Drucksache 17 / 10 470 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Heiko Thomas (GRÜNE) vom 03. Mai 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Mai 2012) und Antwort Situation der PsychotherapeutInnen in Ausbildung (PiAs) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28 Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Die Kleine Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte, die der Senat nicht allein aus eigener Kenntnis beantworten kann oder deren Recherche dem Umfang einer Kleinen Anfrage nicht gerecht wird. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen Antwort auf Ihre Fragen zukommen zu lassen und hat daher die Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH, die Charité und die Psychotherapeutenkammer Berlin um Stellungnahme bzw. Auskunft gebeten. Diese sind in die Antworten einbezogen. 1. Wie viele und welche Ausbildungsinstitute für Psychotherapie gibt es in Berlin? Zu 1.: Derzeit sind in Berlin 20 Ausbildungsstätten für die Ausbildung zur/zum Psychologischen Psychotherapeutin /-therapeuten (PPT) bzw. zur/zum Kinderund Jugendlichenpsychotherapeutin/-therapeuten (KJPT) staatlich anerkannt. Davon bieten acht Ausbildungsstätten ausschließlich die PPT-Ausbildung, vier ausschließlich die KJPT-Ausbildung und weitere acht beide Ausbildungsgänge an. Ein Verzeichnis der in Berlin staatlich anerkannten Ausbildungsstätten einschließlich der Informationen zu den angebotenen Ausbildungsgängen und Vertiefungsgebieten wird vom für die staatliche Anerkennung zuständigen Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin auf seiner Internetseite bereitgestellt. Die aktuelle Liste ist als Anlage beigefügt. 2. Wie viele Psychotherapeutinnen und Psychothe- rapeuten in Ausbildung (PiAs) gibt es derzeit in Berlin und Brandenburg? Und wie unterscheidet sich die Anzahl im Vergleich zu anderen Bundesländern? Zu 2.: Für eine regelmäßig wiederkehrende Erhebung der Zahl der PiAs bei den staatlich anerkannten Ausbildungsstätten gibt es keine rechtliche Grundlage. Auf eine anlassbezogene Abfrage in einem anderen Zusammenhang haben die Ausbildungsstätten dem Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin zum Stand April 2011 die Zahl von 1 332 PPT in Ausbildung und 414 KJPT in Ausbildung gemeldet. Angaben über die Zahl der PiAs in anderen Bundesländern liegen dem Senat nicht vor. Orientierung für einen landesübergreifenden Vergleich können die Veröffentlichungen des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP), Mainz, über die Teilnehmerzahlen an den Staatsprüfungen verteilt nach Bundesländern bieten. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10470 2 Für das Jahr 2010 ergibt sich in der Übersicht Folgendes : LAND Teilnehmer -PPTTeilnehmer -KJPTBaden - Württemberg 108 23 Bayern 164 51 Berlin 109 29 Brandenburg 4 23 Bremen 16 7 Hamburg 29 4 Hessen 115 41 Mecklenburg- Vorpommern 10 1 Niedersachsen 79 38 Nordrhein- Westfalen 261 80 RheinlandPfalz 68 15 Saarland 8 6 Sachsen 60 29 Sachsen- Anhalt 5 9 SchleswigHolstein 22 2 Thüringen 20 9 GESAMT 1 078 367 3. Wie werden die Ausbildungsinstitute für Psy- chotherapie in Berlin zugelassen und wie werden sie überprüft? Unterliegt die Ausbildung der angehenden Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten einer fachlichen Qualitätskontrolle, und wenn ja wie und durch wen erfolgt diese? Zu 3.: Die Zulassung der Ausbildungsinstitute er- folgt entsprechend der gesetzlichen Vorgaben durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin im Zuge eines Anerkennungsverfahrens. Rechtsgrundlage für die Anerkennung von Ausbildungsstätten ist § 6 des Psychotherapeutengesetzes. Danach sind Ausbildungsstätten anzuerkennen, wenn in ihnen • Patienten/innen, die an psychischen Störungen mit Krankheitswert leiden, nach wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren stationär oder ambulant behandelt werden, wobei es sich bei einer Ausbildung