Drucksache 17 / 10 480 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Möller (LINKE) vom 08. Mai 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Mai 2012) und Antwort Betriebs-Kitas in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie definiert der Senat aus fachlicher Sicht eine „Betriebs-Kita“ und welche Besonderheiten sind für eine solche Einrichtung aus Sicht des Senats charakteristisch? 6. Welche Regelungen gelten in Betriebs-Kitas be- züglich der Aufnahme von Kindern von Betriebsangehörigen und Kindern, deren Eltern nicht im jeweiligen Unternehmen/Betrieb beschäftigt sind? Zu 1. und 6.: Es ist zwischen den klassischen Be- triebskindertagesstätten und den in Berlin überwiegend vorzufindenden betrieblich geförderten Einrichtungen zu unterscheiden. In Betriebskindertagesstätten werden ausschließlich Kinder von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des jeweiligen Unternehmens betreut. Eine Öffnung für Kinder aus dem Sozialraum ist nicht vorgesehen. Mit der eigenen Einrichtung kann ein Unternehmen seinen Beschäftigten eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung bieten, die der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den speziellen Anforderungen des Betriebs (z. B. besondere Öffnungszeiten ) gerecht wird. Betriebs-Kitas werden nicht öffentlich gefördert. Betrieblich geförderte Einrichtungen werden im § 24 Kindertagesförderungsgesetz (KitaFöG) definiert: „(1) Ein Betrieb kann allein oder im Verbund mit anderen Betrieben eine vertragliche Vereinbarung mit einem Träger der öffentlichen oder der freien Jugendhilfe abschließen, die diesen verpflichtet, in einer Tageseinrichtung zur Verfügung stehende Plätze zur Belegung mit Kindern der Betriebsangehörigen zur Verfügung zu stellen , soweit der Betrieb sich verpflichtet, die von ihm in Anspruch genommene oder eine andere Tageseinrichtung des Trägers angemessen zu fördern. (2) Die Förderleistung kann im Neubau einer Tages- einrichtung bestehen; für bereits bestehende Tageseinrichtungen kann der Betrieb insbesondere Räumlichkeiten oder Personal zur Verfügung stellen oder sich an den Betriebskosten beteiligen.“ Betrieblich geförderte Einrichtungen betreuen sowohl Kinder aus dem sozialen Umfeld als auch Kinder von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens. Sie sind in die öffentliche Förderung und damit in die vielfältigen Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung eingebunden . 2. Wie viele Betriebs-Kitas gibt es nach Kenntnis des Senats gegenwärtig in Berlin und welche Betriebe engagieren sich hier im Einzelnen? 3. Wie viele Plätze stehen in Berliner Betriebs-Ki- tas gegenwärtig zur Verfügung und wie hat sich die Platzzahl im Vergleich mit den vergangenen Jahren entwickelt ? Zu 2. und 3.: Folgende klassische Betriebs-Kitas gibt es gegenwärtig in Berlin. Die Platzzahl ist im Vergleich zu den vergangenen Jahren konstant geblieben. Betriebs-Kita Plätze Kita des Auswärtigen Amtes 70 Kita des Deutschen Bundestages 176 Kita der Bayer Pharma AG 150 Die Anzahl der betrieblich geförderten Einrichtungen, ihre Platzzahlen inklusive ihrer Platzzahlentwicklung sind der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft nicht bekannt, da die Kooperationsvereinbarungen zwischen Unternehmen und Trägern der Jugendhilfe geschlossen werden. Eine Ermittlung der Zahlen ist aufwendig und war im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht möglich. 