Drucksache 17 / 10 428 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Antje Kapek (GRÜNE) vom 18. April 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. April 2012) und Antwort Wo in Berlin können noch Restitutionsansprüche geltend gemacht werden? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Für welche Berliner Grundstücke werden momen- tan Restitutionsanforderungen von Alt-Eigentümern und Erbengemeinschaften geltend gemacht? Zu 1.: Die gesetzliche Frist, in der wirksam vermö- gensrechtliche Anmeldungen zu Grundstücken geltend gemacht werden konnten (Ausschlussfrist), endete bereits am 31.12.1992. Beim Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Berlin (LARoV) sind seitdem alle in der dortigen Zuständigkeit zu entscheidenden Restitutionsverfahren zu Liegenschaften in Berlin erstinstanzlich abgeschlossen worden. Allein zwei Vorgänge befinden sich noch im Rechtsmittelverfahren der Klage. Es handelt sich um Streitverfahren zu den Belegenheiten des ehemaligen „Grauen Klosters“ (früher Klosterstr. 73 u. a.) und des Maxim-Gorki-Theaters, zuvor Singakademie Berlin, (Dorotheenstr. 9, 11 / Am Festungsgraben 2), die derzeit wegen prozessualer Fragen ausgesetzt sind. Mit der bundesgesetzlichen Begründung einer neuen „Sonderzuständigkeit“ beim Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV – ehemals Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen / BARoV) zum 1. Januar 2004 für alle Verfahren zu Vermögenswerten , die einer NS-verfolgungsbedingten Schädigung unterlagen, wurde die einheitliche Bearbeitung dieser Vorgänge im Land der Belegenheit der jeweiligen Immobilie aufgegeben. Da ein regelmäßiger Datenabgleich des Bundes mit den Ländern zum Bearbeitungsstand der übernommenen Verfahren nicht erfolgt, sind entsprechende Aussagen dazu grundsätzlich und damit auch zu den in der Anfrage benannten Bereichen der Berliner Innenstadt nicht möglich. Eine durch das LARoV an das BADV gerichtete Anfrage zur Zahl offener, auf Grundstücke in der Berliner Mitte bezogene Restitutionsanträge konnte derzeit nicht beantwortet werden, weil „eine Aufstellung der anmeldebelasteten Grundstücke dort nicht existiere“. Entsprechende Auskünfte werden nur im Falle einer beabsichtigten Verfügung über konkret benannte Grundstücke im Rahmen der verpflichtenden Bestimmungen zur sogenannten Vergewisserungspflicht nach § 3 Abs. 5 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) erteilt. In erster Linie handelt es sich bei den noch offenen vermögensrechtlichen Anträgen um Singularrestitutionsansprüche nach § 3 Abs. 1 S. 4 ff. VermG (sogenannte Bruchteilsrestitution). Derartige Bruchteilsrestitutionsansprüche resultieren vornehmlich aus NS-verfolgungsbedingt entzogenen Unternehmens- (Aktien-) beteiligungen . Aufgrund der vom BADV praktizierten „Nacherfassung “ dieser (nur teilweise) beanspruchten Immobilien ist auch zukünftig eine endgültige Übersicht aller restitutionsbelasteten Berliner Grundstücke bis zur Erledigung aller unternehmensbezogenen Ansprüche nicht darstellbar . 