Drucksache 17 / 10 546 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. der Abgeordneten Canan Bayram (GRÜNE) vom 31. Mai 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Juni 2012) und Antwort Ermessenseinbürgerung: Wo steht Berlin? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung Den Antworten zu 2. bis 11. liegen im Wesentlichen die für die Einbürgerung maßgeblichen „Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Staatsangehörigkeitsgesetz“ vom 19. Oktober 2007 zugrunde. 1. Wie viele Personen haben in den Jahren 2001 bis 2011 - einen Ermessenseinbürgerungsantrag nach § 8 des Staatsangehörigkeitsgesetzes gestellt - wie vielen der Anträge wurde stattgegeben - wie viele wurden abgelehnt? (Bitte getrennt für die Jahre auflisten.) Zu 1.: Da entsprechende statistische Daten für die Ermessenseinbürgerung nach §§ 8 und 9 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG), die gemeinsam erfasst werden, erst ab dem Jahr 2002 vorliegen, können für das Jahr 2001 keine Angaben gemacht werden. Die Anzahl der Ablehnungen bzw. Antragsrücknahmen wird statistisch gemeinsam für alle Rechtsgrundlagen erfasst. Daher ist es nicht möglich, ausgewählte Angaben zu bestimmten Rechtsgrundlagen, z.B. zu § 8 StAG, zu machen. Jahr Anzahl der Anträge nach §§ 8,9 StAG Anzahl der Einbürgerungen nach §§ 8,9 StAG 2002 1119 553 2003 998 600 2004 914 576 2005 1107 570 2006 977 1003 2007 909 926 2008 759 742 2009 728 590 2010 616 472 2011 678 532 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10546 2 2. Welche Mindestvoraussetzungen zur Sicherung des Lebensunterhalts müssen bei einer Ermessenseinbürgerung vorliegen? Zu 2.: Eine Ausländerin/ein Ausländer, die/der rechtmäßig ihren/seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann gem. § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG auf Antrag eingebürgert werden, wenn sie/er […] sich und ihre/seine Angehörigen zu ernähren imstande ist. Die Einbürgerungsbewerberin/der Einbürgerungs- bewerber ist imstande, sich und ihre/seine Angehörigen zu ernähren, wenn sie/er den eigenen und den Lebensunterhalt der Familie sowie etwaige gegen sie/ihn gerichtete Unterhaltsansprüche nachhaltig und auf Dauer aus einem selbst erwirtschafteten Einkommen, einem eigenen Vermögen oder einem bestehenden Unterhaltsanspruch gegen einen Dritten bestreiten bzw. erfüllen kann, ohne auf einen Anspruch auf Unterhalt aus öffentlichen Mitteln angewiesen zu sein (Unterhaltsfähigkeit ). Bei verheirateten Einbürgerungbewerberinnen und Einbürgerungsbewerbern ist es ausreichend , dass die Ehegatten hierzu gemeinsam in der Lage sind. Die Unterhaltsfähigkeit umfasst auch eine ausreichende soziale Absicherung gegen Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und für das Alter. 3. Welche Ausnahmen gelten bei fehlendem und/oder mangelndem Lebensunterhalt? Zu 3.: Der Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Arbeitslosengeld II) oder Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe) beziehungsweise das Bestehen eines entsprechenden Anspruchs steht der Einbürgerung entgegen. Bei Ermessenseinbürgerungen gilt dies auch dann, wenn die Einbürgerungsbewerberin/der Einbürgerungsbewerber den Umstand, der sie/ihn zur Inanspruchnahme dieser Leistungen berechtigt, nicht zu vertreten hat. Der Einbürgerung steht es nicht entgegen, wenn die Einbürgerungsbewerberin/der Einbürgerungsbewerber Kindergeld oder eine Rente eines deutschen Trägers bezogen hat oder bezieht. Bei Bezug anderer Leistungen, wie Arbeitslosengeld I, Erziehungsgeld, Unterhaltsgeld, Krankengeld, Wohngeld oder Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz , ist eine Prognoseentscheidung erforderlich , ob die Einbürgerungsbewerberin/der Einbürgerungsbewerber künftig in der Lage sein wird, sich ohne Bezug solcher Leistungen aus eigenen Kräften zu unterhalten. § 8 Abs. 2 StAG ermöglicht es ferner, von der Voraussetzung der Unterhaltsfähigkeit aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abzusehen. Hierbei handelt es sich um einzelfallbezogene Ausnahmeentscheidungen. 4. Welche Ausnahmen gelten bei dem Nachweis der erforderlichen Deutschkenntnisse - bei Behinderung - Krankheit - Alter? Zu 4.: Von den Anforderungen an ausreichende deutsche Sprachkenntnisse ist abzusehen, wenn die Einbürgerungsbewerberin/der Einbürgerungsbewerber sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann. Die fehlenden oder mangelhaften Sprachkenntnisse müssen auf die Behinderung oder Krankheit oder altersbedingte Beeinträchtigung zurückzuführen sein, z.B. Legasthenie. Bei Kindern unter 16 Jahren reicht eine altersgemäße Sprachentwicklung in deutscher Sprache aus, die bei schulpflichtigen Kindern durch Schulzeugnisse nachgewiesen werden soll. Im Rahmen des Ermessens sind jedoch weitere Ausnahmen möglich, z.B. bei Analphabeten, bei Personen über 60 Jahren mit mindestens 12-jährigem rechtmäßigem Aufenthalt und bei Personen, an deren Einbürgerung ein besonderes öffentliches Interesse besteht. 