Drucksache 17 / 10 460 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Simon Weiß (PIRATEN) vom 30. April 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mai 2012) und Antwort Das Informationsfreiheitsgesetz in der Praxis Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Anträge nach dem Informationsfrei- heitsgesetz (IFG) wurden 2010 und 2011 an öffentliche Stellen des Landes Berlin und andere unter das IFG fallende Einrichtungen gestellt? In wie vielen Fällen wurde dabei eine Auskunft erteilt, eine Teilauskunft erteilt oder der Antrag abgelehnt? Bitte um Einzelaufschlüsselung nach den angefragten Behörden bzw. anderen Stellen. 4. In wie vielen Fällen wurden Anträge vom Antragsteller zurückgezogen? Bitte um Einzelaufschlüsselung , inwieweit Gründe für das Zurückziehen angegeben wurden. Zu 1. und 4.: Ich bitte, die Antworten zu dieser Frage aus der folgenden Übersicht zu entnehmen. Soweit bei einzelnen öffentlichen Stellen in dem genannten Zeitraum keine Anträge gestellt wurden, sind sie nicht in der Übersicht aufgeführt. Darüber hinaus werden Anfragen auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft nicht in jedem Fall dokumentiert und war die Ermittlung der Daten im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht durchgehend möglich. Teilweise wird die Anzahl der Anfragen erfasst, nicht aber, ob es sich dabei um solche allgemeiner Art oder solche nach dem Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG) handelt. Die Antworten sind daher nicht erschöpfend und enthalten z. T. Schätzbzw . Näherungswerte. Die Häufung von Anträgen in den Bezirken ist durch Anträge auf Einsichtnahme in Bauakten oder Anfragen in den Umwelt- und Naturschutzämtern begründet, die sich auf Auskünfte zur Bodenbelastungssituation (Bodenbelastungskataster ) beziehen. Öffentliche Stellen Anfragen 2010/2011 insgesamt Auskunft Teilauskunft Ablehnung Anfrage zurückgezogen , nicht weiter verfolgt oder offen Berliner Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit 3 2 1 0 0 Senatsverwaltungen Senatskanzlei 5 3 1 1 (1) Senatsverwaltung für Arbeit,Integration und Frauen 2 - - - 2 Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft Senatsverwaltung für Finanzen 10 2 - 8 - Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales 4 1 - - 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport 5 1 1 1 2 Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz 4 2 - 2 - Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 460 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt 216 204 5 2 5 Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung 8 2 3 1 2 Bezirke CharlottenburgWilmersdorf 1.354 1.351 2 1 - Friedrichshain-Kreuzberg über 850 über 830 - 3 13 Lichtenberg 766 762 1 2 1 Marzahn-Hellersdorf 472 469 1 2 - Mitte 1.788 1.787 - 1 - Neukölln 1 - - 1 - Pankow über 3.500 über 3.400 - 2 65 Reinickendorf über 1.300 über 1.300 - 2 - Spandau 1.718 1.718 - - - Steglitz-Zehlendorf - - - - - Tempelhof-Schöneberg Treptow-Köpenick 417 414 1 2 - Sonstige Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten 1 1 - - - Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit 2 0 1 1 - Landesamt für Gesundheit und Soziales 4 3 - 1 - Polizeipräsident in Berlin 20 6 5 9 - Berliner Feuerwehr über 1045 k. A. k. A. k. A. k. A. Kassenärztliche Vereinigung Berlin 5 5 - - - Ärztekammer Berlin 2 - - 2 - Finanzamt (FA) Spandau 1 - - 1 - FA Wilmersdorf 2 - - 2 - FA Steglitz 2 - - - 2 FA Prenzlauer Berg 3 1 - 2 - FA für Körperschaften II 9 - - 9 - FA für Körperschaften III 7 1 - 6 - FA für Körperschaften IV 1 - - 1 - Gründe für das Zurückziehen waren: ° Parallele Antragstellung bei mehreren Behörden – andere Behörde federführend ° Erledigung des Begehrens ° Mangelnde Bereitschaft, die Gebühren zu entrichten 2. Wie verteilen sich die stattgegebenen Anträge auf Auskunft bzw. Einsicht nach dem IFG auf die in der Verwaltungsgebührenordnung definierten Kategorien? Zu 2.: Ich bitte, die Antworten zu dieser Frage aus der folgenden Übersicht zu entnehmen. Die Übersicht enthält die Fälle, die erfasst worden sind. Eine Ermittlung der Zuordnung zu den einzelnen in der Tarifstelle 1004 des Gebührenverzeichnisses der Verwaltungsgebührenordnung genannten Kategorien war im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht durchgehend möglich. Kategorie nach Tarifstelle 1004 des Gebührenverzeichnises der Verwaltungsgebührenordnung Anzahl insgesamt Mündliche Auskunft 98 Einfache