Drucksache 17 / 10 481 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 08 Mai 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Mai 2012) und Antwort Freiwilligendienste in Berlin I Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Freiwillige aufgeschlüsselt nach Bundes- freiwilligendienst (BFD) und Jugendfreiwilligendienstgesetz (FSJ/FÖJ) gab es in Berlin in den Jahren 2008, 2009, 2010, 2011 und wie viele werden für 2012 erwartet ? Zu 1.: Freiwillige in Einsatzstellen nach dem Jugend- freiwilligendienstgesetz in Berlin: Im aktuellen Freiwilligenjahrgang 2011/2012 absol- vieren nach Angaben der am Förderverfahren teilnehmenden Träger zum Stichtag 01.12.2011 durchschnittlich 46.529 Teilnehmende bundesweit ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), im Freiwilligen ökologischen Jahr (FÖJ) sind es 2.664 Teilnehmende, insgesamt also 49.193. Gefördert werden derzeit rund 37.500 Freiwillige. Das entspricht einem Aufwuchs von rund 8.100 gegenüber dem vorherigen Jahrgang. Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ): Insbesondere vor dem Hintergrund, dass es in Berlin keine spezifische Landesförderung für das FSJ gibt, werden auch keine detaillierten Zahlen erhoben. Im Jahr 2009/2010 konnte von ca. 2.100 Freiwilligen im FSJ im Land Berlin ausgegangen werden. In Berlin werden alle Formate des FSJ (klassische Wohlfahrtspflege inkl. Kinder- und Jugendhilfe, Sport, Kultur und Denkmalpflege ) von einer Vielzahl anerkannter Träger angeboten und umgesetzt. Freiwilliges ökologisches Jahr (FÖJ): Das Platzangebot hat sich folgendermaßen entwickelt (Projektlaufzeit stets vom 01.09. bis 31.08. des Folgejahres ): Projektjahr 2007/2008: 220 Plätze + 74 Plätze für anerkannte Kriegsdienstverweigerer (KDV) Projektjahr 2008/2009: 220 Plätze + 75 Plätze für KDV Projektjahr 2009/2010: 220 Plätze + 72 Plätze für KDV Projektjahr 2010/2011: 220 Plätze + 75 Plätze für KDV Bis 2010/2011 wurden 30 von rund 75 Plätzen für KDV auch mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. 2011/2012: 287 Plätze (davon 250 ESF-finanzierte Plätze, Einbeziehung von Einsatzstellen in die Finanzierung , Erhöhung des Festbetrags des Bundes) Für 2012/2013 sind 300 FÖJ-Plätze geplant. Durch Teilnehmerwechsel (Abbruch und Nachbeset- zung) ist die Anzahl der Freiwilligen pro Projektjahr in der Regel größer als die Platzzahl. Freiwillige in Einsatzstellen nach dem Bundesfrei- willigendienstgesetz in Berlin: Die Kleine Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend wiedergegeben: Im Jahr 2011 haben 780 Freiwillige in Berlin einen Bundesfreiwilligendienst begonnen und im Jahr 2012 bisher weitere 473 Freiwillige. Wie sich die Zahlen in Berlin bis zum Jahresende entwickeln werden, kann nicht prognostiziert werden, da die Entwicklung von der Steuerung der einzelnen Zentralstellen im Bundesfreiwilligendienst abhängig ist. Wie viele Personen darüber hinaus noch weitere Frei- willigendienste (so z. B. den Europäischen Freiwilligendienst oder den deutsch-französischen Freiwilligendienst) absolvieren, kann nicht erhoben werden. 2. Wie bewertet der Berliner Senat die Entwicklungen vor allem im Bereich des BFD in und für Berlin? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 481 Zu 2.: Der Bundesfreiwilligendienst (BFD) hat die be- stehenden Freiwilligendienste durch ein neues Format ergänzt und damit interessierten Freiwilligen neue Möglichkeiten für bürgerschaftliches Engagement nicht nur in Berlin eröffnet. Die Aufgabenfelder der ehemaligen Zivildiensteinsatzstellen , die durch das Bundesfreiwilligendienstgesetz Einsatzstellen im Rahmen des BFD wurden, haben sich verändert, da diese nun den Prämissen des Freiwilligenmanagements unterliegen. Erfreulich ist, dass die hohe Nachfrage nach BFD-Plätzen nicht zu einem Rückgang der Freiwilligen in anderen Freiwilligendiensten führte. Auch künftig muss bei der engagementpolitischen Begleitung des Bundesfreiwilligendienstes darauf geachtet werden, möglichen Ungleichgewichten zwischen den Freiwilligendiensten entgegenzuwirken. Es ist wichtig, dass die Jugendfreiwilligendienste als eigenständige Freiwilligendienste erhalten bleiben, da diese sich durch die komplexe Finanzierungsstruktur, das Trägerprinzip und den Anspruch an die pädagogische Begleitung vom Bundesfreiwilligendienst unterscheiden. Eine umfangreiche Evaluierung des Bundesfreiwilligendienstes wird befürwortet. Bedauerlich ist die Kontingentierung der Einsatzmöglichkeiten aufgrund der vollständigen Ausschöpfung der im Bundeshaushalt bereitgestellten Mittel seitens der Bundesregierung, da so sowohl Engagementwillige als auch Einsatzstellen in ihrer Motivation gebremst werden. 3. Gibt es nach Einschätzung des Berliner Senats Lücken durch die Abschaffung des Zivildienstes oder konnten die Lücken anderweitig geschlossen werden? Zu 3.: Da für die Einsatzstellen im Zivildienst Ar- beitsmarktneutralität vorausgesetzt war, sind nach dessen Außerkraftsetzung keine elementaren Lücken in der sozialen Infrastruktur im Land Berlin aufgetreten. 