5. Wann kann auf einen Einbürgerungstest ver- zichtet werden? Zu 5.: Kein Nachweis über staatsbürgerliche Kennt- nisse im Rahmen des Einbürgerungstests ist erforderlich bei Minderjährigen unter 16 Jahren und sonstigen nicht handlungsfähigen Personen im Sinne des § 80 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes sowie bei Einbürgerungsbewerberinnen/Einbürgerungbewerbern, die den Nachweis wegen ihrer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aufgrund ihres Alters nicht erbringen können. Im Rahmen des Ermessens sind jedoch noch weitere Ausnahmen möglich: z.B. bei Einbürgerungen aus besonderem öffentlichem Interesse, bei Analphabeten , bei Personen über 60 Jahren mit mindestens zwölfjährigem Inlandsaufenthalt und bei ehemaligen deutschen Staatsangehörigen. 6. In welchen Fällen kann eine Mehrstaatigkeit bei der Ermessenseinbürgerung hingenommen werden? Und welche Gerichtsurteile werden vom Senat dabei berücksichtigt? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10546 Zu 6.: Ob Mehrstaatigkeit hingenommen werden kann, hat die Einbürgerungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen. Ausnahmen vom Einbürgerungshindernis eintretender Mehrstaatigkeit kommen insbesondere in Betracht: • Wenn das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht ermöglicht. • Wenn der ausländische Staat die Entlassung durchweg verwehrt oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht. Durchweg verwehrt wird die Entlassung in diesem Sinn, wenn Entlassungen nie oder fast nie ausgesprochen werden. Dies ist insbesondere bei Einbürgerungsbewerbern aus bestimmten arabischen und nordafrikanischen Staaten der Fall. • Bei älteren Personen bei Erfüllung folgender Voraussetzungen: a) Ältere Personen sind Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben. b) Die Entlassung muss auf unverhältnismäßige - tatsächliche oder rechtliche - Schwierigkeiten stoßen. Dies ist der Fall, wenn diese einer älteren Person nicht mehr zugemutet werden sollen. Solche Schwierigkeiten können zum Beispiel dann vorliegen, wenn ältere Einbürgerungsbewerberinnen /Einbürgerungsbewerber gesundheitlich so sehr eingeschränkt sind, dass er/ sie in der Auslandsvertretung nicht persönlich vorsprechen kann oder wenn die Entlassung eine Reise in den Herkunftsstaat erfordern würde, die altersbedingt nicht mehr zumutbar ist, oder wenn sich nicht oder nicht mit vertretbarem Aufwand aufklären lässt, welche ausländische Staatsangehörigkeit sie/ er besitzt. c) Die Versagung der Einbürgerung muss eine be- sondere Härte darstellen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn alle im Inland wohnhaften Familienangehörigen bereits deutsche Staatsangehörige sind oder die Einbürgerungsbewerberin/der Einbürgerungsbewerber seit mindestens 15 Jahren rechtmäßig ihren/seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. • Wenn die Einbürgerungsbewerberin/der Ein- bürgerungsbewerber zwar die Verweigerung der Entlassung zu vertreten, sich aber schon länger als 20 Jahre nicht mehr im Herkunftsstaat aufgehalten hat, davon mindestens zehn Jahre im Inland, und über 40 Jahre alt ist. • Wenn die Einbürgerungsbewerberin/der Ein- bürgerungsbewerber als politisch Verfolgte/Verfolgter oder Flüchtling einen Reiseausweis für Flüchtlinge nach Artikel 28 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S. 559) besitzt, soweit nicht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Verfahren der Rück- nahme oder des Widerrufs der Asylentscheidung nach § 73 Asylverfahrensgesetz eingeleitet hat. • Wenn ein herausragendes öffentliches Interesse an der Einbürgerung auch unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit besteht. • Wenn ehemalige deutsche Staatsangehörige durch Eheschließung mit Ausländerinnen oder Ausländern die deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben. • Wenn die Einbürgerungsbewerberin/der Ein- bürgerungsbewerber die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz oder eines Staates besitzt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 3 StAG abgeschlossen hat. Die bezirklichen Einbürgerungsbehörden haben bei der Entscheidung über die Hinnahme von Mehrstaatigkeit die gesetzlichen Vorgaben einschließlich der bundeseinheitlich geltenden Vorläufigen Anwendungshinweise zu beachten. Zu berücksichtigen sind dabei alle einschlägigen und die Berliner Verwaltung bindenden Gerichtsentscheidungen. 