Drucksache 17 / 10 526 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Özcan Mutlu (GRÜNE) vom 21. Mai 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Mai 2012) und Antwort Lehrer in Berlin halten II Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele (junge) verbeamtete Lehrer/-innen aus anderen Bundesländern wurden in den letzten drei Schuljahren als Beamt/-innen in den Berliner Schuldienst übernommen? Zu 1.: Nach den Regelungen der Kultusminister- konferenz (KMK) sind Wechsel von Lehrkräften zwischen den Ländern möglich. Neben dem jährlichen Ländertauschverfahren gibt es seit 2001 auch die Möglichkeit, im Rahmen des Bewerbungs- und Einstellungsverfahrens zu wechseln. Maßgeblich sind die Beschlüsse der KMK vom 10.05.2001 und 07.11.2002, die sowohl für Beamte als auch für Angestellte gelten. Nach diesen Beschlüssen der KMK können Lehrkräfte jederzeit an Bewerbungsverfahren in einem anderen Land teilnehmen. Sie sind verpflichtet, ihrer Bewerbung eine Erklärung über die Freigabe seitens ihrer Dienststelle beizufügen. Die Länder haben sich hierbei verpflichtet, Freigabeerklärungen so großzügig wie möglich unter Beachtung dienstlicher Interessen zu erteilen, die Familienzusammenführung steht für die Kultusministerkonferenz im Mittelpunkt der Bemühungen. Im Ländertauschverfahren wechseln jährlich Lehr- kräfte anderer Länder nach Berlin, in der gleichen Anzahl wechseln grundsätzlich auch Berliner Lehrkräfte in die jeweiligen Länder. Dieses Verfahren ist in der Regel bedarfsunabhängig und dient der Familienzusammenführung . Hinzu kommt noch der jährliche Wechsel von Brandenburger Lehrkräften im Rahmen des Gastschülerabkommens vom 29.08.2005, zuletzt geändert am 16.05.2008. In den letzten Jahren sind im Rahmen des Ländertauschverfahrens übernommen worden: 01.08.2009 40 Beamte/innen 7 Angestellte 01.08.2010 45 Beamte/innen 2 Angestellte 01.08.2011 76 Beamte/innen 3 Angestellte Der Wechsel von Lehrkräften anderer Länder im Rahmen des Bewerbungs- und Einstellungsverfahrens wird nicht gesondert erfasst, daher sind entsprechende ausführliche Auswertungen nicht möglich. Nach ungefährer Abschätzung aus dem Jahr 2011 gehen wir davon aus, dass ca. 10 % der Einstellungen durch verbeamtete Lehrkräfte aus anderen Bundesländern abgedeckt werden (im Jahr 2011 waren das ca. 150 Lehrkräfte). 2. Unter welchen Bedingungen werden Beamten aus anderen Bundesländern in den Berliner Schuldienst übernommen und erhalten sie ihr, im Herkunftsbundesland i. d. R. höheres Gehalt in Berlin weiter? Zu 2.: Sofern sich die nach Berlin wechselnden Lehrkräfte im abgebenden Bundesland in einem Beamtenverhältnis befinden, erfolgt grundsätzlich eine Versetzung und das Beamtenverhältnis bleibt erhalten. Sofern die Beamtinnen/Beamten aus dienstlichen Gründen nach Berlin versetzt werden, erhalten sie neben den Bezügen nach Berliner Landesrecht eine Ausgleichszulage nach § 13 Abs. 2 Bundesbesoldungsgesetz /Überleitungsfassung Berlin, die die Differenz zu ihrer bisherigen Besoldung ausgleicht. Dienstliche Gründe für die Versetzung sind gegeben, wenn die Lehrkräfte im Bewerbungs- und Einstellungsverfahren ausgewählt werden oder wenn sie Mangelfächer unterrichten . Demgegenüber erhalten Beamtinnen/Beamte, die aus persönlichen Gründen das Bundesland wechseln (Familienzusammenführung im Wege des Ländertauschverfahrens) diese Zulage grundsätzlich nicht - es sei denn, sie unterrichten Mangelfächer, dann überwiegen die dienstlichen Gründe für die Versetzung . 