Drucksache 17 / 10 454 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Jochen Esser (GRÜNE) vom 23. April 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. April 2012) und Antwort Fair und wirtschaftlich einkaufen: zum Beispiel Gebäudereinigung (2) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Senatsverwaltung steuert die Beschaf- fungen des Landes Berlin in der in der Dienstleistungsgruppe Gebäudereinigung? Zu 1.: Die Wirtschaftlichkeit der Beschaffungen und die dabei erfolgende Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte werden durch allgemeine Regelungen für Beschaffungen, die auch für die Beschaffung von Gebäudereinigungsleistungen gelten, sichergestellt und gesteuert. Zu den landesseitigen Regelungen gehören insbesondere das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz und die Landeshaushaltsordnung (LHO sowie die dazu erlassenen Ausführungsvorschriften -AV LHO-). Auf der Grundlage der Ermächtigung des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes liegt dem Senat zudem der Entwurf einer Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt (VwVBU) vor. Die Zuständigkeiten für die genannten Regelungen liegen bei den Senatsverwaltungen für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Berliner Ausschreibungsund Vergabegesetz), für Finanzen (LHO und AV LHO) und für Stadtentwicklung und Umwelt (VwVBU). Speziell für die Beschaffung von Gebäudereinigungs- leistungen hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung den Vergabestellen MusterAusschreibungsunterlagen zur Verfügung gestellt. Der Senat beabsichtigt, die Wirkung des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes und die Arbeit der Vergabestellen in den nächsten zwei Jahren zu untersuchen und zu evaluieren. Dabei wird der Senat auch prüfen, ob und wie ein Ausbau der Bündelung gleichartiger Verwaltungsleistungen bei den zentralen Landesdienstleistern (Shared Services) möglich ist. Die Prüfung wird federführend durch die für das Vergaberecht (VOL) zuständige Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung und die für die ressortübergreifende Koordinierung interner Querschnittsaufgabenwahrneh- Querschnittsaufgabenwahrneh-mung, die Weiterentwicklung von Landesdienstleistern (Shared-ServiceCenter ) und Sammelbestellungen zustän-dige Senatsverwaltung für Inneres und Sport erfolgen. 2. Welche sozialen und ökologischen Standards bzw. Normen und welche Labels/Zertifikate werden landeseinheitlich für diese Dienstleistung empfohlen? Zu 2.: Entsprechend den Regelungen des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes sind Aufträge ab einem geschätzten Auftragswert von 500 Euro netto nur an Unternehmen zu vergeben, die sich schriftlich verpflichten , ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (ohne Auszubildende) bei der Ausführung der Leistung mindestens einen Stundenlohn von 8,50 Euro bzw. bei Bestehen eines Tarifvertrages, der nach dem Arbeitnehmer -Entsendegesetz einzuhalten ist und ein höheres Entgelt festlegt, mindestens dieses Entgelt, zu zahlen und dieses auch von allen Nachunternehmern, die sie mit der Mitwirkung an der Leistungserbringung beauftragen, zu verlangen. Anbieterinnen und Anbieter mit in der Regel mehr als zehn Beschäftigten (ohne Berücksichtigung von Auszubildenden ) müssen sich beim Abschluss von Verträgen mit einem Auftragswert von voraussichtlich mindestens 25.000 Euro brutto verpflichten, im eigenen Unternehmen Maßnahmen zur Frauenförderung und zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die der Berliner Frauenförderverordnung entsprechen, durchzuführen sowie das geltende Gleichbehandlungsrecht zu beachten. Der zurzeit in der Beteiligung des Rats der Bürger- meister befindliche Entwurf der Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt (VwVBU) sieht vor, für die Ausschreibung und Vergabe von Reinigungsdienstleistungen für Gebäude eine Reihe konkreter umweltschützender Kriterien vorzugeben, die seitens der beschaffenden Stellen zu fordern sind. Die Kriterien berücksichtigen die Anforderungen, die für die Zuerkennung Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 454 unterschiedlicher Umweltzeichen erforderlich sind. Auf die Wiedergabe der im Entwurf vorgesehenen Kriterien wird an dieser Stelle verzichtet, da die Einholung und Berücksichtigung der Stellungnahme des Rats der Bürgermeister und die Beschlussfassung des Senats noch zu Änderungen führen können. 3. Koordiniert ein Landesdienstleister wie z.B. BIM, ITDZ oder LVwA Beschaffungen in dieser Dienstleistungsgruppe ? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welchen Anteil hat der Dienstleister an allen Beschaffungen in dieser Warengruppe? Zu 3.: Die Berliner Immobilienmanagement (BIM) GmbH beschafft als zentraler Dienstleister für die Immobilien des Sondervermögens Immobilien des Landes Berlin (SILB) und der von ihr verwalteten angemieteten Standorte die Dienstleistung Gebäudereinigung entsprechend den Anforderungen der gebäudenutzenden Verwaltungen. In Summe bewirtschaftet die BIM GmbH eine Bruttogeschossfläche (BGF) von ca. 4,9 Mio. m². Dem gegenüber stehen insgesamt etwa 11 Mio. m² BGF, die von allen Bezirken verwaltet werden. 