Drucksache 17 / 10 492 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 07. Mai 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Mai 2012) und Anwort Kein Internetzugang für Flüchtlinge? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Warum existieren in Berliner Flüchtlingsunter- künften bislang keine standardmäßig frei zugänglichen Computerarbeitsplätze mit Internetzugang für die Bewohner /innen? a) Welche organisatorischen, technischen, rechtlichen Probleme stehen laut Senat dem im Wege? b) Wieso ist ein frei zugänglicher Internetzugang in anderen öffentlichen Einrichtungen wie Schulen und Jugendeinrichtungen möglich, aber nicht in Flüchtlingsunterkünften? 3. Warum gehört ein kostenloser Internetzugang bis- lang nicht zu den "Mindeststandards für Flüchtlingswohnheime in Berlin", die Bestandteil der Verträge der Senatsverwaltung mit den Trägern der Flüchtlingsunterkünfte sind? Zu 1. und 3.: In den Qualitätsanforderungen für vertragsgebundene Unterkünfte ist Folgendes geregelt: „Für die Erwachsenen wird mindestens ein Aufenthaltsraum (bei mehreren mindestens einer mit Fernsehmöglichkeit ) vorgehalten, der auch zur Nutzung für kulturelle und religiöse Zwecke geeignet sein muss.“ Darüber hinausgehende Vorgaben bestehen nicht. Diese Anforderungen wurden erarbeitet, als die Ver- breitung des Internets und der elektronischen Kommunikation noch nicht die heutige Bedeutung erlangt hatten. Es ist geplant, bei der Überarbeitung auch eine Anpassung an die zeitgemäßen technischen Möglichkeiten der Kommunikation zu berücksichtigen. 2. Welche Maßnahmen plant der Senat derzeit, um hier Abhilfe zu schaffen und flächendeckend in Flüchtlingsunterkünften Computerarbeitsplätze mit Internetzugang einzurichten? a) Über wie viele Computerarbeitsplätze mit Internetzugang sollen die einzelnen Flüchtlingsheime in Berlin im Verhältnis zur Anzahl der Bewohner /innen insgesamt verfügen? b) Über welche Verbindungsgeschwindigkeit sollen die Anschlüsse pro Computerarbeitsplatz mindestens verfügen? c) Soll der Internetzugang für die Bewohner/innen kostenlos sein (falls nicht, in welcher Höhe sollen hier Kosten anfallen)? d) Wie wird garantiert, dass das Menschenrecht auf anonyme Kommunikation bei der Nutzung der Internetzugänge gewahrt bleibt? e) Plant der Senat den Einsatz von Filtersoftware (wenn ja, welche bzw. macht der Senat darüber Vorgaben an die Träger)? Zu 2.: Der Senat prüft derzeit die Möglichkeiten, unter welchen Umständen eine Realisierung erfolgen kann. Daher wurde eine Umfrage bei allen vertragsgebundenen Heimbetreiberinnen und –betreibern vorgenommen. Es besteht bei den Betreiberinnen und Betreibern eine grundsätzliche Bereitschaft, entsprechende Plätze einzurichten, gleichzeitig werden jedoch Sicherheitsbedenken geltend gemacht. Diese Bedenken beruhen insbesondere auf der den Betreiberinnen und Betreibern zukommenden Störerhaftung für Urheberrechtsverletzungen im Internet, da zurzeit bei frei zugänglichen Computerplätzen mit Internetzugang weder der Besuch rechts- und/oder sittenwidriger Websites noch das unerlaubte Herunterladen von Musikund Videodateien – jedenfalls ohne zusätzlichen technischen und finanziellen Aufwand - zuverlässig verhindert werden könnte. Hinsichtlich der Anzahl von Computerplätzen mit Internetzugang besteht bislang kein fester Schlüssel. Vielmehr wird angestrebt, dass sich die Anzahl der entsprechenden Plätze an den örtlichen Gegebenheiten und den Angebotsmöglichkeiten der Betreiberinnen und Betreiber orientiert. Darüber hinaus liegen die Umsetzung Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 492 und technischen Anpassungen im Ermessen der einzelnen Betreiberinnen und Betreiber. Sofern die Prüfung zur Umsetzung von Computer- plätzen mit Internetzugang in den vertragsgebundenen Einrichtungen positiv verläuft, wird davon abgesehen, eine Nutzungsgebühr von den Bewohnerinnen und Bewohnern zu erheben. Vielmehr strebt der Senat an, mit der Bereitstellung dieser Plätze der Informationsfreiheit und den zeitgemäßen Kommunikationsmöglichkeiten Rechnung zu tragen. Zu den weiteren in der Fragestellung erwähnten Ein- zelheiten kann beim derzeitigen Sachstand keine Aussage getroffen werden. 4. Ist dem Senat das selbst organisierte Flücht- lingsprojekt „Refugees Emancipation“ bekannt, welches sich dafür einsetzt, Flüchtlingen sowohl fachlich als auch strukturell den Zugang zu Computern und Internet zu ermöglichen und selbst verwaltete Internetcafés in mehreren Gemeinschaftsunterkünften für Flüchtlinge in Brandenburg unterhält? Wie bewertet der Senat das Projekt hinsichtlich einer möglichen Umsetzung in Berlin? Zu 4.: Das selbst organisierte Flüchtlingsprojekt „Refugees Emancipation“ ist, soweit dem Senat bekannt ist, bisher nur im Land Brandenburg tätig geworden. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) beabsichtigt , mit dem Träger des Projekts Kontakt aufzunehmen , um sich über die Angebote vor Ort und die gewonnenen Erfahrungen zu informieren. 5. Ist der Senat bereit dafür zu sorgen - und ggfs. entsprechende Finanzmittel bereitzustellen -, das in den Flüchtlingsunterkünften neben Computerarbeitsplätzen mit Internetzugang auch eine Betreuungsmöglichkeit durch eine Fachkraft mit entsprechenden IT-Kenntnissen erfolgen kann? Zu 5.: Ein derartiges Angebot ist nicht vorgesehen. Berlin, den 25. Mai 2012 In Vertretung Michael Büge Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Juni 2012) 2