3. Wie bewertet der Berliner Senat den Umstand, dass Lehrer/-innen aus Berlin weggehen, um in einem anderen Bundesland eine Beamtenstelle anzunehmen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 526 2 und später sich als Beamte in den Berliner Schuldienst zurückversetzen lassen bzw. in Berlin wieder als Beamte eingestellt werden? Zu 3.: Nicht alle Absolventen und Absolventinnen des landeseigenen Vorbereitungsdienstes beginnen ihre Tätigkeit im Berliner Schuldienst, sondern auch in anderen Bundesländern. Hierbei handelt es sich nicht generell um ein „Abwandern“, denn viele Bewerber /innen für den Vorbereitungsdienst stammen auch aus anderen Bundesländern und sind nur für die Ausbildung nach Berlin gekommen, sie kehren zurück in ihre Heimat-Bundesländer. Ein verstärktes Abwandern von im Berliner Schul- dienst beschäftigten Lehrkräften kann bisher nicht festgestellt werden: Ein signifikanter Anstieg von Abgängen aus dem Berliner Schuldienst – außerhalb von Alter oder Krankheit – ist in den letzten Jahren nicht feststellbar. 4. Welchen rechtlichen Hintergrund hat die Über- nahme von Lehrer/-innen im Beamtenstatus aus anderen Bundesländern und welche Notwendigkeiten für eine Veränderung dieser Praxis sieht das Land Berlin? Zu 4.: Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat am 10. Mai 2001 beschlossen, dass Lehrkräfte, die bereits im Schuldienst eines Landes beschäftigt sind und das Land wechseln wollen, unter Beachtung des Anspruchs der Schülerinnen und Schüler auf Unterrichtskontinuität von einem anderen Land im Bewerbungs- und Einstellungsverfahrens oder im Einigungsverfahren zwischen den Ländern (Tauschverfahren) übernommen werden können, sofern eine Freigabe seitens der Beschäftigungsbehörde erfolgt ist. Zur Durchführung dieses KMK-Beschlusses haben sich die Länder auf bestimmte Grundsätze und Verfahrensweisen verständigt, denen der Schulausschuss und die Amtschefkonferenz der KMK zugestimmt haben. Nach dem zuletzt dazu erlassenen Rundschreiben II Nr. 105/2003 vom 11.11.2003 der ehem. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport werden Lehrkräfte im Beamtenverhältnis im Wege der Versetzung übernommen. 5. Trifft es zu, dass es Bundesländer gibt, die eine Übernahme von Lehrer/-innen im Beamtenstatus grundsätzlich ablehnen? 6. Wenn ja, welche Bundesländer sind das, auf welcher Grundlage geschieht es konkret, wie bewertet der Senat diese Praxis und wäre das auch eine Möglichkeit für Berlin? Zu 5. und 6.: Die Länder Mecklenburg- Vorpommern und Sachsen übernehmen Lehrkräfte aus anderen Bundesländern aufgrund entsprechender landesrechtlicher Entscheidung nur im Angestellten- verhältnis. Es ist verständlich und sinnvoll, dass Länder, die selbst keine Lehrkräfte im Eingangsamt im Beamtenverhältnis beschäftigen, diese auch nicht als Beamte/innen aus anderen Ländern übernehmen. Ein Verzicht auf den Beamtenstatus bei Bewerber /innen nach erfolgter Auswahl würde in Berlin zu einem deutlichen Rückgang der Bewerbungszahlen führen. 