Drucksache 17 / 10 401 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Felicitas Kubala (GRÜNE) vom 03. April 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. April 2012) und Antwort Fluglärm macht krank! Wirksames Gesundheitsmonitoring auch für Berlin? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat die Untersuchungsmethode des Moduls 1 der Frankfurter Lärmschutzstudie „Lärmbelastung und Lebensqualität“, an der der Flughafen Berlin Brandenburg teilnimmt und bei der die Lärmbelastung der Berliner und Brandenburger Bevölkerung erfasst werden soll? Zu 1.: Für das Modul 1 „Basiserhebung zur Be- lästigung und Lebensqualität“ wurde im Rahmen der Lärmwirkungsstudie des Landes Hessen der Flughafen Berlin Brandenburg (BER) als Vergleichsflughafen ausgewählt , da er durch den Ausbau als ÄnderungsFlughafen zu bewerten ist. In diesem Modul werden berechnete Lärmdaten, die auf Grund des Lärmmessnetzes des Flughafens ermittelt werden, auf die Wohnadresse jedes/jeder Studienteilnehmers/in bezogen, verwendet. Durch das Studiendesign wird das Belästigungs- und Störungserleben der von Fluglärm betroffenen Wohnbevölkerung im Umfeld des BER ermittelt. 2. Treffen Informationen zu, nach denen im Rahmen der o .g. Studie lediglich 5.000 Personen in Brandenburg telefonisch zu ihrer subjektiven Einschätzungen befragt werden sollen? Wenn ja, wie bewertet der Senat dieses Verfahren und findet er es ausreichend? Zu 2.: Es werden 5.000 Personen nicht nur in Brandenburg, sondern im gesamten Umfeld des BER, also auch im Land Berlin befragt. Die Vorgaben für das Untersuchungsgebiet werden durch das Studiendesign des Landes Hessen vorgegeben. 3. Wie unterscheiden sich die Untersuchungen der Belastung durch den Frankfurt Flughafen von den Untersuchungen in Berlin und Brandenburg? Zu 3.: Sie unterscheiden sich nicht, da der BER von Hessen als Vergleichsflughafen ausgewählt wurde und das Studiendesign von Hessen auch am BER angewendet wird. 4. Werden bei der Untersuchung Befragungen vor und nach Inbetriebnahme des Flughafens vorgenommen, damit ein Vergleich des Gesundheitszustandes vor und nach Inbetriebnahme des Flughafens ermöglicht wird? Wenn ja, haben die Befragungen bereits begonnen und wird die erste Befragung vor Inbetriebnahme abgeschlossen sein? Zu 4.: Der Beginn der Befragung ist für Mai 2012 ge- plant, die nächste Befragung findet 2013 statt. 5. In welcher Weise werden bei der Studie des Flug- hafens Berlin-Brandenburg als Vergleichsflughafen der Frankfurter Lärmschutzstudie, beim Modul 1 „Lärmbelästigung und Lebensqualität“ auch die Belastungen der Berliner Bevölkerung untersucht? Zu 5.: Die Studie findet im Umfeld des BER in Ab- hängigkeit der Fluglärmpegel statt, also in Brandenburg und Berlin. 6. Beteiligt sich Berlin – wie Brandenburg – finanziell am Modul 1 der Frankfurter Lärmschutzstudie? Wenn ja, in welcher Höhe? Wenn nein, warum nicht? Zu 6.: Das Modul 1 wird nicht von Berlin und Brandenburg finanziert, sondern im Rahmen der Lärmwirkungsstudie des Landes Hessen. 7. Wie werden die Ergebnisse des Moduls 2 „Er- kenntnisse aufgrund von Erkrankungsdaten der Bevölkerung “ aus der Studie Frankfurt/Main für den Flughafen Berlin Brandenburg nutzbar gemacht? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10401 2 8. Ist der Senat der Auffassung, dass sich die Ergebnisse aus der Frankfurter Lärmstudie/Modul 2 auf die Region Berlin-Brandenburg übertragen lassen? Wenn ja, in welcher Weise? Wenn nein, warum nicht? 9. Stimmt der Senat der Auffassung zu, dass durch die Auswertung von anonymisierten Krankenkassendaten (wie im Modul 2) weitaus mehr Daten für eine größere Stichprobe zur Verfügung stehen und im Vergleich zur telefonischen Befragung (Modul 1) objektive und aussagekräftigere Ergebnisse erreicht werden könnten? Wenn ja, warum wurde ein solches Verfahren nicht gewählt ? Wenn nein, warum nicht? 10. Warum haben die Länder Berlin und Brandenburg davon abgesehen, eine eigene Auswertung der Krankenkassendaten vorzunehmen? 