schriftliche Auskunft 2.427 Umfangreiche schriftliche Auskunft - Schriftliche Auskunft, die einen außergewöhnlich hohen Verwaltungsaufwand verursacht - Einfache Akteneinsicht 517 Akteneinsicht, die umfangreichen Verwaltungsaufwand verursacht, weil z.B. geheimhaltungsbedürftige Aktenteile unkenntlich zu machen oder abzutrennen sind - 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 460 Akteneinsicht, die außergewöhnlich umfangreichen Verwaltungsaufwand verursacht, weil z.B. eine Vielzahl geheimhaltungsbedürftiger Aktenteile unkenntlich zu machen oder abzutrennen sind 1 Widerspruchsverfahren gegen die Ablehnung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft - Anfertigung von Fotokopien bis zum Format DIN A 3, schwarzweiß, im Zusammenhang mit Akteneinsicht oder Aktenauskunft, je Fotokopie 1.724 3. In wie vielen Fällen fanden Widerspruchsverfahren gegen Entscheidungen zu diesen Anträgen statt und inwieweit waren diese erfolgreich? Zu 3.: Ich bitte, die Antworten zu dieser Frage aus der folgenden Übersicht zu entnehmen. Widersprüche Verfahrensausgang Insgesamt 30 Abhilfe 1 Teilstattgabe - Zurückweisung 26 Rücknahme 1 Offen 2 5. In wie vielen Fällen wurde der Beauftragte für Informationsfreiheit von Menschen angerufen, die ihre Rechte nach dem IFG aufgrund einer nicht oder unzureichend erteilten Auskunft bzw. Einsicht verletzt sahen? 6. In wie vielen der von Frage 2 erfassten Fälle wurde der Beauftragte tätig, indem er eine Empfehlung zu einer anderen Handhabung des IFG aussprach? Inwieweit wurde dies umgesetzt? Zu 5. und 6.: Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (BlnBDI) wurde in 37 doku-mentierten Fällen angerufen. Zusätzlich wurden (geschätz-te, nicht dokumentierte) 50 telefonische sowie 40 per E-Mail eingereichte Beschwerden vorgetragen. Die Frage 6 kann vom BlnBDI nur in Bezug auf die zu 5. genannten Fälle beantwortet werden. In 17 der 37 dokumentierten Fälle wurde eine Empfehlung zu einer anderen Hand-habung des IFG ausgesprochen; in 15 Fällen wurde die Empfehlung umgesetzt. 7. In wie vielen Fällen wurde ein Antrag nach dem IFG abgelehnt bzw. nur eine Teilauskunft erteilt auf Grundlage von (einzeln aufgeschlüsselt) 7a. § 6 IFG (Schutz personenbezogener Daten) 7b. § 7 bzw. § 7a IFG (Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen) 7c. § 9 IFG (Schutz besonderer öffentlicher Belange, der Rechtsdurchsetzung und der Strafverfolgung) 7d. § 10 IFG (Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses) 7e. § 11 IFG (Gefährdung des Gemeinwohls) 7f. § 2 IFG, insoweit die angefragte Stelle nicht im Anwendungsbereich des IFG liegt? Zu 7.: Ich bitte, die Antworten zu dieser Frage aus der folgenden Übersicht zu entnehmen. Rechtsgrundlage für die (Teil-)Ablehnun g nach IFG Fallzahlen Ablehnunge n Fallzahlen Teilauskünft e § 6 9 6 § 7 bzw. 7a 6 8 § 9 2 2 § 10 1 4 § 11 1 2 § 2 2 2 Sonstige Insgesamt 24 Bei den unter Sonstige aufgeführten Fällen handelt es sich um solche, die wegen des Vorrangs anderer Vorschriften abgelehnt worden sind. 8. Wie wird in der Praxis entschieden, inwieweit einem Informationsinteresse ein schwerwiegenderes Interesse nach § 7 (Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ) entgegensteht? Zu 8.: Über das Vorliegen von Betriebs- und Ge- schäftsgeheimnissen wird nach den gesetzlichen Regelungen in § 7 und § 14 Abs. 2 IFG entschieden. Die im Einzelfall zu treffende Entscheidung erfolgt nach den von der Rechtsprechung festgelegten Kriterien (Definition des Bundesverfassungsgerichts zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ). Aufgrund der Einzelfallbezogenheit ist eine verallgemeinerungsfähige Beantwortung dieser Frage nicht möglich. 9. Bei welchen öffentlichen Stellen existiert ein Informationsbeauftragter als Ansprechpartner für Anfragen nach dem IFG, als eigene Beauftragung oder als zusätzliche Aufgabe z. B. des zuständigen Datenschutzbeauftragten ? Inwieweit hält der Senat eine derartige Funktion für sinnvoll? Zu 9.: Eine Ansprechpartnerin oder ein Ansprech- partner für Anfragen nach dem IFG existiert bei den in der folgenden Übersicht dargestellten öffentlichen Stellen; soweit einzelne öffentliche Stellen nicht aufgeführt sind, wird die Aufgabe der Ansprechpartnerin oder des Ansprechpartners als Zugleichaufgabe wahrgenommen. 