Drucksache 17 / 10 485 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Özcan Mutlu (GRÜNE) vom 30. April 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Mai 2012) und Antwort Tests und Untersuchungen an Berliner Schulen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Mit welchem Ziel und Zweck wurde die Grundschuluntersuchung VERA 3 und die Untersuchung VERA 8 in der Sekundarstufe von der KMK eingeführt? Zu 1.: Die zentrale Funktion von VERA als einem von vier Elementen der Gesamtstrategie der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) zum Bildungsmonitoring liegt in der Unterrichts- und Schulentwicklung jeder einzelnen Schule. Hinzu kommt die wichtige Vermittlungsfunktion, die VERA für die Einführung der zentralen fachlichen und fachdidaktischen Konzepte der Bildungsstandards hat. 2. Welche Erfahrungen wurden bisher mit diesen Instrumenten gemacht und wie bewertet der Senat diese? Zu 2.: Nach den bisherigen Erfahrungen mit VERA haben sich im März 2012 die 16 Länder der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen einer „Vereinbarung zur Weiterentwicklung von VERA“ darauf verständigt, VERA zu stärken, die Qualität der Aufgaben weiterzuentwickeln und die Modalitäten und Ergebnisrückmeldungen in den Ländern zu optimieren. 3. Welche Konsequenzen wurden für die jeweiligen Schultypen und den Einzelschulen aus den Ergebnissen gezogen und welche Auswirkungen hatten die Ergebnisse auf die Schulentwicklung konkret? Zu 3.: Bei VERA werden auch künftig für Gymnasien und Integrierte Sekundarschulen unterschiedliche Testheftvarianten eingesetzt. Die Schulentwicklung obliegt weiterhin der Einzelschule, wie sie im Schulprogramm der einzelnen Schule festgeschrieben ist. 4. Ist VERA ein Diagnose- und Feed- backinstrument oder ein Instrument zur Leistungsmessung ? Zu 4.: Vergleichsarbeiten sind diagnostische Verfahren zur Feststellung von kompetenz-bezogenen Lernständen in ausgewählten Lernbereichen (in Deutsch, Mathematik, in Jahrgangsstufe 8 auch in der ersten Fremdsprache). 5. Wie fließen die Ergebnisse der jeweiligen VERA-Tests in die (Leistungs-)Beurteilung der Schüler/-innen ein? Zu 5.: VERA als diagnostischer Test eignet sich nicht zur Notengebung; darauf haben sich die 16 Länder jüngst erneut verständigt. Die Vergleichsarbeiten geben Lehrkräften Einblick in die erreichten Kompetenzen der Lerngruppe mit Bezug auf die KMKBildungsstandards . 6. Warum wurde bei der Einführung VERA die Notwendigkeit für eine jährliche Untersuchung gesehen statt, in Analogie zur PISA Studie, die Untersuchung alle drei Jahre durchzuführen? Zu 6.: PISA ist stichprobenbasiert und dient dem internationalen Ländervergleich. Der dreijährige Rhythmus wurde von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) festgelegt. VERA hingegen ermittelt für alle Schüler/- innen der dritten und achten Jahrgangsstufe die erreichten Kompetenzen auf individueller Ebene. Als Referenzen dienen die von der KMK in Kraft gesetzten Kompetenzstufenmodelle für die Jahrgangsstufen 4 und 9/10. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10485 2 7. Wie bewertet der Senat eine Umstellung des VERA-Rhythmus auf drei Jahre und wie könnte der Senat diese Umstellung durchführen? Zu 7.: Die KMK hat im März 2012 beschlossen, VERA jährlich verpflichtend für alle Schüler/-innen in den genannten Jahrgangsstufen durch-zuführen. Berlin steht zu der Vereinbarung der 16 Länder. 