2. In welchen Gebieten der Berliner Innenstadt sind insgesamt Restitutionsansprüche bei der Planung und Bebauung von Grundstücken zu erwarten? Zu 2.: Anknüpfend an die Aussage unter Punkt 1 ist eine solche, auf einen gesicherten Datenbankbestand gestützte Auskunft nicht möglich. Ein von verschiedenen Ländern des Beitrittsgebiets geforderter Vermerk im Grundbuch zur Antragsbelastung eines Grundstücks fand keine gesetzliche Umsetzung. Nach Maßgabe der vermögensrechtlichen Bestimmungen (§ 3 VermG) besteht somit nur die antragsgestützte Vergewisserungsmöglichkeit im Einzelfall. Mit einem solchen Antrag sind auf die Flurstücksentwicklung und Eigentumshistorie seit 1933 bezogene Unterlagen einzureichen, bzw. die erforderlichen Daten müssen von Amts wegen aufwendig und in Kooperation verschiedener Behörden ermittelt werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 428 2 3. Wie dokumentiert der Senat Grundstücke mit Res- titutionsansprüchen bzw. zu erwartenden Forderungen? Zu 3.: Im Land Berlin existiert keine entsprechende Dokumentation (vgl. Ausführungen zu 1. und 2.). Im betroffenen Bereich hat es in den letzten Jahren keine Rückübertragungen von Grundstücksflächen an frühere Alteigentümer bzw. deren Rechtsnachfolger mehr gegeben. Allerdings wurden Restitutionsansprüche ersatzweise durch an deren Stelle getretene Erlösauskehransprüche befriedigt, wenn z. B. das restitutionsbelastete Grundstück vom Land Berlin investiv veräußert wurde. Hierfür ist im Haushalt unter dem Kapitel 2990, Titel 69804 Vorsorge getroffen. Mit wiedervereinigungsbedingten Ausgaben zu Lasten Berlins aus den Titeln 69802 und 69804 ist nach einer aktuellen Erhebung noch mindestens bis ins Jahr 2019/2020 zu rechnen. Daneben besteht eine Ausgleichspflicht des Landes Berlin nach § 10 des Gesetzes über die Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (EntschG), wenn ein Grundstück wegen rechtlicher Unmöglichkeit dem vermögensrechtlich geschädigten Alteigentümer nicht zurückgegeben werden kann, weil es noch vor dem Wirksamwerden des Vermögensgesetzes einer öffentlichen Nutzung zugeführt wurde (z. B. bei Grünanlagen , Verkehrsflächen oder Kindergärten). Diese sogenannte Abführungspflicht besteht gegenüber dem Entschädigungsfonds (ein Sondervermögen des Bundes), aus dem der Alteigentümer unter diesen Voraussetzungen als Ausgleich für den erlittenen Vermögensverlust eine Entschädigung in Geld erhält. 4. Wie viele Grundstücke (Anzahl) mit etwa wie vie- len Quadratmeter Fläche gehören momentan dem Land Berlin: a. im Alt-Bezirk Mitte b. in Alt-Berlin (Stadtbahntrasse-Spree) c. in Alt-Cölln (Museumsinsel–Schlossbezirk– Fischerinsel) d. auf dem Friedrichswerder und c. im Geltungsbereich der Gestaltungssatzung „Historische Mitte“ des Senats? Zu 4.: Die Beantwortung dieser Frage erfordert einen hohen Bearbeitungsaufwand durch manuelle Einzelabfragen in der Automatisierten Liegenschaftskartei sowie dem Automatisierten Liegenschaftsbuch. Die Ermittlung der räumlichen Abgrenzungen zu den unter den Buchstaben b – e beschriebenen Belegenheiten, die in der Anfrage nur sehr allgemein gehalten sind, erhöhen den notwendigen manuellen Aufwand dabei noch erheblich. Eine Analyse der Verteilung des Landesgrundbesitz- vermögens Berlins wurde für verwaltungsinterne Zwecke im Jahre 2010 vorgenommen und in einer thematischen Karte dargestellt. Ein Ausschnitt dieser Karte für den Bezirk Mitte ist beigefügt. 5. Für welche Grundstücke der Fragen 1.a. bis 1.c. werden momentan Restitutionsforderungen von Alteigentümern und Erbgemeinschaften geltend gemacht? [?:gemeint sind die Fragen 4a bis 4c] Zu 5.: Aus der Zuständigkeit des LARoV Berlin be- troffen sind das Grundstück des ehemaligen „Grauen Klosters“ (ehemals Klosterstr. 73 u.a.) und das Grundstücke Dorotheenstr. 9, 11/Am Festungsgraben 2 (MaximGorki -Theater, ehemals Singaka-demie). Ob daneben beim BADV registrierte offene Ansprüche von verfolgungs -bedingt Geschädigten bestehen, ist nicht bekannt. 