4. Wie viele der Berliner Betriebs-Kitas bieten in welcher Art und Weise „flexible“ Angebote zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf an und nach wel- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 480 chen Standards werden diese fachlich durch den Senat genehmigt, begleitet und bewertet? Zu 4.: Viele Berliner Träger bieten qualifizierte flexi- ble Angebote innerhalb von Tageseinrichtungen an. Dabei werden die Rechte und Bedürfnisse von Kindern als auch die Erfordernisse und Erwartungen von Eltern berücksichtigt . So werden Öffnungszeiten in den Tagesrandzeiten in Form von Früh- und Spätbetreuung angeboten. In allen Berliner Kindertageseinrichtungen können Kinder, sofern erforderlich, während der Ferien betreut werden. Betriebskitas als auch betrieblich geförderte Kindertageseinrichtungen unterbreiten darüber hinaus ggf. besondere Angebote, die speziellen Bedürfnissen Rechnung tragen. So bietet bspw. der freie Träger INA-Kindergarten gGmbH am Campus Virchow der Charité eine Nacht- und Wochenendbetreuung an. Weitere besondere Angebote, gestaffelte Bringe- und Holzeiten, stundenweise Betreuung , Kurzzeitbetreuung u. a. m. sind denkbar. Im Rahmen der Aufsicht über Kindertageseinrichtungen ist es die Aufgabe der Kindertagesstättenaufsicht, das Wohl der betreuten Kinder sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund unterliegen bspw. besondere Öffnungszeiten vor 6.00 Uhr und nach 21.00 Uhr einer gesonderten Genehmigungspflicht. Eine zahlenmäßige Erfassung „flexibler Angebote“ erfolgt nicht. 5. Welche Regelungen gelten in den Betriebs-Kitas bezüglich der Elternbeiträge und welche gesetzliche Regelung liegt dem zugrunde? 7. Welche Finanzierungsmodelle liegen den Ber- liner Betriebs-Kitas zugrunde und in welcher Art und Weise beteiligt sich das Land Berlin bzw. der jeweilige Betrieb an der Finanzierung? Zu 5. und 7.: Gemäß § 26 KitaFöG haben sich das Kind und seine Eltern an den Kosten der Inanspruchnahme eines nach § 23 finanzierten Angebots der Förderung in einer Tageseinrichtung an den Kosten nach den Vorschriften des Tagesbetreuungskostenbeteiligungsgesetzes (TKBG) zu beteiligen. Unternehmen, die Betriebskindertagesstätten betrei- ben, werden nicht öffentlich gefördert. Sie bzw. die Eltern sind daher nicht an die Regelungen des TKBG gebunden. Träger der freien oder öffentlichen Jugendhilfe, die in Kooperation mit Betrieben Plätze anbieten, sind der Rahmenvereinbarung über die Finanzierung und Leistungssicherstellung der Tageseinrichtungen (RV Tag) beigetreten . Ihre Angebote werden nach § 23 KitaFöG finanziert . Die Elternbeteiligung aller in diesen Einrichtungen betreuten Kinder richtet sich daher nach den Regelungen des TKBG. Wie bereits zur Frage Nr. 1 ausgeführt, werden in Be- triebs-Kitas ausschließlich Kinder von Betriebsangehörigen sowie in betrieblich geförderten Einrichtungen Kin- der von Betriebsangehörigen und Kinder aus dem sozialen Umfeld gefördert. Die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Unter- nehmen und Trägern der Jugendhilfe, die die zusätzlichen Leistungen und deren Vergütung beinhalten, sind nicht allgemeingültig. Eine Förderung durch ein Unternehmen kann bspw. in der Beteiligung an den laufenden Betriebsund Personalkosten oder der Bereitstellung von Räumlichkeiten bestehen. 8. Inwieweit gelten für die bestehenden Berliner Betriebs-Kitas die Regelungen des Kindertagesförderungsgesetzes insbesondere im Hinblick auf die Personalausstattung und die Qualitätsstandards? Zu 8.: Alle Träger von Kindertageseinrichtungen be- nötigen für deren Betrieb gemäß § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) eine Erlaubnis. Im Rahmen des Erlaubnisverfahrens prüft die Kindertagesstättenaufsicht die Einhaltung von baulichen und pädagogischen Standards. Sie übt die Aufsicht auch im laufenden Betrieb aus. Im Hinblick auf die betrieblich geförderten Ein- richtungen, die durch Träger der Jugendhilfe betrieben und öffentlich finanziert werden, gelten alle Regelungen des KitaFöG, der Kindertagesförderungsverordnung (VOKitaFöG) und der Leistungsvereinbarungen RV Tag