zum/zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten /in um Personen handeln muss, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben • für die Ausbildung geeignete Patienten/innen nach Zahl und Art in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen • eine angemessene technische Ausstattung für Ausbildungszwecke und eine fachwissenschaftliche Bibliothek vorhanden ist • in ausreichender Zahl geeignete Psychologische Psychotherapeuten/innen oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten /innen und qualifizierte Ärzte /innen für die Vermittlung der medizinischen Ausbildungsinhalte für das jeweilige Fach zur Verfügung stehen • die Ausbildung nach Ausbildungsplänen durchgeführt wird, die auf Grund der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische Psychotherapeuten /innen oder der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten /innen erstellt worden sind und • die Ausbildungsteilnehmer/innen während der praktischen Tätigkeit angeleitet und beaufsichtigt werden sowie die begleitende theoretische und praktische Ausbildung durchgeführt wird. Alle in § 6 des Psychotherapeutengesetzes aufgeführten Kriterien zur staatlichen Anerkennung einer Ausbildungsstätte müssen in Form von einzureichenden Unterlagen nachgewiesen werden und werden ggf. im Zuge einer Vorortbegehung überprüft. Die endgültige Zulassung als staatlich anerkannte Ausbildungsstätte erfolgt durch einen Zulassungsbescheid verbunden mit einer Anerkennungsurkunde. Die Überprüfung der bereits staatlich anerkannten Ausbildungsinstitute erfolgt im Rahmen der Aufsichtspflicht durch eine kontinuierliche Aktualisierung der relevanten Daten sowie ggf. durch Besichtigung. Darüber hinaus wird das Landesamt für Gesundheit und Soziales anlassbezogen bei Beschwerden hinsichtlich der Qualität der Ausbildung bzw. in Bezug auf die Ausbildungsdurchführung tätig. Bisher sind Beschwerden in diesem Sinne jedoch nicht aufgetreten. Die fachliche Qualitätskontrolle der Ausbildung liegt in der Verantwortung der jeweiligen Ausbildungsstätte. 4. Wie werden PIAs während ihres Praktikums im Krankenhaus bezahlt (bitte nach Krankenhausträgern getrennt aufgeführt)? Zu 4.: Die praktische Tätigkeit (Praktikum) ist we- sentlicher Bestandteil der Ausbildungen nach dem Psychotherapeutengesetz . Sie dient dem Erwerb praktischer Erfahrung in der Behandlung von Störungen mit Krankheitswert im Sinne des Psychotherapeutengesetzes sowie von Kenntnissen anderer Störungen, bei denen Psychotherapie nicht indiziert ist. Das Praktikum umfasst insgesamt mindestens 1 800 Stunden, davon sind mindestens 1 200 Stunden an einer psychiatrischen klinischen Einrichtung zu erbringen. Während der praktischen Tätigkeit ist von der Klinik gegenüber den PiAs fachkundige Anleitung und Aufsicht zu gewährleisten . Regelungen über eine Vergütung der PiAs während der praktischen Tätigkeit hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen und PiAs sind allgemein in keinem Tarifvertrag integriert. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10470 3 Bei Vivantes erhalten PiAs seit dem 1.7.2011 eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 400 €, die Charité leistet keinerlei Vergütung an PiAs. Ob bzw. in welcher Höhe die übrigen Kliniken in Berlin PiAs während der praktischen Tätigkeit eine Vergütung , Aufwandsentschädigung oder dergleichen zahlen ist nicht bekannt. 