6. Rechnet der Senat bei einer baurechtlichen Um- widmung von bisherigen Grün- bzw. Verkehrsflächen in der historischen Stadtmitte in Bauflächen mit einem Wiederaufleben von Restitutionsansprüchen und ggf. einer Rückgabe von Grundstücken in den Bereichen: a. Marx-Engels-Forum und Rathausforum, b. Geltungsbereich B-Plan Molkenmarkt- Klosterviertel (aufgestellt), c. Geltungsbereich B-Plan Petriplatz-Breite Straße (festgesetzt ), d. Geltungsbereich B-Plan Waisenstrasse, e. Rolandufer zwischen Waisenstraße und Jannowitzbrücke , f. ehem. Schloßfreiheit? Zu 6.: Nein 7. Wenn ja, bei welchen Grundstücken? Wenn nein, aufgrund welcher Rechtslage? Zu 7.: Mit Bestandskraft aller abgeschlossenen Ver- fahren (der seit 1990 hierfür zuständigen Landes- und Bundesbehörden) ist bezogen auf die Verkehrsfähigkeit dieser Grundstücke weitgehende Rechtssicherheit eingetreten . Grundlage für die unumkehrbare behördliche Feststel- lung zu den Eigentumsrechten im Bescheid, im Widerspruchsbescheid oder im gerichtlichen Schlussurteil ist die tatsächliche Situation im Zeitpunkt dieser Entscheidung . Bei Prognosebewertungen sind in diesem Kontext auch aus der Bauleitplanung oder anderen verbindlichen städtebaulichen Vorhaben zum Zeitpunkt der letzten Tatsachenfeststellung bzw. –verhandlung ableitbare Veränderungen heranzuziehen. Begründete Wiedereinsetzungsverfahren bilden bislang eine seltene Ausnahme und führen nur bei belegten, in ihrem Unrechtsgehalt nicht hinnehmbaren Verfahrensfehlern im Ausgangsbescheid der Behörde zum Erfolg. Das heißt, baurechtliche Umwidmungen , die den Ausschluss der Restitution begründeten, können von den Berechtigten nach bestandskräftigem Abschluss des Verfahrens nicht mehr geltend gemacht werden. Insoweit ist ein nachträglicher Wegfall des Ausschlussgrundes nach bestandskräftigen Abschluss des vermögensrechtlichen Verfahrens grundsätzlich unbeachtlich . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 428 3 8. Inwieweit ändert sich die Rechtsauffassung, wenn man sich bei der Flächenumwidmung an den exakten historischen Parzellenzuschnitten orientiert? Zu 8.: Die Rechtsauffassung ändert sich bei dieser Fallvariante nicht. 9. Welche Folgen hätten geltend gemachte Ansprü- che im Zuge einer Umwidmung von Grundstücken in den in Frage 6 formulierten Gebieten für das Land Berlin? Zu 9.: Keine Folgen nach bestandskräftigem Ab- schluss der Verfahren. 10. Für welche Grundstücke in Berlin können Forde- rungen auf Basis der Regelungen aus dem Sachenreinigungsgesetz im Zusammenhang mit dem Einigungsvertrag geltend gemacht werden? Zu 10.: Im „Alt-Bezirk“ (heute Ortsteil) Mitte sind keine aktuellen Fälle nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz bekannt, zu denen das zu Zeiten der ehemaligen DDR auseinandergefallene Eigentumsrecht am Haus und am Grundstück noch sachenrechtlich zu bereinigen ist. Die im Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG ) begründeten Ansprüche unterlagen der Verjährung zum 31.12.2011. Ob diese Verjährung in Einzelfällen durch Einleitung eines notariellen Vermittlungsverfahrens gehemmt wurde, ist ebenfalls nicht bekannt. Zumindest wurde dies für deren Zuständigkeit weder dem Bezirksamt Mitte von Berlin noch dem Liegenschaftsfonds Berlin bislang angezeigt. Berlin, den 25. Mai 2012 In Vertretung Klaus Feiler Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Juni 2012) 331 142 140416 152 153 154 12 400 382 75 214 216 240324 327 316 285 309 275 277 66 228 279 393 396 332 411 414 408 409 412 225 410 433 65 417 407 274 67 368 208 209 210 207 206 420 423 80 422 242 419 426 243 70 381 72 287 429 437 439 442 443 436 441 