Drucksache 17 / 10 569 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. des Abgeordneten Harald Moritz (GRÜNE) vom 05. Juni 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Juni 2012) und Antwort Halbautomatischer Brandschutz am BER Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Die Antworten beruhen im Wesentlichen auf An- gaben der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH. Frage 1: In wie viele und welche Teilanlagen sind die Brandschutzanlagen im Terminal des BER, seinen Nebengebäuden und Zugängen eingeteilt? Antwort zu Frage 1: Das Terminal BER besteht aus den Gebäudeteilen Mainpier Nord, Mainpier Mitte mit Check-In-Halle und Vorfahrt sowie Mainpier Süd. Im Terminal bilden folgende Teilsysteme die Gesamtheit der bauseitigen Brandschutzanlagen: • Entrauchungsanlagen • Rauch- und Wärmeabzugsanlagen • Rauchschürzen, Rauchvorhänge und Feuer- schutzvorhänge • Feuerlöschanlagen (Sprinkler, Gaslöschanla- gen, Wandhydranten) • Brandmeldeanlage • Elektroakustisches Notfallwarnsystem Die Gebäudeteile Pier Nord und Pier Süd verfügen jeweils über separate brandschutztechnische Systeme. Frage 2: Welche Firmen haben diese Anlagen ge- plant und installiert? Antwort zu Frage 2: Für die Planung der Brand- schutzanlagen für das Terminal war der Generalplaner pg bbi verantwortlich. Am Bau der technischen Anlagen für den Brandschutz im Terminal sind die Firmen Arge FGT ImCa (Imtech Deutschland GmbH & Co. KG/YIT Germany GmbH), Bosch Sicherheitssysteme GmbH sowie Siemens AG beteiligt. Frage 3: Wann wurden Umplanungen und warum an den Brandschutzanlagen notwendig? Antwort zu Frage 3: Der Aufsichtsrat stimmte am 25.06.2010 der Umsetzung der neuen EU-Sicherheitsvorschriften und der Errichtung von zwei Pavillons zu. Aufgrund der damit verbundenen Umplanungen wurde bis zum Frühjahr 2011 eine neue Entrauchungssimulation durchgeführt. Im Ergebnis erhöhte sich die Komplexität der Entrauchungsanlage vor allem im Bereich der Terminalhalle enorm. Von den Anpassungen an der Entrauchungsanlage waren auch die Verknüpfungen und Schnittstellen zu den sonstigen sicherheitsrelevanten Systemen in erheblichem Umfang betroffen. Frage 4: Wann traten zum ersten Mal Ver- zögerungen und wann im weiteren zeitlichen Verlauf traten weitere Verzögerungen beim Einbau oder der Funktion der Brandschutzanlagen und an welchen Teilen auf? Antwort auf Frage 4: Seit Jahresende 2010 waren bei den Ausführungsleistungen der Technischen Gebäudeausrüstung erstmals Verzögerungen entstanden. Seit Mitte 2011 sind infolge der Erweiterung der Entrauchungsanlage bei den Brandschutzanlagen Bauablaufstörungen entstanden. Entgegen den Erwartungen der Geschäftsführung konnten diese Probleme auch nicht durch Umstellungen der Bauabläufe und Beschleunigungen hinreichend beseitigt werden mit der Folge, dass die für den 03.06.2012 geplante Eröffnung des Flughafens verschoben werden musste. Frage 5: Wann ist die Geschäftsführung und wann der Aufsichtsrat des FBB erstmals über Probleme bei den Brandschutzanlagen informiert worden? Antwort auf Frage 5: Die Geschäftsführung wurde über Planung und Bauausführung regelmäßig im Rahmen der monatlichen Berichterstattung unterrichtet. Dabei wurde fortlaufend über die brandschutzrelevanten Planungs- und Ausführungsleistungen informiert. Über die bei der baulichen Umsetzung des Brandschutzes bestehenden Probleme sowie über die Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 569 2 eingeleiteten Gegensteuerungsmaßnahmen wurde der Aufsichtsrat in den Aufsichtsratssitzungen sowie in den Controllingberichten bzw. den separaten Vorlagen „Sachstand