. 16/15633 zu Nr. 1. . 2. Welche Kriterien legt der Senat bei der Einstufung von Kultureinrichtungen als „Clubs“ zugrunde? Zu 2.: Es gibt keine allgemein gültige Definition eines „Clubs“. Die Clubcommission teilt hierzu mit: „Ein Club ist ein Betrieb, in dem regelmäßig Tanz- und LivemusikVeranstaltungen stattfinden. Vielfach sprechen Betreiber und Gäste von einem Club, wenn dieser sich einer Minderheitenkultur oder einem künstlerischen Anspruch verpflichtet fühlt bzw. einem nicht-kommerziellen Underground anzugehören meint. Mit dem Begriff Club soll zuweilen auch angedeutet werden, dass es sich nicht um eine klassische Diskothek handelt, sondern um eine Einrichtung, der es vorrangig um die Musik geht bzw. darum, eine bestimmte Szenekultur zu pflegen. Ein LiveMusik -Club zeichnet sich dadurch aus, dass er seinen Schwerpunkt auf die Darbietung von Musik, meist auf einer Bühne oder einer DJ-Kanzel, legt und nicht auf das gastronomische Angebot.“ 3. Verfügt der Senat über eine Übersicht zu als „Clubs“ einzustufenden Einrichtungen in Berlin? Wenn ja, wo ist diese Übersicht einsehbar? Wenn nein: Ist die Erstellung einer solchen Übersicht geplant? 4. Verfügt der Senat über Informationen darüber, wie viele Clubs in den Jahren seit 2005 in welchen Bezirken jährlich neu eröffnet bzw. geschlossen worden sind? Wenn ja, wird um Darstellung gebeten. Wenn nein: warum nicht bzw. worauf stützt er seine Einschätzung, es könne in Berlin nicht von einem „Clubsterben“ gesprochen werden? Zu 3. und 4.: Nein, eine vollständige Auflistung darüber liegt dem Senat nicht vor. Die Clubszene in Berlin ist sehr dynamisch ist und der Senat zeigt sich skeptisch, von einem "Clubsterben" zu sprechen, wenn eben keine genauen Zahlen vorliegen, wie viele Clubs schließen und wie viele neu eröffnen. Mit dem Musicboard plant der Senat, als Anlaufstelle auch für Clubs zu dienen und zwischen den Akteurinnen und Akteuren zu vermitteln, wo dies möglich ist. Zu den Schwierigkeiten bei der Erstellung einer derartigen Liste wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage Drs. 16/15633 zu Nr. 2. erster Satz verwiesen. 5. Verfügt der Senat über Informationen zu den ver- schiedenen Gründen, die im besagten Zeitraum zu Clubschließungen geführt haben? Welche unterschiedlichen Gründe führen aus Sicht des Senats zur Existenzgefährdung von Clubs? Welches sind die häufigsten Gründe und in wie vielen Fällen und welchen Bezirken kam es dazu? a) Verfügt der Senat über Erkenntnisse, in wie vielen Fällen und welchen Bezirken im besagten Zeitraum Lärmschutzauflagen zur Betriebseinstellung geführt haben? b) Verfügt der Senat über Erkenntnisse, in wie vielen Fällen und welchen Bezirken im besagten Zeitraum Lärmschutzauflagen mit existenziellen Problemen (insbesondere aufgrund von hohen Investitionserfordernissen oder Betriebseinschränkungen wegen Auflagen) verbunden waren, ohne dass es zur Betriebsschließung kam? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 394 c) Verfügt der Senat über Erkenntnisse, in wie vielen Fällen und welchen Bezirken im besagten Zeitraum Kündigungen bzw. die Nichtverlängerung von Miet- oder anderen Nutzungsverhältnissen für Räumlichkeiten oder Grundstücke zu Betriebseinstellungen von Clubs geführt haben? d) Verfügt der Senat über Erkenntnisse, in wie vielen Fällen und welchen Bezirken sich Clubs aufgrund von drohenden oder absehbaren Kündigungen bzw. die Nichtverlängerung von Miet- oder anderen Nutzungsverhältnissen für Räumlichkeiten oder Grundstücke in ihrer Existenz bedroht sehen? e) Verfügt der Senat über Erkenntnisse, in wie vielen Fällen es sich bei den unter c. und d. genannten Sachverhalten um Räumlichkeiten oder Grundstücke handelte bzw. handelt, die sich im unmittelbaren oder mittelbaren Landesbesitz (Senat, Bezirksebene, Liegenschaftsfonds, landeseigene Unternehmen etc.) befinden oder zuvor befunden haben? 