7. Wann besteht laut Senat ein „öffentliches Interesse“ an der Einbürgerung? In wie vielen Fällen hat es in den letzten zehn Jahren zur Ermessenseinbürgerung geführt? (Bitte getrennt nach Nationalität, Geschlecht und Alter auflisten.) Zu 7.: Einbürgerungserleichterungen kommen auch in Betracht, wenn ein (besonderes) öffentliches Interesse an der Einbürgerung besteht. In diesen Fällen ist eine erhebliche Verkürzung der vorgesehenen Aufenthaltsdauer möglich. Die geforderte Aufenthaltsdauer soll aber drei Jahre nicht unterschreiten. Ein besonderes öffentliches Interesse an der Ein- bürgerung kann vorliegen, wenn die Einbürgerungsbewerberin /der Einbürgerungsbewerber durch die Einbürgerung für eine Tätigkeit im deutschen Interesse, insbesondere im Bereich der Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, Kunst, Kultur, Medien, des Sports oder des öffentlichen Dienstes (vergleiche § 40 Abs. 6 des Bundesbesoldungsgesetzes) gewonnen oder erhalten werden soll. Es kann auch gegeben sein bei Angehörigen international tätiger, auch ausländischer Unternehmen und Institutionen oder bei anderen Personen, die aus beruflichen oder geschäftlichen Gründen ihren Aufenthalt vorübergehend ins Ausland verlegen oder häufig dorthin reisen müssen. Die Einbürgerung im Bereich des Sports setzt stets voraus, dass sich die Einbürgerungsbewerberin/der Einbürgerungsbewerber zumindest seit drei Jahren im Inland aufhält, konkret in einer deutschen Nationalmannschaft eingesetzt werden soll und sportlich eine längerfristige internationale Perspektive aufweist. Die 3 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10546 Startberechtigung für internationale Meisterschaften muss durch den zuständigen Fachverband oder den Deutschen Sportbund bestätigt worden sein. Das besondere öffentliche Interesse ist von einer obersten Behörde des Bundes oder eines Landes zu bestätigen und im Einzelnen zu begründen. Im Bereich des Sports ist hierzu eine Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern einzuholen. Soll eine sonstige Tätigkeit für einen längeren Zeit- raum ganz oder überwiegend im Ausland ausgeübt werden, ist eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes einzuholen, wenn das besondere öffentliche Interesse an der Einbürgerung nicht bereits aus der Tätigkeit im Inland abgeleitet werden kann. Statistische Daten über die Einbürgerung dieses be- sonderen Personenkreises liegen nicht vor, sodass keine Angaben gemacht werden können. 8. Was versteht der Senat unter „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ (außer Deutschkenntnisse ) gemäß des Merkblatts „Ermessenseinbürgerung“ des Berliner Senats? Zu 8.: Der Senat hat in Bezug auf die „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ keine über die erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse hinausgehende allgemeinverbindliche Festlegung getroffen. Für die Ermessenseinbürgerung nach §§ 8 und 9 StAG gilt aber grundsätzlich, dass Einbürgerungsbewerberinnen /Einbürgerungsbewerber allgemein in ihre Lebens-, Berufs- und Wohnumgebung integriert sein sollten. 9. Für welche Personengruppen gibt es Er- leichterungen bei der Einbürgerung? Zu 9.: Einbürgerungserleichterungen, d.h. Ab- weichungen von den allgemeinen Grundsätzen für die Ermessensausübung, sind für folgende Personengruppen vorgesehen: • Für staatsangehörigkeitsrechtlich Schutz- bedürftige Staatsangehörigkeitsrechtlich schutzbedürftig ist eine Ausländerin/ ein Ausländer, die/ der einen Reiseausweis für Flüchtlinge nach Artikel 28 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S. 559) besitzt, soweit nicht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits ein Verfahren des Widerrufs oder der Rücknahme der Asylentscheidung nach § 73 des Asylverfahrensgesetzes eingeleitet hat, oder staatenlos ist. Staatenlos ist eine Person, die kein Staat nach seinem innerstaatlichen Recht als Staatsangehörigen ansieht. In diesen Fällen soll entsprechend Artikel 34 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und Artikel 32 des Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen die Einbürgerung erleichtert und das Verfahren beschleunigt werden. Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Urkunden sollen berücksichtigt werden. Hier wird in der Regel eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren als ausreichend angesehen . • Fälle mit staatsangehörigkeitsrechtlichem Wiedergutmachungsgehalt Dient die Einbürgerung Zwecken der staats- angehörigkeitsrechtlichen Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gegenüber einer von Verfolgungsmaßnahmen aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 betroffenen Person (so genannte Erlebensgeneration) und besteht kein Anspruch auf Einbürgerung aus Wiedergutmachungsgründen nach Artikel 116 Abs. 2 des Grundgesetzes oder den §§ 11, 12 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsregelungsgesetzes, so genügt in der Regel eine Aufenthaltsdauer von vier Jahren. • Ehemalige deutsche Staatsangehörige, Ab- kömmlinge deutscher Staatsangehöriger (einschließlich der Adoptivkinder) und Abkömmlinge ehemaliger deutscher Staatsangehöriger Ehemalige deutsche Staatsangehörige und Abkömmlinge deutscher und ehemaliger deutscher Staatsangehöriger können abweichend von Nummer 8.1.2.2 bei einer - nach Lage des Einzelfalles auch (erheblich) - kürzeren Aufenthaltsdauer als acht Jahre eingebürgert werden. Ist die Einbürgerungsbewerberin/der Eibürgerungs- bewerber von einem deutschen Staatsangehörigen nach den deutschen Gesetzen wirksam als Kind angenommen und hatte sie/er im Zeitpunkt des Annahmeantrags das 18. Lebensjahr bereits vollendet, so kommt eine Einbürgerung nach einer Aufenthaltsdauer von vier Jahren in Betracht, wenn sie/er nach der Annahme als Kind mit dem deutschen Elternteil in einer familiären Lebensgemeinschaft lebt. Das Annahmeverhältnis und die familiäre Lebensgemeinschaft sollen seit drei Jahren bestanden haben. Eine bloße Begegnungsgemeinschaft genügt nicht für eine Verkürzung der erforderlichen Aufenthaltsdauer, vielmehr ist eine Beistandsgemeinschaft erforderlich. Nicht vorausgesetzt wird, dass das Annahmeverhältnis die Wirkungen einer Volladoption entfaltet (vergleiche § 1770 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). • Deutschsprachige Einbürgerungsbewerberinnen/ Einbürgerungsbewerber Deutschsprachige Einbürgerungsbewerberinnen/ Einbürgerungsbewerber aus Liechtenstein, Österreich oder deutschsprachigen Gebieten in anderen europäischen Staaten, in denen Deutsch Amts- oder Umgangs- 4 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10546 5 Umgangssprache ist, können in der Regel nach einer Aufenthaltsdauer von vier Jahren eingebürgert werden. 10. Welche Voraussetzungen gibt es bei der Mit- einbürgerung von Ehegatten? Zu 10.: Ehegatten können unter den für eine Ein- bürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG geltenden Voraussetzungen mit eingebürgert werden. Auch bei mit einzubürgernden Ehegatten werden grundsätzlich ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache vorausgesetzt . Abweichend von der Regelaufenthaltszeit von acht Jahren genügt ein Aufenthalt im Inland von vier Jahren bei zweijähriger Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft . 11. Welche Voraussetzungen gibt es bei der Mit- einbürgerung von minderjährigen Kindern? Wird hierbei auf das Erfordernis der Ausbürgerung aus der Herkunftsstaatsbürgerschaft vor Einbürgerung verzichtet? Zu 11.: Ein minderjähriges Kind der Ein- bürgerungsbewerberin/des Einbürgerungsbewerbers, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, soll mit ihr/ihm eingebürgert werden, wenn sie/er für das Kind sorgeberechtigt ist und mit ihm eine familiäre Lebensgemeinschaft im Inland besteht. Bei mit einzubürgernden Kindern soll eine alters- gemäße Sprachentwicklung in deutscher Sprache entsprechend vorhanden sein. Außerdem soll sich das einzubürgernde Kind vor der Einbürgerung in der Regel seit mindestens drei Jahren im Inland aufhalten. Bei einem Kind, das im Zeitpunkt der Miteinbürgerung das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, genügt es in diesem Fall, wenn es unmittelbar vor der Einbürgerung sein halbes Leben im Inland verbracht hat. Die Miteinbürgerung minderjähriger Kinder, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, setzt in der Regel voraus, dass sie selbstständig eingebürgert werden könnten. Das gesetzliche Erfordernis der Vermeidung von Mehrstaatigkeit ist auch bei der Miteinbürgerung von minderjährigen Kindern grundsätzlich zu beachten. Im begründeten Einzelfall können aber - wie bei der Einbürgerung von volljährigen Personen - Ausnahmen in Betracht kommen. Berlin, den 23. Juli 2012 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus 08. August 2012) Ermessenseinbürgerung: Wo steht Berlin?