neue EU-Sicherheitsvorschriften und Planung TGA“ unterrichtet. Frage 6: Welche Maßnahmen hat die Geschäfts- führung darauf ergriffen und welche Festlegungen hat der Aufsichtsrat daraufhin erlassen? Welche Aufgabe kam dabei dem Projektausschuss des Aufsichtsrates zu? Antwort auf Frage 6: Die Technische Gebäudeaus- rüstung (TGA) unterliegt seit der ersten Verschiebung der Inbetriebnahme im Juni 2010 einem besonderen Monitoring. Seit Juni 2011 wurden durch den Aufsichtsrat auf- grund des Eintritts von Risiken im Zusammenhang mit dem Brandschutz in mehreren Schritten zusätzliche Mittel bereitgestellt. Der Projektausschuss ist ein den Aufsichtsrat be- ratender Ausschuss und hat die diesbezüglichen Entscheidungen des Aufsichtsrates fachlich vorbereitet. Frage 7: Um welche Probleme an den Brandschutz- anlagen handelte es sich im Verlauf der Bauarbeiten, wann traten sie auf, wann und wie wurden sie gelöst? Antwort zu Frage 7: Bei der Realisierung der brandschutztechnischen Anlagen haben sich Auswirkungen aus unterschiedlichen Sachverhalten ergeben : Durch die Umplanungen infolge der EU- Sicherheitsvorschriften haben sich seit dem Frühjahr 2011 Zusatzanforderungen und Massenmehrungen im Bereich Brandschutz bei den ausführenden Firmen ergeben. Dadurch sowie infolge zahlreicher Schnittstellen und hoher gegenseitiger Abhängigkeiten der verschiedenen Technik- und Ausbaugewerke untereinander haben sich Verzögerungen in der Bauausführung der Brandschutzanlagen ergeben. Zur Kompensation mussten mehrfach Umstellungen des Bauablaufes sowie Leistungsverdichtungen mit den Firmen vereinbart werden. Durch verspätete Planungen und somit bauliche Verzögerungen ergab sich seit Ende 2011 eine hohe Parallelität zwischen der Baufertigstellung der Gesamtanlage und der Inbetriebnahme von brandschutztechnischen Teilsystemen. Die Brandfallsteuermatrizen mussten durch den Generalplaner pg bbi aufgrund von Planungsdefiziten Ende 2011 erneut nachgebessert werden; die Bauausführung konnte dennoch parallel auf Grundlage bereits fertig gestellter Planung fortgesetzt werden. Frage 8: Wann wurde erstmals über die Notwendigkeit eines halbautomatischen Betriebs der Brandschutzanlagen mittels Mensch-Maschine-Kopplung gesprochen? Wer ist darüber wann und von wem unterrichtet worden? Welche Maßnahmen hat daraufhin die Geschäftsführung ergriffen und welche Festlegungen haben der Aufsichtsrat bzw. seine Gremien getroffen? Antwort zu Frage 8: Die Planungsgemeinschaft pg bbi unterbreitete als gesamtverantwortlicher Generalplaner und Koordinator der Baustelle im Januar 2012 den Vorschlag einer Halbautomatisierung der Entrauchungsanlage („Mensch-Maschine-Schnittstelle “). Die Geschäftsführung wurde im Rahmen der regelmäßigen Berichterstattung umgehend darüber informiert. Der Aufsichtsrat wurde durch den CB 01/12 über die Notwendigkeit des Interimskonzepts in Kenntnis gesetzt. Informationen über die weiteren Abstimmungen mit dem Bauordnungsamt (BOA) und die Abgabe des „Antrag auf Nutzung vor Fertigstellung nach § 76.3 BbgBO“ erfolgten in der AR-Sitzung am 20.04.2012. Unterstützend und begleitend für das Interims- konzept war die „Taskforce Brandschutz“ tätig. Frage 9: Wann ist erstmals an die Bauaufsichts- behörde über die Einsatzmöglichkeit und Einsatzdauer des halbautomatischen Betriebs mittels MenschMaschine -Kopplung herangetreten worden? Wie hat die Bauaufsichtsbehörde die Genehmigungsfähigkeit des halbautomatischen Betriebs zu dem Zeitpunkt eingeschätzt bzw. welche Unterlagen/Prüfergebnisse/Voraussetzungen hat die Behörde als Voraussetzung zur Genehmigung des halbautomatischen Betriebs