Drucksache 17 / 10 528 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Bangert (GRÜNE) vom 23. Mai 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Mai 2012) und Antwort Flughafen BER - Stottert der Jobmotor? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Arbeitsplätze sollten bei der Eröffnung des Airports BBI am 3. Juni 2012 neu geschaffen worden sein? Wie viele davon wurden tatsächlich realisiert und in welchen Gewerken bzw. Branchen (Bitte die jeweiligen Arbeitsplätze den Branchen zuordnen)? Zu 1.: Im Jahr 2005 wurde durch die Flughafengesell- schaft beim Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität Köln eine Studie in Auftrag gegeben, die die Ermittlung der Beschäftigungs-, Einkommens- und Wertschöpfungseffekte zum Auftrag hatte. Die Studie wurde zuletzt im Jahr 2009 aktualisiert. Danach waren 2009 rund 30.800 Arbeitsplätze, ge- messen in Beschäftigtenjahren, in Berlin und Brandenburg von den Berliner Flughäfen abhängig. Ein weiteres Teilergebnis dieser Studie lautete, dass der zusätzliche Standorteffekt aus dem BER gemessen von 2005 bis 2012 bei 32.400 Arbeitsplätzen liegen würde . Über diese Studie hinaus sind dem Senat keine weiteren Prognosen bekannt, die Aussagen zur Anzahl der geplanten und tatsächlich realisierten Arbeitsplätze treffen. 2. Wie viele Arbeitsplätze sollten bei der Neu- eröffnung von Tegel nach Schönefeld verlagert werden (Bitte die Zahl der zu verlagernden Arbeitsplätze getrennt nach Firmen bzw. Branchen berichten)? Zu 2.: Die derzeit 430 bei der Berliner Flughafen Ge- sellschaft mbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden mit der Schließung des Flughafens Tegel ab März 2013 am Flughafen Berlin Brandenburg weiter beschäftigt werden. Für die übrigen an den Flughäfen Tegel und Schönefeld tätigen Unternehmen, z. B. Bodenverkehrsdienstleister , Fluggesellschaften, Reisebüros, Gastronomie und Handelsunternehmen liegen dem Senat keine Planungen vor. 3. Welche darüber hinausgehenden Standortver- lagerungen aus der Region zum BER waren bzw. sind geplant und wie viele Arbeitsplätze sollten aus diesem Grund an anderer Stelle wegfallen? 4. Wie viele Arbeitsplätze sollen bzw. sollten darüber hinaus im Umfeld des Flughafens bis zum ursprünglichen Eröffnungstermin 3. Juni 2012 entstehen - zum Beispiel bei Firmen, die sich dort ansiedeln? Zu 3. und 4.: Standortverlagerungen, Expansionen und Neuinvestitionen sind Ergebnis unternehmensindividueller Entscheidungen. Eine systematische Erfassung dieser Entscheidungen ist nicht möglich. Von daher liegen dem Senat auch keine Daten zu Standortverlagerungen in der Region und damit verbundenen Veränderungen von Arbeitsplatzzahlen vor. Anhaltspunkte für die wirtschaftliche Dynamik im Flughafenumfeld können jedoch die Ansiedlungszahlen der Berlin Partner GmbH und der ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH liefern. Diese teilten mit, dass in der Airport Region Berlin Brandenburg im Jahr 2011 118 Ansiedlungsprojekte erfolgreich betreut worden sind. Mit den Projekten waren Zusagen der Unternehmen über die Schaffung von 5.071 neuen Arbeitsplätzen verbunden. 5. Gibt es Ansiedlungen im Umfeld des neuen BBI, die sich aufgrund der verspäteten Eröffnung des BBI ebenfalls verzögern werden – und wie viele Arbeitsplätze sind davon betroffen? Zu 5. Konkrete Auswirkungen der Verschiebung der Eröffnung des Flughafens Berlin Brandenburg auf Arbeitsplätze in der Region sind zum jetzigen Zeitpunkt, Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 528 wenige Wochen nach der Bekanntgabe der Verzögerung, noch nicht abzusehen. Es ist zwar deutlich, dass insbesondere in der Region ansässige Unternehmen sich kritisch bezüglich der verzögerten Inbetriebnahme äußern. Dass Unternehmen Entscheidungen anders bewerten oder gar revidieren, ist derzeit jedoch nicht zu erkennen. 6. Welche Konsequenzen hat die Verschiebung des Eröffnungstermins für die neu zu schaffenden, bereits geschaffenen sowie die zu verlagernden Arbeitsplätze? Zu 6.: Grundsätzlich stehen den Unternehmen ver- schiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder es gelingt, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz, z. B. in Tegel und Schönefeld oder in einem vorhandenen Filialnetz außerhalb der Flughäfen weiterzubeschäftigen. Alternativ werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder freigesetzt oder geplante Arbeitsverhältnisse kommen nicht zustande. 