3 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 460 Öffentliche Stellen Informationsbeauftragte / Informationsbeauftragter als eigene Beauftragung Informationsbeauftragte / Informationsbeauftragter als Zugleichaufgabe Dezentral (ggf. mit Unterstützung des Justitiariats oder Rechtsamts) Berliner Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit X Senatsverwaltungen Senatskanzlei X SenArbIntFrau X SenBildJugWiss SenFin X SenGesSoz X SenInnSport X SenJustV X SenStadtUm X SenWiTechForsch X Bezirke CharlottenburgWilmersdorf X Friedrichshain-Kreuzberg X Lichtenberg X Marzahn-Hellersdorf X Mitte X Neukölln X Pankow X Reinickendorf X Spandau X Steglitz-Zehlendorf X Tempelhof-Schöneberg Treptow-Köpenick X Sonstige LABO X LAGetSi X PolPräs X Berliner Feuerwehr X Die Benennung von Ansprechpartnerinnen oder An- sprechpartnern für Anfragen nach dem IFG wird von mir begrüßt. Sie stellt für mich ein sichtbares Bekenntnis der Verwaltung zu mehr Transparenz und zur Steigerung der Bürgerfreundlichkeit dar. Darüber hinaus kann damit eine grundsätzlich wünschenswerte Unterstützung der für die Bearbeitung von Anträgen nach dem IFG fachlich zuständigen Dienststellen erreicht werden. Die Notwendigkeit der Benennung zentraler Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner für Anfragen nach dem IFG und deren organisatorische Anbindung entzieht sich jedoch einer pauschalen Beurteilung. Im Hinblick auf Dienststellen mit einer geringen Zahl von Antragseingängen und geringen Aufkommen an Rechtsbehelfsverfahren halte ich eine durchgängige Benennung zentraler Anlaufstellen nicht für geboten. Eine sachgerechte Erfüllung von Informationsansprüchen der Bürgerinnen und Bürger wird hier auch ohne das Bestehen einer zentralen Anlaufstelle nicht in Frage gestellt. Auch eine Anbindung von Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartnern an die behördlichen Datenschutzbeauftragten ist daher nicht zwingend. 10. In welcher Form wird den Veröffentlichungspflichten nach § 17 IFG nachgekommen? Führen alle öffentlichen Stellen vollständige Verzeichnisse gemäß § 17 (5)? Wie werden diese zugänglich gemacht? Bestehen Pläne, die nach § 17 IFG zu veröffentlichenden bzw. allgemein zugänglich zu machenden Inhalte zentral im Open-Data-Portal des Landes Berlins einzustellen und wenn nein, warum nicht? Zu 10.: Verzeichnisse i. S. d. § 17 Abs. 5 IFG werden geführt. Unter anderem beim Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit wird der Aktenplan im Internetangebot allgemein zugänglich bereitgehalten. Zum Teil befinden sich die Aktenpläne aufgrund umfangreicher Änderungen der Organisationsstruktur (einheitliche Organisationsstruktur in den Bezirken) gegenwärtig in der Überarbeitung. Soweit Verzeichnisse i. S. d. § 17 Abs. 5 IFG im Einzelfall nicht zur Verfügung stehen, ist gleichwohl gewährleistet, dass Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern nach dem IFG jederzeit umfassend und zeitnah angemessen beantwortet werden können. In den Bezirken wird vereinzelt eine Internet- Veröffentlichung von Aktenverzeichnissen gemäß § 17 Abs. 5 IFG vorbereitet oder angestrebt, in Kooperation die Möglichkeiten eines Bürgerportals auszuweiten. 4 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 460 Pläne zur Veröffentlichung der Verzeichnisse nach § 17 IFG bestanden in den Behörden und öffentlichen Stellen im Hinblick auf das Open-Data-Portal des Landes Berlin bislang weitestgehend nicht. Dies gilt auch für den Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit , der dieser Idee auch aufgeschlossen gegenübersteht . 11. Aufgrund welcher Datensätze bzw. Unterlagen wurden oben stehende Fragen beantwortet und inwieweit wäre es möglich, diese (ggf. in aufbereiteter Form) auf dem Berliner Open-Data-Portal einzustellen und fortlaufend zu aktualisieren? Zu 11.: Die Bearbeitung der Kleinen Anfrage erfolgte überwiegend durch Abfrage und manuelle Recherche in den jeweiligen Organisationseinheiten der Behörden und öffentlichen Stellen. Diese konnten nur zu einem geringen Teil auf statistische Erhebungen zurückgreifen. Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf führt eine JahresIFG -Statistik, aus der die entsprechenden Angaben entnommen wurden. Soweit eine elektronische Erfassung der Daten in den Behörden und öffentlichen Stellen nicht erfolgt, ist ihre Einstellung in das Open-Data-Portal gegenwärtig nicht möglich. Eine Veröffentlichung der Daten scheidet darüber hinaus aus, wenn diese schutzwürdige personenbezogene Daten enthalten. Berlin, den 30. Juli 2012 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. August 2012) 5