verlangt ? Antwort zu Frage 9: Ab Februar 2012 fanden um- fangreiche Abstimmungen mit dem übergeordneten Sachverständigen und dem BOA bezüglich des halbautomatischen Betriebes der Entrauchungsanlage statt. Als Einsatzdauer für die Verknüpfung von Gebäudeautomation und Entrauchung durch die „MenschMaschine -Schnittstelle“ war ein Zeitraum bis zum IV. Quartal 2012 vorgesehen. Durch das BOA wurde dem Konzept eines halb- automatischen Betriebes zu diesem Zeitpunkt keine grundsätzliche Ablehnung entgegengebracht. In den gemeinsamen Abstimmungen mit dem BOA wurde der Umfang der Unterlagen für ein Interimskonzept festgelegt . Bestandteile der Unterlagen sollten u.a. Stellungnahmen des Erstellers des Brandschutzkonzeptes und des Übergeordneten Sachverständigen sowie ein Steuerungskonzept für den halbautomatischen Betrieb sein. Voraussetzung für die Genehmigung waren weiterhin die baulichen Fertigstellungen , Inbetriebnahmen und SachverständigenAbnahmen der technischen Anlagen zu den mit dem Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 569 3 BOA vereinbarten Terminen sowie das Vorliegen aller erforderlichen Unterlagen zur Prüfung beim BOA bis Mitte Mai 2012. Frage 10: Zu welchem Zeitpunkt stand fest, dass es nur noch mit einem halbautomatischen Betrieb der Brandschutzanlagen möglich wäre, den Eröffnungstermin 3. Juni 2012 zu halten? Welche Maßnahmen hat daraufhin die Geschäftsführung ergriffen und welche Festlegungen haben der Aufsichtsrat bzw. seine Gremien getroffen? Antwort zu Frage 10: s. Antwort zu Frage 8 Frage 11: Ist zu diesem Zeitpunkt ein schriftlicher Antrag zur Genehmigung des halbautomatischen Betriebs der Brandschutzanlagen bei der Bauaufsichtsbehörde eingereicht worden und haben die notwendigen Unterlagen/Prüfergebnisse/Voraussetzungen aus dem ersten diesbezüglichen Kontakt mit der Genehmigungsbehörde vorgelegen? Wenn nicht, wann ist der Antrag gestellt worden und wann lagen die notwendigen Unterlagen/Prüfergebnisse/Voraussetzungen vor? Antwort zu Frage 11: Auf Grundlage der ge- meinsamen Abstimmungen mit dem BOA ab Februar 2012 wurde Mitte März 2012 der „Antrag zur Betriebsaufnahme des Flughafenbaus BBI am Verkehrsflughafen Berlin Brandenburg zum 03.06.2012“ an das BOA übergeben. Nach der Mitteilung, dass aus Sicht des BOA Nachbearbeitungsbedarf besteht, wurde Anfang April 2012 ein überarbeiteter Antrag mit dem Titel „Antrag auf Nutzung vor Fertigstellung nach § 76.3 BbgBO“ beim BOA eingereicht. Dieser wurde Mitte April 2012 um weitere Unterlagen ergänzt. Frage 12: Wie viel Zeit hat die Baugenehmigungs- behörde für die Prüfung und Abnahme der Brandschutzanlagen veranschlagt bzw. hat die Behörde die Genehmigungsfähigkeit zu diesem Zeitpunkt in Frage gestellt? Welche Maßnahmen hat daraufhin die Geschäftsführung ergriffen und welche Festlegungen haben der Aufsichtsrat bzw. seine Gremien getroffen? Antwort zu Frage 12: Für die abschließende Prüfung des Antrages durch das BOA nach Vorlage aller Unterlagen und Prüfbescheinigungen der Sachverständigen war ein Zeitraum von ca. zwei Wochen vorgesehen . Das Konzept eines halbautomatischen Betriebes wurde durch das BOA auch nach Abgabe des „Antrag auf Nutzung vor Fertigstellung nach § 76.3 BbgBO“ Anfang April 2012 nicht grundsätzlich abgelehnt . Es wurde jedoch auf die erforderlichen Ergänzungen und Überarbeitungen verwiesen. Wie bereits erwähnt, erfolgten auf operativer Ebene seit Februar 2012 fortlaufend und regelmäßig Abstimmungen mit dem BOA auch unter Beteiligung der Geschäftsführung der FBB. Frage 13: Wenn die Genehmigungsfähigkeit in Aussicht gestellt wurde, ab wann wurde konkret