Drucksache 17 / 10 493 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Claudia Hämmerling (GRÜNE) vom 11. Mai 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Mai 2012) und Antwort Wie ernst nimmt der Senat die EU-Richtlinie 70/157 beim Verkehrslärm durch Kraftfahrzeuge ? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat die Auffassung, dass AutofahrerInnen durch unangemessene Fahrweise einen unnötig hohen Lärmpegel auf den Berliner Straßen erzeugen können? Zu 1.: Der Senat teilt die Auffassung, dass Auto- fahrerinnen und Autofahrer durch unangemessene Fahrweise unnötigen Lärm verursachen können. 2. Wie bewertet der Senat die Auffassung, dass Lärm krank macht und dieses Verhalten gegenüber anderen sich an Hauptstraßen aufhaltenden Personen rücksichtslos und intolerabel ist? Zu 2.: Laut einer repräsentativen Bevölkerungs- umfrage im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) geben Erwachsene den Straßenverkehr als Hauptursache für Lärmbelästigung an. Die gesundheitlichen Risiken durch Lärm sind inzwischen hinreichend belegt. Im Zusammenhang mit Umweltlärm stehen die speziellen gesundheitlichen Wirkungen wie kardiovaskuläre Krankheiten, Schlafstörungen , kognitive Leistungseinschränkungen und Tinnitus (Ohrgeräusche). Es besteht der epidemiologische Nachweis, dass diejenigen, die dauerhaft hohen Umweltschallpegeln ausgesetzt sind, ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten haben. Lärm wird daher nicht nur als Umweltfaktor betrachtet, der die empfundene Lebensqualität beeinträchtigt, sondern auch als ein ernst zu nehmendes Risiko für die öffentliche Gesundheit. Im Rahmen der Verkehrsüberwachung gewonnene Erkenntnisse sowie das diesbezügliche Beschwerdeaufkommen deuten hingegen darauf hin, dass eine übermäßige Lärmbelästigung durch Kraftfahrzeuge in der Öffentlichkeit, die über den im Großstadtverkehr generell von Kraftfahrzeugen verkehrsbedingt erzeugten Lärm hinausgeht, keinen besonderen Schwerpunkt darstellt und einer zielgerichteten polizeilichen Überwachung bedarf. Gleichwohl ist es rücksichtslos und intolerabel, wenn z.B. Fahrer/-innen motorisierter Zweiräder aus Imponiergehabe und mangelnder Verkehrsmoral unverhältnismäßig stark beschleunigen und dadurch unnötigen Lärm verursachen. Aber auch defekte oder unzulässige Schalldämpferanlagen wirken sich häufig negativ auf das Geräuschverhalten aus. 3. Ist dieses Fehlverhalten bußgeldbewehrt und wenn ja, wie hoch sind die entsprechenden Bußgelder angesetzt ? Zu 3.: Sowohl die unnötige Lärmverursachung bei der Fahrzeugbenutzung als auch die Belästigung anderer durch unnützes Hin- und Herfahren innerhalb geschlossener Ortschaften sind gemäß § 30 Straßenverkehrsordnung (StVO) - (Umweltschutz und Sonntagsfahrverbot ) ordnungswidrig und können mit Verwarnungsgeldern in Höhe von 10 bzw. 20 Euro geahndet werden. 4. War dieses regelmäßig auf den Berliner Straßen zu vernehmende rücksichtslose Fehlverhalten im vergangenen Jahr Anlass zu Kontrollen durch die Berliner Polizei? Zu 4.: Auf die Antwort zu Frage Nr. 2 wird verwiesen. Im Ergebnis fanden keine zielgerichteten polizeilichen Verkehrsüberwachungsaktionen statt. In Einzelfällen wurden entsprechende Verstöße jedoch im Rahmen des Streifendienstes festgestellt und verfolgt. Bei Verkehrskontrollen wird unabhängig vom vorhergehenden Fahrverhalten regelmäßig ein Hauptaugenmerk auf die Überprüfung des technischen Fahrzeugzustands gerichtet. 5. Wenn ja, wie viele Bußgeldverfahren gab es in diesem Zusammenhang und wie hoch war die Summe der Bußgelder? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 493 Zu 5.: Im Jahr 2011 hat die Polizei Berlin insgesamt 11 Personen festgestellt, die bei der Benutzung eines Fahrzeugs unnötigen Lärm verursachten. In einem weiteren Fall erhielt ein Fahrzeugführer eine Anzeige, weil er durch unnützes Hin- und Herfahren Andere belästigte . Dem entsprechend lag die Summe der Verwarnungsgelder bei 130 Euro. 6. Wenn nein, wie bewertet der Senat die Auffassung, dass Gesetze und Verordnungen nur dann sinnvoll sind, wenn sie auch kontrolliert werden? Zu 6.: Entfällt. 7. Über welche Messtechnik verfügt die Polizei, um den Schallpegel von Fahrzeugen zu überprüfen? Zu 7.: Die Polizei Berlin verfügt über insgesamt vier mobile Schallpegelmessgeräte. 8. Wie und wie oft wird diese Messtechnik bei der Verkehrskontrolle eingesetzt? Zu 8.: Die Schallpegelmessgeräte der Polizei Berlin sind nicht dazu geeignet, die Geräuschpegel von Kraftfahrzeugen im Fließverkehr zu messen. Sie werden von den mit der spezialisierten Verkehrsüberwachung betrauten Verkehrsdiensten ausschließlich anlassbezogen im Rahmen von Verkehrskontrollen zur Überprüfung technisch veränderter Kraftfahrzeuge – insbesondere bei der zielgerichteten Überwachung von Krafträdern – eingesetzt , wenn im konkreten Einzelfall der Verdacht besteht , dass durch defekte bzw. manipulierte oder unzulässig angebrachte Schalldämpferanlagen die fahrzeugspezifischen Betriebsgeräusche überschritten werden. Die Geräte haben keinen Beweiswert und dienen lediglich als Entscheidungshilfe, ob ein Fahrzeug zur Erstellung eines Sachverständigengutachtens sichergestellt werden muss. Berlin, den 08. Juni 2012 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Juli 2012) 2