7. Wie viele Lehrer/-innen haben zum Schuljahr 2011/12 eine Stelle an der Berliner Schule zunächst zugesagt und haben dann später auf eine Einstellung in den Berliner Schuldienst verzichtet? Zu 7.: Es ist richtig, dass es einige Fälle dieser Art gibt, hierzu liegen jedoch keine Auswertungen vor. Diese Fälle betreffen alle Bundesländer gleichermaßen, denn die Auswahlverfahren finden häufig parallel statt und die Bewerber/innen befinden sich häufig in mehreren Auswahlverfahren. Sofern noch kein Arbeitsvertrag unterschrieben wurde, gibt es keine rechtliche Verpflichtung für die Einhaltung einer Zusage auf ein Einstellungsangebot. 8. Hat der Berliner Senat Kenntnisse darüber, wie viele Lehrer/-innen das Nachbarland Brandenburg in den nächsten Jahren einstellen wird und wie sind Berechnungen für Berlin? Zu 8.: Die Planung der Lehrkräfte-Einstellungen für das Land Brandenburg wurde veröffentlicht und liegt damit auch dem Senat in Berlin vor. Danach sollen in den nächsten Jahren (2012 - 2015) insgesamt 1.575 Lehrkräfte eingestellt werden. Für das Land Berlin ergibt sich im gleichen Zeitraum ein Einstellungsbedarf von ca. 5.000 Lehrkräften. 9. Wie sind angestellte Lehrer/-innen bei lang- fristiger Erkrankung (über 6 Wochen) im Unterschied zu verbeamteten Lehrer/-innen abgesichert? a) Welche Gehalts(ersatz)leistungen erhalten an- gestellte Lehrer/-innen nach 6 Wochen Erkrankung und wie lange? b) Welche Gehalts(ersatz)leistungen erhalten verbeamtete Lehrer/-innen, nach 6 Wochen Erkrankung und wie lange? Zu 9.: a) Nach 6 Wochen Erkrankung erhalten angestellte Lehrkräfte von ihrer Krankenkasse Krankengeld und vom Arbeitgeber einen Krankengeldzuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der tatsächlichen Barleistungen der Krankenkasse und dem Nettoentgelt. Der Krankengeldzuschuss wird bei einer Beschäftigungszeit von mehr als einem Jahr bis zum Ende der 13. Woche und von mehr als drei Jahren bis zum Ende der 39. Woche gezahlt. Das Krankengeld wird für längstens 78 Wochen gezahlt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 526 3 b) Beamtinnen und Beamte (darunter auch Lehrkräfte ) erhalten für den gesamten Zeitraum der Erkrankung die vollen Dienstbezüge. Bei dauerhaften Erkrankungen kommt nach Maßgabe der §§ 26 – 28 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) in Verbindung mit §§ 39 ff Landesbeamtengesetz (LBG) eine Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit in Betracht. 10. Bleibt ein unbefristeter Arbeitsvertrag bei an- gestellte Lehrer/-innen auch nach 78 Wochen Erkrankung bestehen und wie sind sie dann abgesichert? Zu 10.: Ein unbefristeter Arbeitsvertrag bleibt auch nach 78 Wochen Erkrankungsdauer bestehen. Eine Absicherung erfolgt nach Ende der Kranken- geldzahlung durch den Rentenversicherungsträger oder das Arbeitsamt. 11. Sieht der Senat in der unterschiedlichen Ab- sicherung zwischen Angestellten und Beamten im Krankheitsfall ein Hindernis bei der Gewinnung von genügend Bewerber/innen für die Berliner Schulen? Zu 11.: Ein Zusammenhang zwischen Bewerbungs- verfahren für Angestellte und Beamte/innen und der Absicherung im Krankheitsfall ist nicht gegeben. 12. Wie steht der Senat zu einer eventuellen Wiedereinführung der Verbeamtung von Lehrkräften, zumal eine, die Koalition tragenden Fraktion, nach wie vor für die Verbeamtung von Lehrkräften steht? Zu 12.: Der Senat hat bereits zum Schuljahr 2004/2005 entschieden, Lehrkräfte nicht mehr zu verbeamten . Diese Entscheidung wurde in der aktuellen Koalitionsvereinbarung durch die Koalitionsparteien bekräftigt. Berlin, den 22. Juni 2012 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Juli 2012)