mit Einstellung, Sicherheitsüberprüfung, Schulung der Mitarbeiter für die Mensch-Maschine-Kopplung begonnen und wie sah der Zeitplan dafür aus? Ab wann wurden Arbeitsverträge oder sonstige vertragliche Regelungen mit bzw. über wie viel Mitarbeiter geschlossen? Antwort zu Frage 13: Bis Anfang April 2012 wurde für das einzusetzende Personal der Mensch-MaschineKopplung eine Arbeitsanweisung entwickelt. Die Ressourcenbindung für entsprechend qualifiziertes Personal war Mitte April 2012 zwischen der FBB und einem Dienstleister einvernehmlich geregelt. Der Einsatz war konkret ab dem 07.05.2012 bis Ende 2012 vereinbart. Dies beinhaltete eine ca. 4-wöchige Unterweisungs- und Testphase. Zu Anfang Mai 2012 waren für 36 der 45 vorgesehenen Mitarbeiter die Flughafensicherheitsausweise beantragt. Ein Großteil der Mitarbeiter war bereits seit Beginn des Jahres mit Brandschutzaufgaben befasst und somit mit der Topographie und den Anlagen des Terminals vertraut. Frage 14: Wenn die Genehmigungsfähigkeit nicht in Aussicht gestellt wurde oder nur unbestimmte Aussagen dazu getroffen wurden, wann und wie ist die Geschäftsführung bzw. der Aufsichtsrat bzw. seine Gremien darüber informiert worden, welche Maßnahmen bzw. Festlegungen haben diese diesbezüglich getroffen? Antwort zu Frage 14: Ende April 2012 teilte das BOA in einem Schreiben mit, dass dem Antrag nicht gefolgt werden kann, da die Lösungsansätze als kaum realisierbar bewertet werden. In intensiven Gesprächen Anfang Mai 2012 mit BOA, Sachverständigen und ausführenden Firmen wurde – unter Beteiligung der Geschäftsführung der FBB – eruiert, ob eine rechtzeitige Fertigstellung der baulichen Anlagen und die Durchführung der Sachverständigen-Abnahmen als Voraussetzung für die Zustimmung des BOA noch möglich sind. Am Sonntag, 06.05.2012, wurde auch durch den Generalplaner und Bauüberwacher pg bbi attestiert, dass der Eröffnungstermin am 03.06.2012 nicht mehr zu halten ist. Am Montag, 07.05.2012, wurde der Aufsichtsratsvorsitzende der FBB durch die Geschäftsführung entsprechend unterrichtet. Frage 15: Ist zum Zeitpunkt, an dem feststand, dass ein automatischer Betrieb der Brandschutzanlagen zum geplanten Eröffnungstermin nicht mehr möglich war, auch an einem Szenario zur Verschiebung des Eröffnungstermins gearbeitet worden? Wenn ja, ab wann wurde von wem daran gearbeitet und wer ist darüber informiert bzw. mit einbezogen worden? Wenn nein, warum nicht? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 10 569 4 Antwort zu Frage 15: An einem Szenario zur Verschiebung des Eröffnungstermins aufgrund des nichtvollautomatischen Betriebes der Entrauchungsanlage wurde nicht gearbeitet. Sowohl durch den Generalplaner als auch die Bauüberwachung pg bbi wurden keine Bedenken hinsichtlich der zum 03.06.2012 geplanten Inbetriebnahme aufgrund des nicht-vollautomatischen Betriebes der Entrauchungsanlage geäußert. Frage 16: Gibt es Beispiele, dass bei vergleichbaren Großbauten in Berlin ein halbautomatischer Betrieb von Brandschutzanlagen genehmigt wurde? Wenn ja, für welche Bauten, von wem, mit welchen Auflagen und für welchen Zeitraum? Antwort zu Frage 16: Zur Genehmigung eines halbautomatischen Betriebes bei vergleichbaren Großbauten in Berlin liegen keine Informationen vor. Der §76 Abs. 3 der Brandenburgischen Bauordnung lässt eine Nutzung vor Fertigstellung zu, wenn wegen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung keine Bedenken bestehen. Berlin, den 16. Juli 2012 Klaus Wowereit Regierender Bürgermeister (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Juli 2012) Halbautomatischer Brandschutz am BER