4. Welche Vergabeberatungsstellen, Schulungsange- bote und unabhängigen Kooperationspartner gibt es zur Unterstützung von Beschaffungen in diese Dienstleistungsgruppe ? Zu 4.: Die mit den Beschaffungsvorgängen betrauten Beschäftigten der BIM GmbH nehmen unabhängige Schulungsangebote diverser Vergabeberatungsstellen, wie z.B. Gebäudereiniger-Innung Berlin, aber auch InhouseSchulungen in Anspruch. Darüber hinaus findet regelmäßig ein Austausch der Berliner Vergabestellen auf dem Vergabestellentreffen statt, an dem auch die BIM GmbH teilnimmt. 5. Welche Behörden und Beteiligungen des Landes Berlin schreiben Beschaffungen für diese Dienstleistung aus? Zu 5.: Die BIM GmbH schreibt Leistungen in Bezug auf Immobilien des Sondervermögens Immobilien des Landes Berlin (SILB) und für die verwalteten angemieteten Immobilien aus, soweit diese nicht durch den Landesbetrieb für Gebäudebewirtschaftung (LfG) erbracht werden können. Die Beteiligungsunternehmen des Landes Berlin ver- fügen überwiegend über kein eigenes operatives Personal im Bereich Gebäudereinigung. Die erforderlichen Dienstleistungen in diesem Bereich werden daher ausgeschrieben und an Dritte vergeben. 6. Welches Finanzvolumen hatten die Beschaffungen der einzelnen genannten Behörden im letzten Jahr? Zu 6.: Der Aufwand für an Dritte vergebene Gebäudereinigung durch die BIM GmbH stellt sich im Jahr 2011 wie folgt dar: Angemietete Standorte 1.427 T€ SILB 17.863 T€ Gesamt 19.290 T€ In den Zahlen ist die Reinigung des Gebäudes ein- schließlich Glasreinigung enthalten. Winterdienst und Straßenreinigung sowie durch den Landesbetrieb für Gebäudebewirtschaftung erbrachte Reinigungsleistungen sind nicht enthalten. 7. Welche Erfahrungen mit dem neuen Vergaberecht wurden bei Beschaffungen in dieser Dienstleistungsgruppe gemacht und welche Änderungen werden angeregt ? Zu 7.: Wie bereits dargestellt wird der Senat die Wirkung des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes und die Arbeit der Vergabestellen in den nächsten zwei Jahren evaluieren und dabei auch prüfen, ob und wie weitere Bündelungen im Bereich der Beschaffungen möglich sind. Ohne den diesbezüglichen Ergebnissen vorzugreifen lässt sich konstatieren, dass das Land Berlin mit dem Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz rechtssicher und erfolgreich produktübergreifende und - mit der zukünftigen Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt - produktbezogene soziale und ökologische Kriterien in die Beschaffungsentscheidungen des Landes Berlin integriert hat. Damit leistet das Land Berlin einen wichtigen, vorbildhaften Beitrag zur Unterstützung und Förderung sozialer und ökologisch verantwortlicher Wirtschaftsweisen. Ebenfalls ist klar, dass die Umsetzung der zusätzlichen Anforderungen an die Beschaffungsgegenstände und das Verhalten der Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer sowie die diesbezüglichen Kontrollaufgaben, die im Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz sowie auch der Verordnung über statistische Angaben und Analysen für den Bereich der Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes und zukünftig der Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt verankert sind, für die Vergabestellen zu gestiegenen fachlichen Anforderungen und auch zu erweitertem Aufwand führen. Parallel nehmen auch die fachlichen und kapazitären Erfordernisse für die Umsetzung des allgemeinen Vergaberechts im Hinblick auf die gewachsenen und laufend weiter entwickelten Anforderungen der in immer kürzeren Zeitabständen neu formulierten EU-Richtlinien und ihrer Umsetzung in nationale und landesrechtliche Bestimmungen sowie Rechtsprechung zur VOL tendenziell zu. Die dargestellte Sachlage verstärkt generell - un- beschadet der dennoch verbleibenden Notwendigkeit auch vertiefende differenzierte Betrachtungen vorzunehmen - die Vorteile der zurzeit (erst) in Teilen realisierten Konzentration und Verlagerung komplexer Beschaffungen auf aufgabenbezogen auf Beschaffungen und fachlich auf bestimmten Warengruppen spezialisierte 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 454 3 Vergabestellen, die Vergaben anderen Behörden als Dienstleistung (Shared Service) anbieten. Soweit die Beschaffungen nicht gebündelt werden können, ist davon auszugehen, dass die Vergabestellen verstärkte Unterstützungen benötigen, wofür allerdings mit dem in den letzten Jahren aufgebauten Vergabeportal im Intra- und Internet und dem dortigen Vergabeleitfaden und seinen Inhalten bereits eine gute und erweiterte Basis geschaffen wurde. Des Weiteren bestätigt sich die im Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz verankerte Strategie, die Vergabestellen und die Umsetzung des Gesetzes durch die Einrichtung einer zentralen Kontrollgruppe zu unterstützen. Eine Konzentration der Kontrollen und eine weitere Bündelung der Beschaffungen sind auch dazu geeignet, die Belastungen für Auftragnehmer durch die vorgesehenen Überprüfungen gering zu halten. Voraussetzung einer Verstärkung der Bündelung der Beschaffungen und des Aufbaus zentraler Kontrollen und noch erweiterter Beratungsleistungen ist allerdings ein Aus- bzw. Aufbau der in den dafür zuständigen Bereichen erforderlichen Kapazitäten. Die dargestellten Einschätzungen werden in die vorgesehene Evaluierung einfließen. Berlin, den 02. Juli 2012 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. August 2012)