Drucksache 17 / 10 414 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Wolfgang Albers (LINKE) vom 12. April 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. April 2012) und Antwort Was passiert am Obersee? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welchen Stellenwert nimmt das Mies van der Rohe-Haus am Obersee in Alt-Hohenschönhausen in der Kulturpolitik des Senats ein? Antwort zu 1: Das Mies van der Rohe Haus befindet sich in Rechtsträgerschaft des Bezirksamtes Lichtenberg von Berlin. Auf der Berliner Denkmalliste ist es als Einzeldenkmal ausgewiesen; es besteht Ensembleschutz. Als gegenwärtig einziges öffentlich zugängliches Wohnhaus, das von Mies van der Rohe in Berlin gebaut wurde, besitzt es einen besonderen architekturhistorischen Status. Sein kulturelles und künstlerisches Profil ist entspre- chend der internationalen Bedeutung ausgerichtet. Das Nutzungskonzept des Mies van der Rohe Hauses ist in der Kultur der Moderne verankert und verbindet Architektur, Kunst und Natur. In der Berliner Kultur nimmt das Haus einen beachteten Platz ein. Frage 2: Mit welchen Mitteln fördert der Senat dieses Bauhaus-Zeugnis von Weltgeltung, dessen Bedeutung weit über die Grenzen Berlins reicht? Antwort zu 2: Das Land Berlin förderte 2004 mit Mit- teln aus dem Hauptstadtkulturfonds (HKF) ein eingereichtes Projekt. Für das Jahr 2013 ist erneut ein Antrag an den HKF gerichtet worden. Eine Entscheidung steht noch aus. Frage 3: Wurde diese herausragende Stellung des Mies van der Rohe-Hauses in der Architekturgeschichte bei den Planungen zu den aktuellen Umgestaltungen am Obersee ausreichend berücksichtigt und hat der Schutz dieses Kunstwerks, das hier am Seeufer im Einklang mit der natürlichen Landschaft konzipiert und gebaut wurde, orientierenden Einfluss auf die künftige Parkgestaltung? Antwort zu 3: Die Planung der Sanierung des Obersees wurde vom Umwelt- und Naturschutzamt mit der unteren Denkmalschutzbehörde sowie dem Kulturamt abgestimmt. Die Sanierung verändert weder das Landschaftsbild noch die Nutzungsstrukturen in der Umgebung des Mies-van-der-Rohe-Hauses. Frage 4: Wie ist garantiert, dass das landschaftlich- architektonische Ensemble für dieses denkmalgeschützte Kulturerbe bei den aktuellen Baumaßnahmen am Obersee erhalten bleibt? Antwort zu 4: In der unmittelbaren Umgebung des Mies-van-der-Rohe-Hauses finden nur zeitweilig Arbeiten im Uferbereich statt, die wasserseitig durchgeführt werden . Alle Arbeiten sind so geplant, dass Lärm- oder Geruchsbelästigungen unterbleiben bzw. minimiert werden. Frage 5: Welchen Einfluss nimmt der Senat auf die künftige Gestaltung der Parklandschaft am Obersee, um zu gewährleisten, dass hier der Denkmal- und Ensembleschutz , die ökologische Bestandspflege, die öffentliche Naherholung sowie die Wohnqualität der Anlieger in Übereinstimmung gebracht, gesichert und weiterentwickelt werden? Antwort zu 5: Die Aufgaben der Entwicklung und Un- terhaltung der öffentlichen Grünanlage sowie des Denkmalschutzes werden in der Zuständigkeit des Bezirksamtes Lichtenberg wahrgenommen. Frage 6: Verfolgt der Senat in diesem Zusammenhang auch am Obersee weiter die Linie, öffentliche Zugänge an den Berliner Seen zu erhalten und auszuweiten? Wenn ja, wie ist es mit dieser Absicht vereinbar, dass der bisherige öffentliche Zugangsweg von der Oberseestraße zum Nordufer des Obersees – eine Errungenschaft des Runden Tisches in der Wendezeit, nachdem es zu DDR-Zeiten wegen der vorwiegenden Nutzung des Nordufers durch das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR über Jahrzehnte einen solchen Zugang nicht gab – vom Liegenschaftsfonds an einen privaten Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10414 Nutzer zur Erweiterung seines Grundstückes verkauft wurde und somit der Öffentlichkeit der Zugang zum Obersee von der dicht bewohnten Nordseite her erneut verwehrt wird? Antwort zu 6: Es ist zutreffend, dass durch den Lie- genschaftsfonds der ehemalige nördliche Zugangsweg zum Obersee an die Eigentümer des Grundstücks Oberseestr . 