5. Wie bewertet der Senat die Qualität der Ausbil- dungsinstitute für Psychotherapie? Zu 5.: Hierzu wird auf die Ausführungen unter Punkt 3 verwiesen. Die Ausbildungsinstitute führen interne Qualitätsprüfungen und z. T. Befragungen unter den Dozentinnen und Dozenten sowie den PiAs durch. Darüber hinaus bieten auch hier die Veröffentlichungen des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen Anhaltspunkte für eine summarische externe Bewertung der Qualität der Ausbildungsinstitute im Vergleich zu anderen Bundesländern und ebenso Orientierungswerte für die einzelne Ausbildungsstätte. Aufgrund der Ergebnisse der Prüfungen nach dem Psychotherapeutengesetz im Frühjahr und Herbst 2010 ergeben sich lt. IMPP folgende Notenmittelwerte für die bestandene Gesamtprüfung: PPT Frühjahr 2010: Bundesgebiet (559 Prüf- linge) = 1,93 Berlin (59 Prüflinge) = 1,94 Herbst 2010: Bundesgebiet (519 Prüf- linge) = 1,88 Berlin (50 Prüflinge) = 1,98 KJPT Frühjahr 2010: Bundesgebiet (177 Prüf- linge) = 2,06 Berlin (12 Prüflinge) = 1,88 Herbst 2010: Bundesgebiet (190 Prüf- linge) = 2,05 Berlin (17 Prüflinge) = 1,88 6. Wie bewertet der Senat die Ausbildungsqualität der Krankenhäuser während des Praktikums? Zu 6.: Ein Praktikum in einer klinischen Einrich- tung ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen zum Psychotherapeutengesetz wesentlicher Bestandteil der Ausbildung. Die klinische Einrichtung, die diesen Teil der Ausbildung als Kooperationspartner der jeweiligen Ausbildungsstätte durchführt , muss im Sinne des ärztlichen Weiterbildungsrechts zur Weiterbildung für Psychiatrie und Psychotherapie bzw. Kinder- und Jugendpsychiatrie und - psychotherapie zugelassen sein. Mittelbar haben somit auch Entscheidungen der Ärztekammer Berlin Einfluss auf die Ausbildungsqualität. Vorrangig liegt die Verantwortung für die Gewährleistung der Ausbildungsqualität allerdings bei den Ausbildungsstätten, die über eine ausreichende Anzahl geeigneter Kooperationspartner verfügen und bei Beschwerden von PiAs - z. B. über mangelnde Anleitung während des Praktikums in der Klinik - reagieren müssen. 7. Inwieweit sind PiAs schon in die Behandlung /Betreuung von Patienten eingebunden? Zu 7.: In die Behandlung/Betreuung von Patien- ten/innen sind die PiAs während ihrer Ausbildung sowohl im Rahmen der praktischen Tätigkeit als auch im Rahmen der praktischen Ausbildung mit Krankenbehandlungen unter Supervision (Vertiefung in einem wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren) eingebunden. Da PiAs - anders als Ärzte/innen in der Weiterbildung - noch über keine Approbation verfügen, müssen sie bei der Behandlung von Patienten/innen grundsätzlich unter Anleitung und Aufsicht stehen und nur in diesem Rahmen dürfen sie zunehmend selbständig Behandlungen , die eigentlich dem Approbationsvorbehalt unterliegen , erbringen. Während der praktischen Tätigkeit müssen die PiAs in der klinischen Einrichtung entsprechend § 2 Abs. 2 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen nach dem Psychotherapeutengesetz über einen längeren Zeitraum an der Diagnostik und Behandlung von mindestens 30 Patienten/innen beteiligt werden, um praktische Erfahrungen zu erwerben. Während der mindestens 600 Stunden umfassenden praktischen Ausbildung müssen die PiAs nach § 4 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen mindestens sechs Patientenbehandlungen unter Supervision durchführen, um eingehende Kenntnisse und Erfahrungen zu erwerben. 7. Sieht der Senat Verbesserungsbedarf für die Si- tuation der PiAs in Berlin? Wenn ja, welchen und welche Schritte wird der Senat unternehmen, diesem Bedarf nachzukommen? Zu 8.: Berlin hat sich in Übereinstimmung mit den anderen Bundesländern in der Vergangenheit gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit wiederholt und nachdrücklich für eine umfassende Reform des Psychotherapeutengesetzes einschließlich der Schaffung einer Regelung zur Vergütung von PiAs während der praktischen Tätigkeit eingesetzt. Im Hinblick auf die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben des geltenden Psychotherapeutengesetzes und die damit verbundenen Qualitätsstandards der Ausbildung gibt es aus Sicht der Aufsicht über die staatlich anerkannten Ausbildungsstätten derzeit keinen konkreten Handlungsbedarf. Berlin, den 29. Mai 2012 In Vertretung Emine D e m i r b ü k e n - W e g n e r Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Juni 2012) ka17-10470.pdf ka17-10470_Anlage