11. Beteiligt sich das Land Berlin an der Übertragung der Ergebnisse des Moduls 2 auf das Land Berlin oder wird ausschließlich das Land Brandenburg betrachtet? Zu 7. bis 11.: Das aufwendige Modul 2 wird nur am Standort Flughafen Frankfurt durchgeführt. Es besteht aus drei Teilen: Änderung des Ruheblutdrucks durch Fluglärm , Beeinflussung der Schlafqualität und Ermittlung des Risikos für bestimmte Krankheiten. Die Studie wird durch anerkannte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit interner und externer Qualitätssicherung durchgeführt. Berlin und Brandenburg werden zunächst die Untersuchungsergebnisse abwarten. 12. Kommt Berlin der Aufforderung des Branden- burger Landtags nach, sich an der Untersuchung der „Auswirkungen chronischer Fluglärmbelastung auf kognitive Leistungen und Lebensqualität bei Grundschulkindern “ im Umfeld des Flughafens Berlin (Modul 3) zu beteiligen ? Wenn ja, in welcher Weise? Wenn nein, warum nicht? Zu 12.: Beim Modul 3 handelt es sich um eine Feld- studie zu den Auswirkungen von Fluglärm auf Kinder, den Einfluss auf die kognitiven Fähigkeiten sowie auf das Lesevermögen. Die chronischen Wirkungen sollen dabei mittels eines Fragebogens zur gesundheitlichen Lebensqualität ermittelt werden. Berlin hat sich nach intensiver Abwägung aller Faktoren gegen eine Beteiligung entschieden , weil es einerseits bereits umfangreiche Studien zu gesundheitlichen Auswirkungen von Fluglärm gibt und andererseits davon auszugehen ist, dass die Studienergebnisse aus Frankfurt für Berlin ausgewertet werden. Darüber hinaus sind Lernstörungen von Kindern ein multifaktorielles Geschehen mit vielen Störgrößen. 13. Welche Daten werden bei den Lärmauswir- kungen auf Grundschulkinder (Modul 3) erfasst? Zu 13.: Die Studie an sich wird extern von Frau Prof. Klatte von der Technischen Universität Kaiserslautern, Abt. Psychologie, unter Beteiligung der Charite Berlin (Klinik für Audiologie und Phoniatrie) durchgeführt. Familiäre und unterrichtsbezogene Einflussfaktoren werden durch Eltern- und Lehrerfragebögen erfasst. Flug-, Straßen- und Schienenlärmpegel werden am Schulstandort sowie an den Wohnadressen der Kinder auf der Grundlage von Verkehrsstatistiken berechnet. 14. Trifft es zu, dass die Datenerhebungen zu kogniti- ven Leistungen und zur Gesundheit der Kinder erst nach Inbetriebnahme des Flughafens vorgesehen sind? Wenn ja, wie soll ein aussagekräftiger Vorher-NachherVergleich des Gesundheitszustandes ermöglicht werden, wenn nur Gesundheitsdaten nach Inbetriebnahme vorliegen ? Zu 14.: Die Schulferien beginnen in Brandenburg be- reits am 22. Juni 2012, so dass die Studie erst nach den Sommerferien 2012 in den Grundschulen beginnen kann. 15. Stimmt der Senat mit mir überein, dass ein Ge- sundheitsmonitoring kontinuierlich über mehrere Jahre erfolgen muss, um die gesundheitlichen Langzeitwirkung durch Lärmbelastungen zu erfassen? Wenn ja, ist am Flughafen BER ein solches Langzeitmonitoring geplant? Wenn nein, warum nicht? Zu 15.: Ein kontinuierliches Gesundheitsmonitoring ist nicht geplant. Das Modul 3 wird in den Jahren 2013 und 2014 in den betroffenen Grundschulen in Brandenburg fortgesetzt. 16. Sind im Berliner Haushalt 2012/13 Finanzmittel für die Module 1 und 3 und die Übertragung des Moduls 2 der o.g. Studie eingeplant? Wenn ja, in welcher Höhe? Wenn nein, wer kommt anstelle des Landes Berlin für die Kosten auf? Zu 16.: Nein. Das Modul 1 wird im Rahmen der Lärmwirkungsstudie des Landes Hessen für die Länder Berlin und Brandenburg finanziert. Das Modul 2 wird nur am Standort Flughafen Frankfurt durchgeführt. Am Modul 3 nimmt Berlin nicht teil. 17. Welche Kosten würden entstehen, wenn Berlin und Brandenburg eine eigenständige Auswertung der Krankenkassendaten (Frage 10) vornehmen würden? Zu 17.: Dazu kann der Senat keine Angaben machen, da die Kostenermittlung den Rahmen einer Kleinen Anfrage sprengen würde. 18. Gibt es seitens des Senats Überlegungen die Schallschutzmaßnahmen nach der Vorlage erster Er- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10401 3 kenntnisse aus dem Gesundheitsmonitoring auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen? Wenn ja, in welcher Weise? Wenn nein, warum nicht? Zu 18.: Zunächst sind die Ergebnisse der Studien ab- zuwarten. Erst danach können mögliche festgestellte lokale Beeinträchtigungen durch geeignete Maßnahmen beseitigt werden. Berlin, den 27. April 2012 In Vertretung Emine Demirbüken-Wegner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Mai 2012)