48 zu Arrondierungszwecken verkauft wurde. Das Bezirksamt hatte gegen die Veräußerung des jetzigen Flurstücks 338 keine Bedenken angemeldet. Die Einziehung als öffentliche Grünanlage ist bereits zum 08.04.2009 erfolgt. Weiterhin verweist der Bezirk auf den im Verfahren befindlichen Bebauungsplan (B-Plan) XXII-31, wonach sich das Flurstück 338 im Bereich des allgemeinen Wohngebiets befindet. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hat den B-Plan am 24.03.2011 beschlossen. Eine öffentliche Zuwegung zum Obersee sollte über das Grundstück Oberseestr. 48, Flurstück 338, nicht gesichert werden. Die Entscheidung des Bezirksamtes wurde abteilungsübergreifend in verschiedenen Gremien beschlossen. Frage 7: Ist das Konzept des Bezirks Lichtenberg zur Anlage eines Filtersystems für den Obersee zur Verbesserung seiner Wasserqualität, das durch die dazu notwendigen Baumaßnahmen mit erheblichen Belastungen für die bestehende Parklandschaft verbunden ist, mit der für Kulturangelegenheiten verantwortlichen Senatsverwaltung abgestimmt? Antwort zu 7: Planung und Bau des Seewasserfilters stellen keine erhebliche Belastung für das Mies-van-derRohe -Haus dar. Der Schwerpunkt der Arbeiten liegt etwa 500 m vom Denkmal entfernt. Daher sind weitergehende Abstimmungen nicht erforderlich. Frage 8: Welche Varianten für ein solches Wasserfil- tersystem wurden geprüft und warum wurde z.B. nicht die ökologisch und technologisch weitaus sinnvollere Variante gewählt, eine Filteranlage auf einem zur Verfügung stehenden Ufer-Grundstück im Besitz des Liegenschaftsamtes am Nordufer zu bauen, statt diese mit hohem Aufwand uferfern zu errichten und das Wasser über lange Wege dorthin zu transportieren. Antwort zu 8: Es wurden mehrere Varianten der wei- tergehenden Regenwasserbehandlung geprüft, u.a. Retentionsbodenfilter . Aufgrund der Zuläufe wären bei dieser Variante ufer- nah drei Retentionsbodenfilter am Westufer, dem Südostufer und auf dem Grundstück des Mies van der Rohe Hauses zu errichten. Die benötigte Filterfläche läge deutlich über 3000 m². Der eher am Rande der Parklandschaft gelegene Seefilter benötigt stattdessen durch seine innovative Fahrweise eine kleinere Fläche von ca. 2000 m². Berücksichtigt wurde ferner, dass möglichst wenig der Parklandschaft bebaut wird. In Zusammenhang mit dem Orankesee sollen die Ufer des Obersees zukünftig einen Biotopverbund bilden, sodass für die ökologisch wirksa- me Uferstruktur sehr ufernahe Bebauungen nicht zielführend sind. Frage 9: Wo wurde das präferierte Filtersystem bisher bereits erfolgreich eingesetzt, wenn in anderem Zusammenhang die Entscheidung für dieses Filtersystem ausschließlich damit begründet wird, dass die EU dessen Kosten trägt, weil es sich um einen Pilotversuch handele? Antwort zu 9: Die Bodenfilter, die sich bereits in Ber- lin seit 2004 sehr gut bewährt haben (Biesdorfer Baggersee , Halensee, Adlershof, Blankenburg) werden nunmehr erstmals unter Berücksichtigung des Erhalts der geschützten Parklandschaften als Seefilter zum Einsatz kommen. Innovativ sind im Seefilter das eisenreiche Filtermaterial zur Phosphorfällung und die dem Regenwetter angepasste Fahrweise des Filters. Das Projekt wurde hinsichtlich seiner Auslegung wissenschaftlich begleitet (Uni Karlsruhe ; IGB Berlin). Aufgrund der zu erwartenden positiven Effekte auf den Obersee und des Pilotcharakters des Projektes konnte dem Bezirksamt Lichtenberg eine Förderung aus dem Umweltentlastungsprogramm II bewilligt werden. Berlin, den 07. Mai 2012 In Vertretung Christian Gaebler Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Mai 2012) 2