9. Welche gewerberechtlichen Konflikte gab es mit vorhandenen Clubs im vergangenen Jahr? Sind Veränderungen gegenüber den in der Antwort zu Nr. 10 auf die Kleine Anfrage auf Drs. 16/15633 aufgeführten Aspekten zu verzeichnen und hat der Senat (ggf. gemeinsam mit den Bezirken) Maßnahmen ergriffen, um hier ein Konfliktmanagement und gemeinsame Aktivitäten mit den Clubbetreiber*innen zu etablieren? Zu 5. und 9.: In der Kürze der Zeit, die für die Be- antwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung steht, ist eine Abfrage in allen Berliner Bezirken nicht möglich. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage Drs. 16/15633 zu Nr. 7., 8. und 10. verwiesen. 6. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, in eigener Zuständigkeit oder in Zuständigkeit der Bezirke Maßnahmen zu ergreifen, um Clubbetreiber*innen in Bezug auf Standortsicherung, Vermeidung von Nutzungskonflikten (insbesondere aufgrund von Lärmemissionen und Besucher*innenverkehr), Genehmigungswesen und Betriebssicherheitsanforderungen Unterstützung zu leisten? Was ist diesbezüglich bislang unternommen worden, wird geplant oder umgesetzt? Zu 6.: Ich verweise hierzu auf die Antwort zur Kleinen Anfrage Drs. 16/15633 zu Nr. 9. 7. Hat sich gegenüber der Antwort zu Nr. 4 und 5 auf die Kleine Anfrage auf Drs. 16/15633 etwas daran geändert , dass die für Stadtentwicklung zuständige Senatsverwaltung bezüglich der Berücksichtigung der Clubszene in Stadtplanung und Stadtentwicklung bzw. bezüglich ergriffener Maßnahmen im Rahmen der Stadtentwicklungspolitik „Fehlanzeige“ vermelden muss? Welche Möglichkeiten sieht der Senat für eine vorausschauende Stadtentwicklungspolitik, die auch kreative Freiräume und kulturelle Offenheit – konkret bezogen auf die Club- szene – im Blick hat und bei steigendem Verwertungsdruck insbesondere in innerstädtischen Lagen an die Zukunft denkt? Zu 7.: Wie dem Kulturwirtschaftsbericht 2008, Kap. 4 „Stadtentwicklung und Kultur- und Kreativwirtschaft“ zu entnehmen ist, befasst sich die Berliner Stadtentwicklung mit der räumlichen Ansiedlung und Entwicklung von einzelnen Teilbranchen der Berliner Kulturwirtschaft. Als Ergebnis dieser Betrachtung ist festzuhalten, dass die Entwicklung der Kulturwirtschaft mit den Mitteln der Stadtplanung nicht direkt steuerbar ist und dieses von der Kultur- und Kreativszene auch nicht erwünscht wird. Vielmehr bietet eine gute städtische Entwicklung, wie z. B. durch eine stabile soziale Mischung von Wohnen, Leben und Arbeiten, eine gute Basis für Unternehmen der Kulturwirtschaft. Dabei können aus der Sicht der Stadtplanung verschiedene Raumtypen identifiziert werden, die allerdings keine trennscharfe Abgrenzung erkennen lassen. Eine weitere Differenzierung nach Teilbranchen, die eine Detaillierung bis hin zur Clubszene vornimmt, ist als gesamtstädtischer Sicht nicht zielführend. 8. Welche weiteren Maßnahmen sind möglich und werden konkret ergriffen, um die existierende Clubszene in der Innenstadt abzusichern? Wo sieht der Senat weitere Handlungsstränge für eine zukunftsgerichtete, vorausschauende „Clubpolitik“? 10. Gibt es inzwischen Ergebnisse der in der Antwort zur Kleinen Anfrage auf Drs. 16/15633 (zu Nr. 2) in Aussicht gestellten aktuellen Erhebung zu Besucherzahlen, Beschäftigten, Umsatzentwicklung und sonstigem wirtschaftlichen Potenzial der Club- und Veranstalterbranche? Wenn ja: Wo können diese Ergebnisse eingesehen werden ? Wenn nein: Wann ist mit ihrem Vorliegen zu rechnen ? 11. Welchen konzeptionellen Leitgedanken folgt die „Clubpolitik“ des Senats zur Sicherung und Weiterentwicklung eines bunten, vielfältigen und Freiräume sichernden Clublebens in unserer Stadt? Zu 8., 10. und 11.: Das derzeit im Aufbau befindliche Musicboard soll u.a. als zentrale Anlaufstelle und Netzwerkkoordinator für die Berliner Musikwirtschaft - und damit auch für die Clubszene - eingerichtet werden. Die geplanten Maßnahmen bleiben dem Konzept vorbehalten, das derzeit von der Senatskanzlei federführend mit im Musikbereich aktiven Initiativen, Unternehmen und Institutionen entwickelt wird. Berlin, den 04. Mai 2012 In Vertretung Christoph von Knobelsdorff Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Mai 2012) 2