8. Welche und wie viele Untersuchungen finden aktuell an Berliner Schulen statt bzw. welchen Tests und Untersuchungen werden Berliner Schüler/-innen aktuell unterzogen (sortiert nach Instrument, Leistungstest , Diagnosetest und Schulstufe)? Zu 8.: Gegenwärtig wird bundesweit die Überprüfung des Erreichens der KMK-Bildungsstandards in Mathematik und den Naturwissenschaften im Sekundarbereich I durchgeführt. Eine geringe Anzahl an Schulen nimmt zudem an PISA 2012 teil. Zusätzlich wird auf Beschluss des Abgeordnetenhauses von Berlin die Berlin-Studie durchgeführt, die die Umsetzung der neuen Schulstruktur in Berlin wissenschaftlich begleitet. 9. Ist dem Senat bekannt, dass mit den VERA-Test, den Schulinspektionsuntersuchungen, dem PISA-Test, den Vergleichsarbeiten, Sprachtests, MSA und anderen Untersuchungen, die Schulen und die Schüler/-innen sich in permanenten Tests befinden und kaum mehr Zeit zum Lernen, für Schulentwicklung oder andere pädagogischen Maßnahmen haben? Zu 9.: Berlin beteiligt sich wie alle anderen Länder im dreijährigen Rhythmus an PISA. Die Schulinspektion untersucht in der Regel im fünfjährigen Rhythmus die Schulen. Schüler/-innen sind dadurch nicht zusätzlich gefordert. Der mittlere Schulabschluss (MSA) ist eine Abschlussprüfung für Schüler/-innen. VERA (ein Akronym für Vergleichsarbeiten) findet für Schüler/-innen einmal im Verlauf von sechs Schuljahren in der Grundschule und einmal im Verlauf von vier Schuljahren im Sekundarbereich I statt. Weitere Untersuchungen werden nicht durchgeführt, es sei denn, dass Schulen freiwillig sich an wissenschaftlichen Untersuchungen Dritter beteiligen wollen. 10. Wie bewertet der Senat diese Testeritis und welche Konsequenzen müssten aus der Sicht des Senats gezogen werden, damit die Schulen mehr Zeit für ihre eigentliche Aufgabe haben? Zu 10.: Da Schüler/-innen einmal in der Jahrgangsstufe 3 und ein zweites Mal in der Jahrgangsstufe 8 an Vergleichsarbeiten teilnehmen, kann keine unzumutbare Belastung von Schülerinnen und Schülern durch Testverfahren konstatiert werden. Da Lehrkräfte und Schulen auf der Grundlage eines verlässlichen Instruments Rückmeldungen zum Leistungsstand der Schüler/-innen und zudem methodisch-didaktische Handreichungen zur Unterstützung des Kompetenzerwerbs der Schüler/-innen erhalten, werden Lehrkräfte in ihren zentralen Unterrichts- und Erziehungsaufgaben unterstützt. 11. Wie will der Senat dafür Sorge tragen, dass diese ständigen Tests nicht zu einem „Learning for the Test“ führen und die eigentliche Pädagogik damit auf der Strecke bleibt? Zu 11.: Kurzfristiges Trainieren („teaching to the test“) führt nicht zum Aufbau von Kompetenzen. Dies ist Lehrkräften bekannt. Die Entwicklung von Kompetenzen ist ein längerer Prozess, der durch vielfältige Lernarrangements initiiert wird. 12. Wie viel und welche Mittel werden für die Durchführung der Tests und Untersuchungen gemäß Frauen 8 und 9 im Einzelnen aufgewendet (sortiert nach Testart, Haushaltsmitteln und Personalmittel). Zu 12.: Die Durchführung der Vergleichsarbeiten in der dritten und achten Jahrgangsstufe werden nicht aus den Einzelplänen „Frauen 8 und 9“ finanziert, sondern aus dem Einzelplan 10. Die Sachmittel für die Vergleichsarbeiten VERA 3 und VERA 8 betrugen im Jahr 2011 160.000,00 Euro. Die Personalmittel befinden sich innerhalb der Zuwendungen an das Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg (ISQ). Berlin, den 24. Mai 2012 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Juni 2012)