244 435 440 434 438 394 395 399 400 331 398 60 86 298 330 16 314 239 241 251 238 315 317 300 303 302 304 308 236 301 306 305 365 310 277 311 312 307 313 259 267 254 158 161 330 342 324 31 163 13 159 133 164 162 261 407 359 397 396 400 403 406 412 414 14 186 296 297 2 141 140 9 10 262 261 263 264 325 21 322 367 321 326 40 364 366 323 299 101 29 201 204200 28 27 155 203 266 129 265 360 413 361 25 195 191 193 380 28 382 381 411 412 413 427 410 263 405 12 401 425 422 423 421 409 417 415 424 416 442 4039 253 441 272 201 192 388 369 154 86 88 383 369 384 387 372 373 87 373 585 133 215 411 412 339 337 142 89 406 407 237 576 238 427 301 300 557 258 556 260 296 263 291 487 463 567 568 292 288 294 251 587 530 588 257 253 252 272 273 271 295 262 570 270 569 274 462421 461 486 482 483 484 485 269 360 361 386 371 372 334 494 365 362 366 364363 425 213 350 498 417 586 496 368 495 497 367 151 92 577 578 580 582 146 245 565 562 564 560 566 563 250 244 236 172 174 173 608 609 574 561 264 246243 408 147 148 149 500 499 579 581 152 278 634 637 309 308 238 332 654 453 665 695 670 590 664 669 666 316 318 317 425 525 524 521 681 676 691 677 682 680 684 679 683 533 534 537 693 522 692 689 690 686 687 688 678 685 668 675319 694 667 536 639 657 519 523 526 527 520 148 147 335 80 79 207 211 208 210 631 209 636 633 632 630 510 506 514 517 515 516 222 503 221 611 610 177 182 176 179 180 181 178 183 235 467 505 227 518 508 501 502 507 573 575 168 167 166 169 188 613 612 189 170 594 595 468 164 153 162 403 509 215 216 511541 540 543 539 197 206 201 450 190 191 449 14 13 212 213 232 635229 226 231 638 513 512 190 448 270 268 355 137 122 430 312 314 138 414 426 408 414 402 403 138 420 362 257 266 431 419 418 400 399 583 528 343 17 116 115 264 544 336 432 252 259 258 347 416 349 346 424 658 418 415 700 593 413 387 375 415 414 91 374 376 379 378 584 93 14 338 340 339 286 290 289 300 301 33 194 202 340 114 659 317 429 432 461 483 484 482 356 455 486 488 487139 34 660 426 661 485 285 275 450 699 592 6 4 5 480 471 251 234 236 235 643 641 276 473 479 480 470 471 4 444 650 94 620 618 616 614 615 617 619 621 649 625 648 624 623 628 647 440 429 431 432 445 434 437 430 433 629 155 154 163 697 696 538 542 199 204 203 195 200 202 194 439 646 672 698 674 673 472 702 704 705 706 553 703 554 552 645 662 114 488 9 8 10 11 205 116 208 476 209 106 347 339 456 337 338 472 469 473 470 462 481 701 206205 259 184 264 265 332 106370 415 389 183 22 21 25 20 19 24 266 265 8 15 11 10 243 242 12 190 257 255 188 256 179 241 16 189 23 26 319 350 366 303 17 388 387 349 402408 409 410 378 386 398 399 401 348 385 383 384 320 382 380 381 293 395 393 404 391 392 394 405 411 390 379 71 74 75 299 50 304 279 237 51 280 347 104 236 187 177 267 2 186 268 175 266 269 47 298 301 297 302 295 48300 321 306 303 304 332 167 168 331 319 316 322 317 258 13 260 20 22 23 93 326 182 181 374 392 393 17 18 19 342 14 21 24 96 183 178 179 372 226 356 291 292 371 435 443 442 445 444 375 377 376 378 379 380 389 388 436 446 373 372 394 447 395 391 390 282 360 381 92 100 150 334 228 72 73 227 149 97 16 15 343 417 101 326 320 114 284323 324 307 115 116 398 318 321 25 468 397 467 396 400 399 133 134 348 351 349 135 137 61 132 131 350 341 353 352 254 270 479 272 211 478 212 8281 268 62 327 325 333 309 310 333 335 95 31163 352 354 353 67 225 330 329 313 314 315 107 328 266 267 78 281 117 127 3736 128 228 227 230 229 231 232 233 257 459 199 460 200287 346 458 286 354 457 129 296 242 213 355 204 187 188 486 430 ka17-10428.pdf In Vertretung ka17-10428-AE-12-05-07_Anlage