7. Wie viele der Beschäftigten, deren Arbeitsplatz der neue Airport ist bzw. werden sollte, mussten wieder gekündigt werden - wenn möglich bitte getrennt nach Branchen angeben? Zu 7. Die Bundesagentur für Arbeit hat mitgeteilt, dass es nicht möglich sei, die Daten, wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgrund der verschobenen Flughafeneröffnung in die Arbeitslosigkeit entlassen werden, zu erheben. Die Regionaldirektion Berlin Brandenburg unterstützt jedoch die betroffenen Arbeitgeber sowie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem umfassenden Dienstleistungs- und Beratungsangebot. 8. Für wie viele der betroffenen Beschäftigten konnten dagegen Übergangsregelungen getroffen werden, z.B. durch den Einsatz an anderen Standorten der jeweiligen Unternehmen? Zu 8. Da keine gesetzliche Grundlage zur Meldung dieser Daten besteht, können diese von der Bundesagentur für Arbeit nicht erhoben werden. 9. Welche Anstrengungen hat der Senat unternommen, um die entstehenden Härten für die betroffenen Beschäftigten abzumildern? Zu 9. Für betroffene Beschäftigte hat die Regional- direktion Berlin Brandenburg z. B. veranlasst, dass diesen keine Sperrzeiten oder Sanktionen auferlegt werden, sofern sie einen alten Arbeitsplatz zugunsten eines Arbeitsplatzes am Flughafen Berlin Brandenburg gekündigt hatten. 10. Hat der Senat dazu Gespräche mit der zuständigen Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit geführt und dabei die Vereinbarung von Kurzarbeit bei den betroffenen Unternehmen oder die Inanspruchnahme anderer arbeitsmarktpolitischer Instrumente erörtert? Wenn ja, zu welchem Ergebnis haben diese Gespräche geführt? Wenn nein, gedenkt der Senat, ein derartiges Gespräch unverzüglich anzuberaumen? Zu 10.: Gespräche zwischen der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit und dem Senat zur Inanspruchnahme arbeitsmarktpolitischer Instrumente haben stattgefunden . Das Kurzarbeitergeld ist in erster Linie ein Instrument für Phasen der Kurzarbeit in etablierten Unternehmen. Es ist nicht dafür gedacht, Gründungsrisiken und Anlaufschwierigkeiten abzufangen. Nach einer intensiven Prüfung wurde festgestellt, dass kein Kurzarbeitergeld geleistet werden kann. Dies hängt auch damit zusammen, dass für nach dem 1. Januar 2012 begonnene Kurzarbeit die Bezugsfrist von Kurzarbeitergeld auf sechs Monate begrenzt ist. Dauert die Kurzarbeit länger, kann kein Kurzarbeitergeld gewährt werden – auch nicht für die ersten sechs Monate. 11. Ist dem Senat bekannt, ob Unternehmen aufgrund der Terminverschiebung der Flughafeneröffnung Insolvenz anmelden mussten bzw. von der Insolvenz bedroht sind? Wie viele Beschäftigte sind bzw. wären davon betroffen? Zu 11.: Derzeit – wenige Wochen nach der An- kündigung der verzögerten Inbetriebnahme – sind dem Senat keine konkreten Beispiele von Unternehmensinsolvenzen aufgrund der verzögerten Inbetriebnahme des Flughafens Berlin Brandenburg bekannt. 12. Wie bewertet der Senat den u.a. mit den Händlern am neuen Airport vertraglich vereinbarten Ausschluss von Schadensersatzansprüchen? Wie hätten die Unternehmen, für die nicht rechtzeitige Eröffnung des Flughafens Vorsorge treffen sollen? 13. Welche Empfehlung gibt der Senat den Unter- nehmen für künftige Vertragsabschlüsse bzw. Nachtragsverhandlungen mit der Flughafengesellschaft in Bezug auf die Vereinbarung von Schadensersatzregelungen? Zu 12. und 13. Die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) ist daran interessiert mit den Mieterinnen und Mietern alle Probleme, die durch die Verschiebung des Eröffnungstermins des neuen Flughafens entstanden sind, partnerschaftlich zu lösen und dabei die Risiken für die Mieterinnen und Mieter so weit wie möglich gemeinsam zu reduzieren. Zurzeit finden lösungsorientierte Gespräch der Flughafengesellschaft mit allen Mieterinnen und Mietern statt. 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 528 3 Ziel der Gespräche ist es, Härtefälle zu vermeiden und vor allem für kleine Unternehmen keine Existenz gefährdenden Situationen entstehen zu lassen. 14. Wie können ArbeitnehmerInnen darauf vertrauen, dass sie ab März 2013 einen sicheren Arbeitsplatz am Standort BBI haben werden? Zu 14.: Der nunmehr auf den 17. März 2013 terminierte Eröffnungstermin für den Flughafen Berlin Brandenburg ist in einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH nach Rücksprache mit den Beteiligten nach bestem Wissen festgelegt worden. Berlin, den 06. Juni 2012 In Vertretung Christoph v o n K n o b e l s d o r f f ............................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Juni 2012)