Drucksache 17 / 10 419 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 16. April 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. April 2012) und Antwort Einheitsgemeinde oder doch Bezirksfürstentümer? – Rechtswidrige Organisationsstruktur im Bezirksamt Neukölln von Berlin II Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Bezogen auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage Drs. 17/10214 vom 08.03.2012 durch den Senator für Inneres und Sport frage ich ergänzend zur Antwort auf die dortige Frage 3: Welche Ergebnisse hat die Sachverhaltsaufklärung inzwischen ergeben? 2. Welche rechtliche Bewertung des Vorgangs nehmen nunmehr die zuständigen Senatsverwaltungen ein? 3. Welche Ergebnisse hat die angekündigte Prüfung insgesamt ergeben? 4. Welche Maßnahmen werden von Seiten des Berliner Senates ergriffen? Zu 1. – 4.: Die Prüfung des Sachverhalts hat ergeben, dass die Zuordnung der Schulstationen zum Schulamt des Bezirksamts Neukölln nicht gegen § 13 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs VIII (SGB VIII), § 14 des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AG KJHG) i.V.m. §§ 69, 85 Abs. 1 SGB VIII und Nr. 15 des Allgemeinen Zuständigkeitskatalogs (ZustKatAZG) bzw. gegen § 37 Abs. 1 des Bezirksverwaltungsgesetzes (BezVG) i.V.m. der Anlage zu § 37 Abs. 1 Satz 1 BezVG verstößt. In den Schulstationen werden sozialpädagogische Leistungen auf der Grundlage der §§ 4 und 5 des Berliner Schulgesetzes (SchulG), nicht jedoch sozialpädagogische Leistungen nach § 13 SGB VIII bzw. § 14 AG KJHG erbracht. Dies ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII zulässig. Kinder- und Jugendhilfeleistungen nach SGB VIII sind nachrangig, soweit der Schulträger die Deckung des Bedarfs durch eigene Leistungen sicherstellt (vgl. insoweit auch den Beschluss des OVG BerlinBrandenburg vom 12. April 2006, AZ OVG 6 S 4.06, Rn. 7, in juris).Eine Zuständigkeit des Jugendamtes nach §§ 69 und 85 Abs. 1 SGB VIII bzw. nach Nr. 15 ZustKatAZG ist damit nicht gegeben. Ein Verstoß gegen die einheitliche bezirkliche Ämterstruktur gemäß § 37 Abs. 1 BezVG i.V.m. der Anlage zu § 37 Abs. 1 Satz 1 BezVG liegt ebenfalls nicht vor. Zwar werden die Schulstationen im Produktkatalog 2007 vom Produkt „Jugendsozialarbeit durch freie Träger“, welches dem Bereich der Jugendämter zugeordnet wurde, erfasst. Auf den Produktkatalog 2007 wird in der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 37 BezVG (Abghs.-Drs. 16/1235) mittelbar Bezug genommen (durch den Verweis auf den RdB-Beschluss Nr. 98/2007, welcher eine einheitliche Organisationsstruktur der Bezirke unter Bezugnahme auf Produktgruppen und Produktbereiche des Produktkatalogs 2007 empfiehlt). Dabei wurde jedoch davon ausgegangen, dass in den Schulstationen – so wie in den anderen Berliner Bezirken – sozialpädagogische Leistungen nach §§ 13 SGB VIII,14 AG KJHG erbracht werden. Durch die Bezugnahme auf den Produktkatalog sollte insoweit klargestellt werden, dass die Zuständigkeit für diese Leistungen auf Grundlage des SGB VIII/AG KJHG auch nach Einführung der einheitlichen Ämterstruktur bei den Jugendämtern liegt. Soweit hingegen Leistungen der Schulstationen auf der Grundlage der §§ 4 und 5 SchulG als schulische Leistungen erbracht werden, steht § 37 Abs. 1 BezVG i.V.m. der dazugehörigen Anlage – aufgrund des aufgezeigten historischen Verständnisses der von den Schulstationen erbrachten Leistungen - einer Zuordnung zur Abteilung Schule nicht entgegen. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass die Schulstationen unabhängig von der formalen Anbindung nicht lediglich einen sozialpädagogischen Annex der Schulen darstellen (siehe insoweit den mit den Bezirken abgestimmten Projektbericht "Gesamtstruktur Schule -Jugendhilfe" [Senatsvorlage Nr. S - 3148/2010 bzw. Abghs.-Drs. 16/2284, 16/2736 und 16/2922]). Die Berücksichtigung jugendhilferechtlicher Aspekte entspricht insoweit der Zielsetzung des § 5 Abs. 4 SchulG. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 419 Da die Verlagerung der Schulstationen rechtmäßig ist, wird der Senat keine bezirksaufsichtlichen Maßnahmen ergreifen. Berlin, den 09. Juli 2012 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Juli 2012) 2