und der Qualitätsentwicklungsvereinbarung Tageseinrichtungen (QVTAG). Für die drei bestehenden klassischen Betriebs-Kitas, die nicht nach § 23 KitaFöG finanziert werden, gelten gemäß § 2 Abs. 3 KitaFöG nachfolgende Regelungen: § 1 (Aufgaben und Ziele der Förderung), § 5a Absatz 3 (Meldung der Vertragsbeendigung eines Kindes mit festgestelltem Sprachförderbedarf an das zuständige Jugendamt ), § 6 (Besondere Angebote für Kinder mit Behinderungen ), § 8 (Öffnungszeiten), § 9 (Gesundheitsvorsorge), § 10 (Anforderungen an das Personal, pädagogische Konzeption , Fachberatung), § 11 (Personalausstattung), § 12 (Bau und Ausstattung), § 14 Abs. 1 und 2 (Elternbeteiligung ), § 19 Absatz 5 (quartalsweise Meldung der belegten Plätze an das zuständige Jugendamt) und § 25 (Förderung von Modellversuchen). 9. Wie viele der Berliner Betriebs-Kitas sind der Rahmenvereinbarung (RV-Tag) und der Vereinbarung über die Qualitätsentwicklung beigetreten und durch wen erfolgt die fachliche Aufsicht über die Betriebs-Kitas? Zu 9.: Kein Träger einer klassischen Betriebs-Kita ist der RV Tag oder QVTAG beigetreten. Die Aufsicht gemäß § 45 SGB VIII wird durch die entsprechende Stelle (Kindertagesstättenaufsicht) in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft wahrgenommen. 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 480 10. Wie sind die Betriebs-Kitas einbezogen in die vom Senat angebotenen Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung , wie z. B. Fort- und Weiterbildung sowie in den Prozess der Evaluationen? Zu 10.: Die betrieblich geförderten Einrichtungen sind in alle Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung und in die weiteren Qualitätsentwicklungsprozesse eingebunden. Das Angebot des landeseigenen Sozialpädagogischen Fortbildungsinstituts Berlin-Brandenburg (SFBB) steht auch Erzieherinnen und Erziehern von klassischen Betriebs -Kitas offen. Die Träger von Betriebs-Kitas bzw. ihre Einrichtungen sind nicht in den Prozess der Evaluationen der pädagogischen Qualität einbezogen, da sie nicht der QVTAG beigetreten sind. 11. Welche Rolle spielen die Berliner Betriebs-Kitas in den Sozialräumen und den dort bestehenden Netzwerken , wie z. B. zur Gewährleistung des Kinderschutzes ? Zu 11.: Über die tatsächliche Vernetzung der einzel- nen Einrichtungen in den jeweiligen Sozialräumen liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. Sie sind jedoch, ebenso wie Regeleinrichtungen, zur Gewährleistung des Kinderschutzes, auch im Rahmen der bundesgesetzlichen Regelung des § 8 a SGB VIII, verpflichtet. 12. Welche Bedeutung misst der Senat den Betriebs- Kitas bei und wie wird er die Einrichtung von BetriebsKitas insbesondere im Rahmen des Berliner Kita-Ausbauprogramms unterstützen, wie in der Koalitionsvereinbarung angekündigt? Zu 12.: Betriebs-Kitas und betrieblich geförderte Kitas sind für Eltern und Unternehmen gleichermaßen ein Gewinn , da sie flexibel die Bedürfnisse beider Seiten berücksichtigen . Insbesondere junge Eltern und Eltern mit ungünstigen Arbeitszeiten wissen es oft zu schätzen, die Kinderbetreuung in der Nähe zum Arbeitsplatz zu haben. Im Rahmen des Kitaausbauprogramms werden gemeinnützige Träger der öffentlichen oder freien Jugendhilfe unterstützt werden können. Eine Unterstützungsmöglichkeit für gewerbliche Träger (Unternehmen) besteht nicht. Eine Förderung für betrieblich unterstützte Einrichtungen ist hingegen möglich. 13. An wen können sich Betriebe wenden, wenn sie die Einrichtung einer Betriebs-Kita in Erwägung ziehen? Zu 13.: Betriebe können sich an die Geschäftsstelle der Kindertagesstättenaufsicht bei der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft wenden. Berlin, den 31. Mai 2012 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Juni 2012) 3