4. Wie begleitet das Land Berlin die verschiedenen Freiwilligendienste in der Stadt? Zu 4.: Die Entwicklungen in den BFD und Freiwil- ligendienst aller Generationen (FdaG) werden im Rahmen der Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements politisch von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales begleitet. Eine entsprechende engagementpolitische Begleitung wird für das FSJ durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft sowie für das FÖJ von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt gewährleistet. 5. Gibt es für Berlin eine Gesamtstrategie der Steue- rung der verschiedenen Freiwilligendienste, wenn ja, wie sieht diese aus, wenn nein, warum nicht? Zu 5.: Die Freiwilligendienste sind eine spezielle Form ehrenamtlichen Engagements, die insbesondere von den zivilgesellschaftlichen Akteuren getragen und selbst organisiert wird. Ihre Steuerung erfolgt im Rahmen der Schwerpunktsetzung zur allgemeinen Förderung des bürgerschaftlichen Engagements in Berlin durch flankierende Maßnahmen, soweit die Zuständigkeit auf Landesebene es zulässt. 6. Welche Beratungsmöglichkeiten für Interessent_in- nen für einen der verschiedenen Freiwilligendienste gibt es in Berlin? Zu 6.: Für interessierte Freiwillige gibt es eine Vielzahl von Informations- und Beratungsmöglichkeiten. So-wohl Stadtteilzentren und Freiwilligenagenturen als auch Informationsstellen und Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner bei den Trägern bieten Beratungen über Engagementmöglichkeiten im Rahmen von Freiwilligendiensten an. Über die entsprechenden Internetseiten der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (http://www.berlin.de/sen/soziales/engagement/fsj-foej/), der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltratgeber/de/foej) der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (http://www.berlin.de/sen/jugend/ausserschulische_bildung/index.html) und der Senatskanzlei (http://www.berlin.de/buergeraktiv/freiwilligendienste/freiwillige/) werden den Interessierten erste Informationen zu den Freiwilligendiensten FSJ, FÖJ und FDaG gegeben. Informationen zum FSJ und FÖJ finden sich auf den Seiten des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Freiwilliges-Engagement/fsj-foej.html). Zusätzlich werden die entsprechenden Broschüren des Bundes auch im Land Berlin verteilt. Werbemaßnahmen für alle Freiwilligendienste werden auch in den Berliner Schulen, Arbeitsagenturen und auf Bezirksebene (insbesondere Bürgerberatungsstellen) durchgeführt. Dies erfolgt durch Plakate und Flyer, Informationsveranstaltungen durch die Träger bzw. das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA), Pressemitteilungen und Homepages im Internet. Beratungsmöglichkeiten zum Bundesfreiwilligen- dienst in Berlin gibt es über die Zentralstellen, das Internet (z. B. www.bafza.de oder (http://www.bundesfreiwilligendienst.de) und die Außendienstmitarbeiterinnen und –mitarbeiter des BAFzA. 7. Welche Vorstellungen hat der Berliner Senat für die Fortführung des Jugendfreiwilligendienstes über das Jahr 2013 hinaus, insbesondere für die Koordinierung- und Kooperationsstellen an den Berliner Schulen? Zu 7.: Die Jugendfreiwilligendienste als besondere Form der freiwilligen Engagements werden weiterhin vom Land Berlin aktiv unterstützt. Insbesondere die Ausrichtung der Jugendfreiwilligendienste als Bildungsjahr ermöglicht es Jugendlichen und jungen Erwachsenen, neben den praktischen Hilfstätigkeiten sich zusätzlich zu orientieren. 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 481 Eine Fortsetzung des FÖJ mit rund 300 Plätzen ist auch in der folgenden ESF-Förderperiode 2014 – 2020 vorgesehen (siehe Koalitionsvereinbarung der Berliner Koalitionsparteien, S. 88). Dabei haben sich alle Jugendfreiwilligendienste in den Rahmen der derzeit im Entwurf vorliegenden einschlägigen EU-Verordnungen einzufügen . Bei dem Projekt Freiwilligendienstkoordinatoren an Schulen handelt es sich nicht um einen Jugendfreiwilligendienst nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz. Ziel des Projektes ist es vielmehr, freiwilliges Engagement an den Schulen zu stärken. Zur Weiterführung des Projektes über 2013 hinaus kann derzeit noch keine Aussage getroffen werden. 8. Welche finanziellen Ressourcen stellt das Land Berlin für die Durchführung von Freiwilligendiensten zur Verfügung? Zu 8.: Im Rahmen des FSJ gibt es keine Regel- förderung für das FSJ. Zur Stärkung der ehrenamtlichen Jugendverbandsarbeit wird jedoch mit Landes- und ESFMitteln das Projekt „FSJ an der Schnittstelle Jugendverbände -Schule“ gefördert. In einzelnen fachlichen Kontexten werden aus fachlicher Sicht die Einsatzstellen unterstützt. An der Finanzierung des FÖJ beteiligt sich das Land mit jährlich rund 690.000 €, eine Aufstockung auf 821.000 € ab 2012 ist vorgesehen. Der ESF beteiligt sich mit rund 1.253.000 € pro Projektjahr an der Finanzierung. Außerdem werden Bundesmittel in Anspruch genommen. Berlin, den 04. Juni 2012 In Vertretung Michael Büge Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Juni 2012) 3